Hallo zusammen,
ich habe hier öfters schon mal angesetzt, einen eigenen Thread zu eröffnen, aber da ich mich bei vielen Themen bei meiner Therapeutin sehr gut aufgehoben gefühlt habe habe ich es immer wieder gelassen. Ich leide schon ziemlich lange an einer nach meiner Einschätzung nach recht ausgeprägten depressiven Symptomatik. Wirklich angefangen mir darüber Gedanken zu machen hab ich so 2017, seit einem knappen Jahr bin ich in wie gesagt in therapeutischer Behandlung (wie gesagt, ich fühl mich bei meiner Thera sehr wohl und hab idR. keine Themen, über die ich Schwierigkeiten hab zu reden.) Bei diesem Thema schäme ich mich aber echt, es anzusprechen, deswegen habe ich es bisher noch nicht getan.
Außerdem nehme ich seit einigen Monaten Antidepressiva, diese wurden mir zuerst im Ausland verschrieben, leider hab ich in DE seitdem keinen Facharzt f. Psychiatrie gefunden und dementsprechend meine Medikation seitdem nicht angepasst.
Trotzdem habe ich nicht das Gefühl dass es mir besser geht. Mir war wichtig, dass das das Grundproblem ist, das schon vor der "Spielsucht" bestand, und nicht anders herum - aber jetzt zum eigentlichen Thema: Ich habe ein Problem mit Online-Sportwetten. Mein Verlauf war relativ typisch, erst eine Phase der Gewinne, das Gefühl, sich mit seinem Wissen einen Vorteil verschaffen zu können und damit tatsächlich Erfolge zu erzielen. Relativ schnell habe ich aber meine ganzen Gewinne + den Einsatz + einiges mehr darauf verloren, weil ich impulsivartig immer mehr Geld verzocke. Während ich am Anfang noch lange über mögliche Einsätze nachdenke und halbwegs bewusst Spiele herauswähle, wird es mit steigendem Verlust immer impulsiver.
Noch bin ich nicht an dem Punkt, an dem die Spielerei mein Leben ruiniert hat. Ich hoffe, dazu kommt es nie. Ich war immer ein eher privilegierter Mensch, wofür ich mich in meinen depressiven Phasen (bzw Jahren) teilweise sogar schäme, wenn ich an Themen wie soziale Ungerechtigkeit und Altersarmut denke. Meine Familie ist nicht wahnsinnig reich, aber meine Eltern haben mir das Studium finanziert, ich musste mir nie groß um Geld Sorgen machen, und obwohl ich immer nebenher gearbeitet habe, wäre ich auch ohne ausgekommen. Ich hätte immer die Freiheit gehabt, mir teure Sachen zu leisten, irgendwelche Markenkleidung, einen neuen PC oder sowas, hab aber immer wirklich sparsam gelebt weil der Bedarf nie wirklich da war und ich schätze ich einfach so erzogen wurde. Bloß diese Spielerei macht natürlich die ganze Sparsamkeit zunichte.
Ich glaube, ich fange damit an, um das Gefühl der inneren Leere zu überwinden. Ich muss in den vergangenen Jahren (mache meistens einige Monate Pause und verzocke dann übers WE eine Menge Geld) mehrere Tausend Euro verloren haben. Ich habe im Endeffekt immer noch kein Problem, "über die Runden" zu kommen, schäme mich aber so sehr dafür, das Geld meiner Familie bzw. mein eigenes erarbeitetes Geld (ich studiere Medizin und arbeite als SHK in einer Forschungsgruppe der Anästhesiologie meiner Uniklinik) so zu verschwenden. Und auf die billigen Tricks der Wettanbieter reinzufallen, beispielsweise werden Auszahlungen ein paar Tage verzögert, sodass man die Möglichkeit hat, "es sich doch nochmal zu überlegen" und in der Zwischenzeit auf weitere Spiele zu setzen.
Ich versuche die eine positive Seiten zu sehen, z.B. dass ich ohne die Verluste durch die Spielerei vielleicht nie den Job in der Anästhesiologie angefangen hätte und dadurch nicht neue interessante Themen kennengelernt hätte. Ich denke, das Bedürfnis nach dem Spielen kommt durch das starke Gefühl der inneren Leere, das ich empfinde, und das meine Leidenschaft für die Musik beispielsweise irgendwie nicht füllen konnte. Interessanterweise hatte ich nie auch nur das geringste Interesse an Spielautomaten, Casinos oder dergleichen, für mich waren es immer Sportwetten, weil ich dachte, durch meine vermeintlichen Kenntnisse in dem Bereich einen Gewinn erzielen zu können.
Auf jeden Fall danke ich euch herzlich fürs lesen, wenn ihr es bis hier hin geschafft habt. Geht es jemandem ähnlich? Wie geht ihr damit um?
Viele Grüße
Wettsucht
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Thread-EröffnerIn - neu an Bo(a)rd!
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Nun wenn es Dich stört, gibt es wie bei jeder Sucht nur einen Weg, den radikalen Ausstieg.
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum
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Du kannst dich auch für Online-Wetten auf Zeit (oder Dauer) sperren lassen - wenn die Wettseite legal ist.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)
(Konfuzius)
,Geht es jemandem ähnlich? Wie geht ihr damit um?
Spiel-oder Wettsucht kenne ich nicht, allerdings einige andere Süchte.
Mein Eindruck ist, dass du noch ganz am Anfang einer möglichen "Sucht-Karriere" stehst, weil dir jetzt Zweifel kommen und auch eine gewisse Scham vorhanden ist.
Es klingt aber so, als hätte das Ausleben dieser Sucht ansonsten momentan noch nur Vorteile für dich.
Willst du es wirklich auf einen "echten" Tiefpunkt ankommen lassen, den Punkt, an dem du dir das Ganze nicht mehr schönreden kannst?
Es kann auch sein, dass diese "Wettsucht" nur das Symptom einer Depression ist, das bei entsprechender Behandlung verschwindet.
Hast du schon mal an eine Selbsthilfegruppe gedacht?
Dort könntest du eventuell von anderen Betroffen erfahren, wie der Verlauf bei ihnen war und besser abschätzen, wo du stehst.
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka
Franz Kafka
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