Hallo zusammen,
ich schreibe hier weil so langsam immer mehr mein Leben an Halt verliert.
Ich habe Angststörungen, schon seit ca. 10 Jahren. Nervösitätsbedingt. Jedoch merkt man mir das nicht an und ich bin auch nach außen hin nicht gerade der Typ dafür.. Mein Leben war gut, nie etwas mega traumatisches erlebt und trotzdem habe ich so viel Angst.
Meine jetzige Nervösität & Angst hat sich in der Berufsschule vor ca. 10 Jahren gebildet. Aus mehreren Gründen hat es sich dahin entwickelt, dass ich vor Leuten meines Alters und Jüngeren nicht mehr frei reden kann, da ich so dermaßen nervös werde, dass ich einfach nichts mehr rauskriege.
Ich musste das letzte Berufsschuljahr mit der Lehrerin reden, dass sie mich nicht mehr was vortragen lässt und auch in diesem letzten Jahr habe ich das erste Mal Alkohol getrunken um meine Nervösistät in den Griff zu bekommen.
Dann hatte ich ein paar Jahre mit Auslandsaufenthalten und viel umher ziehen alles ganz gut im Griff. Ich habe vor meinem ersten Auslandsjahr auch eine Therapie begonnen und diese dann aber wegen dem Auslandsjahr abgebrochen (eingeredet von wegen das Auslandsjahr wird mich hinbiegen in meinem Selbstbewusstsein usw. ..)
Dann bin ich mit meiner jetzigen Frau zusammen gekommen. Dadurch habe ich angefangen mir ein Leben mit ihr aufzubauen. Das stellte mich allerdings vor alle möglichen Hürden. zB. das Eltern kennenlernen brachte mir eine Mega Panik. Also habe ich damals beschlossen, bei den seltenen Momenten, wo ich vor Nervösität verkrampfen werde, Alkohol zu trinken und so die Situation zu "meistern". Das hat am Anfangs auch ganz gut geklappt, nur kann sich jeder wohl vorstellen, dass ich mir damit nur antrainiert habe, immer weniger Situationen ohne Alkohol überstehen zu können.
Letzten Endes trinke ich nun Alkohol um meine aufkommende Nervösität in allen möglichen Situationen zu unterdrücken. Ich bin keinesfalls abhängig vom Alkohol, in Form von ich brauche es, sonst zittere ich. Ich trinke auch Wochenlang mal nichts. Aber es gibt mittlerweile einfach so viele Situationen, die ich ohne Alkohol nicht mehr schaffe.
So auch auf Arbeit. Ich kann meine normale Arbeit kaum noch ausführen.. Eine neue Ausbildung in einem Beruf ohne viel Fremdenkontakt und offenem Reden ist auch nicht denkbar, wegen der neuen Berufsschule die ich durchstehen müsste.
Ich habe all meine Probleme immer für mich behalten. Meine Frau weiß zwar, dass ich Nervöstität und Ängste in gewissen Situationen habe, jedoch nicht wie schlimm es tatsächlich ist, dass ich oft Alkohol trinken muss um durch zu kommen.
Ich habe Angst, sobald ich einmal mit der knallharten Wahrheit rauskomme, wird mich meine Frau und meine Familie zwar sicherlich unterstützen aber mich immer wieder auf meine Probleme reduzieren. Ich will diese Nervösitätsängste nicht so stark in mein Leben lassen, dass ich nicht mal mehr im Feierabend abschalten kann, weil meine Frau davon spricht usw. ..
Ich bin ein König im Verdrängen und ignorieren.. Deshalb schätze ich bin ich auch ganz gut vor Depression geschützt. Natürlich macht mich das alles fertig und ich sehe keinen Ausweg mehr aber sobald ich in "Sicherheit" zuhause bin schalte ich ab und genieße mein Leben..
Nun meine Frage. Was nur soll ich tun? Die einzige Therapie für mich wäre doch, sich meinen Ängsten zu stellen. Mich in Situationen zu bringen, wo ich nervös werde und diese versuche zu meistern. Aber ich kann es einfach nicht! Ich habe es so oft auf Arbeit zB. versucht.. Habe mich dann stotternd und schnappatmend durch eine Situation nüchtern durchgebissen, es irg. wie geschafft aber danach war es dann noch schlimmer als vorher. Weil eben die Person gegenüber es mitbekommen hat.. Das machte mir noch mehr Angst vor Nervösitätsanfällen. Es ist ein Teufelskreis..
Ich weiß nicht wie ich mich meine Ängste besiegen soll.. Was soll mir ein Therapeut denn sagen, dass mir meine Nervösität nimmt? Ja, er kann vlt. die Wurzel des Problems finden. Die kenne ich bereits. Hat nicht viel mit meiner jetzigen Nervösität zu tun..
Mir wurde es von Klein auf an antrainiert, mich meinen Ängsten nicht zu stellen. Heute kann ich mich Ängsten wie dem Zahnarzt stellen, es ist einfach eine Hürde vor mir über die ich rüber muss. Ich habe da ein Ziel und weiß was zu tun ist. Bei der Nervösität geht es nicht, ohne dass mein komplettes Umfeld es mitbekommen würde. Das geht gar nicht.
Gibt es denn wenigstens verschreibungspflichtige Medikamente, die ich anstelle des Alkohol nehmen könnte? Die mir ein Therapeut verschreibt? So langsam habe ich Angst um meine Gesundheit.. Mit dem ganzen Alkoholkonsum.
Ich Danke für die Zeit die Du Dir genommen hast und hoffe Du hast in irgend einer Form Rat.. Ich bin so verzweifelt
Angst vor Nervosität und wie es mein Leben zerstört
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Lieber Verdict, über die Medikamente könntest du dich mit einem Psychiater beraten, es gibt wahrscheinlich auch etwas, was die von dir beschriebenen Symptome mildert, da es relativ viele Menschen gibt, welche unter der Nervosität leiden oder früher litten.
Ich glaube, dass zu dem, sich den Ängsten zu stellen, gehört dann auch eine Vorstellung des effektiven Handelns, wie das geschehen könnte. Und dann vielleicht schrittweise die Umsetzung. Das Erkennen deren Sinnes für dein Leben, dass du motiviert bist, die Schritte zu gehen. Ich denke, dafür können die Therapeuten geeignete Begleiter, Ratgeber, gegebenenfalls auch Vorbilder sein.
Alles Gute dir.
Ich glaube, dass zu dem, sich den Ängsten zu stellen, gehört dann auch eine Vorstellung des effektiven Handelns, wie das geschehen könnte. Und dann vielleicht schrittweise die Umsetzung. Das Erkennen deren Sinnes für dein Leben, dass du motiviert bist, die Schritte zu gehen. Ich denke, dafür können die Therapeuten geeignete Begleiter, Ratgeber, gegebenenfalls auch Vorbilder sein.
Alles Gute dir.
Sometimes your heart needs more time to accept what your mind already knows.
Ich glaube ich komme auch einfach nicht mehr an einer professionellen Hilfe drumherum. Danke
-
- [nicht mehr wegzudenken]
- , 80
- Beiträge: 1931
Ich war 2019 zweimal in einer Klinik wegen Traumafolgestörungen in denen verhaltenstherapeutisch gearbeitet wurde, eine Methode, die sich ganz besonders bei Ängsten bewährt hat.
Dort in der Klinik wäre folgendermaßen mit deinen Problemen umgegangen worden - habe dies in der Gruppentherapie oft erlebt:
1. Du schreibst deine Symptome auf zB:
Nervosität, Ängste im Kontakt mit anderen, stottern und nicht reden können,...
2. Wofür stehen die Symptome?
zB Vermeidung von Kontakten, Unsicherheit im Umgang mit anderen, Selbstwertproblematik,...
3. Gedanken
zB "ich bin nicht gut genug" "Die anderen lachen über mich, wenn,.." etc,...
4. Körpergefühl
zB Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel, weiche Knie, etc...
Anschließend wurde uns psychoedukativ mitgeteilt was es mit Ängsten auf sich hat, diese zu Vermeidung führen (wie du ja auch selbst weißt), sich diese Vermeidung idR ausweitet (siehe dein Alkoholkonsum) wenn dieser Kreislauf nicht durch "entgegengesetztes Handeln" unterbrochen wird.
Zudem, dass Körper, Gedanken, Verhalten und Gefühl sich gegenseitig beeinflußen, also man an all diesen Stellschrauben drehen kann, um das Gefühl zu verändern. So bewirkt eine andere Körperhaltung beispielsweise bereits ein anderes Gefühl. Leider braucht das Gefühl dabei am längsten bis es ankommt, so, dass ein gewisses Training notwendig ist.
Dann wurde eine Liste von schwierigen Situationen aufgestellt (zB in der Berufsschule vor der Klasse kommunizieren, an der Arbeit mit den Kollegen sprechen, sich in der Freizeit mit Freunden unterhalten,...), die je nach Schwierigkeitsgrad bewertet wurden.
Die Bewertung sah dann zB so aus:
- vor anderen Schülern reden 100%
- mit Arbeitskollegen kommunizieren 90%
- Kommunikation mit fremden Menschen 80%
- ...
Anschließen wurde der Patient gefragt, welche Übung er sich vorstellen könne bis zur nächsten Woche auszuprobieren. Das waren idR Übungen mit einem Schwierigkeitsgrad von 50 oder 60%. Die Übungen sollten aber nicht nur so gemacht werden, wichtig war ebenfalls, dass man die Gefühle dabei nicht verdrängt - also nicht "Augen zu und durch". Deshalb sollte der Schwierigkeitsgrad auch nicht zu hoch sein. Zudem sollte man sich hinterher mit der Erfahrung auseinandersetzen, also sich klar machen, dass tatsächlich nichts passiert ist. So, dass es nicht nur bei den Gedanken ankommt, sondern nach einigem Üben auch im Gefühl.
In anderen Gruppen wurden auch manche Situationen in Rollenspielen geübt. Ich fand diese Methode insgesamt hilfreich für so "praktische Probleme".
Vielleicht ist ein Klinikaufenthalt oder eine Therapie für dich ebenfalls eine Option? Ich habe echt gute Erfahrungen mit stationären Aufenthalten.
Dort in der Klinik wäre folgendermaßen mit deinen Problemen umgegangen worden - habe dies in der Gruppentherapie oft erlebt:
1. Du schreibst deine Symptome auf zB:
Nervosität, Ängste im Kontakt mit anderen, stottern und nicht reden können,...
2. Wofür stehen die Symptome?
zB Vermeidung von Kontakten, Unsicherheit im Umgang mit anderen, Selbstwertproblematik,...
3. Gedanken
zB "ich bin nicht gut genug" "Die anderen lachen über mich, wenn,.." etc,...
4. Körpergefühl
zB Herzrasen, Schweißausbrüche, Schwindel, weiche Knie, etc...
Anschließend wurde uns psychoedukativ mitgeteilt was es mit Ängsten auf sich hat, diese zu Vermeidung führen (wie du ja auch selbst weißt), sich diese Vermeidung idR ausweitet (siehe dein Alkoholkonsum) wenn dieser Kreislauf nicht durch "entgegengesetztes Handeln" unterbrochen wird.
Zudem, dass Körper, Gedanken, Verhalten und Gefühl sich gegenseitig beeinflußen, also man an all diesen Stellschrauben drehen kann, um das Gefühl zu verändern. So bewirkt eine andere Körperhaltung beispielsweise bereits ein anderes Gefühl. Leider braucht das Gefühl dabei am längsten bis es ankommt, so, dass ein gewisses Training notwendig ist.
Dann wurde eine Liste von schwierigen Situationen aufgestellt (zB in der Berufsschule vor der Klasse kommunizieren, an der Arbeit mit den Kollegen sprechen, sich in der Freizeit mit Freunden unterhalten,...), die je nach Schwierigkeitsgrad bewertet wurden.
Die Bewertung sah dann zB so aus:
- vor anderen Schülern reden 100%
- mit Arbeitskollegen kommunizieren 90%
- Kommunikation mit fremden Menschen 80%
- ...
Anschließen wurde der Patient gefragt, welche Übung er sich vorstellen könne bis zur nächsten Woche auszuprobieren. Das waren idR Übungen mit einem Schwierigkeitsgrad von 50 oder 60%. Die Übungen sollten aber nicht nur so gemacht werden, wichtig war ebenfalls, dass man die Gefühle dabei nicht verdrängt - also nicht "Augen zu und durch". Deshalb sollte der Schwierigkeitsgrad auch nicht zu hoch sein. Zudem sollte man sich hinterher mit der Erfahrung auseinandersetzen, also sich klar machen, dass tatsächlich nichts passiert ist. So, dass es nicht nur bei den Gedanken ankommt, sondern nach einigem Üben auch im Gefühl.
In anderen Gruppen wurden auch manche Situationen in Rollenspielen geübt. Ich fand diese Methode insgesamt hilfreich für so "praktische Probleme".
Vielleicht ist ein Klinikaufenthalt oder eine Therapie für dich ebenfalls eine Option? Ich habe echt gute Erfahrungen mit stationären Aufenthalten.
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Hört sich interessant an. Ich habe mir bereits eine Psychotherapeutin in der Nähe rausgesucht und werde mich dort Mal melden. Ich bespreche dann auch mit ihr, ob vlt. ein stationärer Aufenthalt sinnvoll wäre.
Deine Übungen werde ich Mal ausprobieren. Vielen Dank
Deine Übungen werde ich Mal ausprobieren. Vielen Dank
Als ich jünger war, hatte ich solche Ängste auch, aber jetzt nicht mehr so sehr.
Mir hat es geholfen, mir zu sagen, dass ich keine Feinde habe, also niemand drauf wartet, dass ich was falsch mache, um sich darauf zu stürzen. Und dass die anderen oft mit ihren eigenen Dingen beschäftigt sind und gar nicht immer auf mich schauen, sodass sie auch nicht jedes Zittern gleich bemerken. Also sich selbst ein bisschen aus dem Fokus nehmen.
Außerdem natürlich, dass andere auch nicht immer alles richtig machen, und dass Fehler okay sind.
Es gibt jetzt auch noch Situationen, die ich meiden würde, aber das finde ich okay, weil man auch nicht alles immer mitmachen muss, was einem nicht liegt. Wichtig ist eher, dass man nicht im Alltag ständig an notwendigen Dingen gehindert wird.
Mir hat es geholfen, mir zu sagen, dass ich keine Feinde habe, also niemand drauf wartet, dass ich was falsch mache, um sich darauf zu stürzen. Und dass die anderen oft mit ihren eigenen Dingen beschäftigt sind und gar nicht immer auf mich schauen, sodass sie auch nicht jedes Zittern gleich bemerken. Also sich selbst ein bisschen aus dem Fokus nehmen.
Außerdem natürlich, dass andere auch nicht immer alles richtig machen, und dass Fehler okay sind.
Es gibt jetzt auch noch Situationen, die ich meiden würde, aber das finde ich okay, weil man auch nicht alles immer mitmachen muss, was einem nicht liegt. Wichtig ist eher, dass man nicht im Alltag ständig an notwendigen Dingen gehindert wird.
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