Einsamkeit, wichtige Bezugsperson gestorben

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Rote Lilie
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Einsamkeit, wichtige Bezugsperson gestorben

Beitrag Mi., 21.03.2018, 12:57

Liebe Forumsmitglieder,

vor einigen Wochen ist eine wichtige Bezugsperson in meinem Leben gestorben. Sie war meine Kollegin und fast sowas wie eine Mutter für mich. Ich habe zwar eine Mutter aber sie wohnt leider etwas weiter weg und interessiert sich nicht besonders für mein Leben.

Ich war sehr glücklich mit meinem Leben. Ich lebe alleine mit zwei Katzen und habe nicht viele Bekanntschaften. Abgesehen von der Trauer die ich im Moment erlebe, ist eine riesen große Lücke entstanden, die scheinbar niemand füllen kann. Ich habe dieser Bezugsperson immer alles erzählt und jetzt habe ich einfach niemanden mehr dem ich Dinge aus dem alltäglichen Leben erzählen kann. Meine beste Freundin wohnt sehr weit weg. Ich habe grade den Eindruck, dass ich sie ganz schön belager, deswegen ziehe ich mich immer mehr zurück. Meine Mutter weiß nichts von meinen Gefühlen, weil ich sie nicht beunruhigen möchte. Außerdem hat sie genug eigene Probleme.

Das ich zuhause keine Menschen um mich habe war immer in Ordnung, aber jetzt auch niemanden mehr auf Arbeit zu haben mit dem man sich vernünftig unterhalten kann, ist wirklich sehr schwer. Es erdrückt mich und manchmal bekomme ich keine Luft mehr. Mit den anderen Kollegen komme ich grade so aus, aber mit keinem von denen kann man sich ein vertrautes Verhältnis aufbauen..

Es fühlt sich im Moment an, als wäre es ein großer Wendepunkt im Leben. Ich weiß nicht, ob es gut ist so einsam zu sein. Es fühlt sich im Moment nicht gut an, teilweise bin ich innerlich total wütend auf diese kalte und oberflächliche Gesellschaft. Ich steigere mich da total rein.

Ich versuche den Kontakt zu einer Cousine aufrecht zu halten, aber das reicht irgendwie nicht. Mit Vereinen etc. kann ich nichts anfangen.

Ist dies eine Zeit, die man einfach aussitzen sollte oder sollte ich mich bemühen etwas zu ändern?

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Malia
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Beitrag Mi., 21.03.2018, 13:36

Hallo Rote Lilie,
Ist dies eine Zeit, die man einfach aussitzen sollte oder sollte ich mich bemühen etwas zu ändern?
Was könnte sich durchs "Aussitzen" verändern ?

Nach meiner eigenen Erfahrung wird es mit der Zeit immer schwerer, am Alleinsein etwas zu verändern, weil durch den Mangel an Kontakten Selbstzweifel und Unsicherheiten in den Vordergrund kommen, die immer weiter lähmen können.

teilweise bin ich innerlich total wütend auf diese kalte und oberflächliche Gesellschaft. Ich steigere mich da total rein.
Kennst du das Märchen vom "Fuchs und den Trauben" ?
Etwas, das unerreichbar ist, wird irgendwann einfach abgewertet, damit der Verzicht leichter fällt.
Auch diese "kalte Gesellschaft" besteht aus einzelnen Individuen, unter denen sich warmherzige liebe Menschen finden lassen.

Ich hab gelesen, dass du bei den Zeugen Jehovas aufgewachsen bist.
Hast du schon mal daran gedacht, Kontakt zu anderen "Aussteigern" aufzunehmen ?
Manches, was dir heute schwer fällt, könnte ja mit deiner Erziehung zusammenhängen und der Austausch darüber könnte freier machen.
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka


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Rote Lilie
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Beitrag Mi., 21.03.2018, 16:37

Hallo GroßeSchwester,

vielen Dank für deine Antwort. Ich denke, dass ich das Zeugen-Thema sehr gut verarbeitet habe. Diese einzelnen individuellen Menschen, die noch Werte haben, auf die man sich verlassen kann usw. sind einfach zu wenig geworden. Ich umgebe mich lieber mit einen lieben und herzlichen Menschen als mit zehn netten, meinungsfreihen "Bla-Bla-Menschen". Meine Bezugsperson hat immer gesagt, dass man manche Dinge im Leben aussitzen muss und wenn sich eine Tür schließt, sich eine andere Tür öffnet.

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Montag
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Beitrag Mi., 21.03.2018, 17:05

Hallo Rote Lillie,
vor einigen Wochen ist eine wichtige Bezugsperson in meinem Leben gestorben. Sie war meine Kollegin und fast sowas wie eine Mutter für mich. Ich habe zwar eine Mutter aber sie wohnt leider etwas weiter weg und interessiert sich nicht besonders für mein Leben.
Einige Wochen ist doch keine Zeit bei so einem schwerwiegenden Verlust. Kannst Du darüber trauern? Was fühlst Du in Bezug auf diese ganz persönliche Katastrophe? Kannst Du drüber weinen? Deine Gefühle zulassen?

Ich persönlich würde wichtig finden, dass Du Dir für Deine Trauer Zeit nimmst, für dein traurig sein und diesen Verlust verarbeitest. Fang an Tagebuch zu schreiben, falls Du es nicht schon längst tust. Schreib da Deine Gefühle rein, Deine Sehnsucht, alles was kommt. Erinnerungen, dass Du sie vermisst, etc.

Wenn es für Dich alleine nicht klappt mit dem Tagebuch leg einen BLog hier im Forum an, wo Du Dich freischreibst. Teste aus, ob Dir das hilft. Oder such für Dich eine andere Möglichkeit Deine Trauer auszudrücken.

Hab Geduld mit Dir, forciere nichts - geh jetzt liebevoll mit Dir um. Frag Dich oft, was brauche ich jetzt? Was täte mir jetzt gut?
Herzliche Grüße Montag


Ich will! Ich kann! Ich schaff das!

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Rainer-JGS
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Beitrag Mi., 21.03.2018, 17:15

... und was macht die Liebe?

Manchmal kann so ein Verlust ein wertvoller Anstoß zum Überdenken des ganzen Lebens sein, um die eigenen Grundüberzeugungen, Programmierungen und Ziele mal wieder genauer auf echte Lebensdienlichkeit zu überprüfen!

Mir hat z.B. die Beschäftigung mit der Nahtodforschung sehr geholfen, einen neuen, sehr viel tieferen, kritischeren und beglückenderen Blick auf mein Leben, meine Verhaltensweisen und meine Wichtigkeiten (Prioritäten) zu gewinnen.
Liebe Grüße vom Rainer-JGS,
der immer gerne das aufhebt, was ihm der liebe Gott vor die Haustüre legt.

Wegen der besseren Lesbarkeit und aus Liebe zur deutschen Sprache benütze ich gerne die traditionelle Rechtschreibung und das generische Maskulinum.

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Malia
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Beitrag Mi., 21.03.2018, 17:21

Ich habe grade den Eindruck, dass ich sie ganz schön belager, deswegen ziehe ich mich immer mehr zurück.
Du könntest deine Freundin auch fragen, ob dein Eindruck stimmt, statt dich zurück zu ziehen.
Vielleicht täuschst du dich ja und verzichtest auf etwas, das dir gut tut, obwohl das gar nicht sein müsste?
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka


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Rote Lilie
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Beitrag So., 25.03.2018, 19:18

Vielen Dank das ihr euch Zeit für mein Thema genommen habt.

Es gibt oft Tage, da lasse ich die Trauer nicht zu, weil der Schmerz unerträglich erscheint. Aber dann gibt es auch wieder Momente, da weine ich einfach zwei Stunden durch und dann geht es wieder. Ich bin im Moment zu träge und lustlos, dass ich mich sehr überwinden muss meinen Alltag zu bewältigen. Dinge die mir sonst spaß gemacht haben, machen mir keine richtige Freude mehr.

Meine beste Freundin hat auch ihren Alltag. Wir haben zwar viel Kontakt, aber immer hat sie natürlich auch nicht Zeit.

Brauch man im Leben überhaupt jemanden, dem man immer alles erzählen kann? Ich habe im Moment niemanden mehr, aber vielleicht gewöhne ich mich ja daran.

Eine neue Liebe kommt für mich grade nicht in Frage. Die Nerven für einen Mann habe ich zurzeit einfach nicht. Abgesehen davon, suche ich niemals. Ich lasse es immer so laufen. Vieles ergibt sich von alleine.

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Rorschach
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Beitrag So., 25.03.2018, 20:15

Rote Lilie hat geschrieben: Mi., 21.03.2018, 12:57 Ist dies eine Zeit, die man einfach aussitzen sollte oder sollte ich mich bemühen etwas zu ändern?
Leider habe ich keinen Tip für Dich. Soziale Kontakte sind in so einer Zeit sehr wichtig, aber sie fallen leider nicht vom Himmel.
Manfred Spitzer hat gerade ein sehr gutes Buch herausgebracht, welches "Einsamkeit" heißt.
Sicher sind die sozialen Medien, wie auch dieses Forum hier, mit daran schuld, dass sich diese Volksseuche immer mehr ausbreitet.
Ich kann dir also nur mein Beileid ausdrücken und Dir viel Kraft wünschen.
Den einzigen Rat den ich Dir mitgeben kann, ist, wenn Du aus diesem Tief, nach angemessener Trauerzeit, nicht mehr von alleine raus kommst, den Weg zu einem bezahlten Freund (Psychotherapeut) zu gehen.


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Rote Lilie
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Beitrag So., 25.03.2018, 20:26

Mir kommt es so vor als müsste ich grade neu lernen zu laufen. Diese Bezugsperson trat damals in mein Leben als ich noch ein halbfertiger Mensch war. Ich musste damals gleich nach der Schule in eine große Stadt ziehen wegen der Ausbildung. Sie hat meinen Leben immer eine Richtung gegeben und hat mir viel geholfen. Mir war nie bewusst, als sie noch lebte, wie abhängig ich doch von ihr war.

Ich muss auch sagen, dass ich durch sie ein negatives Bild auf die Welt und auch auf Männer habe. Sie hatte sicher oft Recht diesbezüglich, aber leider konnte ich mich durch ihre Ansichten oft nicht richtig auf das Leben einlassen. Ich bin total verwirrt und weiß gar nicht mehr, wie ich jetzt leben soll.

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Rorschach
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Beitrag Mo., 26.03.2018, 07:40

Rote Lilie hat geschrieben: So., 25.03.2018, 20:26 Sie hat meinen Leben immer eine Richtung gegeben und hat mir viel geholfen. Mir war nie bewusst, als sie noch lebte, wie abhängig ich doch von ihr war.
Vielleicht besatnd die Abhängigkeit mehr darin, überhaupt einen Ansprechpartner in der Nähe zu haben, als Deinem Leben tatsächlich eine bestimmte Richtung zu geben.
Alleine, dass Du hier differenzieren kannst zw. dem Männerbild, welches sie hatte und Du scheinbar übernommen hast, zeigt doch, dass Dir bewußt war, dass dieses Bild eventl. überzogen war.
Ich will damit nicht sagen, Sie war nicht wichtig für Dich und hätte Dich nicht auch inspiriert, aber Du bist ein eigenständiger Mensch, dem eine wichtige Bezugsperson verloren gegangen ist.
Sie hatte sicher oft Recht diesbezüglich, aber leider konnte ich mich durch ihre Ansichten oft nicht richtig auf das Leben einlassen.
Nun, jetzt hast Du die Gelegenheit all dies nachzuholen. Verena Kast ist ja nie müde geworden, in Trauerfällen die Sicht des Zurückgebliebenen auch auf die positiven Dinge zu lenken.
Ein banales Beispiel ist mir noch in Erinerung geblieben, wo der Ehemann der Frau zuliebe, im Schlafzimmer immer das Fenster geöffnet lassen musste. Nun konnte er ohne schlechtes Gewissen, auch mit geschlossenen Fenster schlafen.
Jeder Verlust befreit uns auch und gibt uns nun die Möglichkeit, Dinge zu tun, die den Verstorbenen nicht gefallen hätte und wir deshalb darauf verzichteten.

Du beschmutzt ihr Andenken also nicht, wenn Du nun Dinge hinterfragst, die Dir schon immer suspekt waren (wie das Männerbild). Nun hättest Du die Gelegenheit, Dir unbeeinflusst, ein eigenes Bild davon zu machen.
Ich bin total verwirrt und weiß gar nicht mehr, wie ich jetzt leben soll.
Ein Tag nach dem anderen!
Ich kann Dir leider nicht sagen, wie lange Deine Trauerphase anhalten wird. Wochen, Monate oder noch länger?
Eine Dir wichtige Bezugsperson ist gestorben, die für Dich sogar eine Art Ersatzmutter war, das schmerzt nicht nur tief, sondern man hat das Gefühl, eine Hälfte bzw. Teil des eigenen Lebens ist damit verloren gegangen.
Diese Lücke muss nun nach und nach wieder gefüllt werden.

Wenn Du das Gefühl hast, diese ersten Gehversuche nicht alleine zu schaffen, suche Dir Hilfe bei einem Therapeuten. Vielleicht gibt es in Deiner Nähe auch Beratungsstellen für Trauernde?


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Rote Lilie
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Beitrag Mo., 26.03.2018, 12:26

Hallo Rorschach,
du hast mir viel Mut gemacht mit dem was du geschrieben hast. Ich danke dir sehr.

Ich werde noch eine ganze Weile brauchen alles vernünftig zu verarbeiten, aber das werde ich schaffen.

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