Umgang mit fremden, weinenden Menschen

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Thread-EröffnerIn
entropie
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Umgang mit fremden, weinenden Menschen

Beitrag Do., 01.12.2016, 00:47

Hallo zusammen,
ich möchte euch gern eine Frage stellen, die mich in letzter Zeit sehr beschäftigt.
Ich habe in meinem neuen Job oft mit weinenden (mir fremden) Menschen zu tun - die Gründe sind meist Sorge, Krankheit und Tod. Ich muss trotzdem mit diesen Menschen sprechen und ihnen ein paar Fragen stellen.
Oft weiß ich dann nicht, wie ich richtig reagieren soll, was ich sagen soll, wie ich ihnen Trost (und nicht nur ein paar Taschentücher) spenden kann. Ich kann die Trauer meist sehr gut nachempfinden und war selbst schon in ähnlicher Situation - daran mangelt es nicht.
Trotzdem weiß ich nicht so richtig was angebracht ist, wie ich mich verhalten soll - ich sehe diese Menschen meist das erste Mal.
An den "erfahrenden", älteren Kollegen kann ich mich da leider nicht orientieren, weil deren Umgang mit Menschen oftmals einfach mangelhaft und schlecht ist.
Ich möchte auf keinen Fall abstumpfen und auch so werden.
Bitte gebt mir ein paar Tipps, Erfahrungsberichte oder Empfehlungen. Wie würdet ihr euch verhalten oder euch wünschen ?

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hawi
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Beitrag Do., 01.12.2016, 09:16

entropie hat geschrieben:An den "erfahrenden", älteren Kollegen kann ich mich da leider nicht orientieren, weil deren Umgang mit Menschen oftmals einfach mangelhaft und schlecht ist.
Ich möchte auf keinen Fall abstumpfen und auch so werden.
Hallo entropie,

eine eindeutig klare Empfehlung hab ich nicht zu bieten.

Etwas stutzig macht mich das, was du über deine Kollegen schreibst.
Erst mal wohl ganz gut, auch normal, wenn man neu dazugekommen betrachtet, wie sich die verhalten, die schon länger dabei sind. Muss gar nicht dazu führen, deren Vorgehen zu übernehmen. Es auch deshalb anders machen zu wollen, weil einem das Verhalten der anderen nicht zusagt, kann auch zu mehr eigener Klarheit, einem eigenen Stil, Umgang mit dem, was du schreibst, beitragen.

So oder so, hinsehen, hinterfragen, wie es in deiner Umgebung gehandhabt wird, bringt dir, finde ich schon was.
Wenns geht, auch das Gespräch mit den anderen über dies Thema.

Abgestumpft? Klar, kann natürlich wirklich sein, dass einzelne „abstumpfen“, oder auch von Beginn an stumpf (unempathisch) sind. Durchaus aber auch möglich, dass manches nur so scheint, nur diesen Eindruck erweckt.
Ebenfalls möglich, dass manch Verhalten aus guten Gründen nicht so empathisch ist, wie es sich ein Betrachter wünschen würde.
Wer regelmäßig mit Menschen zu tun hat, denen es nicht gut geht? Grad wenn ihn dies berührt, es ihm nah geht? So jemand wird für sich einen Weg finden müssen, dass er sich selbst nicht überfordert.
Wie auch immer, es braucht ganz sicher auch eine Fähigkeit, sich zu distanzieren, damit aus Mitleid nicht eigenes Mit Leiden wird. Sogar aus Sicht all derer, denen es nicht gut geht. Hängt sicher von der Tätigkeit ab, hat die mit dem Leid an sich wenig bis nichts zu tun, kann es durchaus gut sein, sich eher auf die Sache an sich zu konzentrieren. Muss ja nicht gleich völlige Ignoranz des Leides bedeuten. Mir fällt dazu grad „Krankenhaus“ ein.
Viele Tätigkeiten, die erledigt werden müssen, dazu gehören. Z.B. die Mahlzeiten. Dass und woran die Patienten leiden, wird überwiegend natürlich berücksichtigt, auf diverses wird auch individuell persönlich eingegangen, dennoch gibt es so was wie eine Routine jenseits des individuellen Leids. Etwas, an dem die Patienten mitwirken, ohne dass ihr Leid im Vordergrund steht. Was grad auf dem Speiseplan ist, dass und wann gegessen wird etc.
Ich glaub gar nicht verkehrt, wenn es auch noch was jenseits vom Leid gibt. Auch für die direkt Betroffenen.
Eine Lebensebene, Erlebensebene, die immer noch existiert, die auch möglich ist, obwohl es dem einzelnen grad gar nicht gut geht. Kann für den durchaus persönlich hilfreich sein, bei etwas mitzumachen, mitzuwirken, das einen anderen Fokus hat, als sein Leid.

LG hawi
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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blade
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Beitrag Do., 01.12.2016, 09:33

Das Team ist langfristig von großer Bedeutung, ich würde fast sagen, entscheidend.

Ich kenne aus meiner persönlichen Erfahrung beide Varianten.
Ein Arbeitsumfeld aus extrem zynischen (eigentlich schon bösartigen) Stumpfhirnen
und
ein Umfeld aus erfahrenen, kompetenten UND nach wie vor engagierten und menschenfreundlichen Kollegen/Mitarbeitern.

im "nicht abstumpfen wollen" steckt indirekt auch schon der Hinweis auf eine gewisse Schärfe, welche notwendig ist.

wenn man aber überwiegend gegen Menschen (in dem Fall abgestumpfte Kollegen) ankämpfen müsste, dann wird die positive und wertschätzende Grundhaltung gegenüber Menschen allgemein (und weinende Menschen speziell) permanent auf die Probe gestellt, eventuell untergraben.

Am Nordpol nicht auszukühlen ist schwierig, umso schwieriger umso länger man dort verweilt.
abgemeldet

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