Körperkontakt in Therapie

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Senseless
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Körperkontakt in Therapie

Beitrag Di., 11.12.2018, 21:58

Hallo ihr Lieben :-D Ich habe folgendes Problem: in der letzten Stunde hat meine Thera zum ersten Mal ihren Arm um mich gelegt und mir über den Rücken gestreichelt, da es mir so schlecht ging. Es war erst etwas komisch aber es hat sich richtig gut angefühlt, ich bin solche Berührungen nicht gewohnt... Jetzt hab ich Angst davor, dass ich es zukünftig gerne öfter hätte, es aber nicht geschieht. Ich hatte vorher nie das Verlangen von ihr in den Arm genommen zu werden aber jetzt hat sie das Bedürfnis "geweckt". Ich denke oft an die Berührung und an das geborgene Gefühl. Was soll ich nur machen? Ich trau mich nicht es anzusprechen und bin sowieso etwas verschlossen. Hilfe!! :-( (bin weiblich, Anfang 20)

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candle.
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Beitrag Di., 11.12.2018, 22:08

Hast du denn niemanden, der dich außerhalb der Therapie in den Arm nehmen könnte?

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mondlicht
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Beitrag Di., 11.12.2018, 22:11

Senseless hat geschrieben: Di., 11.12.2018, 21:58 Ich trau mich nicht es anzusprechen
Das ist schade! Vielleicht könntest du dich doch überwinden? Ich meine nicht, um weitere Umarmungen zu betteln, sondern das sagen, was du hier geschrieben hast. Ich finde es toll, dass du diesen Körperkontakt so erleben kannst. Ich könnte mir vorstellen, dass deine Therapeutin das freut. Sonst hätte sie es nicht gemacht. ;)

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Senseless
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Beitrag Di., 11.12.2018, 22:19

Hast du denn niemanden, der dich außerhalb der Therapie in den Arm nehmen könnte
Ich habe enge Freunde, die mich durchaus in den Arm nehmen (können), aber leider seh ich die mittlerweile selten.

Ich glaube nicht, dass ich mich überwinden kann, es ist mir sehr peinlich und ich hab Angst es könnte rüberkommen als würde ich wie du schon sagst Umarmungen erbetteln wollen.

Ich glaube einfach nicht, dass ich noch normal mit ihr sprechen kann weil ich mich sehr danach sehne wieder in den Arm genommen zu werden und dafür schäme ich mich :red:

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Philosophia
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Beitrag Di., 11.12.2018, 22:48

Es ist aber wichtig, dass so etwas besprechbar ist - nur Mut. Da es nun mal (reintheoretisch) nicht zum Standardrepertoire der Psychotherapie gehört, wäre es schon gut, ihr würdet darüber sprechen - vor allem, wenn es dir noch zu schaffen macht.
Dass sie deine Sehnsucht nach mehr geweckt hat, war die Gefahr des Ganzen, aber ihr könnt sicher noch was Gutes draus machen und damit arbeiten. Aber es ist normal, dass da diese Sehnsucht ist, wenn einst die gute Berührung fehlte (und nein, Freunde können auf solche Weise nicht umarmen, das ist was anderes).
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Senseless
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Beitrag Di., 11.12.2018, 22:55

@Philosophia Ich bin mir sicher, dass du Recht hast... aber es scheint mir so unüberwindbar. Am liebsten würde ich alles hinschmeißen.

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Philosophia
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Beitrag Di., 11.12.2018, 23:00

Weil du dich so schämst? Schau, sie hätte das nicht tun müssen - wenn sie eine Patientin berührt, muss sie damit rechnen, dass sie da was lostritt. Du hättest es auch furchtbar finden können oder sonst was. Sie muss jetzt damit umgehen, was sie in dir ausgelöst hat. Ich finds so wichtig, mit ihr darüber zu sprechen. Ihr könnt dann nämlich an dieser Sehnsucht arbeiten, indem ihr sie euch anguckt. Nun hast du gefühlsmäßig auch Zugang dadurch - das kann ein echter Vorteil sein. Aber nur, wenn sie das Berühren nicht zur Regelmäßigkeit werden lässt, auch wenn sie in dir den Wunsch geweckt hat.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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joey23
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Beitrag Di., 11.12.2018, 23:10

Hallo liebe Senseless,

mir ist danach, dass ich Dir erst einmal erzählen möchte, dass ich solche Gefühle kenne, wenn ich mitfühlend körperlich berührt werde. Du schreibst ja auch, dass Du es nicht gewohnt bist, liebevoll berührt zu werden und vor allem dann, wenn es Dir nicht gut geht. Da finde ich es nicht verwunderlich, dass Du zuerst irritierst warst.. und dann plötzlich gemerkt hast, dass es sich ja doch angenehm anfühlt.
Und nun hast Du Angst, dass Deine Sehnsucht danach, die ja schon vorher in Dir war nur mehr oder weniger versteckt/verdrängt/unbewusst, jetzt offen geweckt wurde, Du mehr davon möchtest... und sie dann ins Leere geht.
In der von Dir beschriebenen Situation wurde Dir ein tiefer Wunsch (Sehnsucht) erfüllt, durch mitfühlende Aufmerksamkeit mit Deinem emotionalen Schmerz gesehen, angenommen und getröstet zu werden. Und das ist durch Deine Therapeutin erfüllt worden. Wenn Du sprachlich konkret Deinen Wunsch, eine Bitte nach Körperkontakt mitteilst, kann es sein, dass sie sich dafür entscheidet oder dagegen und durch Letzteres Dein Bedürfnis frustriert. Es kann sich unangenehm anfühlen, wenn eine Erwartung enttäuscht wird, klar. Und es kann alte Erfahrungen dieser Art berühren, so dass alter Schmerz auftaucht.
Überhaupt wenn es um das Bedürfnis nach haltgebender und/oder tröstender Zuwendung geht, kann es echt eine große Hürde sein, jemanden darum zu bitten. So kenne ich es zumindest von mir selbst. Naja, und wenn man das vor allem als Kind eher vermissen musste, fällt das besonders schwer.
Und dann noch nach körperlichem Halt, körperlicher Zuwendung zu fragen, ist noch 'ne Nummer größer.

Gerade weil es so vielen Menschen, egal welchen Alters, aber eben auch erwachsenen Klient*innen so geht, dass sie zu wenig liebevolle Zuwendung erfahren hatten als Kind, das eigentlich ganz natürliche Bedürfnis besonders nach körperlicher Berührung viel zu wenig befriedigt wurde, der damit verbundene Schmerz sehr intensiv und die Scham sehr groß sein kann, danach zu fragen... oder auch nur darüber zu reden..., ist es so sehr wichtig, dass sich dem ganz behutsam angenähert wird. Vor allem natürlich seitens der Therapeutin. Da geht es um ein hohes Maß an Verantwortung.

Dein Bedürfnis, Deine entstandenen Gefühle, Empfindungen, Deine Irritation und Angst finde ich sehr natürlich! (Und ich kann das gut nachempfinden. Ich kenne das von mir selbst auch.) Du bist mit all dem völlig in Ordnung!!

Und so komme ich jetzt an den Punkt "Behutsamkeit".
Dazu gehört, dass Dich Deine Therapeutin zuerst fragen muss, ob es für Dich in Ordnung wäre, wenn sie Dich berührt.
Und noch vor dieser Frage überhaupt erstmal eine Überprüfung wie z.B.: Dass sie sich vorstellen könnte, dass es tief in Dir das Bedürfnis gibt, getröstet/gehalten werden zu wollen oder vielleicht auch nur erstmal, dass sie näher bei Dir sitzt, und Dich fragen, ob das stimmt.
Gleich eine Umarmung ist ja schon sehr viel Berührungsfläche, dann auch noch über den Rücken streicheln noch mehr.
Die Haut ist ja die wirklich letzte Schutzgrenze zu Deinem Körper, der Dein absoluter (!) Intimraum ist. Besonders an dieser Schwelle braucht es Deine unbedingte Erlaubnis. Der Intimraum beginnt sogar noch weiter außerhalb des Körpers, daher ist auch die Frage überhaupt nach Näherkommen ohne Berührung schon super wichtig.
Nicht selten wurden Klient*innen nicht nur in ihrem außerkörperlichen Feld verletzt, sondern eben auch an ihrem körperlichen.
Es kann also über Körperberührung ganz viel Emotionales ausgelöst werden.

Von so einer achtsamen, behutsamen Annäherung VOR einer Umarmung mit Streichen über den Rücken hast Du nichts erzählt. Gab es so etwas in der Art? Oder hat sie Dich spontan tröstend umarmt?
Das fände ich eine wichtige Information, die mir zumindest fehlt, um noch besser auf Dein Anliegen eingehen zu können.
Wenn Du kannst, dann reiche da doch bitte noch ein bisschen nach.

Ansonsten finde ich auch wie bisher die Anderen, dass es superwichtig ist, dass Du mit Deiner Therapeutin darüber sprichst, was Ihre Umarmung in Dir ausgelöst hat.

Lieber Gruß
joey
:tippen: Ich bitte um Geduld. Ich übe mich gerade darin, eine Kurzschreiberin zu werden.
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"Ich setzte einen Fuß in die Luft
und sie trug."

(Hilde Domin)

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Senseless
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 12:55

Philosophia: Ja ich schäme mich abgrundtief dafür. Ich war/bin meiner Thera gegenüber bis jetzt sehr verschlossen (ungewollt) und jetzt möchte ich mit ihr "kuscheln", das fühlt sich so komisch an.


Hallo Joey23, vielen Dank für deine lange Antwort.
Von so einer achtsamen, behutsamen Annäherung VOR einer Umarmung mit Streichen über den Rücken hast Du nichts erzählt. Gab es so etwas in der Art?
Naja, sie fragte mich ob sie sich zu mir auf die Couch setzen dürfe und ob ich es aushalten würde wenn sie mich in den Arm nimmt. In mir drehte sich alles und ich meinte kleinlaut "Ich glaube nicht" obwohl mein Inneres laut "jaaaa" schrie. Ich glaube ich hab abgelehnt weil es mir da schon unangenehm war. Sie meinte dann sie komme jetzt einfach mal, und ich sagte nichts dagegen, dann fing die Berührung an und ich sagte auch da nichts dagegen.

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Philosophia
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 15:43

Hm...finde ich nicht so cool von ihr, dass sie einfach zu dir kam, wenn du auf ihre Frage "ich glaube nicht" gesagt hast, denn somit hast du sehr wohl etwas dagegen gesagt. Wenn du 'Couch' schreibst, machst du offenbar zu dem eine Analyse, wo der Therapeut explizit dazu angehalten ist, NICHT körperlich zu berühren. Es ist zudem dein gutes Recht, so was abzulehnen. Nun gut, ein Teil wollte es ja wenigstens offenbar auch, dass sie es tut. Was da jetzt passiert ist, dass du vermutlich deine alten körperlichen unerfüllten Bedürfnisse auf sie überträgst und nun hat sie das schon ein Stcük auch befeuert. Wie fühlt es sich denn jetzt für dich an? Kannst du dir vorstellen, dass das jetzt eine Ausnahme war oder MUSST du das jetzt öfter haben, oder reicht es, mit ihr über die Sehnsucht zu sprechen?
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Wirbel-Uschi
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:12

Philosophia hat geschrieben: Mi., 12.12.2018, 15:43 Hm...finde ich nicht so cool von ihr, dass sie einfach zu dir kam, wenn du auf ihre Frage "ich glaube nicht" gesagt hast, denn somit hast du sehr wohl etwas dagegen gesagt. Wenn du 'Couch' schreibst, machst du offenbar zu dem eine Analyse, wo der Therapeut explizit dazu angehalten ist, NICHT körperlich zu berühren. Es ist zudem dein gutes Recht, so was abzulehnen. Nun gut, ein Teil wollte es ja wenigstens offenbar auch, dass sie es tut. Was da jetzt passiert ist, dass du vermutlich deine alten körperlichen unerfüllten Bedürfnisse auf sie überträgst und nun hat sie das schon ein Stcük auch befeuert. Wie fühlt es sich denn jetzt für dich an? Kannst du dir vorstellen, dass das jetzt eine Ausnahme war oder MUSST du das jetzt öfter haben, oder reicht es, mit ihr über die Sehnsucht zu sprechen?
Na, das muss ja nicht sein, wegen Couch = Analyse.
Die Couch kann ja auch ne Sitzcouch sein. Zumindest sitze ich bei meiner Therapeutin auch auf solch einer (vielleicht weil sie auch Paare macht und dann ja zwei Plätze braucht). Zum liegen hat sie eine spezielle Liege. Die Couch nur zum sitzen.
Aber wenn es so wäre (Analyse) hast du recht. Würde ich mich auch sehr drüber wundern...
und dass die Therapeutin das trotz der zögerlichen Ablehnung gemacht hat, finde ich auch strange.
Also klar, vielleicht hat sie bemerkt dass es da diesen Teil gab, der es eigentlich unbedingt wollte.
Sich deshalb aber über eine Ablehnung hinwegsetzen? Dürfen die das? Gibt es da plausible Begründungen?
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Le_na
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:15

Huch eine Ablehnung nicht zu beachten finde ich sehr grenzüberschreitend. Wozu fragt sie dann?
Und zu ahnen, dass es da einen Teil gibt der das will, klingt auch missbräuchlich. Könnte dann ja auch jeder sagen "ein Teil von ihnen wollte doch an der Brust berührt werden" Nein ist Nein, ich glaube nicht, ist ebenfalls nein... so seh ich das jedenfalls und würde mit ihr darüber sprechen was das in dir ausgelöst hat.
In meiner alten Therapie gab es auch Umarmungen, aber weil ICH danach gefragt habe. Und dann wenn ich "JA" zu ihrem Angebot gesagt habe. Selbst nach 3 Jahren Therapie hat sie immer (es war nicht allzu oft) gefragt ob das JETZT gerade okay wäre.
Ansonsten ja, ich sitze auch auf einem Sofa, das nur zum Sitzen gedacht ist ,-)

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Philosophia
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:29

Wirbel-Uschi hat geschrieben: Mi., 12.12.2018, 16:12 Sich deshalb aber über eine Ablehnung hinwegsetzen? Dürfen die das? Gibt es da plausible Begründungen?
Nö, aber da wäre sie nicht die erste, die das macht. Meine Exthera (nicht die Analytikerin) hat das auch mal gemacht und sogar noch schlimmeres - und es war eindeutig, dass ich das nicht wollte, aber sie meinte, sie wüsste, was gut für mich ist - war es aber nicht, aber das ist ne andere Geschichte.
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Philosophia
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:31

Hihi, ihr seid wohl alle couch potatoes, wenn ihr alle auch Sofas sitzt :-)
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Senseless
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Beitrag Mi., 12.12.2018, 16:45

Es ist keine Analyse, die Couch ist nur eine Sitzgelegenheit. Und ja ich glaube, dass ich das jetzt öfter möchte oder brauche. Nach der "Umarmung" ist sie wieder auf ihren Sessel, aber ist mit ihm näher zu mir gerückt und hat mir im Gespräch immer wieder aus Knie gefasst. Ich bin jetzt völlig verwirrt. Meint ihr sie hat eine Grenze überschritten oder etwas falsch gemacht?

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