Um eine Extrastunde bitten

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Strandkind
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Um eine Extrastunde bitten

Beitrag Mo., 17.07.2017, 18:40

Guten Abend,

Ich weiß gar nicht so recht, wie mir das Forum da helfen kann... Aber vielleicht hilft ja das schreiben an sich.

Vor einigen Sitzungen hatte mein Thera mal gesagt, dass es grundsätzlich denkbar wäre mal eine Stunde außer der Reihe zu kriegen, wenn ich das Bedürfnis hätte. Also, ich müsste natürlich darum bitten..

Nun hatten wir heute eine Stunde und die war eigentlich nicht bewegend oder so. Ich bin halt im Moment grundsätzlich eher gefühllos gewesen.

Nun hat mich heute nachmittag aber ein großes schmerzgefühl einfach so überrollt. Ich halte das Gefühl aus, aber es ist echt schwer gerade.

Vielleicht auch, weil Freitag unsere letzte Stunde vor dem Urlaub ist..

Nun hab ich das Bedürfnis ihn zu fragen eine extra Stunde zu bekommen.. aber ich hab angst. Angst vor Ablehnung und das ich übertreibe.

Jetzt beim schreiben kommt mir sogar der Text hier affig vor.

Vg, Strandkind
Tu, wo du bist, was du kannst, mit dem, was du hast

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Montag
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Beitrag Mo., 17.07.2017, 19:00

Hallo Strandkind,

darfst Du Deinem Therapeuten Emails schreiben? Ich nehme fast an ja, denn du schreibst ja, dass Du um eine Extrastunde bitten darfst, also musst du ja auch eine Möglichkeit dazu haben.
Und wenn Dir schreiben hilft, ist es doch eine gute Möglichkeit über dieses schlimme Schmerzgefühl Deinem Therapeuten eine Mail zu schreiben. Und schau, er hat Dir doch selbst angeboten Du könntest um ne Extrastunde bitten. Er wird Dir dann schon sagen, ob es geht oder nicht und Dich evtl. darauf hinweisen, dass es bis Freitag ja nicht mehr so lange hin ist.

Aber da Dein Schmerzgefühl jetzt akut ist, schreib es Dir von der Seele und lass ihn entscheiden. Den Kopf abreißen tut er Dir sicherlich nicht oder wovor hast Du Angst? Ich finde es jedenfalls besser zu mailen statt evtl Dich nochmals selbst zu verletzen aus lauter Druck. Alles Gute Dir Montag
Herzliche Grüße Montag


Ich will! Ich kann! Ich schaff das!


Tränen-reich
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Beitrag Mo., 17.07.2017, 19:02

Hallo Strandkind,

nix ist affig.

Vielleicht solltest du dich der Angst stellen. Und ohne fragen, wirst du das nicht wissen, ob doch noch eine Stunde geht. Das wäre so ein Lernschritt, sich zu überwinden und nach dem Bedürfnis zu gehen und dieses auch offen äußern zu können.

Das Gute an Enttäuschungen in Therapien sind: du kannst das dort bearbeiten, verstehen, Halt durch den Therapeuten erfahren und lernen mit Enttäuschungen umzugehen. Enttäuschungen sind das Ende einer Täuschung.

Sieh es vielleicht auch als eine Art Test an deinen Therapeuten an.

Und es könnte durchaus auch mit dem Urlaub zusammenhängen. Ich hatte auch oft solche Anwandlungen in meiner Therapie.

Lg Tränen-reich


ziegenkind
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Beitrag Mo., 17.07.2017, 19:24

Ich kann dich auch nur ermutigen. Nur allein das fragen, das bitten, das sich verletzlich machen, hat damals viel in Bewegung gebracht bei mir
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Strandkind
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Beitrag Mo., 17.07.2017, 21:53

Vielen dank für eure Antworten!

@Montag: eine Mailadresse habe ich nicht. Wir haben tatsächlich auch nicht wirklich darüber gesprochen auf welchem Wege ich um eine Extrastunde bitten müsste/könnte. Ich habe eine Handynummer & er sagte mal ganz zu Beginn zu den probatorischen Sitzungen, dass ich ihm SMS schreiben dürfte um z.B. eine Stunde wg Krankheit abzusagen. Weiß natürlich nicht, ob sowas wie Extrastunde auch per SMS ginge.. alternativ bliebe nur anrufen. Das klingt für mich utopisch.

Ich weiß nicht genau wovor ich angst habe. Ich fürchte ein bisschen er könnte denken ich gebe mir nicht genügend mühe es allein auszuhalten, muss ich ja doch auch irgendwie.. dann habe ich auch angst, dass er es lächerlich finden könnte "dafür" jetzt so einen Aufriss zu machen.

@Tränen-reich: Du hast schon recht, es wäre ein guter Ort um mit Enttäuschungen umgehen zu lernen, aber so kurz vor dem Urlaub stelle ich es mir schwierig vor.. Dabei weiß ich natürlich nicht was er sagt, wenn ich nicht frage. Ganz schön blöder Zwiespalt.

@Ziegenkind: das klingt sehr befreiend.

Ich weiß aber auch gar nicht so recht was ich erwarte, wenn ich ihm darum bitte. Er wird sicher wissen wollen wie er mir da dann helfen kann & das weiß ich ja selbst nicht. Ich weiß nicht was es bringen soll mit dem Schmerz dahin zu gehen. Er kann den ja auch nicht weg machen.
Tu, wo du bist, was du kannst, mit dem, was du hast


ziegenkind
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Beitrag Mo., 17.07.2017, 22:00

es macht einen unterschied, wenn man mit dem schmerz gesehen wird. es macht einen unterschied, wenn man zu sich und seinem schmerz steht, um hilfe bittet, sich nicht schämt, einmal nicht. versuch es und du wirst es merken.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


Alyssa
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Beitrag Di., 18.07.2017, 00:09

Strandkind hat geschrieben: Mo., 17.07.2017, 21:53 eine Mailadresse habe ich nicht. Wir haben tatsächlich auch nicht wirklich darüber gesprochen auf welchem Wege ich um eine Extrastunde bitten müsste/könnte. Ich habe eine Handynummer & er sagte mal ganz zu Beginn zu den probatorischen Sitzungen, dass ich ihm SMS schreiben dürfte um z.B. eine Stunde wg Krankheit abzusagen. Weiß natürlich nicht, ob sowas wie Extrastunde auch per SMS ginge.. alternativ bliebe nur anrufen. Das klingt für mich utopisch.
Ich habe damals ein einziges Mal um eine Extrastunde per SMS gebeten. Ich hatte nur die Handynr, und anrufen fand ich zu dramatisch, ich wollte auch nicht, dass der AB ranspringt. SMS war absolut kein Ding. Er hätte auch anrufen ok gefunden (glaube, sogar besser, da hätte er die Situation selber und direkter einschätzen können). Die Stunde habe ich auch bekommen - und als ich da vor ihm sass, kam ich mir richtig mies vor, erst alle Pferde wild gemacht, und dann krieg ich den Mund nicht auf. War eine sehr lehrreiche Stunde, obwohl ich eigtl. nichts wirklich geschafft habe.
Strandkind hat geschrieben: Mo., 17.07.2017, 21:53Ich weiß nicht genau wovor ich angst habe. Ich fürchte ein bisschen er könnte denken ich gebe mir nicht genügend mühe es allein auszuhalten, muss ich ja doch auch irgendwie.. dann habe ich auch angst, dass er es lächerlich finden könnte "dafür" jetzt so einen Aufriss zu machen.
Und genau diese Sachen solltest du mit ihm besprechen in der Extrastunde. Falls er die nicht gibt/geben kann, könnte vielleicht auch ein Telefonat helfen, dann stehst du nicht ganz alleine da. Ich fand es immer gut, wenn mein Therapeut - wenn es denn wirklich mal brannte bei mir - kurz anrief. Wobei nicht alle Telefonate gelungen waren, muss ich leider sagen. Da fehlt einfach die Komponente des sich gegenseitig Sehens, und die räumliche Nähe.
Strandkind hat geschrieben: Mo., 17.07.2017, 21:53 aber so kurz vor dem Urlaub stelle ich es mir schwierig vor.. Dabei weiß ich natürlich nicht was er sagt, wenn ich nicht frage. Ganz schön blöder Zwiespalt.
Es wird ja nicht sein einziger Urlaub bleiben...sprich, das, was du jetzt emfindest, wird beim nächsten (und übernächsten und überübernächsten) Urlaub auch wieder auf dich zukommen. Stellst du dich dem ganzen jetzt, kannst du da nur von profitieren. Selbst wenn es keine Extrastunde geben sollte, und ihr diese Thematik erst nach seinem Urlaub angeht.
Und ja, es ist ein ätzender Zwiespalt. Aus dem du aber nur rauskommst, wenn du dich überwindest und fragst. Dein Therapeut wird dir nicht den Kopf abreissen dafür, dass du deine Wünsche äusserst. Es kann sich sogar richtig gut anfühlen, seine Wünsche zu äussern, selbst wenn sie nicht alle in Erfüllung gehen. Das Gehörtwerden und das Ernstgenommenwerden sind oft schon elementar wichtig dafür, dass es einem besser geht.

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Strandkind
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Beitrag Di., 18.07.2017, 01:19

Danke ziegenkind. Ich glaube schon, dass du recht hast. Das wäre eine neue Erfahrung.

Wenn es nicht so viel Überwindung wäre.

Ich liege noch wach. Das alles lässt mich nicht schlafen.

Auch dir vielen Dank, Alyssa! Ich kann mir vorstellen, dass es ihm auch lieber wäre, wenn ich anrufe, aber deine Beschreibung "dramatisch" trifft es gut.. Sollte ich mich überwinden müsste es eine SMS tun fürchte ich.

Er war ja nun auch schon einige male nicht da, auch schon mal 2 Wochen. Aber 3 Wochen sind nochmal eine andere Dimension irgendwie... Obwohl es sich echt quatschig anfühlt. Komisch.

So, nun lässt die Konzentration doch langsam nach. Vielleicht wird es jetzt was mit dem Schlaf.
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Alyssa
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Beitrag Di., 18.07.2017, 01:47

So eine SMS ist doch auch nicht schlimm. Zumal du es ja nicht aus Spass nutzt.
Muss auch kein ausgefeilter stilvoller Text sein, eine kurze informelle Anfrage reicht.
Ich hab damals ganz direkt gefragt, im Nachhinein vielleicht sogar etwas polterig. Aber es hat die Dringlichkeit der Sache transportiert, und das war ja das wichtigste.

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Strandkind
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Beitrag Di., 18.07.2017, 20:16

Gesendet.

Ich glaube ich muss mich übergeben. Es fühlt sich gerade nicht befreiend an den Sendebutton gedrückt zu haben.

Ich habs nun ja echt ewig rausgezögert, sicher auch etwas in der Hoffnung das ich nun erstmal keine Rückmeldung erwarten muss, weil er im wohlverdienten Feierabend ist.
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RoboCat
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Beitrag Di., 18.07.2017, 20:49

Haste gut gemacht, Strandkind ;-)

Nee, ohne Quatsch: Ich kenne die Situation und ich habe mich "damals" (so lang ist das noch gar nicht her) genau so schäbig gefühlt. Als ob ich das nicht dürfte, es ein Grenzüberschritt wäre. Wir hatten davor nie über die Möglichkeit zusätzlicher Stunden gesprochen und ich wusste absolut nicht, wie ich damit (übrigens auch per sms) bei ihr ankommen würde. Als dann aber alles gut war und ich sogar mehrere Termine zur Auswahl erhielt, war ich echt erleichtert.

Als Therapeut kennt man so was durchaus, wir sind nicht die ersten, denen ne extra Stunde in den Sinn kommt. Du musst dir absolut keine Gedanken machen, auch wenns schwer fällt das gerade anzunehmen.

Ich denke solang man es nicht übertreibt und einmal im Monat ne Extrastunde will, können die einen schon dazwischen schieben. Wenn dein Therapeut nichts anbieten kann weils halt terminlich gar nicht drin ist bei ihm, so bin ich sicher, dass ihm das leid tun wird und er sich später dazu in der regulären Stunde erklären wird.
:axt:

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Strandkind
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Beitrag Di., 18.07.2017, 21:35

Danke für deine Worte RoboCat, es tut gut so positives darüber zu lesen.

Ich dachte ja, es wäre furchtbar klug von mir so spät zu schreiben... aber haha. Eigentor. Jetzt bleibt mehr zeit darüber nachzudenken wie affig er das finden könnte... Dabei weiß ich doch (mit verstand betrachtet und so) dass er so nicht sein wird. Aber da ist ein anderer Teil einfach stärker. Der glaubt nicht, dass ich es wert sein kann überhaupt nur um soetwas zu bitten.

Jetzt gerade wo etwas zeit vergangen ist denke ich: egal was er sagt - ich hab mich ernst genommen. Habe etwas wahrgenommen und das geäußert. Das ist gut. Für einen Moment war ich mir so viel wert das ich das tue.
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Strandkind
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Beitrag Mi., 19.07.2017, 08:25

Er hat geantwortet. Ich darf heute Nachmittag noch kommen.. das Annehmen des Termins war jetzt nochmal ein Angang, aber ich werde hingehen.
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Tränen-reich
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Beitrag Mi., 19.07.2017, 09:13

Großartig!

Und das hier im Übrigen auch:
Strandkind hat geschrieben: Di., 18.07.2017, 21:35 egal was er sagt - ich hab mich ernst genommen.
:thumbsup:


ziegenkind
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Beitrag Mi., 19.07.2017, 09:25

Strandkind, etwas ganz wichtiges ist schon geschehen, nicht? Du bist für dich eingetreten, du hast gehandelt und nicht darauf gewartet, dass ein anderer deine Not sieht und dir etwas anbietet. Darum geht es über weite Strecken in der Therapie, das zu lernen. Und: ist ein gutes Gefühl, oder? Das macht ganz, war meine Erfahrung.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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