Der Therapeut hinter der Fassade

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Baerchen
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Der Therapeut hinter der Fassade

Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:21

Hey an alle,

ich erstelle gerade dieses Thema, weil ich sehr verzweifelt bin. Das, was ich nun beschreibe, das begleitet mich seit langem und ich habe es seitdem versucht beiseite zu schieben.

Versuche es mal etwas zu beschreiben: und zwar befinde ich mich seit mehreren Jahren in einer analytischen Gesprächstherapie.

Bald sind meine dreihundert Stunden erreicht.

Es tauchte in den letzten Jahren manchmal ein Empfinden auf, was für mich nicht einschätzbar war, weil ich es nicht genau verstanden habe. Aber mittlerweile beschäftigt mich es sehr und ich will es eigentlich auch bearbeiten.

Und zwar nehme ich bei meinem Therapeuten, wie zwei Seiten wahr. Es gibt eine Seite, die ich als therapeutische Seite benenne. Eine Seite, die erkennt und bestens versteht, welche Schwierigkeiten ich habe. Das hatte ich bei anderen Therapeuten nicht in dem Ausmaße. Auch wenn mein Therapeut manchmal andere Ansichten hat, erkenne ich, dass es sein therapeutischer Anteil ist, mit dem ich arbeiten kann. Das heißt, ich lehne andere Seiten nicht nur deshalb an ihm ab, weil ich dann merke, dass es meinem kindlichen Anteil nicht passt. Ich denke, dass kann ich mittlerweile einigermaßen reflektieren.

Daneben nehme ich auch manchmal -eher selten- eine andere Seite wahr, die für mich wirkt, als wäre es sein privater Anteil. Und wenn sie auftaucht, habe ich das Empfinden, dass ich dann keinen wirklichen Zugang zu ihm habe. Es wirkt manchmal auf mich, wie ein nicht erwachsener Anteil.

Ich denke beispielsweise auch, dass ich mit ihm als privater Mensch wahrscheinlich überhaupt nichts anfangen kann. Und das verunsichert mich sehr. Es kann ja sein, dass er seine therapeutische Seite sehr gut darstellen kann, aber was bewirkt der Rest, den ich auch wahrnehme.

Mir ist bewusst, dass es sein kann, dass ich manches nicht richtig wahrnehme. Bzw. manches -was meins ist-, in seins lege.

Aber nehmen wir mal an, ich erkenne das, was ich beschreibe, als richtig. Kann ja sein, weil Therapeuten auch nur Menschen mit Schwächen sind. Und dann frage ich mich, wie ich nun damit umgehen kann.

Ein Gedanke wäre ja, dass ich es zum Thema mache, das will ich auch, aber was ist, wenn er es nicht einsehen wird bzw. alles abstreitet und ausschließlich mir in die Schuhe schieben will. Was, wenn ich ihn damit kränke, was mache ich dann.

Mir ist klar, dass mich der Mensch hinter dem Therapeuten ansich nichts angeht. Sicher, als Gedanken wäre das berechtigt, auch als Thema, wie man damit umgehen kann. Aber was ist, wenn ich meinem Therapeuten sehr treffend beschreibe, welche Schwäche ich an ihm bemerke und er das nicht aushalten kann.

Ich verstehe dabei, dass man es bestimmt ansprechen kann, aber dann eher annähernd, weil ich nicht weiß, wie er es aufnehmen wird. In dem ich ihm beispielsweise erkläre, dass ich an ihm etwas wahrnehme und mit ihm gemeinsam schauen will, was es mit mir macht und wie ich damit leben kann. Das kann ich auch mit manchen Themen und merke, wie reflektiert er damit arbeiten kann. Nur mit manchen Themen wird es wahrscheinlich nicht gehen.

Aber letztendlich kann er ja nicht sagen, dass ich damit Recht habe, habe nur bedenken, dass es zu treffend ist. Ich weiß, dass ich eine Erwartungshaltung habe, die kein Mensch erfüllen kann, aber das schließt ja nicht aus, dass ich die Schwächen anderer Menschen erkenne.

Das, was er machen kann, ist, dass er mich aussprechen lässt und wir dann gemeinsam schauen, was es mit mir macht und wie man damit arbeiten kann.

Wäre euch sehr dankbar, wenn ihr mir eure Erfahrungen dazu schildert.

LG Baerchen

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candle.
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:35

Aber Baerchen, das hast du doch auf über hundert Seiten bereits durchgekaut? Wieso wieder?

Vor allem die Überschrift ist ja nun- äh- unverständlich. Du weißt vermutlich selber nicht was du als Fassade überhaupt meinst?

Ich denke, dass man den Begriff der "Fassade" nicht anwenden kann, weil es keine gibt. Für dich würde ich das schon eher in Bezug setzen.
Aber nehmen wir mal an, ich erkenne das, was ich beschreibe, als richtig. Kann ja sein, weil Therapeuten auch nur Menschen mit Schwächen sind. Und dann frage ich mich, wie ich nun damit umgehen kann.
Hast du denn selber Ideen dazu?

Ich erlebe dich immer so, dass du gar nicht weißt was du eigentlich (fragen) willst. Ich würde also daran arbeiten Dinge etwas konkreter rüberzubringen.

Vielleicht bringt es da wirklich mehr in deinem Blog weiter zu machen?

VG candle
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Baerchen
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:48

Candle: Nehmen wir an, ich nehme etwas am Therapeuten wahr -etwas was hinter der therapeutischen Fassade liegt-, was mir nicht passt. Dann ist das ja etwas, was man ansprechen kann und was man als Thema machen kann.

Das heißt, man kann gemeinsam schauen, weshalb es für mich wahrnehmbar ist und was es mit mir macht.

Und es kann sein, dass ich das, was ich beim anderen wahrnehme, auch richtig erkenne.

In dem Sinne, dass dieser Therapeut wirklich diese Schwäche hat. Die kann er ja auch haben, weil er auch auch nur ein Mensch ist.

Nur was mache ich, wenn ich es anspreche, mein Therapeut es als ertappen empfindet und mir alles in die Schuhe schieben will, indem er mir mitteilt, dass das alles nur auf meiner Seite liegt. Sicher, liegt es auch auf meiner Seite, aber was, wenn er es auch als kränkend empfindet, dass ich da etwas erkannt habe und nun versucht mir es abzusprechen.

Ich sehne mich danach, dass er mir sagt, dass es sein kann, dass ich manches wahrnehme, aber wir nur schauen, was es ihn mir bewirkt. Mein Therapeut kann mir ja nicht sagen, dass ich damit Recht habe.
Zuletzt geändert von Baerchen am Mo., 06.02.2017, 16:51, insgesamt 4-mal geändert.

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Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:49

Hallo Bärchen,

du erkennst also bei deinem Therapeuten mehrere Seiten. Eine berufliche und eine (eher) private. Darunter sind dann Seiten die dir nicht gefallen.

Normal, würde ich sagen. Was lässt dich daran verzweifeln?

Wenn du ihn darauf ansprichst, hat er eine Palette an Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Wie er es letztlich tut, wirst du nicht erfahren, wenn du es nicht versuchst.

Ich empfinde das allerdings als Mega-Nebenschauplatz.
Überleg dir doch noch einmal genau, ob du wirklich deine wertvollen Abschiedsstunden dafür verbraten möchtest.

Beste Grüße
Kirchenmaus
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Baerchen
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:58

Danke Kirchenmaus,

ein Nebenschauplatz wäre es meiner Meinung nach nicht. Das stellt eher eines der wichtigsten Themen für mich dar und ich traute mich es nie anzusprechen, weil ich nicht weiß, wie er reagiert.

Ich habe damit mal eine schlechte Erfahrung gemacht. Habe einer Therapeutin im Krankenhaus mal ehrlich erzählt, wie ich sie sehe und sie stand einfach auf, weil es ihr zuviel wurde.

Und das will ich nicht riskieren. Ich erzählte meinem Therapeuten das auch mal, wie es damals mit dieser Therapeutin war.

Ich weiß halt nicht, inwieweit ich es ansprechen kann. Ich will es, aber habe einfach Bedenken, dass er es nicht aushalten kann.

Ich kann es nicht aushalten, wenn ich merke, dass er es nicht aushalten kann, wenn ich etwas erkenne.

Manchmal habe ich das Empfinden, dass es ihm sehr schwer fällt bestimmte Sachen, die er vielleicht mal falsch deutete, anzuerkennen.

Dabei wäre das für mich nicht schlimm, für die kindliche Seite vielleicht, aber nicht für meine erwachsene Seite.
Zuletzt geändert von Baerchen am Mo., 06.02.2017, 17:00, insgesamt 1-mal geändert.


isabe
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:59

Wie viele Stunden hast du denn noch?

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Baerchen
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:01

Isabe: 20 Stunden. Es kann aber sein, dass ich weitere Stunden kriege, entscheidet dann ein Gutachter.

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Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:11

Hm.
Also, ehrlich gesagt kann ich mich da nicht so recht einfühlen, auch nicht theoretisch eindenken.

Vielleicht ist das so ein Analyse-Ding, salopp formuliert. Ich habe vor vielen Jahren auch an die 300 Stunden Analyse gemacht, was aber total kontraproduktiv für meine Problematik war.

Diese Ent-Idealisierung, die du hier vielleicht ansprichst, hatte ich ziemlich bald mit meiner jetzigen Therpeutin und hatte einige sehr wohltuende Klärungen. Ich wünsche dir, dass du es "einfach" ansprechen kannst.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Baerchen
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:15

Vielleicht kann ich benennen, was mich verletzt.

Nehmen wir an, ich nehme eine Schwäche beim Therapeuten wahr, die ich immer mal bemerke.

Und nehmen wir an, ich spreche sie bei ihm aus und er reagiert darauf empfindlich und ertappt und weiß erstmal nicht, wie er damit arbeiten kann. Dann kann es passieren, dass er es mir in Schuhe schieben will, in dem er mir mitteilt, dass wäre alles nur meine Fehlwahrnehmung. Und genau das wäre für mich schlecht aushaltbar, weil er mir alles zuschieben will.

Stattdessen sehne ich mich danach, dass er in der Weise reagiert:

Das ich es aussprechen darf und er mir dann mitteilt, dass wir nun schauen, was es mit mir macht.

Mir ist klar, dass er nicht sagen wird: ja, Baerchen, das stimmt, die Schwäche habe ich. Ich will aber, dass wir es zum Thema machen.

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candle.
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:21

Baerchen hat geschrieben:Candle: Nehmen wir an, ich nehme etwas am Therapeuten wahr -etwas was hinter der therapeutischen Fassade liegt-, was mir nicht passt. Dann ist das ja etwas, was man ansprechen kann und was man als Thema machen kann.
Dann mache es doch bitte!
In dem Sinne, dass dieser Therapeut wirklich diese Schwäche hat. Die kann er ja auch haben, weil er auch auch nur ein Mensch ist.
Was haben denn seine Schwächen in deiner Therapie zu suchen???

candle
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Kirchenmaus
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:22

Habe ich das richtig verstanden:

Du inszenierst im Kopf einen Dialog. In diesem imaginären Gespräch zeigt dein Therapeut Unverständnis, jo sogar sehr unreifes Verhalten.

Und das verletzt dich.
Es ist in Ordnung, mich zu akzeptieren.

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Baerchen
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:23

Kirchenmaus hat geschrieben:Diese Ent-Idealisierung, die du hier vielleicht ansprichst, hatte ich ziemlich bald mit meiner jetzigen Therpeutin und hatte einige sehr wohltuende Klärungen. Ich wünsche dir, dass du es "einfach" ansprechen kannst.
ja genau, es geht dabei auch um das Thema Idealisieren. Es kann sein, dass manches an ihm nicht in mein Ideal-Bild passt und ich es ansprechen will. Es schließt aber nicht aus, dass ich Schwächen bei anderen erkennen kann.

Ein Therapeut kann eigentlich nur sagen, dass wir uns das, was ich wahrnehme allgemein anschauen.

Er wird aber nicht hingehen und es als seine Schwäche sichtbar machen, auch wenn ich damit richtig liegen kann.

Habe einfach nur Bedenken, wie er reagiert.

Ich verstehe ja mittlerweile, dass ich ihn idealisiere.

Nur schließt das nicht aus, dass ich Schwächen bei anderen erkenne und ich will, dass er dann nicht nur alles in meine Schuhe schieben will, weil er es nicht aushalten kann, dass ich es erkannt habe.

Kann aber verstehen, wenn wir uns dann das Thema idealisieren anschauen.

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Sprachlos.
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:27

Aber warum soll es in deinen Stunden um seine Schwächen gehen und nicht um deine Schwächen und Probleme in deinem Leben? Erst recht, wenn die Therapie fast vorbei ist und er in deinem Leben dann keine Rolle mehr spielt. Oder ist das typisch für eine Analyse?

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Schneerose
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:29

Bärchen, ich kann dich schon verstehen, ich hatte auch so Momente, ich hab es dem Thera gesagt, und er hat dann hingesehen, ob es wirklich was von ihm ist, oder eben was zum arbeiten an mir.
"Der Einzige, der sich wirklich vernünftig benimmt ist mein Schneider, er nimmt jedesmal neu Maß, wenn er mich sieht" :->

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Baerchen
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:30

Kirchenmaus hat geschrieben:Habe ich das richtig verstanden:

Du inszenierst im Kopf einen Dialog. In diesem imaginären Gespräch zeigt dein Therapeut Unverständnis, jo sogar sehr unreifes Verhalten.

Und das verletzt dich.
wer will nun beurteilen, was ich richtig an ihm wahrnehme und was nur aus meinen Erfahrungen wurzelt, was ich dann in seine Schuhe lege.
Zuletzt geändert von Baerchen am Mo., 06.02.2017, 17:33, insgesamt 2-mal geändert.

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