'English breakfast' - Chronobiologie !

Gesunde Kochrezepte, Ernährungstipps und Wege aus der Fehlernährung - hier können Sie Ihre diesbezüglichen Schwierigkeiten, Empfehlungen und Erfahrungen austauschen.
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Möbius
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"English breakfast" - Chronobiologie !

Beitrag Di., 14.03.2017, 22:36

2016 habe ich 20 kg abgenommen. Auch ich leide unter einer Esstörung, einer regelrechten Ernährungsstörung. Inzwischen meine ich, sie ganz gut im Griff zu haben und mit 82 kg Körpergewicht bei 183 cm Körperlänge mache ich mir auch keinen Stress mehr. Aber eine der Maßnahmen bei der Reduktion war eine "chronobiologische" Ernährungsumstellung. Wir essen nämlich normalerweise chronobiologisch total falsch: morgens picken wir ein paar Körnchen, mittags gibt's was Kleines und Abends kommt dann das große Fressen. Das hängt viel mit unseren sonstigen Lebensgewohnheiten zusammen. Es geht aber auch anders:

Ich frühstücke auch heute noch regelmässig "english", mein Standartfrühstück besteht aus 2 Spiegeleiern - in Olivenöl gebraten - auf 200g (1/2 Dose) baked beans, die mit Ketchup, Aivar, Harissa, Knoblauch, manchmal auch Paprika, Staudensellerie usw usw "gepimpt" worden sind und in der Micro leicht erhitzt werden können. Dazu gibt's bis zu 120 g Brötchen oder Brot zum "ditschen" und ein sattes Glas Fruchtsaft (0,3 l). Auch einen "griechischen Teller" mit Feta, Tomaten, allerlei "Essigzeux" aus dem Glas etc. wird von mir gerne verfrühstückt, es kann sogar auch mal ein Teller Spagetti sein ...

Die Hauptmahlzeit wird also frühmorgens eingenommen. Am Mittag gibt es dann einen Rohkostsalat, wenn ich unterwegs bin, belegte Brote und abends dann ein paar Körnchen zum picken, Standartmässig ein Müsli oder einen Jogurth mit Obst.

Es ist schon eine Umstellung, denn das Verdauungssystem ist es ja nicht gewohnt, schon kurz nach dem Aufstehen auf Hochtouren zu gehen - das dauert so ein paar Tage oder Wochen. Bei mir ging's eigentlich recht flott.

Der Witz daran ist, daß die Energiemenge der Hauptmahlzeit auf diese Weise den Tag über zur Verfügung steht und zuverlässig abgebaut wird - während beim Abendessen als Hauptmahlzeit die Energiemenge am Abend vor'm Fernseher oder am Compi zur Verfügung steht und infolgedessen über Nacht auf Halde gelegt wird: in die Speckröllchen.

In meiner oudoor-Saison, die jetzt gerade beginnt, ist dieses "english breakfast" auch regelmässig die einzige warme Mahlzeit des Tages. Das kommt mir also sehr gut zupass, wenn ich von, sagen wir mal, 9-10 Uhr vormittags bis Sonnenuntergang draussen bin.

Hat das von Euch mal jemand probiert - "chronobiologisch essen" ? Wäre das was für den einen oder anderen ?

Gruß
Möbius

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candle.
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Beitrag Di., 14.03.2017, 22:56

Hallo Möbius!
Möbius hat geschrieben: Di., 14.03.2017, 22:36 Hat das von Euch mal jemand probiert - "chronobiologisch essen" ? Wäre das was für den einen oder anderen ?
Nein, das habe ich noch nicht getan, aber dieser Spruch: Morgens wie ein Kaiser, mittags wie ein König, abends wie ein Bettelmann sagt das ja genau aus. Den kenne ich schon ewig.

English breakfast mag ich total gerne, bin aber absolut zu faul bzw. schaffe es einfach nicht das für mich allein zu machen. Macht einfach keinen Spaß allein zu essen! Immerhin gibt es ab und an mal Beans on toast wie ich es in England kennengelernt habe. :lol:

Das ist jetzt auch nur dahin geplaudert, weil ich wohl keine Essstörung habe oder nicht aus allem eine machen muß. Wie auch immer.

Herzliche Grüsse!
candle
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Möbius
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Beitrag Mi., 15.03.2017, 17:51

@ candle

In der Plauderecke darf man ja wohl mal plaudern ... Also ich habe wirklich eine Esstörung - sie reicht sogar so weit, daß mich mein Unbewußtes dazu bringt, schnellverderbliche Lebensmittel zu horten, die dann "weggegessen" werden "müssen" ... aber wie gesagt: aktuell habe ich sie gut im Griff. Das "english breakfast" diente zunächst der Reduktion - aber ich habe es auch beibehalten, nachdem ich die Reduktion im Juni 2016 aufgegeben hatte. Ich durfte unvermutet wieder Fahrradfahren - Muskelaufbau (ich litt an Inaktivitätsatropie aufgrund meiner Akne inversa bzw. den OP-Folgen) und Gewichtsreduktion vertragen sich nun mal nicht.

Aber das mega-kräftige Frühstück habe ich beibehalten - es passt einfach gut in mein heutiges Leben. Ich bin nämlich auch eine "Lerche", ein Tagmensch. Seit ich in Rente bin, leide ich sozusagen unter "präseniler Bettflucht", stehe mit den Hühnern auf und gehe mit ihnen auch zu Bett. Zudem hat sich der Organismus daran gewöhnt.

Alleine essen - ja mein Gott, ich lebe seit nunmehr rund 6 Jahren fast völlig isoliert wegen meiner psychosomatischen Hautkrankheit. Von allen nichtsexuellen Sozialkontakten bekomme ich ziemlich böse Abszesse. Dieses alleine-leben fällt mir als typisch Schizoiden auch nicht sonderlich schwer. Ich finde auch nichts dabei, für mich alleine einen gewissen Aufwand in der Küche zu treiben, kann auch für mich alleine ein Festmahl bereiten und feiern - wenngleich sich natürlich gewisse Einschränkungen bei den Rezepten ergeben. Ein Gulasch von weniger als 5 l zu kochen, ist eben witzlos ... sowas esse ich dann alle paar Monate mal auswärts.

Ich koche auch sehr gerne. Wenn ich morgens aufwache, dann kann ich eine halbe Stunde lang im Bett darüber nachdenken, wie ich die baked beans aus der Dose diesesmal "pimpe" und darüber grübeln, ob der geriebene Parmesan über die beans in der Micro kommt, oder über die Eier in der Pfanne ... ?

(Meine Sorgen möchte ich haben - und Rothschilds Geld !)

;-)

Gruß
Möbius

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Möbius
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Beitrag Mi., 15.03.2017, 18:03

Falls es jemand mal probieren möchte: meine Spiegeleier auf baked beans:

In einem "halbhohen" Teller, von dem man zB auch gut Spagettis essen kann, werden 1-2 Knoblauchzehen, nicht zu fein gehackt, mit je 1 Messerspitze Salz, Salbeipulver und Curry sowie ca. 1/2 Teelöffel Thymian mit dem Esslöffel angedrückt, und mit 1/2 Dose (ca. 200 g) baked beans, 1-2 EL Ketchup oder Aivar vermischt und mit Harrissa, Chili oder Sambal Olek nach Geschmack geschärft. Falls vorhanden, kommt auch eine fein geschnittene Spitzpaprika und/oder ein Stengel Bleichsellerie darunter.

Die so gepimpten baked beans lasse ich 2-3 min in der Micro bei ca. 600 W erhitzen. Danach streusele ich 1-2 TL geriebenen Parmesan darüber, an den Rand wird das "Essigzeug" drapiert: ein Gurken-Stick aus dem Glas (die von Aldi find ich sau lecker!), 1-2 kleine Peperonchini (von Rewe !), 5-6 Oliven (von Lidl!) und der Teller mit den beans kommt dann wieder zurück in die Micro, wo er auf Warmhaltestufe auf die Eier wartet.

Die Spiegeleier brate ich in 1-2 EL Olivenöl, in das noch 1/2 TL Oregano und/oder Rosmarin hineingekommen sind. Sie werden meist nur mit Pfeffer und Salz gewürzt - gelegentlich kommt der Parmesan auch über die Eier, statt über die Bohnen. Dann müssen die Eier aber kurz abgedeckelt werden, damit der Käse leicht anschmilzt. Die Eigelbe sollten auf jeden Fall noch flüssig sein, wenn die Eier über die beans kommen, und dann kann man ganz wunderbar herrlich ditschen und kleckern !

Mahlzeit !

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candle.
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Beitrag Mi., 15.03.2017, 19:05

Na aber Möbius: Mikrowelle ist doch nicht kochen. :lol:

Ich bekomme immer einen Föhn, wenn ich irgendwo eine Mikrowelle sehe. :->

Aber die Eier brätst du in der Pfanne?

LG candle
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Möbius
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Beitrag Mi., 15.03.2017, 19:16

@ candle

"Kochen" tue ich natürlich nicht in der Micro - aber zum Aufwärmen von Konserven finde ich sie ausgesprochen praktisch. Auch meine Milch für den Milchkaffee mache ich in der Micro warm. Ich habe so ein Morgenritual: der Tag beginnt bei mir mit dem "early morning cappu" im Bett. Das hatte ich mir angewöhnt, als ich in einer ziemlich heruntergekommenen Bude wohnen mußte und die Heizung (ich schlafe grundsätzlich bei auffenem Fenster und aussener Heizung) morgens ewig brauchte zum wachwerden. Dabei führe ich dann Tagebuch, bis es Zeit ist zum Frühstücken. Nach dem Frühstück findet weiterer Stoffwechsel im Badezimmer statt, dann wird Geschirr gespült und dann gibt's zur Erholung von diesem Stress einen schönen Milchkaffee ... wo waren wir nochmal ? Ahja: die Eier brate ich in der Pfanne, nachdem es mit dem toaster nicht geklappt hat ! ;-)

Gruß
Möbius

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candle.
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Beitrag Mi., 15.03.2017, 20:38

Ja, vielleicht versuche ich das mal mit dem Frühstück. Ich wollte mich schon eine Weile aufraffen, bin dann aber in meinen Trott gerutscht. Bzw. ich habe es lange auch nicht geschafft und hatte so eine lange Vorlaufzeit bis ich wach war und habe mich dann mit Kaffee im Bett verpflegt so lange meine "Jungs" das abwarten konnten.

Inzwischen bin ich schon sehr regelmäßig gegen halb neun wach, was mich freut und ein guter Punkt zur Neustrukturierung wäre.

Ich habe auch überlegt selber Brötchen zu backen. Das habe ich mal über einen Jobcenter Kurs gelernt. Die Brötchen waren klasse, aber sie sind auch aufwendig herzustellen. *g

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mio
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Beitrag Mi., 15.03.2017, 21:17

Möbius hat geschrieben: Mi., 15.03.2017, 17:51 Ein Gulasch von weniger als 5 l zu kochen, ist eben witzlos ...
Das finde ich auch, eigentlich alle Sachen die extrem lange kochen müssen, damit sie echt gut werden sind irgendwie bei einer Portion witzlos. Aber es gibt ja die Einfrier- und Einmachkultur. :) Einfrieren muss ich wohl nicht erklären, aber auch Einkochen ist kein "Hexenwerk" und soll auch mit Gulasch funktionieren. Selbst habe ich es bisher nur mit Apfelmus und Rinderbrühe gemacht, das hat allerdings prima geklappt.

Alles was Du dafür brauchst sind ein paar "Schraubdeckelgläser" (können auch welche sein in denen vorher was anderes war, Hauptsache sie sind in der Lage ein "Vakuum" zu bilden), einen großen Topf zum "steril kochen" der Gläser, einen Backofen und ein tiefes Backblech.

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Möbius
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Beitrag Do., 16.03.2017, 07:10

Liebe mio !

Ich verfüge leider nur noch über eine sogen. "singleküche" - und für viel mehr ist in meiner "Einraumwohnung" auch kein Platz.

Ausserdem ... meine liebe Mutter-Täterin war eine Einkochfetischistin. Die Erinnerungen an die furchtbare "Einmachzeit", die schon mit den Erdbeeren losging, sich übers "Beerenbrechen" (eine furchtbare Sklavenarbeit in meiner Erinnerung) zu Dampfsaunaähnlichen Klimaverhältnissen steigerte und durch faulig-süsslichen Gestank geradezu in apokalyptische Dimensionen vorstieß ... pffft. Nö - diese Intrusion tu ich mir nicht an ! ;-)

Es gab eine lange Zeit in meinem Leben, da wurde viel und sehr ehrgeizig gekocht. Meine erste Freundin - ich war 25, sie 40 (und ebenfalls Inzestmutter und übrigens auch rappeldürr) als wir uns "kennenlernten" hatte nicht nur eine top-ausgestattete Küche, das dazugehörige Talent und eine wahre Leidenschaft zum Kochen und Essen, sondern auch noch einen Bioladen ! Das war super, weil es nicht nur jede Menge abgelaufene Ware gab, die regelmässig verkocht werden mußte, sondern weil man, wenn man noch was gebraucht hat, man einfach in den Laden gefahren ist ! Und das Zeux aus dem Bioladen schmeckt ja nun wirklich besser !

Stundenlang konnten wir über unseren "Fresspornos" (die Kochbücher) brüten, über Märkte schlendern, nach Frankreich fahren (wir lebten im Saarland) zum Fisch und Käse und Wachteleier kaufen und ganze Nachmittage in einer zunehmend chaotischer werdenden Küche verbringen - und mit dem "Kochsekt". Vier, fünf Gänge waren normal, der Rekord lag bei 11 Gängen für 20 Leute. Wir haben "dinerpartys" gegeben, unsere Einladungen waren hochbegehrt ! Kochpartys, bei denen jeder ein Brett, ein Messer und irgendein Grünzeux vor sich gestellt bekam - und ein Glas Kochsekt ... Fondue chinoise haben wir geschnitzt und die Extrasuperkomplizierte Hühnerbrühe dafür natürlich selbst gekocht, Stubenküken auf Mangoldgratin mit Austernsabaione war wohl das Komplizierteste ...

Ach ja ... Veteranen erzählen gerne vom Kriege !

Wo waren wir gerade ? Ach ja - beim Frühstück. Heute morgen gab es Marmeladenbrote. Bei Aldi gibt's als Saisonware "british style" - Marmelade. Die "fruity orange" und "black currant" sind super ! Ich glaube, candle's Küchenfaulheit ist ansteckend !

Einen schönen Tag !

Gruß
Möbius

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candle.
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Beitrag Fr., 17.03.2017, 13:46

Möbius hat geschrieben: Do., 16.03.2017, 07:10 Ich glaube, candle's Küchenfaulheit ist ansteckend !
Oh je, ich hoffe, dass du heute wieder dein breakfast hattest!
Was für Beans kaufst du noch oder hattest du das geschrieben? Ich meine ja, dass die relativ teuer sind, weil ich auch die original englischen Beans gekauft habe- früher importiert. :lol:

Ich bekomme meinen Alltag einfach nicht auf die Reihe, wenn ich keine Ziele habe. ,-) Leide gerade am Bore out. :evil:

LG candle
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Beitrag Fr., 17.03.2017, 13:57

Ja, liebe candle, heute gab es - endlich ! - mal wieder "S'eggs auf b'beans", wie es in meinem Tagebuch stets heißt. Es gab die Eigenmarke von Rewe. Neulich gab's bei Lidl englische Import-beans, die sau lecker waren und spottbillig: 49 Cents !, die Eigenmarke von Rewe kostet schon 89 Cents. Leider hatte ich nur 2 Dosen auf Verdacht gekauft, und beim nächsten Mal bei Lidl waren sie schon weg. Aber weil ich die beans ja "pimpe", kommt's nicht so darauf an.

Es ist komisch - ich war "mein Leben lang" ein Arbeitstier gewesen, 60-70h-Woche ganz normal, jede Menge "Freizeitaktivitäten" ... aber heute, als Frührentner mit "nichts zu tun haben" und "keine Aufgabe haben" komme ich ganz hervorragend gut zurecht. "Aufgabe" und "Arbeit" vermisse ich überhaupt nicht. Mein Überpsycho sagte es mal so: "Zu den schönen Seiten des Psychopath-seins gehört es eben: es wird einem nie langweilig!"

;-)

Gruß von
Möbius, der jetzt seinen Rohkostsalat schnitzen geht

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Beitrag Fr., 17.03.2017, 14:01

Möbius hat geschrieben: Fr., 17.03.2017, 13:57 "Zu den schönen Seiten des Psychopath-seins gehört es eben: es wird einem nie langweilig!"
Aha, wieso nicht?

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Beitrag Fr., 17.03.2017, 14:03

Möbius hat geschrieben: Fr., 17.03.2017, 13:57 "Zu den schönen Seiten des Psychopath-seins gehört es eben: es wird einem nie langweilig!"
Aha, wieso nicht?

candle

PS: Gut schnitz'
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Beitrag Sa., 18.03.2017, 13:05

@ candle

Warum wird es einem Psychopathen nie - oder nur sehr selten - langweilig ? Ich habe mir in der Tat einige Gedanken machen müssen über die Frage, wie ich das einer Nichtpsychopathin erklären soll, und bin auf die Idee einer Metapher gekommen, eines "Gedankenexperimentes" und hoffe, daß Du "mitgehen" und es in Deiner Vorstellungswelt, Deiner Phantasie "nachvollziehen" kannst:

Nehmen wir mal an, Du beginnst an Asthma zu leiden, das immer schlimmer und schlimmer wird und irgendwann landest Du in der Pneumologischen Klinik der Charité mit dem Sauerstoffschlauch in der Nase, wo Du sehr unangenehmen Untersuchungen unterzogen wirst. Dann eröffnet Dir der Klinikchef, Prof. Dr. Dr. hc mult. XY, daß Du an einer sehr seltenen, genetisch bedingten und unheilbaren Lungenkrankheit leidest, dem "morbus moebius", die Deine Lunge unweigerlich zersetzt, sofern Du nicht Dein Leben oberhalb 2.500 m verbringst. Ab dieser Höhe jedoch wird sich Deine Lunge erholen und Du kannst alsbald beschwerdefrei leben und weil das nur ein Gedankenexperiment ist, hat die Klinik alles schon top organisiert "wie im Märchen": Du wirst mit einer Spezialmaschine nach Peru geflogen, nach Villa Montezuma gebracht, einer Stadt von 250.000 Einwohnern, 150 km von Lima entfernt (dort wäre die Luft zu schlecht). Dein Hausrat und Deine Habseeligkeiten hat irgendein Sozialdienst eingepackt und in einer netten kleinen Wohnung am Rande von Villa Montezuma betriebsfertig aufgebaut. Die Stadt hat südeuropäisches Klima und Zivilisationsstandart, es gibt viel Grün, Flüsse und Seen, Läden und Geschäfte um die Ecke und Deine Rente nebst kleinem Zuschlag "Hilfe in besonderen Lebenslagen" wird Dir überwiesen, Geldautomat ist um die Ecke, ebenso wie ein Lungenfacharzt, der etwas englisch spricht und alsbald zu einem ersten Hausbesuch erscheint. Objektiv gesehen: alles super und Deine Lunge erhohlt sich in der Höhenluft binnen weniger Tage. Du bist beschwerdefrei, nur eben noch etwas schwach auf den Beinen - typisch "rekonvaleszent". Die Pflegekräfte aus Deutschland, die Dich begleitet haben, verabschieden sich nach zwei, drei Tagen und nun muß Du alleine zurecht kommen. Auf Deinem Compi gibt es einen interaktiven Sprachkurs, auf Deinem Nachttisch liegen ein paar Bücher über Peru, Lima und "Villa Montezuma".

Nun stell Dir diese ersten Tage und Wochen vor, die Du in diesem völlig fremden Land unter fremdartig ausschauenden Leuten verbringst, mit denen Du Dich nur notdürftig verständigen kannst. Es gibt auch niemanden, der Dir hilft oder den Du fragen könntest - Du bist die einzige Deutsche in Villa Montezuma, ein Konsulat oder so gibt es nicht, Du müsstest jedesmal eine ziemlich beschwerliche Tagesreise Reise in überfüllten Drittwelt-Zügen zur Botschaft nach Lima machen, wo Du wegen dem Großstadt-smog kaum Luft bekommst. Es spricht auch niemand Deutsch, nur ab und zu begegnet man jemandem, der ein paar Brocken englisch kann.

Es reicht gerade, um einkaufen zu gehen, auf der Straße nach dem Weg zu fragen - das kennst Du vielleicht ungefähr, Du schriebst ja, mal in England gewesen zu sein. Nur es ist noch etwas "stranger" als England - eben Peru. Und es ist kein Urlaub, sondern hier wirst Du den Rest Deines Lebens verbringen müssen, nicht unbedingt in dieser Stadt, aber in dieser Gegend.

(Fortsetzung folgt)

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Beitrag Sa., 18.03.2017, 13:08

Du verstehst diese fremdartigen, indianisch wirkenden Menschen nicht, ihre Mimik und ihre Gesten, ihre Sprache, die ja oft dialektgefärbt ist, mit Soziolekten durchtränkt. Es gibt merkwürdige Sitten und Gebräuche, religiöse Prozessionen voller Leidenschaft, unheimliche und exstatische Feste, die furchtbar lärmend die Nacht zum Tag machen, und politische Streitereien und Demonstrationen über Themen wie Papaya-Anbau, Abschaffung oder Einführung von Feiertagen zu Ehren bestimmter Helden oder Heiligen, von denen Du noch nie im Leben was gehört oder gelesen hast, aber für die Leute dort offenbar von allerhöchster Bedeutung sind.

Diese Leute sind durchaus nicht unfreundlich, die meisten zumindest. Viele lächeln Dich an - aber hinter so manchem Lächeln steckt irgendetwas unheimliches im Blick und manche, durchaus nicht viele, aber doch einige, schauen Dich etwas feindseelig an als "alien". Aber "zu nahe" tritt Dir auch niemand ... bis jetzt zumindest. Nur einmal bist Du von einem Mann fürchterlich angeschrieen worden - weil Du Dich auf die Stufen irgendeines Denkmals gesetzt hattest, was ein schweres Sakrileg gewesen war. Ein Mißverständnis, nicht schlimm, man konnte sich schließlich doch verständigen, man hat Dir den fauxpas als Fremde verziehen, "nix passiert" ... aber trotzdem ... Du bist eben fremd, jeder sieht Dich als Fremden an und auch für Dich sind die Menschen, die Stadt, die Landschaft: einfach nur fremd. Nicht unbedingt unsympathisch - aber fremd.

Jedesmal, wenn Du mit einem Menschen sprichst, mußt Du Dich höllisch konzentrieren, jedesmal nachdenken: habe ich alles richtig gemacht ? Was wollte dieser Mensch nochmal sagen ? Habe ich ihn wirklich verstanden ?

Genauso ist das Leben eines Psychopathen: wie das Leben eines normalen Menschen, der alleine und auf sich gestellt in eine völlig fremde Umgebung kommt und daher selbst zum Fremden geworden ist. Da wird der Alltag auf einmal zum Abenteuer.

Aber bei einem normalen Menschen vollzieht sich irgendwann ein Prozeß des "Heimisch-werdens" in dieser ursprünglich fremden Umgebung. Man lernt die Sprache immer besser und flüssiger, auch die Dialektausdrücke, kommt immer besser zurecht und "das Café um die Ecke fängt schon an, Dein Café zu werden" (Tucholsky), man schließt Bekanntschaften, Freundschaften und vielleicht gibt es, wenn man lange genug dort lebt, eine kleine oder sogar große Liebe ... ?

Bei einem Psychopathen jedoch findet dieser Anpassungsprozeß nicht statt oder nur sehr langsam und unvollständig - er muß sich im Gegenteil mit großer Mühe auf diesem Status des "gerade angekommenen Fremden" halten, um "sein Leben halbwegs geregelt zu bekommen". Er bleibt für immer ein Fremder unter Fremden, er wird niemals heimisch, nirgendwo. Er ist im Gegenteil "konstitutitv fremd" auch in seiner Heimat. Sein Leben ist deshalb sehr anstrengend - aber auch im positiven Sinne: aufregend, spannend, interessant. Der distanzierte Blick des Fremden sieht eben mehr als die "Betriebsblindheit" der Mitmenschen, die einander wirklich Mitmenschen sind. Der Psychopath hingegen hat keine Mitmenschen. Er ist nicht nur "konstitutiv fremd", sondern auch "konstitutiv einsam". Das kann sehr bitter sein, wenn man nicht wie ich als "schizoid Gestörter" eine "Welt im Kopf" hat.

Vielleicht verstehst Du jetzt auch etwas besser, warum ich mich hier so eifrig in Psychoanalyse übe ? Das was mir an Gefühl und Intuition, an Empathie und "Bauchgefühl" fehlt, versuche ich durch die Krücke bewußt-rationaler Analyse zu ersetzen um ein Mindestmaß an Sozialanpassung aufrecht zu erhalten, mein Leben "halbwegs geregelt zu bekommen."

Heute morgen gab es wieder Spiegeleier auf baked-beans, diesmal mit "Zellerie" und einer kleinen Spitzpaprika "gepimpt" und mit einer halben Banane und einem halben Dosenpfirsisch garniert. Die Banane war noch vom letzten Müsli im Kühlschrank und die Dosenpfirsische pflege ich stets umzufüllen und auch etwas zu "pimpen": mit Zimt und Vanille. In die Kirschen aus dem Glas kommen Rosmarin, Kardamom und Nelken. Im Winter habe ich immer Appetit auf eingemachtes Obst ... siehe oben ! Und ein halbes Schüsselchen Rohkostsalat von gestern gab es auch noch, gut durchgezogen im Kühlschrank und in der Micro von der Kühlschrankkälte befreit !

"Mahlzeit !"
Möbius

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