Missbrauch anzeigen?! Erfahrungen...

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Helferlein
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Missbrauch anzeigen?! Erfahrungen...

Beitrag Fr., 11.11.2016, 21:13

Hallo!

Gibt es hier jemanden der nach einigen Jahren Missbrauch angezeigt hat?
Ich bin am überlegen ob ich es machen soll...

Vielleicht gibt es ja jemanden der mir ein bisschen was erzählen kann?!
Wie das Verfahren abgelaufen ist, wie der erste Termin beim Anwalt war usw.

Würd mich freuen!

Lg

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elfi07
Helferlein
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Beitrag Sa., 12.11.2016, 09:04

Hallo.
Ich habe angezeigt. Auch erst nach 5 jahren.
Hab mir beim weißen Ring Hilfe geholt.
Sie hatten mir eine Anwältin zur Verfügung
gestellt. Naja ich hab mich nur einmal mit
ihr getroffen. Wir haben nur per e-mail oder
telefonisch Kontakt gehabt.

Bei der Polizei
Vernehmung:
War eine Katastrophe.
Ich musste alles erzählen.
Sie glaubten mir nicht.
Sie meinten es wäre besser, wenn ich mir überlege was ich da sage. Eine Falschaussage wäre steafbar.
Ich war total geschockt.
Und wollte die Anzeige zurückziehen.
Doch das ging nicht.
Doch da sie mir nicht glaubten entschuldigte
ich mich , es sei nichts passiert.
Daraufhin wurde dann auch das Verfahren eingestellt.
Zum Glück kam ich so davon. Die Ermittler meinten
es könnte sein dass es sein kann dass ich eine
Anzeige bekomme wegen Verleumdung.
Doch dem war nicht so.

Also ich würde es nie nieee nieee wieder tun.
Aber das musst und kannst nur du entscheiden.
Mich macht das heute noch fertig.
Mir wurde nicht geglaubt.

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blade
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Beitrag Sa., 12.11.2016, 14:34

Anzeige mit der Intention der institutionalen Gerechtigkeit ist zum Scheitern verurteilt.

Warum?

Weil das System (welches existiert) zu den Tätern hält, selbst der Haupttäter ist.
(Was nicht heißt, daß alle Beamten, Mitarbeiter, PERSONEN, etc böse wären. Aber das System ist es)

Anzeige, aus dem Grund: Zu zeigen und sich nicht mehr zu fürchten, das Unrecht zu benennen dagegen..
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blade
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Beiträge: 3100

Beitrag Sa., 12.11.2016, 14:44

Ein System ist ein Ordnungsprinzip.

Man kann daraus ableiten, daß die Kräfte und Wesen, welche dieses implementieren, weil sie die Kraft und Möglichkeit dazu haben, nicht Gerechtigkeit im menschlichen Kontext im Sinn haben.

Was das weiter heißt?

sind gegen Gerechtigkeit

oder

gegen Menschen

oder....


haben recht, auf einer abgehobenen Ebene (glaube ich eher nicht)

sind Kräfte des Unrechts (glaube ich)
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montagne
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Beiträge: 4600

Beitrag Sa., 12.11.2016, 17:47

Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass System sei böse.
Aber ich denke, Macher VON Systemen sind starke, durchsetzungskräftige Menschen. Das gilt für das juristische System und die Systeme, die es durchsetzen erst recht.

Opfer von gewalt- und Sexualdelikten sind aber erstmal nicht stark und mächtig, oft nie in ihrem Leben. Also werden solche Opfer zu wenig wahrgenommen in diesem System, zu wenig berücksichtigt.
Macher können sich mit solchen Opfern wenig identifizieren, verstehen die Perspektive nicht. Vielleicht sind sie manchmal auch Täter.

Macher können sich aber in Opfer von Geschäftsbetrug hineinversetzen, denn das könnten sie sein: Eine große Menge Geld durch Betrug verlieren. Das können sie nachvollziehen, wie weh das tut. Nicht umsonst siond die Strafen slebst wenn die Klage wegen sexuellem Missbrauch erfolgreich ist lächerlich, im Verlgeich dazu, was es für andere Delikte gibt. Auch bei gefährlicher Körperverletzung gibt es eher weniger, obwohl manche Verletzungen das ganze Leben verändern, viel zerstören, auch wenn sie nichtmal annähernd lebensbedrohlich sind, wie z.B. mit ner Eisenstange zertrümmertes Knie oder gebrochene Schulter.


Von daher denke ich, spricht zwar einiges wie eine Anzeige, wie blade auch sagt, aber nicht unbedingt dem Täter eine gerechte Strafe zukommen zu lassen.
amor fati


Landkärtchen
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Beitrag Sa., 12.11.2016, 19:03

Ich habe meinen ehemaligen Therapeuten wegen sexueller Übergriffe, die im Rahmen eine Psychotherapie über einen langen Zeitraum passierten, angezeigt.

Die Befragungen bei der Kripo waren anstrengend. Anwesend waren außer mir eine Frau von der Kripo, eine Psychologin (die anschließend ein Gutachten /eine Stellungsnahme schrieb) und eine Protokollantin. Es waren mehrere Befragungen die jeweils zwei bis drei Stunden dauerten. Das ganze Verfahren zog sich über zwei bis drei Jahre hin. Nur im ersten Jahr hatte ich eine psychotherapeutische Begleitung, weil dann die Stunden von der Krankenkasse nicht mehr übernommen wurden.
Der Therapeut wurde rechtskräftig verurteilt und erhielt lebenslängliches Berufsverbot. Ich hätte mir zwar ein höheres Strafmaß gewünscht, doch wusste ich, dass das nicht in meiner Verantwortung lag. Viel wichtiger war mir auch, dass er nie wieder in diesem Berufsfeld arbeiten durfte und das ist schließlich geglückt.

Noch viel anstrengender war es allerdings die Anerkennung nach dem OEG zu bekommen. Trotz der Verurteilung des Täters wurde mein Antrag zunächst vom Versorgungsamt abgewiesen. Ich ging in Widerspruch (alles ohne rechtlichen Beistand) und wurde wieder begutachtet. Das war, rein von der Belastung her, das Schlimmste was ich je erlebte. Fix und fertig ging ich jedes mal nach Hause. Es war eine Zeit in der viele Tränen flossen und ich mich trotz Unterstützung oft alleine und tief verzweifelt fühlte. Nach ca. einem Jahr wurde aber mein Antrag positiv entschieden.

Mir hat die Anzeige, trotz aller Anstrengung und teilweiser Retraumatisierung durch unachtsame Menschen bei Behörden, sehr geholfen. Ich habe zurückgefunden zu meiner inneren Kraft. Ich wurde eine Kämpferin für meine Belange. Legte die Opferrolle ab und wurde zur „Täterin“. Dadurch wurde es mir möglich, auch auf anderen Gebieten aktiv zu werden und Veränderungen in Gang zu setzen zu denen ich vorher nicht in der Lage gewesen bin.

Falls du dich zu solch einem Schritt entscheiden solltest, empfehle ich dir vorher ein "Auffangnetz" von guten Menschen zu schaffen. Ohne dieses wäre ich "vor die Hunde gegangen". Auch die regelmäßige Begleitung einer vertrauten Psychotherapeutin, insbesondere in der Phase der Anzeige und des Prozesses, ist sicherlich sehr hilfreich und sinnvoll. Gehe auch nicht unvorbereitet in die Vernehmung, sondern suche dir vorher kompetente Unterstützung (z.B. bei Opfer- oder Frauenberatungsstellen).

LG-Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh


Flowfalls
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Beitrag Sa., 12.11.2016, 19:57

Ich denke, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn der Druck so groß ist u. man sonst keinen Frieden findet, tu es. Aber sei deiner Konsequenzen bewusst, d.h. findet kein Urteil statt aber deine Abwehr u. Würde ist gestärkt.
Hm ist jetzt meine Erfahrung. Ich möchte sie nicht missen aber auch nicht unbedingt wiederholen.


Landkärtchen
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Beitrag So., 13.11.2016, 06:45

Noch einen Nachtrag: ich hatte mehrere Gespräche vor dem Prozess mit meiner Rechtsanwältin. Sie war spezialisiert auf Strafrecht und eine eher "nüchterne" Person. Sie glaubte mir von Beginn an und gab mir gute Tipps, auf was ich bei der Vernehmung unbedingt achten muß, wie die genaue Beschreibung des Tathergangs, Skizze von den Räumen mitbringen, aufschreiben an welchen Tagen die Übergriffe stattfanden, körperliche Merkmale des Täters beschreiben die man nur weiß wenn es zu intimen Kontakt kam und während der Vernehmung darauf achten nicht widersprüchliche Aussagen zu machen.
Die Rechtsanwältin machte mir auch nochmal deutlich, wie wichtig meine Aussage zur Urteilsfindung sein wird, da der Therapeut sicherlich schweigen wird (was er auch tat).

Anscheinend hatte ich Glück bei der Kripo, da auch dort meine Aussagen niicht angezweifelt wurden, sondern ganz neutral "nur" protokolliert. Ich musste den Tathergang exakt beschreiben mit sämtlichen Berührungen und sexuellen Praktiken ... . Bei manchen Worten hatte ich Probleme diese überhaupt auszusprechen. Doch da bei der Vernehmung eh alle distanziert waren, gelang mir das mehr oder weniger ganz gut. Auch wurde von der anwesenden Psychologin eine Verbindung zu meiner Kindheit hergestellt.
Heute denke ich mir manchmal, ohne meine Fähigkeit zu dissozieren hätte ich die Vernehmung nicht so gut überstanden. Gefühle habe ich so gut es ging ausgeblendet.

Viel schwieriger war es mit der Staatsanwältin. Sie konnte sich anfangs überhaupt nicht vorstellen, dass so etwas im Rahmen einer Therapie vorkommen kann. Sie ging zunächst von einem "Liebesverhältnis" aus und konnte sich nur schwer in die Dynamik hineinversetzen die in einer therapeutischen Beziehung entsteht.

LG - Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh


Flowfalls
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Beitrag So., 13.11.2016, 17:44

Also, ich glaub Dir Landkärtchen!
Vorallem weil er in einer mächtigeren Position war u. durchaus in der Lage, diese auszunutzen.
Von daher, gut gemacht.

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Unecht
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Beitrag Mi., 30.11.2016, 14:47

Ich hab angezeigt. 1,5 Jahre nachdem es passiert war.

Worauf du dich auf jeden Fall einstellen musst, ist, dass es laaange dauert.
Die Anzeige ist über ein Jahr her. Ich weiß, dass die Sachen im Mai zur Staatsanwaltschaft gingen und ich im September (glaube ich) noch mal eine Aussage machen musste.
Zwischen einzelnen Terminen oder Informationen, wie es weiter geht, liegen jedes mal mehrere Monate. Was einen manchmal in den Wahnsinn treiben kann..

Wie es bei mir ausgehen wird oder wann es ausgehen wird, weiß ich nicht.
"Dieses Leben scheint unerträglich, ein anderes unerreichbar." (Franz Kafka)

Kinder und Tiere sind Gottes Entschuldigung.

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Pianolullaby
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Beitrag Do., 05.01.2017, 19:24

Ich habe bei meinem inzwischen verjährten Missbrauch keine Anzeige gestellt. Das würde ich auch nur tun, wenn es jetzt passiert, und zwar direkt im Anschluss, ohne nach Hause zu fahren oder sonst was, damit man auch Beweise sichern kann.
Und ich würde ihn so kratzen, dass DNS genommen werden kann. Wenn möglich auch noch Körperverletzung da ist.
Das ergibt eine Chance, ansonsten alles was vorbei ist, und keine gesicherten Beweise hat, ist praktisch nie erfolgreich.
Leider
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Unecht
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 15:27

Da der Täter zum Tatzeitpunkt durch seinen Alkohol laut seiner Aussage nicht erkannte, dass ich widerstandsunfähig war (, hyperventilieren und verkrampfen gehören ja zu den beliebtesten Sex Stellungen schlechthin), wird die Anzeige fallen gelassen.

Da zählen auch die schriftlichen Entschuldigungen und Schuld Eingeständnisse von ihm nicht.
Unser Rechtssystem ist für den ar***, um es mal höflich zu formulieren.

Also um auf die ursprüngliche Frage zurück zu kommen: ich habe angezeigt, aber bis auf weiteren seelischen Schaden bei mir hat es nichts gebracht. Ich würde allen davon abraten.
"Dieses Leben scheint unerträglich, ein anderes unerreichbar." (Franz Kafka)

Kinder und Tiere sind Gottes Entschuldigung.

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blade
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 16:57

Nun ja.
So möchte ich das aber nicht stehen lassen.
Es würde auf der gesellschaftlichen Ebene bedeuten, daß man ohnehin machtlos ist.
Das ist vielleicht so. Vielleicht auch nicht.

Aber.
Sollte mann / frau das so akzeptieren?
Wäre dem so, wäre das nicht genau das, was die Täter sich erträumen?

Und wir leben zu einem gewissen Teil in einer (Mit)Tätergesellschaft. Das ist mir schon klar.

Da fällt mir ein Graffiti ein, auf einer von diesen unbequemen, dreckigen, kalten Betonmauern.
"Sei lästig"



Oh ja. Ich werde lästig sein. So lästig, dagegen wird das was man mir angetan hat, angenehm wirken. In diesem Leben und später auch noch...(die haben sich mit dem Falschen angelegt, ist mir egal wie die Chancen jetzt stehen, die werden sich ändern, aber ich werde lästig sein und lästig bleiben)
abgemeldet

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Pianolullaby
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Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:51

nun, das ist schade, aber leider die Normalität. Das hätte ich Dir vorher sagen können.
Und das liegt nicht nur am System, sondern auch da dran, dass die meisten keine Beweise richtig sichern lassen.
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Mondin
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Beiträge: 1142

Beitrag Mo., 06.02.2017, 17:55

....

Hallo! Ich würde es lassen und meine Energie auf die Zukunft und deren Gestaltung richten. Es ist vorbei und lässt sich nicht mehr ändern. Aber das Jetzt und Hier, das lässt sich gestalten.

Alles andere ist mEn komplette Energieverschwendung.

Lieben Gruß!
Mondin

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