Depressionen und Ängste

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power
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Depressionen und Ängste

Beitrag Mi., 20.03.2019, 18:42

Liebes Forum,

ich möchte mich mit Personen austauschen, die auch wie ich immer wieder unter Depressionen und/oder wiederkehrenden ängsten leiden.
Bei mir hat es schon in der Kindheit angefangen. Eigentlich vordergründig die angststörung, ich denke die depression war dann die begleiterscheinung inkl. der Zwangsgedanken. Deswegen weiß ich auch nicht so recht, in welchen Thread...aber im Grunde ja egal. Es geht um wiederkehrende Episoden.

Wie geht ihr damit um? Habt ihr Phasen trotz Medis? Wie seht ihr das? Habt ihr schon versucht abzusetzen?

LG power


Anm. Mod.: Betreffzeile von "Immer wiederkehrende Phasen" auf obige präzisiert. Bitte im Sinne der Netiquette aussagekräftige Titel verwenden. lg Pauline
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blade
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Beitrag Mi., 20.03.2019, 19:22

Tagebuch
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cinikus
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Beitrag Mi., 20.03.2019, 20:33

power hat geschrieben: Mi., 20.03.2019, 18:42 Habt ihr Phasen trotz Medis?
Ja. Was ich leider in der Episode als persönliches Versagen warnehme. Aber die Medis helfen, dass es mir insgesamt bessergeht. Ich beschreibe das so: Es gibt eine Linie, die in etwa die Stimmungslage "normaler" Menschen zeigt. Da geht es etwas hoch und etwas runter, aber man kann es durchschnittlich auf ein gewisses Niveau fixieren.
Bis ich die Medis bekommen habe, war MEINE "Normstimmungslage" deutlich darunter, die Stimmungsschwankungen gingen in die Extreme. Also "normal" war für mich dort, wo andere ihren Stimmungstiefpunkt verorten. Durch die Medis wurde meine Stimmung angehoben. Vermutlich ist sie nicht ganz auf dem Niveau "Normalsterblicher", aber sie ist in einem Bereich, in dem ich handlungsfähig bin und mein Leben als lebenswert betrachten kann. Die Stimmungsschwankungen sind auch noch da, aber abgeschwächt. Das alles aber rettet mich nicht vor Depressiven Episoden. Es macht nur die Zeit zwischen den Depressiven Episoden schöner. Die Stimmungsschwankungen sind weit seltener, die Depressiven Episoden kürzer, beziehungsweise kann ich sie nun selbst abfangen beziehungsweise mich selbst wieder auf Kurs bringen, was ich vorher gar nicht konnte. Ohne Medis war ich meiner Psyche praktisch ausgeliefert, meine Stimmung schwankte zwischen schlecht und katastrophal schlecht. Das, was andere für einen normalen Tag halten, war für mich bereits Euphorie.

Das ist immer ein wenig schwer zu erklären, Leuten, die keine Psychopharmaka nehmen und Depressionen nicht kennen. Warum nehme ich Medikamente und habe trotzdem Depressive Episoden? Wirken die nicht? Das sind so Fragen. Dann erkläre ich das so wie oben, allerdings ohne viel Hoffnung, dass es kapiert wird. (Beweisen Fragen, die immer wieder aufkommen.)

Was das Absetzen betrifft: Ja, wenn es mir gutgeht, dann neige ich dazu, die Dosis zu reduzieren. Das geht eine Weile gut, aber es erzeugt einen Boomerangeffekt und ich brauche wieder eine Weile, um auf ein erträgliches Stimmungsniveau zu kommen. Voriges Jahr habe ich mal eine Woche auf meine Medis verzichtet, weil ich Urlaub in einem Nicht-EU-Land gemacht habe und mir für die Tabletten Spezialgenehmigungen hätte holen müssen. Da das alles terminlich sehr eng war, ging sich das nicht aus und ich habe es einfach riskiert, eine Woche ohne Medis. Habe es im Urlaub selbst nicht bemerkt, aber in der Woche darauf und den Folgewochen. Habe etwa drei Wochen gebraucht, um wieder auf Kurs zu kommen. (Es sind Medis, die nur 24 Stunden brauchen, um aus dem System zu sein. Also keine Ausschleichproblematik.) Schon eine Weile hatte ich davor mit der Idee gespielt, abzusetzen. Nach dem Erlebnis habe ich davon abgesehen.
Weitere Experimente: Da die Rezeptgebühren so hoch sind und die Packungsgröße so gering, habe ich eine Zeit lang aus finanziellen Gründen nur ein Drittel der Dosis genommen. Lief auf Dauer auch nicht so gut. Also offensichtlich bin ich gut eingestellt. Nur nehmen muss ich das Zeug. Leider ist es mit dem Selbstbehalt und allem so verdammt teuer, dass ich schon wieder an eine Dosissenkung denke, obwohl ich das gerade jetzt am wenigsten gebrauchen kann. Aber na ja.
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power
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Beitrag Do., 21.03.2019, 11:45

blade hat geschrieben: Mi., 20.03.2019, 19:22 Tagebuch
ist das Erste, was mir in den Sinn kommt.
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Habe ich schon begonnen vor Jahren. Es zeigt sich keine Regelmäßigkeit, außer wenn Belastungen von Außen kommen, dann kommen meist auch Symptome.
Kokette Krokette hat geschrieben: Mi., 20.03.2019, 20:33 Ja. Was ich leider in der Episode als persönliches Versagen warnehme
Du sprichst mir aus der Seele!! :roll: Genauso geht es mir auch. Ich habe generell hohe Ansprüche an mich und das ist auch ein Grund, warum ich immer wieder Phasen habe bzw. dann zu Zwangsgedanken tendiere.

So wie du es beschrieben hast, ist es sehr leicht verständlich und so ist es bei mir in etwa auch bzw. war es das bevor ich Medis genommen habe. Da wars vielfach schlecht-sehr schlecht und nur ganz kurze symptomfreie Phasen. Irgendwie gehören die Ängste und die Depri zu mir...seit ich fast denken kann. :gruebel:
Mein Anspruch war und ist es immer, irgendwann ohne Medi leben zu können. Ich habe das Gefühl, ich habe schon soo viel Therapie gemacht und soviel an mir gearbeitet, dass es doch endlich ohne Medi auch klappen müsste und dann reduziere ich meine Dosis und es kommt ein Stress von Außen und Zack-hat es mich wieder. Klar, die Phasen sind kürzer, v.a. habe ich keine Panikattacken mehr (was früher durchgehend dann war! :kopfschuettel: ) und sobald ich wieder hochdosiere dauert es meist 2-4 Wochen und es geht mir wesentlich besser. Was mich auch ängstigt, sind die Absetzbeschwerden...dadurch,dass ich mein Medi schon sehr lange nehme, muss ich wahnsinnig langsam ausschleichen...wir reden da eher von Jahre, statt Monate und da kann viel dazwischen kommen und selbst dann weiß man oft nicht, ob das nun ein Absetzsymptom ist oder vll doch wieder die Grunderkrankung. Ich fühle mich da irgendwie gefangen! :grotten: Die Vorstellung ein Leben lang Medis zu nehmen, erschreckt mich irgendwie...v.a. auch weil ich denke, ich bin immer auf das angewiesen...was ist, wenn ein Krieg ausbricht und es dann nicht mehr produziert wird od. das Medi wird eingestellt? Wisst ihr was ich meine? Das sind so Gedanken, Ängste die ich habe.

Ich bin jetzt wieder in Thera-mache eine körperorientierte Therapie, um ein paar Ängste/Traumata zu bearbeiten. Aber meine eher depressiv-ängstlich-zwängliche Persönlichkeit werde ich nicht ganz ändern können...oder?
Ich recherchiere auch viel...über Genetik, Epigenetik, etc...wieviel ist genetisch, wieviel ist erlernt/konditioniert und wieviel davon kann ich beeinflußen?

Ich habe immer gedacht, wenn ich nur genug an mir arbeite und therapiere etc...dann werde ich gesund. Langsam habe ich das Gefühl, realisiere ich, dass ich mich mit meiner Grundkrankheit (kann man das so nennen?) abfinden bzw. sie annehmen muss. ich tue mir echt schwer damit.
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cinikus
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Beitrag Fr., 22.03.2019, 17:31

power hat geschrieben: Do., 21.03.2019, 11:45 Die Vorstellung ein Leben lang Medis zu nehmen, erschreckt mich irgendwie...v.a. auch weil ich denke, ich bin immer auf das angewiesen...was ist, wenn ein Krieg ausbricht und es dann nicht mehr produziert wird od. das Medi wird eingestellt?
Ich würde mir keine Gedanken darüber machen, wie deine Depression verläuft, wenn Krieg ist. Brutal gesagt: Krieg ist Dopamin und Adrenalin pur. Die Wahrscheinlichkeit, dass du in einer solchen Zeit auch ohne Medikamente keine Depressionen bekommst, ist recht hoch. Der Kampf ums Überleben kann ein starker Stimmungsbooster sein, zynisch gesprochen. Depressionen kommen auch eher in Wohlstands(verwahrlosten) Ländern vor, als in Kriegsgebieten.
Wie es hinterher aussieht, ist eine andere Sache. Ich nehme an, dann wird es eine Form von Burnout sein.
Selbst kenne ich es, dass ich in sehr harten Phasen meines Lebens, wenn es wirklich auf mich ankommt, eher stark und kämpferisch bin. Die Phase, in der ich dafür mit Depressionen bezahle, kommt immer erst hinterher. Mit ein wenig Delay, dafür aber umso schlimmer.

Ich vermute, ich werde ebenfalls bis an mein Lebensende Depressionen haben und Medikamente benötigen. In den sehr düsteren Phasen denke ich, soooo lange ist das nicht mehr hin. In den guten Phasen glaube ich, ich kann mal absetzen. Irgendwo dazwischen sehe ich die Sache vernünftig, hoffe ich.
In meinem Fall scheine ich schon depressiv geboren worden zu sein. Zumindest passen einige Beschreibungen von mir als Baby auf die Symptomatik von Babydepression hin. Ich erinnere mich in meiner Kindheit an Phasen von Depressiven Episoden, bei denen mir teilweise das Gesicht taub wurde, wortwörtlich. Gekämpft habe ich immer damit. Zu einem Arzt habe ich mich damit leider erst mit fast 30 getraut. War aber nur kurz. Erst mit mitte dreißig habe ich mich getraut, wirklich Hilfe in Anspruch zu nehmen. Hat den Grund in Glaubenssätzen. Mir wurde immer gesagt, ich wäre bloß stinkfaul, und ich habs geglaubt, obwohl ich mich ins Burnout gearbeitet habe. Ich hab gehackelt wie ein Viech, kann man sagen, und mich alleine wegen meiner Depressiven Episoden faul und unfähig gefühlt. Gut. Hat alles System und Methode. Man gerät ja nicht ohne Grund da hinein. Worauf ich hinauswill: Ich denke, ich habe meine Depression rund 35 Jahre verschleppt, was mir mehr oder weniger die Heilungschancen versemmelt hat. Es ist chronisch und daran wird sich wohl nichts mehr ändern.

Ob Depression jetzt "zu mir" gehört, ist eine andere Frage. Ich sehe es nicht als Teil meiner Persönlichkeit und würde sie sofort gegen irgendetwas anderes eintauschen, das weniger hartnäckig und Lebensenergieraubend ist. So gesehen ist es zwar etwas, das mich mein Leben lang begleitet (oder eher verfolgt und jagd), weniger etwas, das ich als Anteil sehe. Oder sagen wir so: Depression ist so sehr ein Anteil von mir, wie es ein Tumor wäre. Gäbs eine Operation und danach ist sie weg und ich kann für immer "glücklich" sein, würd ichs tun.
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blade
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Beitrag Fr., 22.03.2019, 17:57

Unterforderung. Oder besser gesagt, die falschen Aufgaben (die sinnlos sind und so empfunden werden, weil sie es auch sind).

Könnte schon eine Rolle spielen.
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Beitrag Mo., 25.03.2019, 10:49

Kokette Krokette hat geschrieben: Fr., 22.03.2019, 17:31 Ich würde mir keine Gedanken darüber machen, wie deine Depression verläuft, wenn Krieg ist.
Bei diesem Gedanken geht es mir weniger um die Depression oder um meine Ängste, sondern um ein abruptes Absetzen der Medikation, da ich schon einmal die Erfahrung gemacht habe, dass die Absetzsymptome sehr heftig sein können, inkl. der wiederkehrenden Panikattacken, die tagelang angehalten haben. Das macht mir mehr Angst, als die Depression, denn ich gebe dir recht, dass im Falle eines Krieges man mit Adrenalin vollgepumpt sein wird.
Kokette Krokette hat geschrieben: Fr., 22.03.2019, 17:31 Die Phase, in der ich dafür mit Depressionen bezahle, kommt immer erst hinterher. Mit ein wenig Delay
Ist bei mir auch so, aber zuerst kommt mein die Angst, dann machmal Panikattacken und dann die Depression.

Ich denke nicht, dass ich als Baby depressiv war, laut Beschreibung sei ich ein sehr fröhliches Kind gewesen. Bei mir hat es durch Traumata angefangen in Kombination mit einer erblichen Komponente.
Kokette Krokette hat geschrieben: Fr., 22.03.2019, 17:31 Ich denke, ich habe meine Depression rund 35 Jahre verschleppt, was mir mehr oder weniger die Heilungschancen versemmelt hat
Ja, da kann ich dich gut verstehen. War bei mir ähnlich...bei mir hats 17 Jahre bzw. 19 gedauert ehe ich in Therapie gegangen bin. Meine Mutter hätte wesentlich früher was mit mir unternehmen müssen als Kind bzw. sie hätte (eigentlich nicht nur sie, sondern meine ganze Familie) hätten mehr auf meine kindlichen Bedürfnisse nach Nähe und Sicherheit schauen sollen, aber das war damals angeblich noch nicht 'in'. Da hieß es: "Es gehört sich dies und jenes, also stell dich gefälligst nicht so an!' Tja... :evil:
blade hat geschrieben: Fr., 22.03.2019, 17:57
@Blade:
Unterforderung.
In was für einem Zusammenhang?
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cinikus
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Beitrag Mo., 25.03.2019, 18:36

blade hat geschrieben: Fr., 22.03.2019, 17:57 Unterforderung. Oder besser gesagt, die falschen Aufgaben (die sinnlos sind und so empfunden werden, weil sie es auch sind).

Könnte schon eine Rolle spielen.
Das Gefühl haben das Leben zu vergeuden.
Ich denke sogar, dass das eine sehr große Rolle bei den meisten Depressionen spielt, von der Tatsache körperlicher Ursachen mal abgesehen, die man nicht außer Acht lassen darf. Wie hoch die Ratio zwischen lebensstilbedingten beziehungsweise Mangel-an-Sinn Depressionen und körperlich bedingte Depressionen sind (mit vermutlich einer nicht zu verachtenden Überschneidungsmenge) weiß ich nicht. Hast du da Daten?

Was mich betrifft, kann ich bestätigen, dass die Depressionen deutlich mehr Macht kriegen, wenn ich nicht "sinnvoll" sein kann, oder den Sinn hinter dem, was ich tu, aus den Augen verliere. Wobei ich da oft nicht weiß, "macht" die Depression alles sinnlos, oder wuchert die Depression aus der Sinnlosigkeit. Bei mir verorte ich auf jedenfall eine starke genetische Komponente, wobei die Gene ja auch "nur" durch Bedingungen eingeschaltet werden/wurden. Interessant für mich ist noch, warum ich Depressive Episoden habe, und warum ich Phasen habe, in denen es mir gut geht. Irgendetwas "muss" das doch ein oder ausschalten. Das will ich herausfinden.
Eine Ursache, die ich bereits statistisch an mir feststellen kann, ist eine starke Korrelation mit Hormonen. Aber nicht jeden Monat wird aus den hormonellen Schwankungen auch eine Depressive Episode. Vergangenes Jahr hatte ich (erstmals, seit Jahrzehnten) sechs Monate durchgehend keine Depressive Episode. Dann zwei heftige sehr knapp hintereinander, mit kaum einen Monat Pause.
Mein derzeitiger "heißer Tipp" ist die Ernährung. Ein Selbstversuch steht demnächst an. Wenn stimmt, was ich befürchte, löst ein Makronährstoff eine Depressive Episode aus. Mittlerweile sammle ich eine Menge Daten rund um mich, angefangen vom Schlafverhalten über das Wetter, hormonelle Schwankungen, Ernährungsgewohnheiten, Trinkgewohnheiten, Bewegung und so weiter und so fort. Denn ich will es unbedingt wissen. Wenn es stimmt, dass ich bis zu meinem Lebensende depressiv sein werde, dann möchte ich wenigstens ein BISSCHEN Kontrolle darüber. Ich möchte wissen, warum in diesem Monat und nicht in jenem. Was verursacht starke, gesunde Phasen und was macht mich krank?

Es GIBT Muster, davon bin ich überzeugt. Die wird aber kein Psychologe erkennen, mit dem ich gerade mal zwanzig Minuten reden kann. Oder ein Therapeut, dem ich nur mein durch mich selbst unwissentlich gefiltertes Weltbild präsentieren kann. Insofern bleibt mir nur das nackte Datensammeln. Grafisch darstellen lassen, vergleichen und sehen, ob und wo es Überschneidungen gibt. Das Ziel ist, die Gewohnheiten forcieren, die eine gesunde Phase erzeugen und jene Gewohnheiten meiden, die eventuell Depressive Episoden auslösen.

Die Sache mit dem Sinn ist nämlich schon spannend: Bin ich gesund, sehe ich in meiner Arbeit (und Leben) durchaus Sinn, kann auch überzeugende Essays darüber verfassen, wenn erwünscht. Aber wenn ich depressiv bin, kann ich ganz genauso überzeugend darlegen, warum das was ich tu, mein Leben, keinerlei Sinn ergibt. Ich bin im negativen von der Sinnlosigkeit so überzeugt, wie im Positiven von der Sinnhaftigkeit. Das macht eine nüchterne Einteilung sehr schwierig. Mein Traum wäre aber, dass es da eine faktenbasierte Tatsache gibt, die weder nur beschönigt, weil das gesellschaftlich anerkannter ist, noch zwanghaft fatalistisch ist. Aber ich vermute, das gibt es nicht. Gerade was man sinnvoll empfindet, ist höchst subjektiv. Wie traut man einer Psyche, die gerade da total instabil ist?
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Beitrag Mo., 25.03.2019, 18:54

power hat geschrieben: Mo., 25.03.2019, 10:49 Meine Mutter hätte wesentlich früher was mit mir unternehmen müssen als Kind bzw. sie hätte (eigentlich nicht nur sie, sondern meine ganze Familie) hätten mehr auf meine kindlichen Bedürfnisse nach Nähe und Sicherheit schauen sollen, aber das war damals angeblich noch nicht 'in'. Da hieß es: "Es gehört sich dies und jenes, also stell dich gefälligst nicht so an!'
Dito. Depression gab es einfach nicht. Ich galt halt als langsam, faul, unwillig, renitent und so weiter. An negativen Bezeichungen und Spottnamen hat es gewiss nicht gemangelt. An Unterstellungen meiner Unfähigkeit auch nicht. Erstmals kam ich über ein Medizinbuch auf die Selbstdiagnose. Da gab es Fragestellungen, die so nach Antworten in immer weitere Fragen verzweigt wurden. Egal, wie ich gesucht habe, egal, welche Symptome ich hatte, ich bin praktisch immer bei Depressionen gelandet. Die Beschreibungen haben auf mich gepasst wie ein Persönlichkeitsprofil. Einmal habe ich meine Mutter damit konfrontiert, dass ich glaube, depressiv zu sein. Die Antwort war spöttisch böse. Ob ich denn krank sein WOLLE. Ob ich in die Klapse wolle. Ob ich sein wolle wie diese oder jene Person (die als psychisch krank galt und verachtet wurde). Mehr oder weniger wurde ich unter einer Lawine von Unterstellungen und angstmachenden Szenarien begraben, garniert mit Spott und einem Tritt in den Hintern, von wegen, ich sei eigentlich nur faul, unfähig, unwillig.
Tja. Man hüte sich eben, mit den eigenen Eltern über wichtige Themen zu sprechen. Und dass das "damals halt so war" lasse ich nicht gelten. Oder anders: Es zeigt mir schwache Menschen, vor denen man nicht den geringsten Respekt haben kann. Was auch der Fall ist. Denn ich denke, jeder Mensch hat Gefühle und Überzeugungen, und diese zu übergehen, weil "man das so macht" ist der Anfang vom Ende. Solche Leute haben dem Dritten Reich geholfen und sich auch noch als Opfer aufgespielt. Nein, nein. Ich selbst musste auch immer zu meinen Taten stehen, auch zu Dingen, die ich selbst gar nicht angestellt habe. An entsprechenden Tritten dahingehend gab es genug. Daher sehe ich nicht ein, dass ausgerechnet die, die so saftig und bereitwillig ausgeteilt haben, hinterher für sich Nachsicht beanspruchen. Ich wende ihre Erziehungsmethoden gegen sie selbst an. Oder besser: ich meide sie komplett. Das ist gesünder. Meine Mutter würde garantiert nicht wollen, dass ich ihr all die Liebe zurückgebe, die ich erhalten habe. Vor allem, wenn sie durchs Alter so schwach wird, wie ich als Kind ihr gegenüber war. Sie soll über das Exil, das ich ihr gewähre, froh sein, nicht jammern.
Oh, ich schweife ab. Aber mich ärgert, dass so viele Jahre meines Lebens vermasselt sind. Vielleicht hätte man in meinen heranwachsenden Jahren etwas Nachhaltiges tun können und ich könnte ein viel besseres Leben leben. Jemand, der sich so weigert, Verantwortung zu übernehmen, sollte keine Kinder kriegen, und ich (Depressionssprech) hätte zugunsten von Verantwortung lieber aufs Leben verzichtet. Aber wie das nun mal so ist: weder wird man gefragt, OB man geboren wird, noch, von wem. Man muss die Kröte schlucken.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo

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blade
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Beitrag Di., 26.03.2019, 17:07

mann kann die Kröte auch zerbeissen und kauen...ich wette, dann will sie doch wieder raus...die Kröte.

Kokette Krokette
ich habe keine Daten, denn sonst müsste ich meinen eigenen Fragebogen in der Gegend rumtragen und Fremde belästigen...oder Daten klauen von anderen...also habe ich keine Daten.
Ich hab eine Idee (woher? das kann ich auch nicht sagen...jetzt ist sie bei mir..aber es ist nicht MEINE Idee)

Gewalt und Indoktrination, die durch Deine Bezugspersonen erfahren hast (welche offenbar genau wissen, daß das nicht gut ist, weil für sich selbst würden sie das ja nicht wünschen wollen...) und sehr berührend (für mich) beschrieben hast

fixiert einem in der links-cerebralen Aufmerksamkeit und im Reptilienhirn (Kampf, Flucht, Unterwerfung)

Spott ist der dunkle Bruder...der Abklatsch von seiner lichten Ausformung (die niemals verletzen wollen würde, Spott will immer verletzen) Humor....Humor wohnt auf der rechten Hirnavenue und verbindet sich gerne mal mit der Kehle und dem Herzen und NIEMALS mit dem Geckohirn.

Power: Unterforderung war das falsche Wort. Brach liegend....ja das wäre besser.
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volocebi
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Beitrag Di., 20.08.2019, 07:36

Hallo Thread-EröffnerIn! Ich litt auch lange Zeit unter Depressionen und Angstzuständen. Ein Freund, der dasselbe durchgemacht hatte, erzählte mir, dass er CBD-Öl verwendete. Jemand mit Erfahrung? Danke schön


Waldschratin
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Beitrag Di., 20.08.2019, 13:56

Hallo volocebi,
Erfahrung mit CBD hab ich, aber gegen Depris hat mir das noch nie geholfen.
Gegen Ängste kann ichs mir vorstellen, dass es hilft, da es ja aufs Vegetative recht ausgleichend wirkt.
Ich nehms wegen chronischer Schmerzen höheren Levels.

Was weißt du selber denn so über CBD?


RalfSobe
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Beitrag So., 01.09.2019, 22:16

Schwimmen gehen, sich sonnen, sowas hilft auch ! Ansonsten bin ich von folgender
Weisheit überzeugt:

"Ein Traum kann sich auf das Gemüt ebenso auswirken, wie eine in der so genannten
Realität gemachten Erfahrung. "

Also mache ich es mir bequem, und versuche, mir immer schönere Welten vorzustellen. Sehe den weiten
Ozean, sehe eisige Berge, sehe bengalisches Feuer, Tropenstrände, ich gehe also auf den Psychotrip.

"Die Seele muß einfach mal raus, aus dem Alltagsmief, aus dieser Mühle der Depression,
und was schönes sehen !"

Ich behaupte nicht, daß das sofort funktioniert, es braucht Training und Beharrlichkeit. Aber es lohnt sich.
Man merkt, der depressiv geprägte Geist ist keine Konstante, er unterliegt der Veränderung, wenn man
solche Traumreisen macht. Und das gibt einem die Selbstbewußtheit zurück, die aus inneren Quellen neu
entsteht !

"Schwing Dich hoch hinauf, durcheile den Raum !" So sind echte ZEN-Leute drauf !

Und ich armer Schlucker habe womöglich Dinge gesehen, die der reichste Sack auf dieser
Welt womöglich nicht gesehen hat ! Ätsch ! Meditation gibt innere Stärke !

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power
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Beitrag Sa., 28.09.2019, 08:22

Hallo zusammen,

@volocebi: CBD habe ich noch nie probiert. würde ich auch nicht ehrlich gesagt, da ich ja eh medis nehme. wenn ich keine nehmen würde, würde ich es ev. versuchen.
@cinikus: ich gebe dir recht, dass es einem Muster folgt und ich glaube auch, dass hormone etc. eine gewichtige Rolle spielen. Das weiß man ja eh. Gerade wenn es um Geburt, Schwangerschaft etc geht. Oder auch das typische PMS bei Frauen, ist alles hormonbedingt. Ich würde auch gerne erkennen, was genau immer meine Episoden auslöst, aber ehrlich gesagt, möchte ich nicht penibel Buch führen müssen über alles. Das ist mir viel zu aufwändig. Gerade was Ernährung bspw. betreffen würde. Größere Ursachen wie Lebensumstände, wenig Schlaf oder sonstiges kenne ich...wobei selbst da muss ich sagen, hat es sich auch geändert. Seit ich ein Kind hab, ist Schlaf bspw. nicht mehr so wichtig. Das ist es eben auch. Man verändert sich und auch meine Episoden verändern sich. Das finde ich einerseits spannend, andererseits sehr anstrengend. Weil ich dann oft daran zweifle, ob es denn eine Episode ist oder eher was anderes.

Gerade stecke ich wieder in einer. Hat sich langsam angebahnt. Extremer sind diesmal meine Stimmungsschwankungen und dass ich wegen Kleinigkeiten aus der Haut fahren könnte. Das kenne ich nicht so an mir, aber ev. ist das auch hormonell bedingt? Mein Sohn ist noch klein-ich stille noch. Vll ist das der depressive Anteil momentan. Ich habe das Gefühl, es gibt unendliche Möglichkeiten.

@waldschratin: hast du auch schon lang Depris? Wie gehst du damit um? Nimmst du Medis?

LG power
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Beitrag Sa., 28.09.2019, 12:40

power hat geschrieben:@waldschratin: hast du auch schon lang Depris? Wie gehst du damit um? Nimmst du Medis?
Hallo power,
laut Diagnostik hab ich wohl schon mein Leben Lang Depressionen, mir kams oft nicht so vor, weil ichs einfach nicht anders kannte als deprimiert, hoffnungslos etc. in der Grundstimmung zu sein.

Versuche mit ADs wurden immer mal wieder gemacht, auch weil ich chronisch schmerzkrank bin und ADs da ja auch helfen manchmal, zur "Schmerzdistanzierung". Ich reagiere aber auf Psychopharmaka allgemein leider paradox, was heißt, dass ich erst richtig "abschmiere" und mich "verliere", wenn ich sowas nehme.

Also hab ichs irgendwann einfach gelassen und wehre mich seither auch dagegen, wenn mal wieder was ausprobiert werden soll.

Inzwischen hab ich durch hauptsächlich Verarbeitung der Vergangenheit wenigstens erleben können, dass es auch "anders" geht in der Grundstimmung. Und da drauf stell ich mich seither und lebe halt mit den Depressionen. Heißt, ich reflektiere, aber nicht mit dem Ziel "Muss jetzt so schnell wie möglich weg", weil das eh nicht geht auf Dauer oder "komplett" in mir.

Ich versuche halt so gut wie möglich festzustellen, wenn Lebensumstände oder eigenes Verhalten (z.B. eben Erschöpfung oder stärkere Schmerzen) die Depressionen "füttern", um dann frühzeitig gegensteuern zu können. Kann ich an Umständen nix ändern, dann akzeptiere ich : Ist jetzt so, aktiviert die Resignation, Hoffnungslosigkeit und Suizidgedanken etc., aaaber : Ich weiß, das vergeht auch wieder und weiß ebenso, dass ich ganz anders "bin" und "kann".

Und dann stell ich mich meist auf mein Mantra : Ein Gefühl ist ein Gefühl ist ein Gefühl ist ein Gefühl...
Nicht weniger, aber halt auch nicht mehr.
Also : Nicht "bewerten", dass ich mich jetzt "schlecht" fühle oder "nicht so gut kann" oder "mich so nicht erleben mag" etc., sondern gelten lassen, was ist, mit dem Wissen und der "Voraussichtshaltung" in mir : Es wird sich auch wieder ändern.

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