Ich gehe ungern aus dem Haus

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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kampfschneck
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Ich gehe ungern aus dem Haus

Beitrag Di., 09.05.2017, 21:13

Hallo, grüß Euch !
Wäre schön, wenn mir wer zur Seite steht. – Ich habe das Problem, dass ich schon gar nicht mehr gerne aus dem Haus gehe. Weil ich 73 bin und mich doch etwas bewegen muss, stehe ich sehr früh auf und marschiere meine 7 km, gehe gleich am Rückweg in den Supermarkt und mache meinen Einkauf.
Ich bin nicht phobisch, das glaube ich zumindest. Es ist einfach so, dass ich die Leute gar nicht mehr ansehen mag. Da kommt nichts Freundliches. Ich kann sie anlächeln und es kommt nur sehr selten ein Lächeln zurück. Ich habe den Eindruck, da gehen lauter absolute Individuen, denen alle anderen mehr oder weniger im Weg sind. Dieses ewige High-Noon-Spiel, ich hasse es. OK, ich habe mir schon vorgenommen, grundsätzlich auszuweichen. Mit der Zeit beginnt mich das aber auch zu stören, vor allem wenn ich die fordernden Gesichter sehe, mit ihren voraussetzenden Mienen.
Ich war dreimal für mehrere Monate in Mexiko/Oaxaca, ich hatte dort diese Probleme nicht und bin auch gerne untertag spazieren gegangen. Dort lächeln die Leute viel öfter zurück und bekommen keinen verständnislosen Gesichtsausdruck. Die Menschen hier machen mir zunehmend Angst und ich beginne sie immer mehr zu meiden. Das ist nicht lustig, aber es entwickelt sich so.
Wäre nett, wenn Ihr mir antwortet, ich dank Euch schon ‘mal dafür.

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Kaonashi
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 08:19

Stadt oder Land?

Direkt in dem Stadtteil, wo ich wohne, wird teilweise gegrüßt, das finde ich anstrengender als wenn ich sonstwo in der Stadt unterwegs bin. Der Stadtteil gehört zu einer Großstadt, da läuft man einfach aneinander vorbei. Das mag ich eigentlich gerne.

Wenn man jemanden anspricht, dann kommt in der Regel schon ein Lächeln, z.B. an der Kasse im Supermarkt, aber sonst unterwegs brauche ich das nicht.

Wie sieht es mit deinen sonstigen Sozialkontakten aus? Bist du zufrieden mit deinen Aktivitäten?
Falls nein, was würdest du gerne machen (mal sämtliche Hindernisse außer Betracht gelassen, nur theoretisch)?

Vielleicht bist du innerlich eher unzufrieden mit etwas oder fühlst dich einsam und projizierst das auf die Leute?

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kampfschneck
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 09:07

Hallo !
Danke für Deine Antwort und gleich zur ersten Frage: Es ist eine Landstadt :-)) – Sie ist zwar die Hauptstadt von Niederösterreich, hat aber nur so an die 60.000 Einwohner.

Hier läuft man nicht, auch nicht aneinander vorbei. Es entstand vielleicht ein kleines Missverständnis, ich will nicht alle Leute grüßen, auch nicht die Hälfte. Ich lächle gerne Leute auf der Straße an und dann möchte ich wenigstens kein Befremden ernten. Ich lächle Leute gerne an, wenn man einander begegnet, damit meine ich, wenn es zu einem Blickkontakt kommt. Von dieser Situation habe ich geschrieben.
Und ich glaube nicht, dass ich etwas auf die Leute projiziere, wie ich schon erzählte, ich war dreimal 4 Monate in Mexiko und kenne von dort eine ganz andere Gepflogenheit. Aber OK., hier ist eben nicht Mexiko, - schade eigentlich :-))

Danke für Deine Frage nach meinen sozialen Kontakten: Sie existieren nicht. Es würde jetzt ausufern zu erklären warum, aber so ist es eben. Und Deine liebe Frage „was ich gerne theoretisch machen würde“, kann ich schwerlich beantworten. Aber ich werde mir Mühe geben:

Mit jemanden auf einer Parkbank sitzen und gemächlich plaudern bis hin zu ab und zu kuscheln. Aber da ich nicht viel zu sagen habe, ist es mehr eine Sehnsucht nach Nähe und Herzens-Übereinstimmung. – Ich glaube das ist es. Ich könnte viel mehr schreiben, was ich vermeiden möchte, als umgekehrt. Nein, einfach gemeinsam zu sein, dass wäre es….- theoretisch :-))

Dich persönlich möchte ich um etwas bitten: Greife nicht gleich zur Projektions-Keule. Manchmal ist es einfach so wie es ist und nicht gespiegelt oder wie man es sehen muss oder soll.

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Kaonashi
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 09:33

kampfschneck hat geschrieben: Mi., 10.05.2017, 09:07Ich lächle gerne Leute auf der Straße an und dann möchte ich wenigstens kein Befremden ernten. Ich lächle Leute gerne an, wenn man einander begegnet, damit meine ich, wenn es zu einem Blickkontakt kommt.
Und waren die Leute früher dann freundlich, und jetzt nicht mehr?
Vielleicht ist das dann der Wandel der Zeit, doch ein bisschen mehr Anonymität als früher? Oder dass die Leute häufiger im Stress sind? (s.u.)
Ich selber würde es tatsächlich etwas befremdlich finden, wenn fremde Leute mich einfach anlächeln würden ohne Grund. Kann auch sein, dass ich es gar nicht bemerken würde, weil ich nur vor mich hinschaue. Aber ich bin nicht repräsentativ, sondern eher besonders eigenbrötlerisch (habe eine entsprechende Diagnose). Leute, mit denen ich nichts zu tun habe, ignoriere ich einfach, die nehme ich nicht viel anders wahr als bewegliche Objekte. Ist aber halt hier auch Großstadt, wenn man da jeden beachten würde, würde man nicht mehr fertig werden.
Manchmal ist es einfach so wie es ist und nicht gespiegelt oder wie man es sehen muss oder soll.
Meistens hat es aber einen Grund, und der kann entweder bei den anderen/den Umständen oder bei einem selbst liegen. Ich finde es weise, zu erkennen, wann es an einem selbst liegt, vor allem, wenn man schlechte Gefühle hat. Es sind nicht immer die anderen. Aber natürlich können es auch mal wirklich die anderen sein, die sich verändert haben.

In Mexiko war ich noch nie, daher kein Vergleich. Aber es kann schon sein, dass man anderswo entspannter ist als hier. Ich finde, in Europa wird ja auch immer sehr auf Wettbewerb trainiert, die ganze Gesellschaft inkl. Schule und Beruf drehen sich nur darum, erfolgreich zu sein, möglichst besser als die andern. Man kann nicht einmal ein Computerspiel spielen, ohne dass es darum geht, etwas oder jemanden zu besiegen.
Es ist schon extrem, dass man in der Zeit, wo man berufstätig ist, fast nur noch auf sich schauen kann und andere hauptsächlich als potenzielle Hindernisse (oder Konkurrenten) wahrnimmt.
Du bist mit 73 da schon raus (sei froh), aber die andern stecken noch mitten drin...

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kampfschneck
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 10:53

Es ist schön von Dir zu lesen.
Und waren die Leute früher dann freundlich, und jetzt nicht mehr?
Ich glaube ja. Und grundsätzlich sollte es für ein Lächeln keinen besonderen Grund geben müssen. Es lockert einfach auf, macht fröhlich…., aber nochmals. ich meine nicht, dass alle Leute lächeln sollten, oder ich alle Leute anlächeln will. Es geht um die Momente der Begegnung, wenn es zu einem Blickkontakt kommt. Ich glaube das Ignorieren und das Wahrnehmen von beweglichen Objekten möchte ich nicht als Lösung. Da suche ich doch eher, es schulterzuckend zu akzeptieren )
Mir fällt dabei der Titel eines Filmes ein, er hieß „Bewegliche Objekte“. War nicht wirklich unterhaltsam.
Es sind nicht immer die anderen. Aber natürlich können es auch mal wirklich die anderen sein, die sich verändert haben.
Sie haben sich verändert. Und den Grund hast Du für mich sehr deutlich beschrieben. Wir haben es geschafft, jeder gegen jeden in Konkurrenz zu treten. Und es muss einem schon sehr gut gehen, wenn der Konkurrent nicht als „im Weg stehend“ wahrgenommen wird.
Und nun eine kleine Vorwarnung: Mit dem Beginn der Pension, beginnt auch die Eroberung der „ewigen“ Jugend. Geh dann besser in keinen Verein und lerne besser „geil“ zu sagen und „cool“, das sollte schon geläufig sein. Auch solltest Du die Krampfadern verbergen, dafür aber einen Berg noch rauf laufen können und wehe, die vergisst etwas… Wehe, wehe…dann ist es also schon so weit !
Nein, mir scheint Menschen kennen Menschen gegenüber nur aus beruflichen Gründen Gnade. - Sozialarbeiter, Psychologen, manchmal auch Pflegepersonal und ebenso manchmal auch christliche Vollprofis, sie zeigen mitunter Mitgefühl, und Einfühlungsvermögen (kleines Modewort: Empathie). - Naja, und dann noch solche, die zu diesen Leuten um Rat und um Hilfe gehen. Ist doch immerhin etwas !
…..aber die andern stecken noch mitten drin...


So muss ich leider sagen, die Chancen sind groß, immer drinnen zu stecken. Ich für meinen Teil, suche das „Alleine-Sein“ nun gründlich zu lernen. Aber ich empfinde es nicht einfach, einen solchen Abstand zu gewinnen und dennoch ein „Mit“-Mensch unter Menschen zu bleiben. Nicht einfach.
Ich drück uns die Daumen 


Sunna
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 11:19

Ein Bekannter erzählte mir, dass sein Vater leicht pflegebedürftig geworden ist und nun in eine Heim gekommen ist. Binnen weniger Tage ist er dort aufgeblüht, weil er nach 15 Jahren Einsamkeit wieder Leute um sich hatte. Vielleicht brauchst du mehr soziale Kontakte in deinem Alter? Wo ich lebe, gibt es ein reichhaltiges Angebot für Senioren. Es gibt Begenungsstätten und diverse Einzelveranstaltungen bis hin zu Tagesfahrten oder Urlauben. Könnte das etwas für dich sein? Grundsätzlich mag ich deiner Sichtweise der Welt nicht zustimmen, auch wenn dem durchaus so ist. Aber eben nicht nur. Manchmal sieht man die Welt nur noch einseitig und blendet den anderen Teil aus. Vielleicht liegt bei dir eine leichte Verstimmung vor, da würde sich durch kleine Veränderungen im Alltag vielleicht schnell etwas bewegen lassen.

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kampfschneck
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 12:06

Es ist nicht einfach auf Deine netten Antworten wieder zu antworten ohne auszuufern. – So konzentriere ich mich auf Deine Vorschläge, denn meine Sichtweise auf die Welt kennst Du wahrscheinlich nicht und das ist mitunter auch gar nicht nötig.
Aber Du hast entschieden recht, ich bräuchte mehr soziale Kontakte. Und nun kommen die Einschränkungen oder Beschränkungen des Weges, über den ich sie finden kann. Also: Die wirklich allermeisten Menschen in meinem Alter haben einen vollgestopften Bekannten- und Freundeskreis was selbstverständlich und für sie gut ist. Da passt nur jemand hinein, den man öfters erst einmal unverbindlich trifft und dann nach und nach….vielleicht…. ergo zum Beispiel ein Verein. Nicht nur, dass ich kein besonderes Faible für Vereine habe (siehe meine Warnung an Dich bezüglich des „draußen und drinnen Steckens :-)) Ich kann auch nicht gut „mithalten“, da ich Mindestrentner bin und mit 820 Euro monatlich auskommen muss. Meine Alternative war, über mehrere kostenlose Kennenlernportale im Internet eventuell persönlichen Kontakt zu finden. Ich habe das ein und ein halbes Jahr versucht, ist aber leider nichts daraus geworden.
Vielleicht sehe ich die Welt einseitig, das mag schon sein. Und obwohl ich meine Seite für die der Menschenwürde am nächsten betrachte, mag sie selbstverständlich einseitig sein. Damit muss ich dann wohl leben, - aber ab und zu beschweren darf ich mich doch ?
Nur noch einmal: Du hast schon recht, ein paar soziale Kontakte wären besser. Ich würde dann nicht diese einseitigen Gespräche mit meiner Zimmerspinne führen; und es würde mir noch leichter fallen, das Befremden statt eines Lächelns zu akzeptieren. Ist aber eben nicht einfach )

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Krümmelmonster
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 12:28

Hallo kampfschneck,
es gibt schon verschiedene Angebote für dich, vielleicht durch ein Hobby, Vhs für Senioren, Englischkurse, in einen Fitnessclub,
oder Schach oder Wanderverein wo du selbst dich begeistern kannst. Tanzen oder Caritasverbände mal fragen ob es Angebote gibt. die dich interresieren, sind auch nicht so teuer.
Vielleicht findest du da was für dich.

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Kaonashi
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 13:20

kampfschneck hat geschrieben: Mi., 10.05.2017, 10:53Mit dem Beginn der Pension, beginnt auch die Eroberung der „ewigen“ Jugend. Geh dann besser in keinen Verein und lerne besser „geil“ zu sagen und „cool“, das sollte schon geläufig sein. Auch solltest Du die Krampfadern verbergen, dafür aber einen Berg noch rauf laufen können und wehe, die vergisst etwas… Wehe, wehe…dann ist es also schon so weit !
irgendwie kann ich mir das lebhaft vorstellen. :lol:
Obwohl ich hoffe, dass nicht alle so sind.
Nein, mir scheint Menschen kennen Menschen gegenüber nur aus beruflichen Gründen Gnade. - Sozialarbeiter, Psychologen, manchmal auch Pflegepersonal und ebenso manchmal auch christliche Vollprofis, sie zeigen mitunter Mitgefühl, und Einfühlungsvermögen (kleines Modewort: Empathie).
Außerhalb dieser Gruppe ist das Einfühlungsvermögen so im Alltag tatsächlich seltener. Aber es ist vielleicht auch so, dass die Leute ihre Zuwendung für ihren Freundeskreis oder Familie reserviert haben. Wenn man selber keine engen Freunde oder Familie hat, dann bekommt man eher nichts davon ab.
Ich denke, es wäre gut, sich eins oder zwei der Exemplare zu suchen, mit denen man gut auskommen kann, und zu denen eine Freundschaft aufzubauen. Ist ja nicht immer so leicht, aber vielleicht geht es.
ich meine nicht, dass alle Leute lächeln sollten, oder ich alle Leute anlächeln will. Es geht um die Momente der Begegnung, wenn es zu einem Blickkontakt kommt.
okay, jetzt habe ich es erst richtig verstanden (glaube ich). In diesen Momenten lächle ich auch, außer ich habe gerade schlechte Laune. Allerdings bin ich eher ein Blickkontaktvermeider, dh. diese Momente ergeben sich für mich nicht so oft. Kann z.B. passieren, wenn man gerade jemandem die Tür aufhält oder sie aufgehalten bekommt, oder wenn sich ein Anlass ergibt, mal zwei Worte zu wechseln. Dann lächle ich. Ich habe schon ein oder zwei Mal aufgeschnappt, dass Leute hier im Haus (Hochhaus) der Meinung waren, ich würde zu wenig smalltalken, und mir war auch lange nicht bewusst, dass es manche Leute nicht mögen, wenn man ihnen im Aufzug den Rücken zudreht (nachdem man freundlich gegrüßt hat). Deshalb fühle ich mich von Erwartungen an Freundlichkeit manchmal unter Druck gesetzt, dabei bin ich aber gar nicht per se unfreundlich.

Was sonst so das Lächeln betrifft: vielleicht kann man ja damit ein bisschen positives "Karma" verbreiten, selbst wenn nicht immer gleich was zurückkommt.
Ist ja auch gut, wenn man selber noch lächeln kann, so grundsätzlich.

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kampfschneck
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 13:28

Liebes Ohngesicht,

Es gibt eine chinesische Geschichte. Sie wird in der Dunkelheit erzählt, weil man sie dann besser verstehen kann.
Ein Mädchen ging durch den Wald nach Hause, als es an einer Wegbiegung eine gebückte Gestalt sah. Das Mädchen, nennen wir sie Hin, ging zu dieser Gestalt und meinte, ein altes Mütterchen zu erkennen, - also wollte Hin helfen und legte seine Hand auf den Rücken der Gestalt. Die Gestalt streckte sich und wendete sich dem Mädchen zu. - Da schrie Hin auf und rannte so schnell sie konnte. Denn die Gestalt hatte kein Gesicht, es war nackt und glatt wie ein Ei.
Sie rannte was sie nur konnte und fiel schließlich vor Erschöpfung zu Boden, - so meinte sie. - Doch das worauf sie gefallen war bewegte sich plötzlich. Hin sprang auf und versuchte in der Dunkelheit auszumachen, worauf sie gefallen war. Da bewegte sich das Ding wieder und gleichzeitig gaben die Wolken den Mond frei. So konnte Hin sehen, dass es ein Kind in Ihrem Alter war, das sich jetzt auch erhob und zu ihr umdrehte....
Sie lief, wie vom Wahnsinn verfolgt über Stock und Stein und Wurzel, noch immer dieses gesichtslose, glatte Ei vor Augen das auf den Schultern des Kindes sich ihr zugewandt hatte. - Die Erschöpfung ließ nicht lange warten und bald torkelte sie nur noch. Das Glück war aber auf ihrer Seite, denn sie konnte unweit vor sich ein kleines Holzhaus erkennen, durch dessen Fenster Licht schien. Hin wankte zu dem Häuschen und fiel vor der Türe zu Boden. Das Geräusch dürfte den Bewohner der Hütte aufgeschreckt haben, denn gleich öffnete sich die Türe und ein Mann trat nach draußen. Er sah das auf dem Boden liegende Mädchen und hob es auf, - trug es in das Innere und legte es auf eine Pritsche. Hin dankte mit einer ziemlich heiseren Stimme und schnappte nach Luft. Der Mann fragte das Mädchen, ob es heißen Tee haben wolle, was Hin rasch bejahte, denn ihr Gaumen war von dem vielen Rennen total trocken geworden. Als sie ihre Tasse in Händen hielt, erklärte der Mann, er müsse noch etwas hier am Herd fertig zubereiten, wandte sich ab und sprach weiter: "Erzähle doch, was ist Dir zugestoßen ?" . Und Hin begann ihm alles bis ins Detail zu erzählen und als sie geendet hatte, drehte sich der Mann um, schlug sich mit der flachen Hand ins Gesicht und fragte: "Sahen sie so aus ?"
Und Hin starrte bewegungslos vor Schrecken auf ein gesichtsloses, glattes Ei zwischen den Schultern des Mannes.....

Alles Gute, Kaonashi

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kampfschneck
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 13:35

verzeihe bitte, wenn Du den letzten Beitrag für OT ansiehst, aber als mir Dein Pseudonym ins Gehirn kroch. musste diese Geschichte einfach raus... :-)

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Kaonashi
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 13:43

Schön, dass du das Ohngesicht kennst. *thumbs up*
Den zugehörigen Film wahrscheinlich dann auch, oder? Mit dem Ohngesicht in dem Film kann ich mich ganz gut identifizieren.

Zu der Geschichte, Verständnisfrage: hatten die alle kein Gesicht, weil sie vor Schreck die Hände vor's Gesicht geschlagen hatten? Oder ist die Moral von der Geschichte, dass man auch dann noch einen Schrecken erleben kann, wenn man sich schon in Sicherheit glaubt? :-) (so horrorfilmmäßig)

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kampfschneck
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Beitrag Mi., 10.05.2017, 14:54

Es gibt bei der Chinesischen Geschichte keine Moral. Es ist einfach eine Geschichte für die Dunkelheit. Und verzeih, Du bist ein wenig unaufmerksam. Nur der Mann in der Hütte schlug seine Hand vor's Gesicht. Die beiden anderen wandten sich Hin einfach so zu, wie sie als Geister waren: Ohne Gesicht.
Die einzige Moral der Geschichte ist vielleicht doch eine "Chinesische": Es ist furchtbar kein Gesicht zu haben..., aber nicht wie bei jenen, die ihr Gesicht verloren haben und darüber Schrecken empfinden, liegt im Hinblick auf die Geister, der Schrecken nur beim Betrachter :-)

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