gegen Re-Traumatisierung

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Zeitreisender
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gegen Re-Traumatisierung

Beitrag Sa., 12.08.2017, 13:47

Guten Tag.

Hoffe ich bin hier mit meiner Frage richtig.

Mit welchen Mitteln und Wegen bzw. Methoden kann man schonend aber erfolgreich gegen eine chronifizierten Re-Traumatisierung (resuliterend aus Psychotheapie) vorgehen?
Es liegt PTBS (Komplex- und Entwicklungstrauma) vor.

Danke.

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candle.
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 14:07

Guten Tag!

Was ist denn eine chronifizierte Retraumatisierung?

Viele Grüsse!
candle
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Zeitreisender
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 14:32

damit meine ich eine Re-Traumatisierung die schon seit einigen Jahren besteht und im negativem Sinne "voranschreiten", sprich deren Folgen auf seelischer und körperlicher Ebene immer mehr Störungen/Erkrankungen/Einschränkungen mit sich bringen.

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candle.
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 14:36

Zeitreisender hat geschrieben: Sa., 12.08.2017, 14:32 damit meine ich eine Re-Traumatisierung die schon seit einigen Jahren besteht und im negativem Sinne voranschreiten, sprich auf seelische und körperliche Ebene immer mehr Störungen/Erkrankungen/Einschränkungen mit sich bringt.
Entweder drückst du dich da falsch aus oder ich verstehe das nicht. Du meinst du bist einem Dauertrigger ausgesetzt oder wie meinst du das?

Ansonsten wären ein paar Informationen hilfreich. Klar kann es zu Retraumatisierungen in Therapie kommen, aber das war bei mir eben AUCH täglich im normalen Leben so. Der Vorteil ist in Therapie, dass das entsprechend "aufgefangen" werden kann.

candle
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Jenny Doe
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 15:40

Hallo Zeitreisender,

Re-Traumatisierung bedeutet, dass sich ein erlebtes Trauma wiederholt bzw. Du ein erlebtes Traumata nochmal erlebst.
Wie dies behandelt wird hängt davon ab, wie es bei dir persönlich aussieht. Auch eine Re-Traumatisierung kann zu einem Traumaerleben führen, das sich chronifiziert.
Ich kenne es selber auch, dass sich eine Retraumatsierung chronifiziert. D.h., ich habe dasselbe Eriegnis zwei Mal erlebt. Aber chronifiziert hat sich bei mir nur das zweite, während ich das erste Ereignis relativ gut weggesteckt habe. Von daher lag bei mir der Schwerpunkt in der Therapie auf das zweite Ereignis. Bei einem anderen Thema hat meine Therapeutin den Schwerpunkt auf das erste Traumata gelegt. Mit der Verarbeitung dieses war das zweite, die Re-Traumatisierung, sozusagen von alleine erledigt.
Nur ein Therapeut kann entscheiden, ob bei Dir das erste Traumata, das zweite Traumata (die Re-Traumatisierung) oder beides bearbeitet werden muss. Wir können dir übers Internet nicht sagen, was für Dich das beste ist, wie ein Therapeut in deinem Falle vorgehen wird. Ein guter Therapeut guckt sich deinen individuellen Fall und entscheidet dann, was für dich persönlich, in deinem spezifischen Fall, das Beste ist.
Viel Erfolg!
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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lisbeth
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 15:57

Zeitreisender hat geschrieben: Sa., 12.08.2017, 13:47 Mit welchen Mitteln und Wegen bzw. Methoden kann man schonend aber erfolgreich gegen eine chronifizierten Re-Traumatisierung (resuliterend aus Psychotheapie) vorgehen?
Grundsätzlich erstmal alles, was dich selbst und deine positiven Ressourcen, also deine Stärken und Kompetenzen fördert. Fange an, Dinge zu tun, die *deine* Wahrnehmung fördern und stärken. Mir persönlich haben da verschiedene Achtsamkeitsansätze sehr geholfen. Suche dir (kreative) Mittel und Wege, deine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Schreiben, Malen, Dichten, Tanzen, Musik usw. Kommt nicht auf das "Kunstwerk" so sehr an, sondern auf den Prozess und dass du anfängst, das was dich bewegt, irgendwie auszudrücken.

Fange an, darauf zu achten und auszuprobieren, was dir hilft, wenn es dir nicht gut geht: Unterstützung durch andere? einen guten Film schauen? Sport? Spazieren gehen? Etwas kochen und Freunde einladen? Musik hören? Die Möglichkeiten sind endlos. Aber probieren und machen musst du es selbst. Mache dir Notizen dazu, oder Listen. Damit du etwas hast worauf du zugreifen kannst, wenn es grade nicht geht.

Was genau jetzt der Grund für deine Re-Traumatisierung ist, kann ich nicht erraten und du sagst dazu quasi gar nichts. Ich weiß auch nicht ob es für dich vorstellbar ist, dir neue therapeutische Unterstützung zu suchen. Aber es könnte sinnvoll sein. Es gibt *auch* gute Therapeuten da draußen, manchmal muss man aber eine Weile suchen.

Wenn du aus D bist und gesetzlich versichert bist, kannst du dir so viele Therapeuten ansehen wie du möchtest, da gibt es erstmal kein Limit. (Pro Th. glaube ich 4 Gespräche, das hat sich kürzlich geändert...) Wenn es in den ersten Gespräch schon grundsätzlich nicht "passt", dann gehe und komm nicht wieder. Mache dir vorher Gedanken, was du von einem Therapeuten/Therapeutin erwartest, menschlich und fachlich, ebenso was No-Goes für dich persönlich sind. Und dann mach dich auf die Suche und sprich diese Punkte gleich offen und direkt an und frag nach, bis du eine Antwort bekommst, die dich zufrieden stellt.

Ein/e Therapeut/in mit Traumaschwerpunkt wäre sicher sinnvoll. Ansonsten würde ich einfach schauen, wer für dich persönlich passt, unabhängig davon ob VT/Tiefenpsychologisch/Analyse.
Ich persönlich habe auch gute Erfahrungen mit "nonverbalen" Therapiemethoden gemacht: Kunst/Gestaltungstherapie oder köpertherapeutische Ansätze. Wobei es da schwieriger ist, das über die Krankenkasse finanziert zu bekommen. Es wäre auch eine Idee, solche nonverbalen Methoden parallel zu einer Gesprächstherapie zu machen. Machen nicht alle Therapeuten mit, manche habe ein Problem damit. Ich bin damit bisher gut gefahren und meine Therapeutinnen haben das auch alle immer unterstützt.

Alles Gute!
lisbeth
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― Anne Lamott

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Zeitreisender
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 18:25

Danke euch für die Antworten.
Meine Frage ist meinem Leid und dem Umstand geschuldet, dass es mir nicht gelungen ist vernünftigen Therapeuten und zuletzt auch vernünftige Literatur auswendig zu machen die sich mir Behandlung von Re-Traumatisierung bzw. explizit mit Mitteln und Wegen daraus beschäftigt.


@candle
Was ich meine ist sehr komplexes Störungsbild was vor der Therapie nicht da war.
Wiedererleben und quasi ständige eindringliche Präsenz der schweren Ereignisse der Vergangenheit; sehr schwere tägliche Albträume mit Durchschlafstörungen; Konzentrationsschwere, sehr intensive ständige Spannungsstress und Schmerzen im ganzen Körper, ständige Zusammenlagerung der Gedanken und Gefühle der Vergangenheit. Traumaeinverleibte Reize von Außen; stark erhöhte Sensibilität, Ängste u.v.m. …

Es wurden in der Therapie die ganzen Grausamkeiten der Vergangenheit über Jahre an die Oberfläche geholt, dabei jedoch nichts "aufgefangen".


@Jenny Doe
Es lässt sich hier nicht auf das erste, zweite etc. Traumata aufteilen, denn es handelt es sich hier nicht um Schocktrauma(s) (Einzelereignis(e)) sondern um Komplextrauma (Fortlaufend während der Kindesentwicklung die über Jahre hinweg ständig Einzug hielt).
"Bearbeitet" wurde es über 3,5 Jahre, doch es brachte mehr Schaden als Nutzen.
"Ein guter Therapeut" klingt erstmal viel versprechend, doch in der Realität hat sich inzwischen herausgestellt, dass man mit Komplex- und Entwicklungstrauma und dazu noch chronifizierten Re-Traumatisierung bei 99% der zugelassenen Kassentherapeuten nicht geholfen werden kann. Das liegt vor allem an der Gestaltung der gesprächsorientierten Therapie selbst. Komplex- und Entwicklungstrauma sind im Körper gespeichert. Mit Sprache kommt man da kaum/nicht weiter.


@lisbeth
Was Du schreibst ließt sich gut an und ich verstehe, dass es gut gemeint ist.
Es macht mich leider traurig. Schon mehrmals habe ich dies und das im Sinne Achtsamkeit eingegangen, doch leider bleibt es nur bei holprigen Versuchen. Es sind wohl Unmengen an inneren Blockierungen und Konflikten sowohl auf seelische als auch auf körperliche Ebene. Da bleibt gerade noch Kraft um einfachen tagtäglichen Notwendigkeiten nachzugehen.
Ein guter Film schauen erwies sich als wenig effektive "Verdrängung", die jeher Zeit raubt, echte Hilfe bringt es nicht.
Sport ist aufgrund von körperlichen Einschränkungen nur sehr bedingt möglich. Ich strebe es an, bisher ohne wirklichen Erfolg, da der Körper chronisch erschöpft ist und es mich sozusagen immer wieder „zurückwirft“.
Spazierengehen ist eine gute Sache, hier muss ich aller meine Kraft zusammennehmen es klappt nur selten. Durch schwere chronische Schmerzen ist es oft leichter gesagt als getan. Einladen kann ich leider niemanden. Musik hat früher bisschen geholfen, heute zunehmend weniger hilfreich.
Ich gehe bewusst nicht ins Detail des Traumas oder der Re-Traumatisierung, weil ich sonst der Gefahr laufe mich damit seelisch weiter stark zu belasten. Wenn man so will eine „Achtsamkeit“ an der Stelle mit mir selbst…
Es wurde leider in meinem Inneren eindeutig bereits paar Hundert Stunden zu viel rumgewühlt. Ich bitte um Verständnis.

Das mit probatorischen Sitzungen ist mir sehr gut bekannt. Was nutzt es aber, wenn die meisten/verfügbaren kasssenzugelassen Therapeuten schlichtweg nicht die notwendige Ausbildung haben? Bei meiner Suche habe ich inzwischen mit über hundert Therapeuten persönlich entweder telef. oder vor Ort gesprochen, bisher ohne Erfolg. Mit gesprächsorientierten Therapie kommt man da eindeutig nicht weiter.
Ein kasssenzugelasser „Therapeut mit Traumaschwerpunkt“ ist hier in Deutschland jemand der schlichtweg EMDR macht. Diese Methode wird überall als "Traumatherapie" angepriesen, die Realität ist aber, dass diese jedoch für Komplex- und Entwicklungstrauma und Re-Traumatisierung nicht geignett ist, höchstens als Ergänzung, wobe der Therapeut viele weitere Traumatherapeutische Methoden beherschen müsste... Also EMDR-Traumatherapie jeher eine Augenwischerei.

Die wirklichen köpertherapeutischen Ansätze sind in der Tat sehr notwendig, doch auch hier sind es nur wenige Therapeuten die komplexe Geschehen behandeln können, diese sind allerdings für Kassenpatienten faktisch nicht zugänglich. Privat bezahlen kann auf Dauer nicht funktionieren, da so eine Therapie nicht über nur paar Stunden geht.

Ich weiß es klingt alles sehr kritisch und kann fäschlicherweise als abweisend" verstanden werden. Doch dem ist nicht so, was ich schreibe ist halt meine leidige Erfahrung der letzten Jahre.
Gerne möchte ich glauben, dass ich halt nur Pech hatte…, in diesem Fall lasse ich mich gerne einen Besseren belehren.
Zuletzt geändert von Zeitreisender am Sa., 12.08.2017, 18:36, insgesamt 1-mal geändert.

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Kirchenmaus
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 18:36

Hi du!

Ich selbst habe auch komplexe PTBS und sehr gute Erfahrungen mit der Pesso-Therapie gemacht. Vielleicht magst du dich dazu mal einlesen? Es gibt dazu eine Website mit Therapeutensuche.

Beste Grüße
Kirchenmaus
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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lisbeth
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 19:16

Hallo,

Nach meiner Erfahrung gibt es schon Traumatherapeuten jenseits von den EMDR-Spezialisten. Und auch solche, die sich viel und intensiv mit Entwicklungstraumata und frühkindlichen Traumata auseinander gesetzt haben... Vielleicht hält die nächstgelegene Groß/Uni-Stadt ein paar mehr Möglichkeiten für dich bereit?

Es gibt in ganz Deutschland diverse Weiterbildungsinstitute für traumatherapeutische Ansätze. Vielleicht googelst du einfach mal, welche eine Richtung einschlagen, die du für dich gut findest und fragst dann dort nach Therapeuten, die diese Weiterbildung absolviert haben?

Ein weiterer Ansatz wäre noch KIP (katathym-imaginative Psychotherapie), diese Methode arbeitet viel mit Imaginationen, gilt auch als "schonend" und ist ein ressourcenstärkender Ansatz, es geht da weniger um "aufdecken" oder "Konfrontation".

Kunst/Gestaltungstherapie kann auch in die körperliche Ebene wirken, ist jedenfalls meine Erfahrung. Vor allem auch wenn man im Stehen malt und es schafft, sich dem Prozess zu überlassen. Da geht es für mich auch um sehr viele Dinge, die ich verbal nicht ausdrücken kann, weil ich dafür keine Worte habe oder finde... Es gibt viele Ergotherapeuten, die Kunsttherapie (manchmal auch speziell für Traumapatienten) anbieten und du kannst dir das als Ergotherapie (psych.-funktionelle Beh.) verordnen lassen, am besten von einem Facharzt, die haben mehr "Luft" in ihrem Budget was solche Verordnungen angeht.

Falls du Englisch kannst: Mir hat dieses Buch "Complex PTSD: From Surviving to Thriving" von Pete Walker sehr geholfen/hilft mir immer noch: Da geht es vor allem um komplexe PTSD, frühkindliche bzw. Beziehungstraumata. Und er schreibt sehr anschaulich und pragmatisch, vor allem weil er selbst auch vieles aus eigener Erfahrung kennt:
http://pete-walker.com/complex_ptsd_book.html

VG lisbeth
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― Anne Lamott

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candle.
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 20:25

Zeitreisender hat geschrieben: Sa., 12.08.2017, 18:25 Was ich meine ist sehr komplexes Störungsbild was vor der Therapie nicht da war.
Weswegen warst du denn ursprünglich in Therapie?

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mio
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 21:00

Hallo Zeitreisender,

wäre für Dich ein Klinikaufenthalt denkbar? Unter Umständen wäre das momentan hilfreicher für Dich als eine ambulante Therapie, da dort ja mehrdimensional angesetzt wird und auch der Körper stärker berücksichtigt.

Ansonsten würde ich auch sagen schau mal nach einem Traumatherapeuten mit entsprechender Qualifizierung. Die dürften zumindest wissen, wie sie Dir bei der Stabilisierung besser helfen können und dann kannst Du weitersehen. Auch wenn es schwer ist und die Wartezeiten lang sind.

Auf dieser Seite findest Du Informationen:

https://www.gptg.eu

Da gibt es auch Kassenzugelassene Therapeuten die Zusatzausbildungen in Körperpsychotherapie haben

https://www.gptg.eu/service/therapies/koerper-pt.html

Einfach unter Details beim jeweiligen Therapeuten schauen, vielleicht wäre das was für Dich?

Lieben Gruss,

mio

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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 22:01

Körperorientierte Traumatherapie kann über SE (Somatic Experience nach Peter A. Levine) angegangen werden.
und müsste auch bezahlt werden
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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candle.
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Beitrag Sa., 12.08.2017, 23:07

Ich wollte hier nochmal schreiben, meine Frage war wohl zu kurz greift bzw. ich bei mir erfahren habe, dass schon solche Tendenzen einer PTBS vorhanden waren. Und dann kam das:
Zeitreisender hat geschrieben: Sa., 12.08.2017, 18:25
Wiedererleben und quasi ständige eindringliche Präsenz der schweren Ereignisse der Vergangenheit; sehr schwere tägliche Albträume mit Durchschlafstörungen; Konzentrationsschwere, sehr intensive ständige Spannungsstress und Schmerzen im ganzen Körper, ständige Zusammenlagerung der Gedanken und Gefühle der Vergangenheit. Traumaeinverleibte Reize von Außen; stark erhöhte Sensibilität, Ängste u.v.m. …
Das waren wirklich heftige Jahre, aber inzwischen bin ich da schon relativ symptomfrei geworden, jedenfalls kann ich wieder schlafen, habe keine Albträume mehr, keine Spannungsgefühle mehr und das mit den Gedanken und Gefühlen, was bei mir permanent wechselte mit der Kindheit und Realität ist zum Glück auch vorbei.
Es wurden in der Therapie die ganzen Grausamkeiten der Vergangenheit über Jahre an die Oberfläche geholt, dabei jedoch nichts "aufgefangen".
Wie wurde das denn hochgeholt? Ich kenne nur, dass das dann da war, im besten Falle in der Therapie wo es auch mal mit EMDR verarbeitet werden konnte oder eben durch Reden. Das war bei mir unterschiedlich.
Der Kern war aber, dass bei mir nichts hochgeholt wurde. Da wüßte ich jetzt auch gar nicht wirklich wie das in der Therapie laufen würde. Ich wurde stabilisiert und habe sehr wenig aufgearbeitet, wenn ich das so nennen darf.
Überhaupt konnte ich froh sein, dass mich ein Therapeut genommen hatte, denn einige haben mich wegen der Symptomatik auch abgelehnt.

Klinik ist ja auch nicht so mein Ding, hatte mich damals aber in Göttingen angemeldet mit Wartezeit von zwei Jahren, was ich dann letztlich auch nicht mehr brauchte. Wie das jetzt mit Kliniken aussieht, weiß ich nicht, nun sind ja einige Jahre ins Land gegangen, aber ich meine, dass nun schon einige Kliniken auch gute Traumaabteilungen haben.
Die wirklichen köpertherapeutischen Ansätze sind in der Tat sehr notwendig,
Ehrlich gesagt würde ich dir davon in deinem sehr instabilen Zustand wirklich abraten.
Ich weiß es klingt alles sehr kritisch und kann fäschlicherweise als abweisend" verstanden werden. Doch dem ist nicht so, was ich schreibe ist halt meine leidige Erfahrung der letzten Jahre.
Gerne möchte ich glauben, dass ich halt nur Pech hatte…, in diesem Fall lasse ich mich gerne einen Besseren belehren.
Pech oder schlecht ist es da schon für dich gelaufen, wenn es dir noch immer so schlecht geht. Warum hast du so lange mitgemacht, wenn es nicht besser wurde bzw. was hat denn der Therapeut dazu gesagt?

Abweisend, naja, ich war auch recht hilflos und verzweifelt in diesem Zustand, weil das wirklich schlimm war. Und dann ist da die Tugend "Ungeduld", die nicht warten kann. Da ist man dann doch auf einen guten Therapeuten angewiesen, der einen erstmal wieder "gerade zieht". Und ich war auch verbissen wirklich ALLES aufzudröseln bis in die früheste Kindheit. Mein Fazit: Das geht nicht, das bräuchte mindestens zwei Leben abgesehen davon, dass du überhaupt rankommst. Bei mir war und ist teilweise noch viel Körpererinnerung da, die Bilder sind weg. Wie soll man nun da ran kommen? Ich hatte damals, wenn sich das Gefühl in aktuellen Situationen einstellte angegangen, aber auch nicht völlig aufgelöst. Vielleicht kannst du deine Ansprüche etwas zurückschrauben?

Viele Grüsse!
candle
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Zeitreisender
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Beitrag So., 13.08.2017, 14:31

danke für eure Antworten.


@Kirchenmaus
habe jetzt an mehreren Stellen über Pesso-Therapie gelesen. Trotz Beschreibungen ist mir nicht ganz klar wie körperorientiert wirklich diese Therapie ist. Geht die Therapie viel/überwiegen über die Sprache? Habe gelesen, dass Pesso-Therapie mit Inneren Vorstellungsbildern / Imagination arbeitet. Imagination funktionieren bei mir aus Erfahrung nicht, bzw. führt zu unerwünschten Folgen.
Konnte zudem bei der Suche n meiner Nähe weit und breit keinen kassenzugelassenen Pesso-Therapeut ausfindig machen.

@lisbeth
Ich habe immer wieder mehrere Weiterbildungsinstitute und spezialisierte Seiten mit Therapeutensuche bemüht. Auf den ersten Blick bekommt man da überall scharenweise Therapeuten angezeigt. Fängt man an sich damit auseinanderzusetzen in dem man jeden scheinbar geignetten Therapeuten kontaktiert, kommt im Gespräch, am Telefon oder vor Ort, die Ernüchterung. Es ist mir nicht gelungen einen kassenzugelassenen Therapeuten der wirklich versiert ist ausfindig zu machen. Viele der Trauma-Therapeuten arbeiten, zu meiner großen Überraschung, oft auch nur überwiegend über die Sprache und mit Imaginationen. Imaginationen scheinen für viele Therapeuten ein Zaubermittel zu sein, ohne stoßen die Therapeuten schnell an Ihre Grenzen. Die Imaginationen funktioniert bei mir aus Erfahrung leider nicht.
Ohne "aufdecken" und oder "Konfrontation" hört sich sehr gut an, doch wegen Imaginationen dürfte KIP höchstwahrscheinlich nicht den gewünschten Erfolg bringen.
Die Ergotherapeuten die ich bis jetzt hatte waren, vorsichtig gesagt, nur oberflächlich mit der Komplexität vertraut und konnte mich so zusagen nicht da auffangen wo es nötig gewesen wäre. Es hält etwas übers Wasser, doch ist es keine Therapie die als solche mich weiter bringt.
Mit englischem Buch kann ich leider nichts anfangen, habe gesucht doch keine deutsche Version finden können.

@candle
Das ist sehr persönlich, ich möchte das hier nicht schreiben. Auf jeden Fall war mir zu dem damaligen Zeitpunkt das Vorliegen des Traumas nicht bewusst und die ganze Symptomatik von PTBS hatte ich ganz sicher nicht. Der "Schutz" der Psyche (Verdrängung etc.) hat wohl bis dahin über die Jahre gut funktioniert.
Es freut mich sehr, dass es Dir da besser geht. "Schon relativ symptomfrei" hört sich sehr gut an.

Es wurde "hochgeholt" über längere Zeit übers Reden, teilweise mit Körperwahrnehmungsübungen, Imaginationsstabilisierungsübungen etc.. Die ganzen üblichen Imaginationsstabilisierungsübungen scheiterten (ohne das ich es verstand, da lange ahnungslos gewesen) auf der ganzen Linien. Wie ich nachhinein, mit dem anderen Wissen, klar beurteilen kann wurde es schlichtweg über drei Jahren nur Traumaexposition/Traumakonfrontation betrieben, was meine Seele und meinen Körper ans "Glühen" bzw. an jede denkbare und undenkbare Grenze gebracht hat.
Es klingt gesund und gut, dass Du stabilisiert wurdest, scheinbar konnte dein Therapeut die Mittel und Wegen finden Dich zu stabilisieren. Das war bei mir überhaupt nicht der Fall, weil die üblichen Stabilisierungsmethoden bei mir keine (positive) Wirkung hatten.

Ich verstehe schon warum Du mir köpertherapeutische Ansätze abrätst, doch genau hier steckt der Teufel im Detail. Mein Therapeut dachte die ganzen Jahre dass köpertherapeutische Ansätze sehr „fraglich“ sind und hatte Vorurteile und Abneigung gegenüber köpertherapeutischen Ansätzen. Das ist gängige Meinung der alten Schule, bzw. der strengen Schulmedizinischen Psychotherapie.
Doch neueste Erkenntnisse (die von der KK nicht „anerkannt“ sind) und meine Erfahrungen zeigen, dass bei Menschen wie ich das Trauma im Körper "gespeichert" ist. Ein komplexes Trauma überwiegend über die Sprache zu behandeln ist ein reiner Wahnsinn. Das ist allerdings der Tatsache geschuldet, dass die Therapeuten für komplexe Störungen nicht mal annährend ausreichend ausgebildet sind, weil eben die Richtlinien der Psychotherapie an den Bedürfnissen der Komplex- und Entwicklungstraumatisierten vorbei gehen.

Oft habe ich es dem Therapeut sehr ausführlich und gut nachvollziehbar über mein katastrophales Befinden berichtet, darauf hieß es: „es muss leider so sein, da müssen Sie durch, damit es Ihnen später besser geht…“ etc…
Ich habe dem Therapeuten gänzlich vertraut und tat alles, meist über meine Kräfte hinaus, in der Hoffnung, dass es mir später besser geht. Ich kam vor dieser Therapie niemals mit Psychotherapie in Berührung, war faktisch ahnungslos, wusste auch nicht was bei mir unbewusst vorliegt, war auch der Überzeugung dass die Psychotherapie nur(!) helfen kann. Das ich davon Schaden nehmen kann war mir völlig unklar.
Zuletzt geändert von Zeitreisender am So., 13.08.2017, 14:42, insgesamt 6-mal geändert.

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Beitrag So., 13.08.2017, 14:33

meine Antworten waren insgesamt zu lang für einen Posting, musste aufteilen, hier geht es weiter mit meiner Antwort.

@mio
damit hatte ich mich auch auseinander gesetzt und bei einigen Traumakliniken angefragt.
Leider gab’s bisher von keinen positiven Resonance auf spezielle Bedürfnisse, die aufgrund von anderen Erkrankungen vorliegen.
Die Liste der „gptg“ Seite hatte ich über Monate intensiv durchgearbeitet. Ich habe hinderte von Stunden in die Suche und Kontaktieren der zahlreichen Therapeuten gesteckt. Der Begriff Körperpsychotherapie ist wohl nicht geschützt und jeder versteht darunter was anderes. Wie schon bei der Antwort an "lisbeth" sinngemäß erwähnt, sehen die ganzen Therapeutenlisten auf den ersten Blick so als ob man alles und jeden heilen könnte, doch die Realität ist leider mehr als ernüchternd.

@Pianolullaby
Damals als ich von Somatic Experiencing hörte und viel darüber lass war ich Feuer und Flamme und war überzeugt dass es mir hilft...
Ja, wie von Dir trefflich erwähnt ist SE keine kassenzugelassene Therapiemethode. Doch das ist nur halb so schlimm, viel schlimmer ist es, dass obwohl es mir mit enormen Anstrengungen gelungen ist mit einem SE Therapeuten einige Sitzungen zu haben sich rausstellte, dass SE nichts für mich ist. Dise Methode ist vorwiegend für Schocktrauma gedacht und es wird hier überwiegend über die Sprache gearbeitet... Körperwahrnehmung über die Sprache retraumatisiert mich nur. Vielleicht hatte ich nur Pech mit genau diesem Therapeuten…

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