Immer wieder Suche nach Mutterersatz...?

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Maren1209
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Immer wieder Suche nach Mutterersatz...?

Beitrag So., 16.10.2016, 22:32

Hallo liebes Forum,

ich wende mich nach langer Zeit wieder hierher, da ich mittlerweile mein Problem kenne, im Hinblick auf die Lösung allerdings ziemlich ratlos bin:
Ich bin 23 Jahre alt und aufgrund einer relativ breit gefächerten Problematik seit 5 Jahren in therapeutischer Behandlung (tiefenpsychologisch, Selbstzahler). Begonnen hatte alles mit 17 Jahren, als meine Mutter schwer erkrankte und ich sie sehr intensiv beim Sterben begleitet habe. Daraufhin hatte ich eine Zeit lang mit SVV zu kämpfen, dann mit Magersucht, Bulimie, PTBS (durch Missbrauch in meiner Kindheit). Mein Selbsthass war unendlich groß und Selbstfürsorge war ein Fremdwort für mich.
Stand heute: SVV seit 4 Jahren hinter mir gelassen, Magersucht und Bulimie ebenfalls. Ich habe Normalgewicht, habe ein normales Essverhalten, sogar den Missbrauch habe ich weitestgehend aufgearbeitet. Ich kann gut für mich selbst sorgen, absolviere mein Wunschstudium usw..

Meine Mutter war ein sehr "kühler" Mensch, deren Liebe für mich (wenn überhaupt) nur sehr schwer zu gewinnen war. Ich habe als Kind alles für sie getan, habe mir alles gefallen lassen und dennoch hat sie mich mit emotionaler Kälte und Härte abgestraft. Unser Verhältnis war distanziert, dennoch hatte ich bis zu ihrem Tod die Hoffnung, dass sie mich noch einmal so liebt, wie ich es mir immer gewünscht habe.
Nach ihrem Tod war wurde die Beziehung zu meinem Vater zwar enger, dennoch war nie eine große Vertrauensbasis da, um auch einmal über tiefergehende Themen zu sprechen.

Nun komme ich zu meinem "Problem": Schon während der Krankheit meiner Mutter hatte ich in der Schule eine Lehrerin, zu der ich ein sehr großes Vertrauensverhältnis hatte und die ich irgendwann ungewollt als eine Art "Mutterersatz" gesehen habe. Ich hatte mir so sehr gewünscht sie wäre meine Mutter etc. Das hat fast 1 Jahr angehalten und wurde dann praktisch durch meine Therapeutin abgelöst. Auch bei ihr hatte ich dieselben Wünsche und Gefühle. Ich habe mir gewünscht, sie würde mich adoptieren, sie wäre meine Mutter usw. ich weiß, dass viele Menschen in ihrer Therapie diese Wünsche haben. Bei mir war es vermutlich nochmal stärker ausgeprägt, weil sie mich eben während der Krankheit und dem Tod meiner Mutter sehr intensiv begleitet hat und in dieser Zeit praktisch wie eine Mutter für mich war. Ich habe mich eine Zeit lang richtig abhängig von ihr und auch von diesen Gefühlen gefühlt, konnte dies aber intensiv mit ihr besprechen, bearbeiten und dann nach einiger Zeit auch lösen.
Der Wunsch war dann längere Zeit nicht mehr da, jetzt ist er allerdings gleich doppelt wieder aufgetaucht: Zum einen im Hinblick auf eine meiner Dozentinnen und zum anderen bei einer guten (älteren) Freundin von mir..
Ansich ist dieser Wunsch nichts Schlimmes, dennoch belastet es mich mittlerweile, weil diese Gefühle auch anstrengend sind und ich mich immer wieder frage, warum diese Gefühle wieder da sind.. Denn eigentlich fühle ich mich glück und zufrieden mit meinem derzeitigen Leben.

Hat hier vielleicht jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und hat Tipps für mich, wie ich es schaffen kann, diese Adoptionswünsche etc. nicht immer wieder bei völlig verschiedenen und (mir teilweise) fremden Personen zu haben?

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Candykills
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Beitrag Mo., 17.10.2016, 03:05

Hey

Ich würde dir eigentlich eine erneute Therapie empfehlen, in der du das alles nochmal mit deiner Therapeutin durchlebst und diese Gefühle aufgelöst werden. Es hat dir ja schon einmal geholfen.
Bei uns ist das auch sehr stark ausgeprägt - in der jetzigen Therapie hat sich das dann zu seinem Höhepunkt gesteigert und war teilweise ziemlich wahnhaft. Jetzt, wo ich gegen Ende der Therapie bin, kann ich (als Anteil) das erste Mal meine Mutter als meine Mutter ansehen und die Gefühle gegenüber der Therapeutin lösen sich langsam auf. Ob das anhält weiß ich nicht. Und natürlich ist das bei dir eine andere Story, da deine Mutter nicht mehr lebt. Ich hab keine Idee, ob sich sowas dauerhaft Auflösen lässt. Aber ich seh bei dir gute Chancen, dass du zumindest wieder eine Weile nach dem Durchleben der Gefühle in einem sicheren Rahmen wieder Ruhe bekommst davon.

Was anderes fällt mir auch nicht ein, weil ich das auch nie in den Griff bekam zuvor.

Liebe Grüße
Candy
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


Geenie
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Beitrag Mo., 17.10.2016, 21:57

hallo,

es tut mir leid, dass du deine Mutter so früh verloren hast und ich finde ergreifend, wie du sie begleitet hast, als sie im Sterben lag.
Ich kenne Adoptionswünsche aus meiner Geschichte ebenfalls ich hatte diese ab ca. 20 - 24 (bin mit 15 bei meinen Eltern rausgeflogen).
Es finden sich ja auch immer wieder konkrete Stellvertreter dafür im Leben an, wie du schreibst: Lehrerinnen, Therapeutinnen, ältere Freundinnen... Wenn ich damals unter Einsamkeit gelitten habe, bin ich oft planlos durch die Straßen gewandert und habe mir Häuser ausgesucht und mir virtuelle Adoptiveltern vorgestellt, und wie ich glücklich mit ihnen lebe und zu ihnen heimkomme.
Es ist ein sehr schwieriger Prozess, sich von einem Elternteil richtig abzunabeln und selbstständig (autonom) werden zu können und bei dir ist es erzwungenermaßen sehr früh. Sei nicht zu streng mit dir und versuch dich selber ein zu trösten und zu bemuttern (man kann seine eigene Mutter spielen).
Der Loslassprozess von deiner Mutter dauert eben, das ist normal und du kannst dabei geduldig sein, da du ja auch therapeutische Begleitung in Anspruch nimmst.

Ich finde es normal, dass du diese Wünsche derzeit hast. Bei mir ging das vorüber

Alles Liebe

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ingwer75
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Beitrag Mi., 26.10.2016, 08:18

Hi Maren!

Ich glaube, das Hauptproblem liegt darin, dass deine Mutter ein so "kühler" Mensch war, wie du es selbst betitelt hast.
Mir ging es so mit meiner Pflegemutter. Da ich schon mit knapp nem Jahr in die Pflegefamilie gekommen bin, wurde meine Pflegemutter quasi meine Mutter. Für sie gab es stets nur Arbeit. Wie oft hätte ich mir ein liebes Wort, eine Umarmung, tröstende Worte gewünscht oder vielleicht einen gemeinsamen Spaziergang....etwas, dass man lieblich in Erinnerung und im Herzen behalten kann. Auch wenn meine Mutter einem Jahr vor ihrem Tod etwas "weicher" wurde....Sie sagte mir nicht die Worte, die ich mir so sehr erhofft und gewünscht hätte.
Man klammert sich dann so sehr daran, dass man ständig und immer auf der Suche ist.
Man muss sich selbst immer wieder klar machen, dass es Gründe gibt, warum ein Mensch so ist, wie er ist/war.
Meine Mutter ist im Februar verstorben und es ist ein sehr eigenartiges Gefühl, da mein Sohn in ihr Haus eingezogen ist. Noch immer denke ich mir..............So, dass erzähl ich jetzt Mutti oder so ähnlich.
Es dauert glaube ich sehr lange, bis man diese Liebe in sich selbst entdecken kann, die man von seiner Mutter nicht bekommen hat und nicht richtig merken konnte wie es ist geliebt zu werden.
Ich wünsche dir alles erdenklich Gute, viel Liebe und Kraft!

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Maren1209
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Beiträge: 31

Beitrag Mi., 26.10.2016, 09:55

Hallo

Erst einmal vielen Dank für alle antworten und Entschuldigung dafür, dass ich mich erst jetzt wieder melde.

@ Candy: Ich bin noch in Therapie und immer noch bei der Therapeutin, für die ich auch diese Gefühle empfinde/ empfunden habe. Diese Sehnsüchte haben mich nie daran gehindert, offen über alles mit ihr zu sprechen - zum Glück. Es ist schön zu hören, dass du es zumindest für den Moment geschafft hast, dass deine Gefühle deiner Therapeutin gegenüber sich langsam auflösen! Dass meine Mutter nicht mehr lebt, ist sicherlich ein Problem bei der ganzen Sache. Dennoch ist meine Therapeutin sich sicher, dass ich diese Gefühle auflösen kann; ich solle nur mehr Geduld mit mir haben..

@ Geenie:
Danke für deine Antwort und für die Schilderungen aus deiner eigenen Erfahrung. Meine Thera sagt auch immer wieder, dass diese Wünsche überhaupt nicht schlimm wären und ich Geduld haben soll und nicht so streng mit mir sein soll..

@ Ingwer:
Es tut mir Leid, dass du ähnliche Erfahrungen machen musstest. Die Gefühle die du beschreibst, kenne ich nur zu gut. Mir hätte damals ja auch eine kurze Umarmung gelangt - aber es gab nichts dergleichen. Die Gründe, weshalb meine Mutter so war wie sie war, habe ich bereits in meiner Therapie aufgearbeitet. Dennoch ist es schwer, das ganze zu akzeptieren und im Nachhinein diesem Menschen nicht einmal sagen zu können, wie man sich damals gefühlt hat..
Danke für die guten Wünsche, die ich gerne zurückgebe!

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Amymaus
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Beitrag Fr., 28.10.2016, 19:15

@Maren

Ich kenne das viel zu gut meine Mutter kann auch keine Gefühle zeigen sie ist sehr kalt. Und das zieht mich andauernd herunter. Ich habe Jahre lang immer wieder versucht den Kontakt mit ihr aufzubauen aber es hat nie wirklich funktioniert. Jetzt habe ich eine Tanztherapeutin sie ist immer offen und ehrlich zu mir und vor allem sehr hilfsbereit. Ich vertraue ihr sehr viele Dinge an, die ich so noch nie wirklich anderen Therapeuten erzählt habe. Sie ist mein Halt im Moment u das tut mir sehr gut. Sie glaubt an mich, gibt mir Kraft und sagt mir immer wieder das ich Potenzial habe. Ich habe lange gebraucht um damit zurecht zu kommen wie meine Mutter ist. Bis heute vor Kurzem habe ich wieder Kontakt zu meiner Mutter gehabt. Aber es hatte wie immer keinen Sinn und so ist der Kontakt wieder abgebrochen. Meine Mutter bringt mich auf die Palme sie lügt mich an und macht und sagt Dinge die eine Mutter niemals zu Ihrem Kind sagen sollte. Meine Tanztherapeutin hat mir beim letzten Gespräch einiges klar gemacht. Das ich mir das Ganze wie eine Mauer vorstellen kann und ich immer und immer wieder dagegen renne. Ich komme einfach nicht weiter! Ich kann mir allerdings aussuchen, ob ich meine Mutter meide oder ob ich ihr noch vor der Mauer nahe bin. Und ich habe mich dafür entschieden, dass ich meine Mutter meide sie schadet mir und meiner Gesundheit. Ich rege mich so sehr auf das ich manchmal nicht mehr weiß wo vorne und hinten ist. Aber ich erstarre auch u das möchte meine Therapeutin nicht mehr. Sie möchte das ich wütend bin ja aber ohne zu erstarren. Und seit fast zwei Wochen geht es das ich ganz in Ruhe meine Dinge machen kann und wenn ich an meine Mutter denke ich mir Musik an mache, mit Freunde rede oder mich einfach ablenke.


Ich wünsche dir auch die Kraft und vor allem die Kraft dafür das deine Mama nicht mehr unter uns ist.

Ich sende dir ganz viel Lebensmut

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