Psychiater verhält sich plötzlich eigenartig

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Sissina
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Psychiater verhält sich plötzlich eigenartig

Beitrag Mi., 10.06.2020, 19:13

Hallo zusammen

Ich bin neu hier und habe mich, da ich aktuell mega aufgewühlt bin, hier extra angemeldet 😊

Also.. Ich bin seit Ende April wegen einer Depression in Behandlung. Diagnostiziert wurde eine mittelschwere Depression, wobei ich während dem Test bereits Antidepressiva nahm. Auch scheine ich Anteile einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (Borderline) zu haben.

In den letzten fünf Sitzungen fühlte mich bisher recht gut aufgehoben bei meinem Psychiater. Ich war zwar vor den Terminen immer mega nervös, weil ich nicht wusste, was mich erwartet.. Leider aber fühle ich mich seit den letzten zwei Sitzungen nicht mehr so wohl. Ich habe das Gefühl, dass der Psychiater seit der vorletzten Sitzung plötzlich genervt ist und mich nicht mehr versteht. Leider fällt es mir auch schwer, allgemein Vertrauen zu Menschen aufzubauen und meine Gefühle/Ängste sofort und offen in Worte zu äussern. Bei der vorletzten Sitzung hat er mich gefühlt sehr unter Druck gesetzt, leicht genervt gemeint, wieso ich mich so wenig äussere und was ich in der so vielen freien Zeit denn immer mache (ich bin zu 50 % krankgeschrieben). Ich finde leider manchmal einfach die Kraft und die Freude nicht, mich in der Freizeit grossartig zu beschäftigen und liege dann halt vermehrt rum.. Das schwankt auch von Woche zu Woche. Mal geht es ganz gut, dann mache ich auch Sport und mal leider nicht. Nach dieser Sitzung war ich auf jeden Fall sehr aufgewühlt und war den ganzen Abend nur noch heftig am Weinen. Das ganze Gefühlschaos dauerte etwa 2-3 Tage an. Ich verstand nicht, wie mir ein Psychiater weiterhelfen soll, der die Symptomatik einer Depression nicht versteht oder verstehen will.

Vor einigen Tagen stand die nächste Sitzung an. Ich habe ihm die o.g. Situation geschildert, die mich überfordert hat.. Er meinte dann irgendwann nur: «Bravo! Auf seinen ersten Instinkt sollte man immer hören.» Er hat mich dann auch gefragt, ob ich an einen Therapieabbruch gedacht habe, was ich bejahte. Er meinte dann noch, er hätte nach dem letzten Gespräch noch darüber nachgedacht, ob womöglich eine SMS mit einer Absage (Therapieabbruch) von mir kommt. Er betonte auch, dass die Therapie ja freiwillig ist (ich könnte abbrechen, er genauso).

Er hat mich aber in dieser Stunde gefühlt wieder nicht ernst genommen. Ich habe ihm u.a. von meiner Angst erzählt, z.B. von meinem Freund alleine gelassen zu werden, die, obwohl ich in diesen Momenten scheinbar abgelenkt bin, immer sehr plötzlich und ohne Anlass auftritt. Er meinte daraufhin nur, dass mein Freund halt nicht immer Lust hat, sich mit mir zu beschäftigen und mal Ruhe braucht. Das Ganze hat meiner Meinung jedoch nichts mit meinem Freund, sondern mit meiner Angst zu tun, was mich wieder verärgert hat! Mein Freund ist niemand, der einfach so abtaucht (mir fällt grad in dem Moment ein: das hat aber, so nebenbei bemerkt, mein letzter Ex-Freund häufig getan, worauf ich in regelrechte Panik geraten bin – diese Ex-Beziehung, die meines Erachtens etwas toxisch war, hatten wir bereits grob thematisiert. Diesen Umstand konnte ich aber bisher noch nicht erzählen). Auch musste er sich sein Lachen verkneifen (er hat seine Hand vor sein Mund gehalten und geschmunzelt), als ich ihm von einer Angst erzählte.. Ich weiss leider nicht mehr welche genau. Ich komme mir einfach total lächerlich vor, ich schäme mich regelrecht und frage mich, wieso ich überhaupt noch was erzähle resp. weitermache? Ich hab bspw. auch Angst, dass ich nicht gut genug bin, vor Zurückweisung/Ablehnung und wahrscheinlich auch Verlustängste. Er hat mich dann in dieser Sitzung auch noch gefragt, wann ich denn zuletzt ausgelacht wurde (ich weiss aber nicht mehr, ob das vor oder nach seinem vermeintlichem Lachen war). Was soll das? Passt die Chemie einfach nicht mehr oder provoziert er das nur? Oder will er damit bezwecken, dass ICH die Therapie wirklich abbreche? Was irgendwie aber wieder keinen Sinn macht, da er vorletztes Mal angeboten hat, im Juli/August zu Dritt (inkl. meinem Chef) zusammenzusitzen. Man hört zwar aber immer wieder, dass mit Borderlinern nicht so gerne zusammengearbeitet wird oder dass Theras plötzlich Therapien abbrechen. Ich verstehe nur nicht, wie er sein Verhalten so schlagartig ändern kann. Ich überlege auch, ihm noch vor dem nächsten Gespräch eine Mail zu schreiben und zu fragen, was das soll. Meine Stimmung geht seit dem letzten Gespräch rauf und runter, was echt anstrengend ist. Vorhin war sie wenigstens konstant down.

Andererseits frage ich mich, wieso mich das so wurmt bzw. welche Angst in mir getriggert wird. Eigentlich müsste ich ja denken: Wenn es mit ihm doch nicht klappen würde, wäre dies natürlich erst mal doof (weil nochmals neu anfangen etc.), aber es wäre kein Beinbruch. Auch habe ich grad voll die (irrationale) Panik, dass er das hier irgendwie lesen könnte, was aber wohl eher nicht der Wahrscheinlichkeit entsprechen dürfte.

Was denkt ihr? Kennt dieses Verhalten vielleicht sogar jemand?

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Pustekuchenxc
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Beitrag Mi., 10.06.2020, 19:43

Sissina hat geschrieben: Mi., 10.06.2020, 19:13 Ich überlege auch, ihm noch vor dem nächsten Gespräch eine Mail zu schreiben und zu fragen, was das soll.
Das würde ich lassen.
Steh für dich ein und nimm es mit in die Stunde. Konfrontier ihn damit, was es mit dir macht. Das ist um so viel wirkungsvoller als eine Email. Denn obwohl das Schreiben einfacher erscheint, brockst du dir damit in Wahrheit nur Ungewissheit ein und läufst noch dazu Gefahr, dass er nicht antwortet (was ja professionell wäre) und du damit in eine Krise rutscht, weil du dich völlig übersehen fühlst.

Sag ihm, wie es sich anfühlt. Was es mit dir macht.
Wenn du das nicht kannst, schreib es dir auf und nimm es mit. Versuche, Worte dafür zu finden und deutlich zu machen was du brauchst.
Jeder Therapeut/Psychiater arbeitet anders. Vielleicht konfrontiert er bewusst? Vielleicht schaut er einfach, wie du reagierst? Will dich aus der Reserve locken?
Wichtig ist einfach, dass du kommunizierst, damit ihr deine Therapie auf dich und deine Bedürfnisse zuschneiden könnt.

Alles Gute für dich
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SuspiriaHysteria
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Beitrag Mi., 10.06.2020, 22:42

Hallo Sissina,

ich habe mir gerade Deinen Beitrag durchgelesen und bin wirklich entsetzt über das Verhalten Deines Psychiaters. Konfrontatives Arbeiten hin oder her, aber das ist ja schlichtweg respektlos!

Vor allem die Geschichte mit der Hand vor dem Mund...sorry, aber das ist ja wohl ein schlechter Scherz. Selbst wenn es eine bewusste Provokation war - für sowas ist dann ggf. Zeit, wenn bereits ein Vertrauensverhältnis besteht. Bzw. muss er doch erst mal eine Ahnung davon bekommen, wie Du tickst und ob Du sowas überhaupt "verkraftest".

Ich würde ihn in der nächsten Stunde konfrontieren. Wenn er wieder von oben herab redet, abbrechen und weitersuchen. Auch wenn es mühsam ist.

Klar, nur Wischiwaschi-Gespräche helfen natürlich auch nicht weiter, aber vielleicht sollte es Dein Psychiater erstmal mit Empathie versuchen statt die verbale Keule auszupacken.

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Kirchenmaus
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Beitrag Do., 11.06.2020, 08:04

Hallo,

ich habe gerade eine Verständnisfrage:

Du warst seit Ende April sieben Mal bei deinem Psychiater? Also jede Woche? Das ist ungewöhnlich viel, finde ich. Ich selbst sehe meine Psychiaterin in Krisenzeiten maximal alle drei Wochen.

Oder macht der Psychiater mit dir eine Psychotherapie, weil er dafür die Ausbildung hat?

Mir kommt es so vor, als seien es halt eher lapidare Äußerungen eines Arztes, die er da tätigt, als durchdachte Kommentare eines Therapeuten.

Übrigens würde er als Arzt, der dich mehrmals im Quartal sieht, wesentlich weniger verdienen, als wenn er Psychotherapie abrechnet.

Das waren jetzt erstmal meine Verständnisfragen.

Abgesehen davon: Zu einem Arzt oder Therapeuten, der mich auslacht oder unnötig provoziert oder wiederholt alles dafür tut, dass ich mich unwohl fühle, würde ich nicht (mehr) gehen.
Andererseits kann es natürlich auch sein, dass deine psychische Konstitution dich sozusagen die Flöhe husten hören lässt und du deshalb Dinge durch deinen Filter interpretierst. Aber auch da gehört ein Therapeut mit Sachverstand und Feingefühl mit ins Boot geholt.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Sinarellas
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Beitrag Do., 11.06.2020, 08:27

"Zu einem Arzt oder Therapeuten, der mich auslacht oder unnötig provoziert oder wiederholt alles dafür tut, dass ich mich unwohl fühle, würde ich nicht (mehr) gehen."
UNd das ergänzen wir mal schön mit einem: Zu einem "Menschen", der mich auslacht....
Menschen die sich so zu einem verhalten haben nichts im eigenen Leben zu suchen. Ga rnichts. Raus und weg mit denen, es ist keine einzige Mühe wert, da Zeit zu investieren. Husch weg von toxischen Menschen.
..:..

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diesoderdas
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Beitrag Do., 11.06.2020, 09:11

Wie sind eure Gespräche denn sonst ? Also, wie läuft so eine Sitzung bei euch ab?

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saffiatou
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Beitrag Do., 11.06.2020, 10:02

Was mir hier am meisten auffällt, dass ein Gespräch mit deinem Chef stattfinden soll! Warum? Es ist ok, wenn du das vorgeschlagen hast, ansonsten finde ich die Idee gruselig.

Zu dem Verhalten zu dir, kann ich nur sagen, wenn er anfangs einfach dich einfach nur etwas antreiben will, ein wenig zu unternehmen, ist das ok, aber es läuft meiner Meinung nach nicht richtig, er sollte das konstruktiv mache. Meine Psychiaterin hat auch immer aufgepasst, dass ich mich nicht zu sehr zurückziehe und etwas unternehme. Aber das waren immer gut überlegte Vorschläge, oder wir haben zusammen etwas erarbeitet. Das Verhalten deines Psychiaters könnte ich nicht ertragen.
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Sissina
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Beitrag Do., 11.06.2020, 12:22

SuspiriaHysteria hat geschrieben: Mi., 10.06.2020, 22:42 Hallo Sissina,

ich habe mir gerade Deinen Beitrag durchgelesen und bin wirklich entsetzt über das Verhalten Deines Psychiaters. Konfrontatives Arbeiten hin oder her, aber das ist ja schlichtweg respektlos!

Vor allem die Geschichte mit der Hand vor dem Mund...sorry, aber das ist ja wohl ein schlechter Scherz. Selbst wenn es eine bewusste Provokation war - für sowas ist dann ggf. Zeit, wenn bereits ein Vertrauensverhältnis besteht. Bzw. muss er doch erst mal eine Ahnung davon bekommen, wie Du tickst und ob Du sowas überhaupt "verkraftest".

Ich würde ihn in der nächsten Stunde konfrontieren. Wenn er wieder von oben herab redet, abbrechen und weitersuchen. Auch wenn es mühsam ist.

Klar, nur Wischiwaschi-Gespräche helfen natürlich auch nicht weiter, aber vielleicht sollte es Dein Psychiater erstmal mit Empathie versuchen statt die verbale Keule auszupacken.

Alles Liebe und viel Kraft
Suspiria
Vielen Dank, Suspiria.. Ja, ich werde ihn in der nächsten Stunde damit konfrontieren und schauen, was dabei herauskommt. Ich bezweifle aber, dass er mir seine Hintergedanken einfach so erläutern wird.

Das "Problem" ist, dass ich dann wieder von meinem Hausarzt eine Überweisung brauche, andernfalls wird dies von der Krankenkasse nicht vergütet. Ich war zu Beginn nämlich bei einer anderen Psychiaterin, die war aber so chaotisch und hat entweder meine Termine vergessen oder kurzfristig abgesagt, sodass ich nicht mehr hingehen wollte.
Pustekuchenxc hat geschrieben: Mi., 10.06.2020, 19:43
Sissina hat geschrieben: Mi., 10.06.2020, 19:13 Ich überlege auch, ihm noch vor dem nächsten Gespräch eine Mail zu schreiben und zu fragen, was das soll.
Das würde ich lassen.
Steh für dich ein und nimm es mit in die Stunde. Konfrontier ihn damit, was es mit dir macht. Das ist um so viel wirkungsvoller als eine Email. Denn obwohl das Schreiben einfacher erscheint, brockst du dir damit in Wahrheit nur Ungewissheit ein und läufst noch dazu Gefahr, dass er nicht antwortet (was ja professionell wäre) und du damit in eine Krise rutscht, weil du dich völlig übersehen fühlst.

Sag ihm, wie es sich anfühlt. Was es mit dir macht.
Wenn du das nicht kannst, schreib es dir auf und nimm es mit. Versuche, Worte dafür zu finden und deutlich zu machen was du brauchst.
Jeder Therapeut/Psychiater arbeitet anders. Vielleicht konfrontiert er bewusst? Vielleicht schaut er einfach, wie du reagierst? Will dich aus der Reserve locken?
Wichtig ist einfach, dass du kommunizierst, damit ihr deine Therapie auf dich und deine Bedürfnisse zuschneiden könnt.

Alles Gute für dich
Vielen Dank, das mit der Ungewissheit ist ein guter Punkt. Ich werde ihn bei der nächsten Stunde nun ohne vorherige Mail konfrontieren.

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Sissina
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Beitrag Do., 11.06.2020, 12:28

saffiatou hat geschrieben: Do., 11.06.2020, 10:02 Was mir hier am meisten auffällt, dass ein Gespräch mit deinem Chef stattfinden soll! Warum? Es ist ok, wenn du das vorgeschlagen hast, ansonsten finde ich die Idee gruselig.

Zu dem Verhalten zu dir, kann ich nur sagen, wenn er anfangs einfach dich einfach nur etwas antreiben will, ein wenig zu unternehmen, ist das ok, aber es läuft meiner Meinung nach nicht richtig, er sollte das konstruktiv mache. Meine Psychiaterin hat auch immer aufgepasst, dass ich mich nicht zu sehr zurückziehe und etwas unternehme. Aber das waren immer gut überlegte Vorschläge, oder wir haben zusammen etwas erarbeitet. Das Verhalten deines Psychiaters könnte ich nicht ertragen.
Weil mich die Arbeit z.T. in der Menge überfordert. Ich muss alles quasi in das 50 % Pensum quetschen, mein Aufgabenbereich wurde auch nicht kleiner. Es kann also passieren, dass meine gesamte Energie durch den vielen Stress draufgeht und ich trotz der Krankschreibung nicht genügend Erholungsphasen habe bzw. dann halt nur noch rumliege anstatt etwas Gutes für mich zu tun. Ich habe bereits mit meinem Chef darüber gesprochen, aber irgendwie klappt es nicht. Deshalb wohl der Vorschlag.
diesoderdas hat geschrieben: Do., 11.06.2020, 09:11 Wie sind eure Gespräche denn sonst ? Also, wie läuft so eine Sitzung bei euch ab?
Die Gespräche waren bis vor Kurzem angenehm, er hat Verständnis gezeigt und war einfühlsam. In den ersten Sitzungen hat er natürlich immer die Fragen gestellt, um die Diagnose stellen zu können. Nun ist es so, dass er zu Beginn hören möchte, wie meine Woche so war. Anschliessend fragt er mich, worüber ich sprechen möchte. Am Anfang war dies etwas holprig, weil ich a) anfangs nicht wusste, wie das genau abläuft bzw. wie tief ich etwas von mir erzählen soll (ist meine erste Therapie) und b) weil ich sowieso Schwierigkeiten habe, meine Ängste, Gefühle etc. zu formulieren. Er stellt dann auch Fragen, die mich manchmal überfordern, d.h. ich hab dann wie eine Blockade und weiss nicht mehr, was ich fühle oder denke. Seit dem letzten Gespräch notiere ich mir weitgehend vieles auf und bringe die Notizen mit in die Stunde.
Kirchenmaus hat geschrieben: Do., 11.06.2020, 08:04 Hallo,

ich habe gerade eine Verständnisfrage:

Du warst seit Ende April sieben Mal bei deinem Psychiater? Also jede Woche? Das ist ungewöhnlich viel, finde ich. Ich selbst sehe meine Psychiaterin in Krisenzeiten maximal alle drei Wochen.

Oder macht der Psychiater mit dir eine Psychotherapie, weil er dafür die Ausbildung hat?

Mir kommt es so vor, als seien es halt eher lapidare Äußerungen eines Arztes, die er da tätigt, als durchdachte Kommentare eines Therapeuten.

Übrigens würde er als Arzt, der dich mehrmals im Quartal sieht, wesentlich weniger verdienen, als wenn er Psychotherapie abrechnet.

Das waren jetzt erstmal meine Verständnisfragen.

Abgesehen davon: Zu einem Arzt oder Therapeuten, der mich auslacht oder unnötig provoziert oder wiederholt alles dafür tut, dass ich mich unwohl fühle, würde ich nicht (mehr) gehen.
Andererseits kann es natürlich auch sein, dass deine psychische Konstitution dich sozusagen die Flöhe husten hören lässt und du deshalb Dinge durch deinen Filter interpretierst. Aber auch da gehört ein Therapeut mit Sachverstand und Feingefühl mit ins Boot geholt.
Ja, aber ich finde diese wöchentliche Struktur ganz gut. Er meinte kürzlich, dass wir die Frequenz der Stunden dann später noch miteinander besprechen.

Bei uns in der Schweiz ist es so, dass nur Psychiater (also Ärzte) über die Krankenkassen abrechnen dürfen. Andernfalls muss es ein delegierter Psychotherapeut sein, der aber nur in der Praxis des Arztes die Stunde durchführen darf. Wenn man die Therapie also bei einem selbständigen Psychotherapeuten machen möchte, muss man dies entweder selbst bezahlen oder über eine Zusatzversicherung - sofern vorhanden - laufen lassen (die aber dann auch nur einen Bruchteil bezahlt).

Ich glaube weniger, dass ich mir dies einbilde. Die letzten zwei Gespräche haben mich so aus der Bahn geworfen, was ich bisher noch nie so extrem erlebt habe. Ich hatte Selbstmordgedanken, wollte mich selbstverletzen und habe nach zu viel Alkohol gegriffen, was ansonsten wirklich untypisch für mich ist. Da werde ich dem Typus Borderline fast schon eher gerecht.

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Montana
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Beitrag Do., 11.06.2020, 14:12

Das ist ja ein tolles Konzept mit der halben Krankschreibung: du machst die gleiche Arbeit in der Hälfte der Zeit. Cool. Was wirst du da erst leisten können, wenn du wieder in Vollzeit bist? Bestimmt das doppelte.
Deine Therapiezeit dem Chef zu opfern geht jedenfalls gar nicht und dem irgendwelche Einblicke in deine Krankengeschichte zu geben sowieso nicht. Wenn das nicht funktioniert, dass du zur Zeit nur zur Hälfte deine eigentliche Arbeit machst, dann muss doch eine Hundert-Prozent-Krankschreibung her. Alles andere ist sinnfrei.

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saffiatou
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Beitrag Do., 11.06.2020, 16:46

Hallo Sissina,

danke für Deine ausführliche Antwort.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, ein Gespräch mit meinem Therapeuten und meinen Chef zusammen zu führen (zu beiden habe ich ein super Verhältnis) aber Therapie gehört mir und mein Chef sollte auch den Namen meines Therapeuten gar nicht wissen.

Bei Dir kommt hinzu, daß sich Dein Therapeut gerade sehr "wandelmütig" verhät und Dich massiv verunsichert, wie kannst Du in so einem Fall sicher sein, daß er Dich in einem Gespräch auch wirklich unterstützt und nicht plötzlich auf die Seite des Chefs schlägt und dann auch noch Dinge aus der Therapie verrät. So ein Gespräch, wenn es dann hypothtisch stattfinden soll, sollte super gut vorbereitet werden, Du brauchst Vertrauen zum Thera - das gerade nicht da ist; und auch Vertrauen zu Deinem Chef.
Sissina hat geschrieben: Do., 11.06.2020, 12:28 nicht genügend Erholungsphasen habe bzw. dann halt nur noch rumliege anstatt etwas Gutes für mich zu tun. Ich habe bereits mit meinem Chef darüber gesprochen, aber irgendwie klappt es nicht. Deshalb wohl der Vorschlag.
Wäre das nicht eine Möglichkeit das mit dem Betriebsrat (falls vorhanden) oder Mediatorin zu lösen. Hat Dir Dein Thera genau erklärt, was er sich von so einem Gespräch verhofft, oder soll es nur dazu dienen, Dich unter Druck zu setzen, das wäre fatal.
Sissina hat geschrieben: Do., 11.06.2020, 12:28 Nun ist es so, dass er zu Beginn hören möchte, wie meine Woche so war. Anschliessend fragt er mich, worüber ich sprechen möchte.
Die erste Therapie ist immer etwas schwierig, vor allem anfangs, wenn man eben noch lernen muss, was da auf einen zukommt und sich auch in der neuen Situation zurechtfinden und Vertrauen haben soll. Jeder Therapeut ist etwas anders, hat eine andere Herangehensweise. Ich habe auch oft, allerdings nur ganz kurz, von der vergangenen Woche erzählt und dann gleich in das Thema, das ich mitgebracht habe, gestartet. Diese Blockaden kenne ich auch, weil es eben alles neu ist. Auch Notizen mitbringen ist alles ok.

Traust Du Dich das Thema anzusprechen, warum er nicht mehr wertschätzend mit Dir umgeht?

Alles Gute,
Saffia
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