Oma hat Wahnvorstellungen

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S_4ist_Time
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Oma hat Wahnvorstellungen

Beitrag Do., 08.03.2018, 20:10

Hallo Leute,

Erstmal ein Bild der Situation.
Meine Oma (89) wohnt alleine in einer 1-Zimmerwohnung im 2ten Stock. Das Wohnzimmer/Esszimmer mit kleiner Küche hat ein 30x50cm kleines Fenster, dieses ist trüb so das man nicht durchschauen kann. Man sieht nur verschwomene Gestalten wenn jemand vorbei geht und auch nur den Kopf weil es eben sehr hoch ist.

So nun zum Problem:
Erst hat es eher leicht angefangen. Sie meinte das jemand sie durchs Fenster nachts mit einer Taschenlampe anleuchten würde und Sie beobachten. Das hat uns Sorgen bereitet also übernachtete mein Vater dort ab und an. Ich konnte nicht da ich 250km weit weg wohne und Arbeiten muss. Natürlich war in den Nächten niemand da der sie beobachten würde. Danach hat sie uns eine Zeitlang davon nichts erzählt.
Seit einigen Wochen hat es sich verschlimmert. Sie sagt der „Typ“ (wen auch immer sie meint) würde sie bestrahlen und durch Steckdosen beobachten. Sie hat alle Fenster und Steckdosen zu geklebt und schläft nachts unter einem Regenschirm. Sie sagt „Er“ würde sie durch Wände bestrahlen mit was heißem und sie anbrennen...

Meine Oma selbst ist top fit, sie kann klar denken, geht oft mit meinem Vater in den Wintergarten und arbeitet da fleißig mit. Sie geht selbständig einkaufen und ihre schwer kranke Schwester besuchen und pflegen.
Am Tag ist sie völlig normal, wenn ich sie besuche merke ich keine Anzeichen von Demenz oder Halluzinationen oder ähnlichem. (Bin aber auch kein Experte dafür).

Meinte Tante war mit ihr schon beim Psychologen und Neurologen aber angeblich ist sie völlig gesund.

Ich hab echt keine Ahnung wie es weiter gehen soll. Sie übernachtet jetzt bei meinen Eltern und streitet dauernd mit meinem Vater..

Weiß jemand was dazu? Wäre echt nett und zumindest beruhigend wenn es eine Erklärung dafür gebe.

Danke im Voraus

Grüße,
Sergej

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Eremit
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Beitrag Do., 08.03.2018, 20:31

S_4ist_Time hat geschrieben:Seit einigen Wochen hat es sich verschlimmert. Sie sagt der „Typ“ (wen auch immer sie meint) würde sie bestrahlen und durch Steckdosen beobachten. Sie hat alle Fenster und Steckdosen zu geklebt und schläft nachts unter einem Regenschirm. Sie sagt „Er“ würde sie durch Wände bestrahlen mit was heißem und sie anbrennen...
Das klingt schon ein wenig nach Paranoia. Das davor mit der Taschenlampe wäre sogar möglich, vielleicht irgendwelche Jugendlichen, die sich einen Spaß erlauben, oder Einbrecher, die die Lage auskundschaften, aber unter einem Regenschirm schlafen, weil dieser von den "Strahlen" schützen soll oder Steckdosen abkleben, das ist schon etwas seltsam.

Es könnte sich bei diesem Paranoia-Phänomen übrigens auch um ein Symptom der Altersdepression handeln, heißt, dass sie gar keine "richtige" Denkstörung hat, so etwas gibt es auch. Was ist die Folge von all dem gewesen? Dass man sich mehr um sie kümmert. Insofern wäre es interessant, ob es sich arrangieren ließe, dass sie wieder in ihre Wohnung zurück geht, aber mehr Kontakt mit Euch hat, und, wie sich das auf sie auswirkt. Wäre einen Versuch wert.


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S_4ist_Time
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Beitrag Do., 08.03.2018, 20:44

Danke für die schnelle Antwort.

Nun ja, sie hat Angst und erzählt die Geschichte jedes mal meinem Vater wenn sie ihn sieht. Der ist wiederum sehr leichtgläubig und schnell sauer und sucht Schuldige. Das mit den Steckdosen glaubt er natürlich nicht, aber sobald sie mit dem Thema anfängt wird er angespannt und sie diskutieren miteinander bis es dann im Streit endet. Mein Vater nimmt sie praktisch jeden Tag für 1-3h entweder zu sich oder in den Garten. Meine Cousine ist auch oft bei ihr. Meine Mutter hat mir heute gesagt, dass sie jetzt auch bei meinen Eltern daheim die Steckdosen und Fenster zu macht, weil sie denkt der Typ verfolgt sie und ich zitiere: „Er weiß immer wo ich bin“...

Zum Arzt möchte sie nicht mehr. Sie möchte es keinem anderen erzählen den sie nicht kennt.

Auch wenn wir sie überreden würden zum Arzt zu gehen, wüsste ich jetzt nicht zu welchem.

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Beitrag Do., 08.03.2018, 21:13

Also es könnte auch ausgelöst durch einen Schlaganfall oder ähnliches sein... wenn sie nicht mehr zum Arzt möchte kann man ihr da natürlich auch nicht weiter helfen.
Das sind psychotische Sympthome. Es gibt Medikamente die das reduzieren, aber eben auch Nebenwirkungen haben.
Dann wird es wohl darauf hinauslaufen, dass sie in ihrer Wohnung solange bleiben kann bis sie eine Gefahr für sich selbst darstellt, falls sich ihr Zustand verschlimmern sollte.

Letztendlich bleibt dann eben nur noch die Gerontopsychiatrie oder jemand von euch müsste ständig auf sie aufpassen... FALLS sich die Sympthome verschlimmern sollten.
Der richtig Arzt wäre in dem Fall ein Psychiater oder falls sie irgendeinem Hausarzt etwas vertraut, erstmal dahin.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Eremit
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Beitrag Fr., 09.03.2018, 14:48

~~~ hat geschrieben:Also es könnte auch ausgelöst durch einen Schlaganfall oder ähnliches sein...
Stimmt, vielleicht auch ein Weichteilhämatom (Hirn), es gibt diverse körperliche Ursachen, die solche Phänomene auslösen können.

S_4ist_Time, hat Deine Oma eine Röntgenaufnahme anfertigen lassen von ihrem Kopf? Ist sie vielleicht Diabetikerin?

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Kirchenmaus
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Beitrag Fr., 09.03.2018, 19:14

Hallo S!

Unsere Nachbarin hatte das auch, auch etwa im Alter deiner Oma. Sie bekam angeblich üble Drohungen durch die Wände, und ihre Wohnung wurde abgehört. Deshalb rief sie nachts an und wollte auch immer wieder, dass ich oder eine andere Nachbarin bei ihr schlafen bzw. dass sie bei uns übernachtet.

Wir haben ihr dann angeboten, mit einem Opferschutzbeauftragten der Polizei zu sprechen, was sie einerseits gut fand, andererseits abgelehnt hat. Zum Arzt wollte sie auf gar keinen Fall, denn sie wollte nicht als "verrückt" gelten. Das war ihr ganz wichtig.

Es wurde dann immer schlimmer, sie schrie nachts und klopfte an die Wände.

Ihr Großneffe handelte schließlich und brachte sie in die Gerontopsychiatrie. Da wollte sie natürlich überhaupt nicht hin, aber siehe da: Es ging ihr besser!
Sie wurde medikamentös eingestellt und blühte richtig auf. Vier Wochen blieb sie in der Psychiatrie und kam total stabilisiert wieder. Als Sprachregelung hatten wir, dass sie sich einem "Check" unerzogen hat – niemand verwendete das Wort Psychiatrie.

Es scheint brutal, einen Menschen einer Maßnahme auszusetzen, die er gar nicht will. Aber mir wurde erklärt, dass diese Wahnvorstellungen einfach ein Zeichen des hohen Alters seien. Mittlerweile gibt es viele sehr gute gerontopsychiatrische Angebote. Vielleicht kannst du dich da mal umsehen?

Gruß
KM
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Gewitter
Helferlein
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Beitrag Sa., 10.03.2018, 21:31

In dem Alter könnte das auch ein Anzeichen einer beginnenden Demenzerkrankung sein.
Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.
:rose:


montagne
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Beitrag Di., 13.03.2018, 16:12

Sehe das auch so und habe es bei meiner Großmutter auch so erlebt. Es ist im Alter nicht ungewöhnlich, aber dennoch behandlungsbedürftig!
Beginnende Demenz, Einsamkeit, Verluste. Nicht nur der Körper verliert Kräfte mit dem Alter, auh die Psyche. Dann kann man weniger gut mit den schweren Dingen umgehen, die einen in dem Alter treffen: Partner, Geschwister, Freunde sterben weg, Kinder und Enkel gehen schon lange ihren eigenen Weg, körperliche Beschwerden, der ganze Aktionsradius wird immer kleiner.

Das Problem ist, gerade solche paranoiden Gedankengebäude werden nun nicht beim Neurologen berichtet und so gibt es erstmal keinen Anhaltspunkt Medikamente zu geben, bzw. gegen den Willen geht es nun nicht, obwohl es manchmal sein müsste.

Letztlich hilft nur Einsicht oder wnen die Oma unter Betreuung gestellt wird und man die Gesundheitssorge für sie hat. Das klingt in deinem Fall aber nicht so, als würde es zum jetzigen Zeitpunkt reichen.
amor fati

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