Hallo liebes Forum,
ich weiß gar nicht, ob das hier die richtige Ecke in diesem Forum ist für mein Problem. Ich probiers einfach mal.
Mein Problem ist, wie ihr auch in der Überschrift lesen könnt, dass ich sehr sehr häufig keinen Zugang zu Gefühlen wie Wut oder Aggression in mir finde. Diese Gefühle sind scheinbar nicht da.
Mich belastet das immer mehr. Es ist fast so als könnte jeder auf mir rumtrampeln, ich bin bereit eine Menge einzustecken, aber der Selbstschutz in Form von Wut oder Aggression, um mich zu wehren, wenn ich verletzt werde, scheint bei mir irgendwie vollkommen ausgeschaltet zu sein.
Ich ahne selbst schon, woher das bei mir kommt. Da ich als Kleinkind meine Mutter verloren habe, wodurch mir jegliche Sicherheit und jeglicher Schutz von heute auf morgen entzogen wurden und ich anschließend in einer Pflegefamilie aufgewachsen bin, war dieses extrem angepasste Verhalten für mich eine Überlebensstrategie. Ich habe alle Gefühle von Wut, Trauer und Aggression vor diesen mir "fremden" Menschen verborgen, habe sie verneint, damit ich mich in der neuen Familie sicher fühlen konnte. Meine Angst war wohl die, wieder verlassen zu werden. Also habe ich alles in Kauf genommen und war immer das kleine, brave, bescheidene, fleißige Mädchen. Jetzt merke ich immer mehr wie hoch der Preis ist, den ich damit gezahlt habe, denn ich bin nicht wirklich ich selbst. Ich habe meine eigenen Bedürfnisse immer hinten angestellt.
Ich bin zwar in der Lage klar zu reflektieren, woher dieses Muster kommt und dass es in meiner jetzigen Lebensphase wahnsinnig hinderlich ist. Trotzdem kann ich es nicht einfach abstellen.
Ganz diffus spüre ich auch Schuldgefühle dabei, mich anderen entgegenzustellen. Ich habe unglaublichen Skrupel davor, anderen Menschen weh zu tun. Aber so kanns doch auch nicht weitergehen...
Ich hoffe, es kann jemand etwas dazu sagen.
LG Shira
Keinen Zugang zu Aggression und Wut
Keinen Zugang zu Aggression und Wut
"Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht zu werden, was er nicht ist."
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Hallo Shira,
ist es bei dir nur im direkten Umgang mit anderen Menschen so oder überhaupt?
Ich habe bei mir nämlich Ähnliches beobachtet, aber nur dann, wenn ich mit Menschen konfrontiert bin, an denen mir etwas liegt bzw. die ich näher kenne.
Auf Wildfremde kann ich durchaus wütend werden, aber im näheren menschlichen Umgang ist mir keine Aggression oder Wut möglich. Trauer und Verzweiflung schon.
Anders als du habe ich aber eine ganz normale Familie erlebt, vielleicht etwas überbehütet als Einzelkind. Ich kann vor Wut brüllen und Sachen zertrümmern, wenn es nicht drauf ankommt. Aber wehe, jemand aus meinem Umfeld verletzt mich. Dann werde ich klein und schlucke alles. Im Beruf hatte ich teils auch Probleme damit, das ist aber besser geworden.
Gruß, Gadeur
ist es bei dir nur im direkten Umgang mit anderen Menschen so oder überhaupt?
Ich habe bei mir nämlich Ähnliches beobachtet, aber nur dann, wenn ich mit Menschen konfrontiert bin, an denen mir etwas liegt bzw. die ich näher kenne.
Auf Wildfremde kann ich durchaus wütend werden, aber im näheren menschlichen Umgang ist mir keine Aggression oder Wut möglich. Trauer und Verzweiflung schon.
Anders als du habe ich aber eine ganz normale Familie erlebt, vielleicht etwas überbehütet als Einzelkind. Ich kann vor Wut brüllen und Sachen zertrümmern, wenn es nicht drauf ankommt. Aber wehe, jemand aus meinem Umfeld verletzt mich. Dann werde ich klein und schlucke alles. Im Beruf hatte ich teils auch Probleme damit, das ist aber besser geworden.
Gruß, Gadeur
Liebe Gadeur,
ich hab nochmal nachgedacht und es ist nicht so, dass ich Wut und Aggression nie spüre und auch noch nie gespürt habe. Es fällt mir nur wahnsinnig schwer diese Gefühle zuzulassen.
Das ist hauptsächlich so im direkten Umgang mit Menschen. Es spielt dabei schon eine Rolle, ob mir die Person nahe steht oder nicht.
Es ist irgendwie merkwürdig, dass ich gerade bei Menschen, die ich nicht so gut kenne, das Gefühl habe mich immer zu verstellen, bzw. dies tun zu müssen und Wut oder Aggression zu unterdrücken, aus Angst vor Ablehnung oder Zurückweisung.
Ich merke gerade selbst beim Schreiben wie unsinnig das ist, denn gerade, wenn mir jemand nicht nahe steht, kann es mir doch eigentlich egal sein, ob ich so angenommen werde wie ich bin oder eben nicht. Ich verstehe es selbst noch nicht so ganz.
Bei Menschen, die mir wichtig sind habe ich inzwischen den Eindruck gewonnen, dass ich von ihnen so etwas wie bedingungslose Liebe erwarte. Das heißt für mich in einer Partnerschaft, dass ich mir wünsche trotzdem geliebt zu werden auch wenn ich mich mal im Ton vergreife oder mir in einer Konfliktsituation der Kragen platzt und ich die Flucht antrete. Ich kann Konfliktsituationen mit Menschen, die mir nahe stehen nur ganz schwer aushalten. Es passiert oft, dass wenn ich merke, dass Wut hochkommt ich die Situation verlasse, weil ich erstmal Luft brauche.
Ich glaube ich habe Angst vor meiner Wut, Angst davor etwas kaputt zu machen, was man dann nicht mehr reparieren kann. Angst davor, eine Beziehung zu zerstören, die mir wahnsinnig wichtig ist. Angst davor die Schuld tragen zu müssen und wo das endet weiß ich bereits. Ich werde die Aggression schließlich gegen mich selbst richten, weil ich ja schuldig bin und Liebe gar nicht verdient habe. Diese Aussicht ist nicht besonders attraktiv. Deshalb vermeide ich es wohl diese Gefühle zuzulassen.
Ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll.
LG Shira
ich hab nochmal nachgedacht und es ist nicht so, dass ich Wut und Aggression nie spüre und auch noch nie gespürt habe. Es fällt mir nur wahnsinnig schwer diese Gefühle zuzulassen.
Das ist hauptsächlich so im direkten Umgang mit Menschen. Es spielt dabei schon eine Rolle, ob mir die Person nahe steht oder nicht.
Es ist irgendwie merkwürdig, dass ich gerade bei Menschen, die ich nicht so gut kenne, das Gefühl habe mich immer zu verstellen, bzw. dies tun zu müssen und Wut oder Aggression zu unterdrücken, aus Angst vor Ablehnung oder Zurückweisung.
Ich merke gerade selbst beim Schreiben wie unsinnig das ist, denn gerade, wenn mir jemand nicht nahe steht, kann es mir doch eigentlich egal sein, ob ich so angenommen werde wie ich bin oder eben nicht. Ich verstehe es selbst noch nicht so ganz.
Bei Menschen, die mir wichtig sind habe ich inzwischen den Eindruck gewonnen, dass ich von ihnen so etwas wie bedingungslose Liebe erwarte. Das heißt für mich in einer Partnerschaft, dass ich mir wünsche trotzdem geliebt zu werden auch wenn ich mich mal im Ton vergreife oder mir in einer Konfliktsituation der Kragen platzt und ich die Flucht antrete. Ich kann Konfliktsituationen mit Menschen, die mir nahe stehen nur ganz schwer aushalten. Es passiert oft, dass wenn ich merke, dass Wut hochkommt ich die Situation verlasse, weil ich erstmal Luft brauche.
Ich glaube ich habe Angst vor meiner Wut, Angst davor etwas kaputt zu machen, was man dann nicht mehr reparieren kann. Angst davor, eine Beziehung zu zerstören, die mir wahnsinnig wichtig ist. Angst davor die Schuld tragen zu müssen und wo das endet weiß ich bereits. Ich werde die Aggression schließlich gegen mich selbst richten, weil ich ja schuldig bin und Liebe gar nicht verdient habe. Diese Aussicht ist nicht besonders attraktiv. Deshalb vermeide ich es wohl diese Gefühle zuzulassen.
Ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll.
LG Shira
"Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht zu werden, was er nicht ist."
Liebe Shira,
dann ist es bei dir anders als bei mir. Du spürst immerhin die Unterdrückung der Wut. Vielleicht hast du es dann auch leichter, sie rauszulassen, denn sie ist ja so oft auch berechtigt.
Die Menschen akzeptieren dich sogar leichter, wenn du ihnen deine Grenzen zeigst. Das merke ich vor allem im beruflichen Umfeld. Aggression ist normal, sie entspringt unserem tierischen Ursprung, den wir nicht verleugnen können. Wir sind aber durch Moralvorstellungen geprägt, die uns durch Erziehung und den weiteren Werdegang eingeimpft wurden, das mag auch für deine Geschichte mit der Pflegefamilie gelten. Das ist weniger Erziehung, aber du hattest diese Familie neu gewonnen und wolltest sie nicht wieder verlieren, eine natürliche Reaktion, da wir Hordentiere sind (Menschen-Affen halt, klingt nur nicht so nett).
Du hast immerhin an dein engeres Umfeld die Erwartungshaltung, so akzeptiert zu werden, wie du bist. Was damit nicht übereinstimmt, ist die Tendenz, die Situation zu verlassen, sobald die Wut kommt. Also lässt du die Wut nicht dort zu, wo sie entsteht. Nimm sie an und sei froh darüber, dass sie da ist!
Ich empfinde meine Situation als viel beängstigender. Ich spüre, dass ich wütend sein müsste, aber ich bin es nicht. Ich muss nirgendwo hingehen, um meine Wut zu verbergen. Ich bin nur unendlich traurig, ergebe mich in mein Schicksal und kann niemandem böse sein, nicht einmal dem, der mich am meisten verletzt.
Das bedeutet, dass natürliche Mechanismen bei mir nicht mehr funktionieren, ohne dass ich sie bewusst unterdrücke.
Das macht mich mir unheimlich. Geh bloß nicht meinen Weg!
LG Gadeur
dann ist es bei dir anders als bei mir. Du spürst immerhin die Unterdrückung der Wut. Vielleicht hast du es dann auch leichter, sie rauszulassen, denn sie ist ja so oft auch berechtigt.
Die Menschen akzeptieren dich sogar leichter, wenn du ihnen deine Grenzen zeigst. Das merke ich vor allem im beruflichen Umfeld. Aggression ist normal, sie entspringt unserem tierischen Ursprung, den wir nicht verleugnen können. Wir sind aber durch Moralvorstellungen geprägt, die uns durch Erziehung und den weiteren Werdegang eingeimpft wurden, das mag auch für deine Geschichte mit der Pflegefamilie gelten. Das ist weniger Erziehung, aber du hattest diese Familie neu gewonnen und wolltest sie nicht wieder verlieren, eine natürliche Reaktion, da wir Hordentiere sind (Menschen-Affen halt, klingt nur nicht so nett).
Du hast immerhin an dein engeres Umfeld die Erwartungshaltung, so akzeptiert zu werden, wie du bist. Was damit nicht übereinstimmt, ist die Tendenz, die Situation zu verlassen, sobald die Wut kommt. Also lässt du die Wut nicht dort zu, wo sie entsteht. Nimm sie an und sei froh darüber, dass sie da ist!
Ich empfinde meine Situation als viel beängstigender. Ich spüre, dass ich wütend sein müsste, aber ich bin es nicht. Ich muss nirgendwo hingehen, um meine Wut zu verbergen. Ich bin nur unendlich traurig, ergebe mich in mein Schicksal und kann niemandem böse sein, nicht einmal dem, der mich am meisten verletzt.
Das bedeutet, dass natürliche Mechanismen bei mir nicht mehr funktionieren, ohne dass ich sie bewusst unterdrücke.
Das macht mich mir unheimlich. Geh bloß nicht meinen Weg!
LG Gadeur
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Liebe Gadeur,
ja es scheint wirklich anders bei mir zu sein. Aber leicht mache ich es mir wirklich nicht, da die Angst vor meinen eigenen Schuldzuweisungen und meinem inneren Richter wahnsinnig groß ist. Es kippt bei mir ganz schnell ins Selbstzerstörerische und das ängstigt mich tierisch.
Ich weiß, dass ich damals als Kind keine andere Möglichkeit hatte. Ich war abhängig von dieser Familie, es ging für mich ums nackte (psychische) Überleben, denn von meiner Mutter so früh verlassen zu werden hat mir Todesangst gemacht. War ja auch abhängig von ihr. Ich glaube ich gebe mir auf einer tiefen emotionalen Ebene die Schuld dafür, dass ich verlassen wurde und darunter so gelitten habe. Auf der bewussten Ebene tu ichs natürlich nicht.
Dass Du deine Wut gar nicht spüren kannst tut mir echt leid, da Wut ja auch eine wichtige Funktion hat. Hast Du eine Idee woran das liegen könnte?
Bei mir war es so, dass ich ganz lange keine Wut darüber empfinden konnte, dass meine Mutter mich "verlassen" hat. Ich habe es lange nicht hinbekommen, dass Menschen sowohl gut als auch als böse sein können. Für mich gabs nur entweder - oder, Freund oder Feind. Die Ambivalenz auszuhalten ist für mich noch heute sehr schwer in vielen Beziehungen. Meine Mutter war für mich in idealisierter kindlicher Form immer die Gute, die mir nie etwas Böses antun würde. Hat sie aber, dadurch dass sie mich "verlassen" hat. Ich habs dann
wohl lange so für mich gelöst: Sie ist die Gute und ich bin die Böse oder umgekehrt. Auf jeden Fall eine klare Rollenverteilung. Wenn ich sie zur Bösen gemacht habe, die mich im Stich gelassen hat, konnte ich meine kindlichen Wutgefühle zulassen, die ihre Berechtigung haben, auch wenn mein Verstand mir natürlich sagt:"Sie hat dich nicht absichtlich verlassen! Sie ist gestorben und kann nichts dafür!" Dem Kind in mir ist das sch***egal, es ist unendlich traurig und wütend und verängstigt über den Verlust. Diese Gefühle zuzulassen hat mir ein Stück geholfen, es zu verarbeiten. Naja, ich sitz noch immer dran.
LG Shira
ja es scheint wirklich anders bei mir zu sein. Aber leicht mache ich es mir wirklich nicht, da die Angst vor meinen eigenen Schuldzuweisungen und meinem inneren Richter wahnsinnig groß ist. Es kippt bei mir ganz schnell ins Selbstzerstörerische und das ängstigt mich tierisch.
Ich weiß, dass ich damals als Kind keine andere Möglichkeit hatte. Ich war abhängig von dieser Familie, es ging für mich ums nackte (psychische) Überleben, denn von meiner Mutter so früh verlassen zu werden hat mir Todesangst gemacht. War ja auch abhängig von ihr. Ich glaube ich gebe mir auf einer tiefen emotionalen Ebene die Schuld dafür, dass ich verlassen wurde und darunter so gelitten habe. Auf der bewussten Ebene tu ichs natürlich nicht.
Dass Du deine Wut gar nicht spüren kannst tut mir echt leid, da Wut ja auch eine wichtige Funktion hat. Hast Du eine Idee woran das liegen könnte?
Bei mir war es so, dass ich ganz lange keine Wut darüber empfinden konnte, dass meine Mutter mich "verlassen" hat. Ich habe es lange nicht hinbekommen, dass Menschen sowohl gut als auch als böse sein können. Für mich gabs nur entweder - oder, Freund oder Feind. Die Ambivalenz auszuhalten ist für mich noch heute sehr schwer in vielen Beziehungen. Meine Mutter war für mich in idealisierter kindlicher Form immer die Gute, die mir nie etwas Böses antun würde. Hat sie aber, dadurch dass sie mich "verlassen" hat. Ich habs dann
wohl lange so für mich gelöst: Sie ist die Gute und ich bin die Böse oder umgekehrt. Auf jeden Fall eine klare Rollenverteilung. Wenn ich sie zur Bösen gemacht habe, die mich im Stich gelassen hat, konnte ich meine kindlichen Wutgefühle zulassen, die ihre Berechtigung haben, auch wenn mein Verstand mir natürlich sagt:"Sie hat dich nicht absichtlich verlassen! Sie ist gestorben und kann nichts dafür!" Dem Kind in mir ist das sch***egal, es ist unendlich traurig und wütend und verängstigt über den Verlust. Diese Gefühle zuzulassen hat mir ein Stück geholfen, es zu verarbeiten. Naja, ich sitz noch immer dran.
LG Shira
"Veränderung geschieht, wenn jemand wird, was er ist, nicht wenn er versucht zu werden, was er nicht ist."
Liebe Shira,
ich weiß bei mir nicht, woran es liegt. Ich habe schon als Kind Aggression als sehr bedrohlich erlebt. Zwar tut das jeder, doch ich war immer auf dem Rückzug. Ein bisschen bin ich wohl auch von meiner Mutter in diese Richtung gedrängt worden, immer nach dem Prinzip, wenn du das jetzt tust, hat Mutti dich nicht mehr lieb.
Im Erwachsenenalter manifestiert es sich dann so, dass ich mich bei Verletzungen durch mir nahe stehende Personen nicht mehr zur Wehr setze, unbewusst wohl auch aus der Angst heraus, der andere würde mich dann nicht mehr mögen.
Bewusst passiert das auch nicht. In meinem Erleben ist es so: ein anderer verletzt mich, es tut weh und statt als Abwehrreaktion auch nur einmal zurückzuschlagen, ziehe ich mich traurig in mich selbst zurück und lecke meine Wunden. Gerate ich an jemanden, der dann sogar noch weiter draufhaut, werde ich immer noch nicht wütend, sondern nur noch trauriger.
Die Schwarz-Weiß-Malerei, die Unfähigkeit Gut und Böse gleichzeitig in anderen wahrzunehmen, ist ja auch ein zutiefst kindliches Erleben. Nur durch Erfahrung lernt das Kind, das dasselbe, das eben noch gut war, gleichzeitig böse sein kann. Menschen, die diese Phase aus irgendwelchen Gründen überspringen, haben später tatsächlich ein Problem.
Besonders krass ist das bei Borderline-Patienten, die diesen Wechsel zwischen Schwarz und Weiß ganz kurzfristig auf ihre Umwelt übertragen. Was sie eben noch geliebt haben, hassen sie einen Moment später abgrundtief, weil sie die Vereinbarkeit von Gut und Böse in demselben Objekt nicht verarbeiten können. Daraus resultieren aberwitzige Reaktionen durch die sie dieselben, die sie eben noch liebevoll umhätschelt haben, im nächsten Moment mit Hasstiraden verfolgen.
Auch du hast wohl als Kind nicht alles so verarbeitet, wie es hätte sein sollen. Ein früher Tod der Mutter ist im Erleben eines Kindes tatsächlich existenzbedrohend. Hat niemand dich psychologisch begleitet damals?
LG Gadeur
ich weiß bei mir nicht, woran es liegt. Ich habe schon als Kind Aggression als sehr bedrohlich erlebt. Zwar tut das jeder, doch ich war immer auf dem Rückzug. Ein bisschen bin ich wohl auch von meiner Mutter in diese Richtung gedrängt worden, immer nach dem Prinzip, wenn du das jetzt tust, hat Mutti dich nicht mehr lieb.
Im Erwachsenenalter manifestiert es sich dann so, dass ich mich bei Verletzungen durch mir nahe stehende Personen nicht mehr zur Wehr setze, unbewusst wohl auch aus der Angst heraus, der andere würde mich dann nicht mehr mögen.
Bewusst passiert das auch nicht. In meinem Erleben ist es so: ein anderer verletzt mich, es tut weh und statt als Abwehrreaktion auch nur einmal zurückzuschlagen, ziehe ich mich traurig in mich selbst zurück und lecke meine Wunden. Gerate ich an jemanden, der dann sogar noch weiter draufhaut, werde ich immer noch nicht wütend, sondern nur noch trauriger.
Die Schwarz-Weiß-Malerei, die Unfähigkeit Gut und Böse gleichzeitig in anderen wahrzunehmen, ist ja auch ein zutiefst kindliches Erleben. Nur durch Erfahrung lernt das Kind, das dasselbe, das eben noch gut war, gleichzeitig böse sein kann. Menschen, die diese Phase aus irgendwelchen Gründen überspringen, haben später tatsächlich ein Problem.
Besonders krass ist das bei Borderline-Patienten, die diesen Wechsel zwischen Schwarz und Weiß ganz kurzfristig auf ihre Umwelt übertragen. Was sie eben noch geliebt haben, hassen sie einen Moment später abgrundtief, weil sie die Vereinbarkeit von Gut und Böse in demselben Objekt nicht verarbeiten können. Daraus resultieren aberwitzige Reaktionen durch die sie dieselben, die sie eben noch liebevoll umhätschelt haben, im nächsten Moment mit Hasstiraden verfolgen.
Auch du hast wohl als Kind nicht alles so verarbeitet, wie es hätte sein sollen. Ein früher Tod der Mutter ist im Erleben eines Kindes tatsächlich existenzbedrohend. Hat niemand dich psychologisch begleitet damals?
LG Gadeur
Liebe Gadeur,
erstmal sorry, dass ich erst jetzt antworte. Ich hatte einen langen Post verfasst vor einigen Tagen und als ich ihn abgeschickt habe, war er weg! Hab mich tierisch geärgert und erstmal keine Lust gehabt, noch mal alles neu zu schreiben.
Ich hab mir deine Beiträge nochmal durchgelesen und da kam mir so der Gedanke, dass hinter der nicht wahrgenommenen Wut und der tiefen Verletztheit, die Du im Streit empfindest so etwas wie Verlustangst stecken könnte. Ich meine es ist schon ganz schön heftig, als Kind das Gefühl zu haben, nur geliebt zu werden, wenn man so oder so ist. Als Kind, oder überhaupt, wünscht man sich doch nichts sehnlicher als so geliebt zu werden wie man ist. Und als Kind ist das enorm wichtig, diese Erfahrung der bedingungslosen Liebe zu machen, denn sie ist der Grundstein für ein gutes Selbstwertgefühl. Mutterliebe ist da sozusagen die seelische Nahrung. Wahrscheinlich überträgst Du dies in Beziehungen bei Menschen, die Dir nahe stehen.
Ich hoffe für Dich, dass Du zu Deinen Wutgefühlen zurückfindest und Dich gegen verbale Verletzungen wehren kannst. Denn Du sagst ja selbst, wenn ich das richtig verstanden habe, dass es Dir nicht gut geht damit wie es jetzt ist.
Ich wurde als Kind nach dem Tod meiner Mutter übrigens nicht psychologisch betreut, was ich auch nicht ganz nachvollziehen kann, denn laut Erzählungen fand ich mein Verhalten danach schon recht auffällig. Ich habe weder geweint, noch geschrien, noch sonst irgendwas. Nach außen schien ich so, als wäre nichts passiert. Das find ich schon ziemlich auffällig, wenn ein Kind gerade seine Mutter verloren hat und ich weiß ja selbst, dass es in mir ganz anders aussah.
LG Shira
erstmal sorry, dass ich erst jetzt antworte. Ich hatte einen langen Post verfasst vor einigen Tagen und als ich ihn abgeschickt habe, war er weg! Hab mich tierisch geärgert und erstmal keine Lust gehabt, noch mal alles neu zu schreiben.
Ich hab mir deine Beiträge nochmal durchgelesen und da kam mir so der Gedanke, dass hinter der nicht wahrgenommenen Wut und der tiefen Verletztheit, die Du im Streit empfindest so etwas wie Verlustangst stecken könnte. Ich meine es ist schon ganz schön heftig, als Kind das Gefühl zu haben, nur geliebt zu werden, wenn man so oder so ist. Als Kind, oder überhaupt, wünscht man sich doch nichts sehnlicher als so geliebt zu werden wie man ist. Und als Kind ist das enorm wichtig, diese Erfahrung der bedingungslosen Liebe zu machen, denn sie ist der Grundstein für ein gutes Selbstwertgefühl. Mutterliebe ist da sozusagen die seelische Nahrung. Wahrscheinlich überträgst Du dies in Beziehungen bei Menschen, die Dir nahe stehen.
Ich hoffe für Dich, dass Du zu Deinen Wutgefühlen zurückfindest und Dich gegen verbale Verletzungen wehren kannst. Denn Du sagst ja selbst, wenn ich das richtig verstanden habe, dass es Dir nicht gut geht damit wie es jetzt ist.
Ich wurde als Kind nach dem Tod meiner Mutter übrigens nicht psychologisch betreut, was ich auch nicht ganz nachvollziehen kann, denn laut Erzählungen fand ich mein Verhalten danach schon recht auffällig. Ich habe weder geweint, noch geschrien, noch sonst irgendwas. Nach außen schien ich so, als wäre nichts passiert. Das find ich schon ziemlich auffällig, wenn ein Kind gerade seine Mutter verloren hat und ich weiß ja selbst, dass es in mir ganz anders aussah.
LG Shira
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