Selbsthass/Selbstsabotage?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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Plastiksackerl
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Selbsthass/Selbstsabotage?

Beitrag Mi., 21.11.2018, 19:51

Hallo zusammen,

ich habe mich gerade neu registriert und würde mich sehr über Meinungen bzw. Rat freuen, da mir einige Fragen auf der Zunge brennen.
Um meine grobe Problematik mal auf den Punkt zu bringen: ich stehe seit mehr als 15 Jahren auf dem Fleck, soll heißen: Pflichtschulabschluss.

Mit einem vergleichsweise recht gut bezahlten Job habe ich es relativ gut erwischt, habe weder finanzielle Schwierigkeiten noch Probleme mit Sucht, bin auch in einer glücklichen Beziehung und habe mir eine schöne Bleibe eingerichtet, somit könnte man meinen es geht mir oberflächlich betrachtet alles andere als schlecht.

Während dem Lernen für den Führerschein ist mir jedoch aufgefallen, dass ich schlichtweg nichts verinnerlichen kann - die Konzentration ist gleich null. Im Allgemeinen würde ich mich selbst weder als besonders intelligent noch als dumm bezeichnen, jedoch geht mir schlichtweg nicht in den Sinn wieso ich mir diese Theoriefragen nicht merken kann ...

Mir ist aufgefallen, dass sich das Selbe Bild wie in der Schule wiederholt: es geht nicht! Beim Recherchieren über AD(H)S habe ich mehr und mehr vermutet, dass sich dahinter AD(H)S verbergen könnte. Und der Versacht hat sich bestätigt... Es wurde mittlerweile offiziell diagnostiziert und ich habe im Laufe von zwei Monaten bereits mit Ritalin und Amphetamin experimentiert. Ritalin hat direkt angesprochen, jedoch sehr unangenehme Nebenwirkungen gezeigt.
Amphetamin greift leider (noch) nicht ...

Nun aber die eigentliche Frage: Kann es sein, dass man sich aufgrund von Selbsthass so sehr manipuliert, dass man sich Erfolg nicht gönnt bzw. erlaubt?
Es kommt mir fast schon vor wie eine perfide Art der Selbstverstümmelung...
Ich habe mir bereits den ganzen Abend vorgenommen für den Führerschein zu lernen und kann mich einfach nicht dazu bewegen. Es ist, als würde sich ein tief in mir sitzender Teil schlichtweg dagegen wehren und mir jegliche Energie rauben, sobald ich auch nur daran denke.

Ich weiß nicht weiter... Wie soll ich mit dieser Lernkompetenz jemals einen Bildungsabschluss nachholen? Das kann es einfach nicht sein, bin ich tatsächlich einfach nur dumm und suche nach Ausreden und Erklärungen für meine Misserfolge oder sehe ich nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges und habe etwas aufzuarbeiten?

Vielen Dank an alle, die so weit gelesen haben!
Plastiksackerl

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spirit-cologne
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Beitrag Mi., 21.11.2018, 20:05

Natürlich gibt es das, dass man sich selbst sabotiert, z.B. durch Prokrastination. Selbsthass kann ein Grund sein. Hasst du dich denn selbst? Wenn ja, warum? Ich würde aber immer auch an sogenannte Delegationen denken, d.h. unbewusste und nicht ausgesprochene Aufträge, die man von seiner Familie mit auf dem Weg bekommt (z.B. nicht besser/erfolgreicher zu werden als die Eltern, um deren Selbstwert zu schonen oder keinen Erfolg in der Schule zu haben, damit man nicht später zur von den Eltern abgewerteten Gruppe der Akademiker gehört usw.).
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Beitrag Mi., 21.11.2018, 20:09

Andererseits will der Mensch auch einfach immer Energie sparen. Man braucht auch ein klarea Ziel vor Augene... irgendwas Positives .... was man am Ende davon hat... das muss man aich vo3 Augen führen....
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Plastiksackerl
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Beitrag Mi., 21.11.2018, 20:14

Also ich denke um ehrlich zu sein schon, dass sich in meinem Gedankengut Anteile von Selbsthass verbergen. Allgemein ein gewisses Schlechtmachen meiner eigenen Person, Kritisieren wegen mangelnder Erfolge und vor allem ein Ignorieren der positiven Aspekte ...

Auf der einen Seite versuche ich offen mit meinen Schwächen umzugehen, blicke der Zukunft froh gestimmt entgegen, freue mich gewissermaßen auf das "besser werden" der nächsten Jahre ...
Und andererseits muss ich mir eingestehen, dass ich keinen Vergleichen standhalte, mich immerzu schlecht mache weil ich "nichts erreicht habe" und mir manchmal denke, dass ich mit diesen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Lernen niemals zufrieden sein werde mit dem was ich erreiche.

Wenn schon der Führerschein ein derart großes Hindernis darstellt will ich mir gar nicht vorstellen, wie schwer es sein wird meine Teilleistungsschwächen aufzutauen, die aufgrund von ADS entstanden sind.
An das Erreichen einer Hochschulreife ist gar nicht erst zu denken ...

Deinen Gedanken im Zusammenhang mit Delegationen finde ich übrigens ausgesprochen interessant, diesbezüglich muss ich mich schlau machen. Vielen Dank!

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spirit-cologne
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Beitrag Mi., 21.11.2018, 20:20

Plastiksackerl hat geschrieben: Mi., 21.11.2018, 20:14 Wenn schon der Führerschein ein derart großes Hindernis darstellt will ich mir gar nicht vorstellen, wie schwer es sein wird meine Teilleistungsschwächen aufzutauen, die aufgrund von ADS entstanden sind.
An das Erreichen einer Hochschulreife ist gar nicht erst zu denken ...

Deinen Gedanken im Zusammenhang mit Delegationen finde ich übrigens ausgesprochen interessant, diesbezüglich muss ich mich schlau machen. Vielen Dank!
Na ja, gerade der Führerschein ist nicht selten etwas, dass durch Delegationen sanktioniert wird, stellt der Führerschein doch einen Riesenschritt in Richtung Selbstständigkeit und vor allem Unabhängigkeit dar. Es gibt nicht selten Eltern, denen es gar nicht so recht ist (auch wenn sie das nie offen aussprechen würden), wenn die Kinder auf einmal flügge und unabhängig werden und der fehlende Führerschein kann ja z.B. ein triftiger Grund sein, zu Hause wohnen oder auch weiter auf die Eltern angewiesen zu bleiben...
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Beitrag Mi., 21.11.2018, 20:36

spirit-cologne hat geschrieben: Mi., 21.11.2018, 20:20
Na ja, gerade der Führerschein ist nicht selten etwas, dass durch Delegationen sanktioniert wird, stellt der Führerschein doch einen Riesenschritt in Richtung Selbstständigkeit und vor allem Unabhängigkeit dar. Es gibt nicht selten Eltern, denen es gar nicht so recht ist (auch wenn sie das nie offen aussprechen würden), wenn die Kinder auf einmal flügge und unabhängig werden und der fehlende Führerschein kann ja z.B. ein triftiger Grund sein, zu Hause wohnen oder auch weiter auf die Eltern angewiesen zu bleiben...
Das ergibt wenn ich das objektiv betrachte wirklich viel Sinn.
Aber letztlich bin ich doch schon 30 Jahre alt - insofern sollte so etwas langsam aber sicher überwunden sein, oder nicht? Es erinnert jedenfalls an den Erziehungsstil meiner Eltern, das muss ich mir eingestehen.

Letztlich... Frage ich mich dennoch, wie ein derartiges "Festgefahrensein" von Potential wieder aufgeweicht werden kann. Es ist nicht so dass ich denke in mir würde sich ach so viel Potential verbergen - in gewissen schlechten Stunden denke ich gar das Gegenteil.
Aber ich denke dennoch, dass ein Bisschen mehr als ein Pflichtschulabschluss drin sein sollte und vor allem der Führerschein zu schaffen sein muss.

Wie kann man Potential vom Aggregatzustand "fest" wieder "flüssig" machen? Ich bin seit kurzem in Psychotherapie, hatte jedoch erst zwei Termine und kann (oder will?) es mir nur alle zwei Wochen leisten. Weiß leider nicht recht was mich in den nächsten Monaten erwartet, aber ich habe dieses Thema bereits angesprochen, habe aber auch das Gefühl dass mir ein wöchentliches Gespräch durchaus nicht schaden würde.

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Beitrag Mi., 21.11.2018, 20:47

Plastiksackerl hat geschrieben: Mi., 21.11.2018, 20:36
Letztlich... Frage ich mich dennoch, wie ein derartiges "Festgefahrensein" von Potential wieder aufgeweicht werden kann. ....
Aber ich denke dennoch, dass ein Bisschen mehr als ein Pflichtschulabschluss drin sein sollte und vor allem der Führerschein zu schaffen sein muss.
In dem man die Seite von dir, die Potenzial sieht, füttert und stärkt...

Die andere Seite die dich nieder macht zwar wahrnimmt, aber letztendlich nicht aktiv in den Fokus zieht/hält und verstärkt.

Man klammert sich immer an alte Gewohnheiten und Gedanken, weil es vielleicht was vertrautes und sicher erscheinendes ist... aber es ist halt die Frage ob man das will, ob einen das weiter bringt.
Man kann sich ja immer weiter schlecht machen und weil man sich dann schlecht fühlt, wird auch Schlechtes dabei entstehen...

Muss man aber nicht.
Ich denke, der erste Schritt ist sich das bewusst zu machen.
Nur weil es Gewohnheit ist, ist es nicht die einzig wahre Realität.
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Beitrag Do., 22.11.2018, 12:37

Meinen ersten Verdacht hat spirit-cologne ja schon aufgegriffen.

Meine Frage wäre gewesen, ob es andere Themen im Leben gab, andere Kompetenzen, die du dir schon beigebracht hast, bei denen es dir viel leichter fiel, sie dir anzueignen, ja sogar so leicht, dass du sie gar nicht als "lernen" betrachtet hast. Denn dann wäre die Tatsache simpel, dass du den Führerschein vielleicht gar nicht machen willst, aus welchen tiefliegenden Gründen auch immer.

Ansonsten finde ich toll, dass du das Potential in dir siehst und es entfalten möchtest. Dazu ein Tipp: Vergleiche dich nicht mit anderen. Niemals. Vergleiche dich mit dem, der du selbst warst. Wie und wer warst du vor einem Jahr. Was hast du in diesem Jahr erreicht? Was in den letzten fünf Jahren? Den letzten zehn Jahren? Und nun rechne das in die Zukunft hoch. Da du nun eine Diagnose und eine Behandlungsmöglichkeit hast, und noch dazu Therapie machst, steigert sich dein Wachstumspotential noch. Du bist auf einem guten Weg.
Der Vergleich mit anderen hinkt immer. Kein anderer hat mit den Schwierigkeiten und Problemen und Fakten zu kämpfen, wie du. Du hast keine Ahnung, was andere für ein Leben führen jenseits dessen, das sie dir zeigen. Daher bringt ein Vergleich überhaupt nix. Außer, du vergleichst dich mit dir selbst.

Selbstsabotage würde ich als etwas sehen, das jeder Mensch hat. Bis zu einem gewissen Grad auch Selbsthass. Wie Vieles machen Leute, obwohl sie wissen, dass es nicht nur nicht förderlich ist, sondern gar schädlich (für die Zukunft). Wie viele Leute halten sich selbst klein, und haben die allerbesten Gründe dafür? Nicht jeder ist reflektiert genug, um darin Selbsthass zu wittern oder sich gar einzugestehen, dass er sich selbst sabotiert. Du bist klug und erfahren genug, das zu tun, und das gibt dir die Chance, damit umzugehen. Das so was je verschwindet, glaube ich persönlich nicht, aber man kann lernen, damit umzugehen, ihm nicht zu viel Raum zu geben. Mir geht es so, dass ich mich einem Gefühl (des Versagens, des Selbsthasses) so lange ausgeliefert und machtlos gegenüberfinde, solange mir gar nicht bewusst ist, dass ich es habe. Sobald ich den Bösewicht erkenne, kann ich gegen ihn kämpfen.

Ich habe erkannt, dass Selbsthass bei mir die Funktion hat, mich vor Verantwortung mir selbt gegenüber zu drücken. Wenn ich ein hassenswerter Mensch bin, wozu sollte ich ihn pflegen, ihm Gutes tun, helfen, sein Potential zu entfalten? Der Selbsthass kann da als Hintergrundprogramm laufen und mich fertigmachen. Aber sobald ich erkenne, was da passiert, kann ich gegensteuern. Wie bei Depressionen. Da spricht nur der Selbsthass. Er möchte, dass ich versage. Das beste Mittel, um zu versagen, ist, mich einen Versager zu nennen und mich kleinzumachen. Aber der Selbsthass ist nicht mein Freund, nicht mein Chef, eigentlich gar keiner, der mir was zu befehlen hat. Sobald ich ihn sehe, wird er in sein Körbchen verwiesen. Er darf mein Wachhund sein. Er darf aufpassen, mir Mahnmal sein, wohin die Reise geht, wenn ich ihm gehorche.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo

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Plastiksackerl
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Beitrag Do., 22.11.2018, 13:52

Kokette Krokette hat geschrieben: Do., 22.11.2018, 12:37 Meinen ersten Verdacht hat spirit-cologne ja schon aufgegriffen.

Meine Frage wäre gewesen, ob es andere Themen im Leben gab, andere Kompetenzen, die du dir schon beigebracht hast, bei denen es dir viel leichter fiel, sie dir anzueignen, ja sogar so leicht, dass du sie gar nicht als "lernen" betrachtet hast. Denn dann wäre die Tatsache simpel, dass du den Führerschein vielleicht gar nicht machen willst, aus welchen tiefliegenden Gründen auch immer.
Zunächst mal vielen Dank für deine ausführliche, konstruktive Antwort!

Ob ich den Führerschein überhaupt machen möchte haben auch schon einige in meinem direkten Umfeld hinterfragt. Wohlgemerkt nicht vorwurfsvoll, sondern eben schlichtweg fragend, weil sich nichts tut. Und dazu muss ich sagen, dass mir ungelogen 100 Gründe einfallen, weshalb ich den Führerschein machen möchte. Allen voran beispielsweise meine letzten Reisen, auf denen ich schlichtweg stark eingeschränkt war. Oder die Tatsache, dass ich grundsätzlich viele Freiheiten im Zusammenhang damit sehe, die ich einfach genießen will. Mir würde beim besten Willen nicht einfallen, weshalb ich den Schein tatsächlich nicht machen möchte - selbst wenn es unterbewusst ist.
Es gab aber zugegebenermaßen viele Themenbereiche, die mir wesentlich leichter gefallen sind im Zusammenhang mit dem Lernen - aber ich denke, dass das schlichtweg der Lauf der Dinge ist.

Die Angelegenheit mit den Vergleichen ist immer so eine Sache. Das versuche ich mir immer wieder vor Augen zu halten, und meist gelingt mir das auch ganz gut. Aber in Zeiten mit Social Media und sonstigem Kram ist es alles andere als einfach, sich dessen nicht auszusetzen. Die Hochrechnung mit dem Erreichten von Zielen bzw. allgemein dem "geleisteten" ist dieses Jahr wahrlich eine gute ... Es geht mir oberflächlich betrachtet sehr gut, es hat viel Veränderung stattgefunden und eben auch durchaus positive.
Dennoch fühlt es sich so an, als würde ich eine Straße entlangfahren (wie witzig, sagt derjenige ohne Führerschein), auf der ich zahlreiche Hindernisse erkennen kann, die unüberwindbar wirken. Und eine Umleitung ist nicht in Sicht ...

Dein Punkt mit dem Erkennen des Bösewichtes regt mich sehr zum Nachdenken an. Gestern bin ich daran verzweifelt, dass ich schlichtweg nicht lernen konnte - obwohl ich es sehr wollte. Eine regelrecht depressive Stimmung ist aufgekommen, weil ich diese "Unfähigkeit" eingesehen, aber deren Grund nicht ausmachen konnte. Die Frage, ob das denn nun ADS oder schlichtweg ein perfider Teil in mir ist der den Fortschritt nicht duldet... Es ist eine zermürbende Frage.

Ist es bei dir im Zusammenhang mit Selbsthass ausschließlich Angst vor der Verantwortung dir selbst gegenüber? Oder kann es sein, dass sich da noch etwas anderes dahinter verbirgt?
Diese Erkenntnis ist meinerseits zwar gar nicht so frisch - also das mit dem Selbsthass.
Aber es verblüfft mich, wie lange es gedauert hat das Ganze wirklich "anpacken" zu wollen. Und die damit einhergehende Ratlosigkeit ist einfach zermürbend ...

Was mich am meisten schockiert hat war die Art und Weise, wie mein Therapeut auf meine erwähnten Punkte reagiert hat. Wohlgemerkt habe ich auch meinen Bindungsstil angeschnitten und erwähnt, dass ich mich als ängstlicher Bindungstyp wohl sehr stark zu vermeidenden Frauen hingezugen fühle... Was bekanntlich alles andere als vorteilhaft ist und wohl auch zu vielen Konflikten führt. Aber das sprengt jetzt den Rahmen.
Ich bin jedenfalls mit einer sehr klar strukturierten Idee zu diesen Gesprächen gegangen und hatte den Eindruck, dass sich mein Therapeut beinahe überfordert oder nervös gefühlt hat.
Letztlich bin ich zwar jemand der ausgesprochen gerne mit Analogien arbeitet aber gewisse Vergleiche verlaufen dann einfach im Sand und fühlen sich wie leere Worte an.

Dabei kommt dann wieder eine gewisse Art von Bagatellisierung meiner Selbst auf, weil ich immer "groß mit Worten" bin denen letztlich kaum Taten folgen. Dass es wertlos ist wenn man gut reden kann aber eben nichts in die Tat umsetzt merke ich nun mehr und mehr ...

Die Politik ruft, ich fühle mich berufen :D

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Plastiksackerl
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Beitrag Do., 22.11.2018, 13:55

~~~ hat geschrieben: Mi., 21.11.2018, 20:47
Plastiksackerl hat geschrieben: Mi., 21.11.2018, 20:36
Letztlich... Frage ich mich dennoch, wie ein derartiges "Festgefahrensein" von Potential wieder aufgeweicht werden kann. ....
Aber ich denke dennoch, dass ein Bisschen mehr als ein Pflichtschulabschluss drin sein sollte und vor allem der Führerschein zu schaffen sein muss.
In dem man die Seite von dir, die Potenzial sieht, füttert und stärkt...

Die andere Seite die dich nieder macht zwar wahrnimmt, aber letztendlich nicht aktiv in den Fokus zieht/hält und verstärkt.

Man klammert sich immer an alte Gewohnheiten und Gedanken, weil es vielleicht was vertrautes und sicher erscheinendes ist... aber es ist halt die Frage ob man das will, ob einen das weiter bringt.
Man kann sich ja immer weiter schlecht machen und weil man sich dann schlecht fühlt, wird auch Schlechtes dabei entstehen...

Muss man aber nicht.
Ich denke, der erste Schritt ist sich das bewusst zu machen.
Nur weil es Gewohnheit ist, ist es nicht die einzig wahre Realität.
Das sind gute Vorschläge, aber das Umsetzen in die Tat fällt mir ausgesprochen schwer wenn ich so darüber nachdenke.

Manchmal versuche ich bewusst genau das zu machen, was mir sehr schwer fällt - eben deswegen, weil es mir schwer fällt und ich mich dieser Schwäche widmen muss.

Das kann funktionieren, in anderen Fällen führt es jedoch schlichtweg zu depressiven Mustern, weil dieses wiederkehrende Scheitern schlichtweg Gift ist.

Aber die Sache mit der Gewohnheit und mit dem ersten Schritt... Da kann ich nur zustimmend nicken.

Vielen Dank für deine Worte!

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Beitrag Do., 22.11.2018, 23:02

Manchmal versuche ich bewusst genau das zu machen, was mir sehr schwer fällt - eben deswegen, weil es mir schwer fällt und ich mich dieser Schwäche widmen muss.
Warum fängst du dann nicht erst mal mit ganz trivialen Dingen in deinem Alltag an? So als Einstieg?

Ich finde ja immer, man kann in jeder Sekunde etwas tun damit es einem besser geht. Zum Beispiel jetzt. Es geht ja erst mal gar nicht darum, dass man großartige Dinge vollbringt...
Sondern einfach darum, dass man mal was Neues ausprobiert. Eine Kleinigkeit, keine schweren Dinge.
Es geht ja darum eine Weiterentwicklung anzustoßen... in eine andere Richtung zu gehen als gewohnt.
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Kaonashi
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Beitrag Fr., 23.11.2018, 08:51

Plastiksackerl hat geschrieben: Do., 22.11.2018, 13:52Gestern bin ich daran verzweifelt, dass ich schlichtweg nicht lernen konnte - obwohl ich es sehr wollte. Eine regelrecht depressive Stimmung ist aufgekommen, weil ich diese "Unfähigkeit" eingesehen, aber deren Grund nicht ausmachen konnte. Die Frage, ob das denn nun ADS oder schlichtweg ein perfider Teil in mir ist der den Fortschritt nicht duldet... Es ist eine zermürbende Frage.
Ich selbst bin ein großer Aufschieber, was Tätigkeiten wie Aufräumen und Putzen angeht, also ein anderes Gebiet als bei dir, aber im Grunde vielleicht doch dasselbe.

Meine Therapeutin meinte, dass Dinge wie Aufräumen für mich viel anstrengender sind als für andere Menschen, und dass ich es deshalb aufschiebe. Bei dir trifft das doch auch auf das Lernen zu, wenn du ADS hast. Konzentration aufzubringen fällt dir schwerer, du bist leicht ablenkbar und hast vielleicht auch die Erfahrung gemacht, dass du nicht so einfach Erfolg dabei hast. Ich finde, das ist genug Grund für ein Aufschieben.

Die Frage ist dann eher, wie man das ändern könnte. Vielleicht können da die üblichen Motivationstricks helfen? Z.B. feste Zeiten einführen zum Lernen, Lernen in kleinen Häppchen, also lieber nur 10 Minuten und dafür jeden Tag, als eine Stunde am Stück, es mit etwas Angenehmem zu verbinden (keine Ahnung, was das sein könnte, aber vielleicht fällt dir etwas ein), und sich am Ende immer belohnen.

Wenn man psychologisieren will, könnte man noch überlegen, ob dir irgendetwas an einem möglichen Erfolg Angst macht, z.B. dass danach die praktische Prüfung irgendwann kommt, die ja von den meisten Leuten als schwieriger empfunden wird als die theoretische.

Dann kann man noch überlegen, ob du in deinem Leben insgesamt gerade viele Belastungen hast. Dann kann es auch sein, dass dein Unterbewusstsein Prioritäten setzt, sodass die wirklich wichtigen Dinge noch funktionieren, aber die optionalen nicht mehr. So ist es bei mir.

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Beitrag Fr., 23.11.2018, 13:20

~~~ hat geschrieben: Do., 22.11.2018, 23:02
Manchmal versuche ich bewusst genau das zu machen, was mir sehr schwer fällt - eben deswegen, weil es mir schwer fällt und ich mich dieser Schwäche widmen muss.
Warum fängst du dann nicht erst mal mit ganz trivialen Dingen in deinem Alltag an? So als Einstieg?

Ich finde ja immer, man kann in jeder Sekunde etwas tun damit es einem besser geht. Zum Beispiel jetzt. Es geht ja erst mal gar nicht darum, dass man großartige Dinge vollbringt...
Sondern einfach darum, dass man mal was Neues ausprobiert. Eine Kleinigkeit, keine schweren Dinge.
Es geht ja darum eine Weiterentwicklung anzustoßen... in eine andere Richtung zu gehen als gewohnt.
Etwas Ähnliches ist eine Angewohlheit die mich im Job über Wasser hält. Da habe ich mir quasi die Philosphie angeeignet, dass ich Unangenehmes zuerst erledige, damit ich es dann später im Laufe des Tages leicht habe. Das sollte ich vielleicht auch in mein alltägliches Leben einbringen... Selbst wenn es nur eine Kleinigkeit ist, die ich aufgeschoben habe.

Im Zusammenhang mit dem Lernen muss ich da offenbar noch vieles überdenken... Ich weiß nicht recht, inwieweit die AD(H)S-Problematik hier fließend in Richtung "Angst vor Veränderung" bzw. Selbstsabotage geht.

Es wird für den Therapieerfolg wohl ausschlaggebend sein, diese Symptome voneinander differenzieren zu können.

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Beitrag Fr., 23.11.2018, 13:41

Kaonashi hat geschrieben: Fr., 23.11.2018, 08:51
Plastiksackerl hat geschrieben: Do., 22.11.2018, 13:52Gestern bin ich daran verzweifelt, dass ich schlichtweg nicht lernen konnte - obwohl ich es sehr wollte. Eine regelrecht depressive Stimmung ist aufgekommen, weil ich diese "Unfähigkeit" eingesehen, aber deren Grund nicht ausmachen konnte. Die Frage, ob das denn nun ADS oder schlichtweg ein perfider Teil in mir ist der den Fortschritt nicht duldet... Es ist eine zermürbende Frage.
Ich selbst bin ein großer Aufschieber, was Tätigkeiten wie Aufräumen und Putzen angeht, also ein anderes Gebiet als bei dir, aber im Grunde vielleicht doch dasselbe.

Meine Therapeutin meinte, dass Dinge wie Aufräumen für mich viel anstrengender sind als für andere Menschen, und dass ich es deshalb aufschiebe. Bei dir trifft das doch auch auf das Lernen zu, wenn du ADS hast. Konzentration aufzubringen fällt dir schwerer, du bist leicht ablenkbar und hast vielleicht auch die Erfahrung gemacht, dass du nicht so einfach Erfolg dabei hast. Ich finde, das ist genug Grund für ein Aufschieben.

Die Frage ist dann eher, wie man das ändern könnte. Vielleicht können da die üblichen Motivationstricks helfen? Z.B. feste Zeiten einführen zum Lernen, Lernen in kleinen Häppchen, also lieber nur 10 Minuten und dafür jeden Tag, als eine Stunde am Stück, es mit etwas Angenehmem zu verbinden (keine Ahnung, was das sein könnte, aber vielleicht fällt dir etwas ein), und sich am Ende immer belohnen.

Wenn man psychologisieren will, könnte man noch überlegen, ob dir irgendetwas an einem möglichen Erfolg Angst macht, z.B. dass danach die praktische Prüfung irgendwann kommt, die ja von den meisten Leuten als schwieriger empfunden wird als die theoretische.

Dann kann man noch überlegen, ob du in deinem Leben insgesamt gerade viele Belastungen hast. Dann kann es auch sein, dass dein Unterbewusstsein Prioritäten setzt, sodass die wirklich wichtigen Dinge noch funktionieren, aber die optionalen nicht mehr. So ist es bei mir.
Ehrlich gesagt will ich nicht "predigen", was ich nun schreibe weiß ohnehin so gut wie jeder... Aber das mit dem Aufschieben versuche ich mir manchmal stark vereinfacht vorzustellen. Warum tun wir etwas? Man könnte meinen weil wir danach eine Art Belohnung erwarten. Setzt diese ein, wiederholen wir die Tätigkeit. Wenn die Belohnung ausbleibt, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr dieser Tätigkeit nachgehen.
Und befürchten wir dass die Belohnung nicht "sicher" ist, schieben wir vermutlich eher auf ...

Zwischenmenschlichkeit, Sex, Drogen, Akohol, ... all diese "einfachen Highs" sind leicht zu erklären, es ist jeodch wohl auch so mit den banalen Alltäglichkeiten.
Manch einer erlebt ein regelrechtes "Flow-Erlebnis" während dem Lernen, fährt einen Erfolg mit einem positiven Prüfungsergebnis ein und weil es sich gut anfühlt... wird das Ganze natürlich bevorzugt wiederholt. Und somit kann ein positiver Kreislauf entstehen, den es zu pflegen gilt.

Natürlich kenne ich deine Situation nicht und will hier nicht mutmaßen - ich möchte mich im Vorhinein entschuldigen falls es urteilend klingt weil es keinesfalls so gemeint ist.
Aber ich glaube man kann den Vergleich mit dem Aufräumen recht gut als Analogie nutzen.
Wer Schwierigkeiten mit einer Tätigkeit hat und darin schlichtweg eine anstrengende Pein sieht, weil man es in der Vergangenheit oftmals aufgeschoben hat und somit viel Arbeit entstanden ist... Verstärkt wahrscheinlich den Teufelskreis. So wie ich, indem ich lernen als Schwierigkeit betrachte, der keine Belohnung folgt.

Sollte man sich jedoch überwinden, eine Heidenarbeit an einem Tag hinbekommen und sich danach denken, dass es sich gelohnt hat... Könnte das der Anstoß für Positives sein. Vermutlich reichen schon kleine Fortschritte, um am Ball zu bleiben.
Vielleicht ist es dann auch positiv, das Ergebnis zu pflegen und dafür zu sorgen, dass es dabei bleibt.
Und wer weiß... es möge mehr folgen - es entwickelt sich gar eine Art Affinität und man lernt tatsächlich, besser mit dem Ganzen umzugehen.

Das sind so Dinge... Die denkt man mal schnell, aber das Umsetzen in die Tat? Das ist bekanntlich eine andere Geschichte.

Das mit dem Psychologisieren und und den allgemeinen Belastungen ist auch so eine Sache.
Also ich muss ja zugeben dass ich jemand bin, der nur allzu gerne analysiert und versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen.
Letztlich sehe ich langsam ein, dass auch das eine Art Vermeidungstaktik ist.
Mir wäre lieber, ich würde diese Energie in vernünftigens Tun investieren.

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Kaonashi
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Beitrag Fr., 23.11.2018, 13:49

Mir fiel noch ein, dass manche Leute auch besser lernen, wenn sie in Bewegung sind. Wie ist das bei dir?
Dann bräuchtest du den Lernstoff nicht zum Lesen, sondern zum Hören, und könntest beim Hören rumlaufen oder sogar draußen joggen (mit MP3-Player). Ob da kreativ was machbar wäre?

Was anderes, was mir manchmal hilft, ist wenn ich mir etwas für einen Tag vornehme, dass ich mich am Tag davor schon daran erinnere, so als eine Art mentale Vorbereitung ("morgen aufräumen"). Aber funktioniert auch nicht immer.

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