Bedenken um Klinikaufenthalt

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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inifinit
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Bedenken um Klinikaufenthalt

Beitrag So., 20.05.2018, 09:31

Hallo allerseits,
ich wende mich an euch, da sich vor Ort scheinbar keiner um die Bedenken meine Mutter, meines Bruders und mir kümmern kann/möchte.

Mein Vater hat zum zweiten Mal versucht, sich das Leben zu nehmen (Pulsadern/Tablettenüberdosis).
Hauptmotiv sind, wie beim ersten Versuch vor knapp 10 Jahren, finanzielle Ängste. Damals wurde er eingewiesen; direkt am ersten Tag suchten die Psychologen sowohl mit ihm als auch mit uns das Gespräch. Er wurde medikamentös behandelt und durfte die Station die ersten beiden Wochen nicht ohne Aufsicht verlassen.

Die Ausgangslage heute ist deutlich schlimmer - beim Auffinden beschimpft er meine Mutter, sie solle ihm nicht helfen, nach der Tat zeigt er null Einsicht oder Liebe seinen Kindern gegenüber. Es handelt sich hierbei um unsere Beobachtungen, ich erwarte das in dieser Lage auch nicht von ihm.
Er wurde wieder eingewiesen - gleiche Klinik, neue Station - und doch ist alles anders.

Nach einer Woche Aufenthalt wurden wir als Angehörige kein einziges Mal um unser Befinden gefragt. Er hat bisher EIN Gespräch mit dem Psychologen gehabt (nach drei Tagen), indem ihm direkt Freigang auf dem Grundstück der Psychiatrie gewährt wurde. Zur Wundkontrolle in die 10 km entfernte Klinik könne man ihn fahren, vor Ort würde er aber alleine in einem "offenen" Wartezimmer bleiben. Von Medikamenten bisher keine Rede.

Ich finde das alles höchstsuspekt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es sich um ein Kapazitätsproblem handelt - dennoch kann ich nicht wirklich nachvollziehen, wohin das führen soll. Wie ist eure Erfahrung und was sollte der Standard sein? Ich freue mich auf eure Reaktionen. Gruß.

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Montana
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Beitrag So., 20.05.2018, 13:19

Ich war selbst vor wenigen Jahren kurz auf einer geschlossenen Station der "lokalen Standardpsychiatrie". Und zweimal in derselben Klinik auf einer offenen Station. Das war reine Aufbewahrung. Es gab jeweils ein kurzes Aufnahmegespräch, außer auf der geschlossenen, da war ich nicht in der Lage dazu. Danach gar nichts mehr. Alle anderen hatten regelmäßige Termine in Gruppen und einzeln, ich nie. Ich hab mich immer nur gewundert, wenn plötzlich wieder alle weg waren. Jedes Mal ein Kampf, dort rauszukommen. Auf der offenen war ich unfreiwillig freiwillig, mit der Drohung verlegt zu werden. Einmal bekam ich nach gelungener Selbstentlassung die Auskunft, man habe gedacht, ich sei überfordert mit Therapien und solle erstmal "ankommen". Dabei hatte ich verzweifelt um ein Gespräch mit der Stationsärztin gekämpft, denn das war die einzige Möglichkeit, eine Entlassung zu erreichen. Es wurde mir immer wieder verweigert. Informationen bekam ich keine. Nur, man habe keine Zeit, ich müsse warten. Wie lange? Keine Auskunft. Tagelang.
Und ich hatte NICHT versucht, mir das Leben zu nehmen und war auch keine Gefahr für andere.
Scheint also normal zu sein, dass normale Psychiatrien so sind.

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peppermint patty
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Beitrag So., 20.05.2018, 14:19

Ohne Eigen- und Fremdgefährdung ist das rechtswidrig. Hast du anschließend noch irgendwie gehandelt?

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lemon
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Beitrag So., 20.05.2018, 14:51

inifinit hat geschrieben: So., 20.05.2018, 09:31 Die Ausgangslage heute ist deutlich schlimmer - beim Auffinden beschimpft er meine Mutter, sie solle ihm nicht helfen, nach der Tat zeigt er null Einsicht oder Liebe seinen Kindern gegenüber. Es handelt sich hierbei um unsere Beobachtungen, ich erwarte das in dieser Lage auch nicht von ihm.
Ich denke inifinit du wirst akzeptieren müssen, wie dein Vater nun mal ist. Liebe lässt sich nicht erzwingen.
Deine Mutter wird entscheiden müssen ob sie sich beschimpfen lassen will bzw. welche Konsequenz sie zieht.
Nach einer Woche Aufenthalt wurden wir als Angehörige kein einziges Mal um unser Befinden gefragt. Er hat bisher EIN Gespräch mit dem Psychologen gehabt (nach drei Tagen), indem ihm direkt Freigang auf dem Grundstück der Psychiatrie gewährt wurde. Zur Wundkontrolle in die 10 km entfernte Klinik könne man ihn fahren, vor Ort würde er aber alleine in einem "offenen" Wartezimmer bleiben. Von Medikamenten bisher keine Rede.
Die Klinik ist für den Patienten zuständig und weniger für das Befinden der Angehörigen meine ich.
Dein Vater wird selbst mit dem Arzt besprechen, wie er sich seinen Klinikaufenthalt vorstellt, er ist doch nicht entmündigt, oder?

lemon
[center]Das, was wir Menschen am meisten brauchen,
ist ein Mensch, der uns dazu bringt,
das zu tun, wozu wir fähig sind.[/center]

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Lia.
Helferlein
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Beitrag So., 20.05.2018, 15:00

Hallo,
Ich war genau jetzt die Zeit vor einem Jahr auch auf einer geschlossenen Station nachdem mich meine Therapeutin mit Polizei und Krankenwagen dort hin bringen ließ. ...aber andere Geschichte..

Jedenfalls als ich ankam, war der stations Leiter sowas von überfordert und unfreundlich das war schon heftig. Am selben abend aber konnte ich (zufälliger weise ?) noch mit der großen Leitung sprechen. Sie war Klasse! Hörte mir zu, beruhigte mich und gab mir ein besseres Zimmer (sollte eig zusammen mit einer fixierten ,laut schreienden dame schlafen ,ist klar !)
Gleich am nächsten Tag war visite und ich konnte mit ALLEN anwesenden reden. Auch wurde ich auf Wunsch direkt am zweiten Tag entlassen,es war ja auch wider aller gut .

Es gibt also nicht immer nur schlechte Erfahrungen.
Es gibt nichts schlechtes das nicht auch für irgendwas gut ist

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Sehr
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Beiträge: 1693

Beitrag So., 20.05.2018, 15:36

Ob er euch liebt oder nicht, kann man nicht sagen, er scheint ja schwer depressiv zu sein. Immerhin hat er versucht sich zu töten, wenn auch wohl sehr unbeholfen.

Jedenfalls, er kann sehr wohl für sich selbst sprechen und er könnte auch entlassen werden, niemand kann ihn zwingen sich nicht das Leben nehmen zu wollen.
Auf der Station auf der ich war, wars gemischt, Männer und Frauen, die waren auch schon so weit, sich das Leben zu nehmen (gescheitert). Manch einer will dann weiter leben, mancher nicht.

Und wenn bspw. jemand gut daher reden kann und die Zuständigen von sich überzeugt, raus darf, dann nutzen diejenigen die Chance auch mal.

Und ob Angehörige dauernd kontaktiert werden um auf dem Laufenden gehalten zu werden, keine Ahnung. Es gibt ja auch noch die Schweigepflicht oder?

Ich denke mal, ihr könnt großartig nichts daran ändern.
[wegzudenken, mehr nicht]


mio
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Beiträge: 9268

Beitrag So., 20.05.2018, 15:47

Sehr hat geschrieben: So., 20.05.2018, 15:36 Und wenn bspw. jemand gut daher reden kann und die Zuständigen von sich überzeugt, raus darf, dann nutzen diejenigen die Chance auch mal.

...

Ich denke mal, ihr könnt großartig nichts daran ändern.
Das würde ich so unterschreiben. Hab ich selbst so miterleben müssen. Es gibt einfach Grenzen und wenn jemand sterben möchte, also so wirklich wirklich, dann lässt der sich davon auch nicht abhalten.

Der Zeitpunkt wo noch eingegriffen werden kann ist der Zeitpunkt an dem die Entscheidung noch nicht zu 100% gefallen ist. Danach ist es denke ich relativ sinnlos. Da ist der "innere Hebel" dann bereits unwiderruflich umgelegt.

Kümmert Euch gut um Euch inifinit- einem Menschen der keine Hilfe möchte - vielleicht auch nur von Euch nicht - könnt ihr nicht helfen. Es wäre auch "respektlos" und "egoistisch" sich dann aufzudrängen. Manchmal bewirkt "(los)lassen" mehr als "beeinflussen" wollen.

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Montana
[nicht mehr wegzudenken]
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weiblich/female, 44
Beiträge: 3360

Beitrag So., 20.05.2018, 16:23

Nein, ich habe nichts weiter unternommen. Auf die Geschlossene bin ich gekommen, weil ich in einem dissoziativen Zustand war. Von der Anhörung habe ich deshalb nichts mitbekommen und konnte nicht für meine Interessen einstehen. Nach kurzer Zeit war der Zustand vorbei, wie immer. Aber da war auch die Anhörung schon gelaufen und der Gerichtsbeschluss da.

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Krümmelmonster
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
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Beiträge: 569

Beitrag So., 20.05.2018, 16:48

Hallo inifinit,
wenn dein Vater sich das Leben nehmen wollte ist er definitiv Krank. Schwer Depressiv!
Ja es ist in vielen Kliniken so, dass es um den Patienten geht und nicht um die Angehörigen.
Es geht nicht um Liebe, wenn er sich das Leben nimmt sondern der Patient steckt in eine Schwierige Lage wo er keinen Ausweg findet. Er sieht nur sich und hat nur negative Gedanken und sieht rot.
Es wäre hilfreich, wenn man von Ihm ein großes Blutbild macht. Die ganzen Vitamine! Vitamin D Vitamin B 12 halt alle, vielleicht ist auch sein Haushalt deswegen auch gestört! Man weiß es nicht.
Hat er wirklich große Finanzielle Probleme, dann vielleicht mit ihm schaut, wo man Hilfsangebote bekommt.
Wenn er möchte dass Ihr Ihn besucht, dann würde ich kommen. Wenn er sagt nein dann würde ich es respektieren und sein lassen. Er braucht Zeit für sich.
Vielleicht könntest du mit Ihm reden, wenn er wieder Aufnahme fähig ist, das er in einer Psychosomatik Klinik wechselt.
In einer Psychiatrie würde ich mich auch nicht gerne behandeln lassen. Ist meine eigene Meinung, viele sind andere Meinung aber dehnen hat es auch geholfen es kommt drauf an was man hat. Ich weiß natürlich nicht wie schwer dein Vater erkrankt ist. Ich wünsche euch in der schwierigen Zeit viel Kraft!

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