Alte Mutter will täglichen Anruf

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Alte Mutter will täglichen Anruf

Beitrag Di., 09.08.2016, 08:52

Hallo zusammen,

vor ein paar Monaten ist mein Vater gestorben, und meine Mutter (83, körperlich noch gut fit) muss sich nun ans Alleinleben gewöhnen - etwas, das sie noch nie vorher musste. Sie hat in ihrem Umfeld aber einige Leute, die sie anrufen, besuchen, und auch mal mit ihr wegfahren - und sie hat (weiter weg) eine Schwester, mit der sie jeden Tag mehrmals telefoniert.
Die Ehe meiner Eltern war zwar sehr lang, aber nie gut; bis zum Tod meines Vaters haben sie sich gestritten - wobei Mutter der ewig unzufriedene + provozierende Teil war. Meine Eltern waren keine "schlechten Eltern", aber wir hatten nie ein enges Verhältnis (wobei die Beziehung zu meinem Vater in seinem Alter entspannter wurde), und ich habe oft "Puffer" spielen müssen, bis ich mich aus dieser Rolle verabschiedet habe (auch, weil den beiden einfach nicht zu helfen war). Nun hat Mutter ihre Ehe "verklärt"; Tatsache ist, dass sie IHRE jetzige Einsamkeit betrauert, sie trauert/ ist grantig, dass Vater sie alleingelassen hat - nicht, dass ER nun nicht mehr da ist...

Ich (Einzelkind, Ende 50) bin selbst in keiner guten Lebenssituation, seit längerem geschieden, alleinlebend und chronisch krank. Nach Vater's Tod hat mir Mutter (auch offen) zu verstehen gegeben, dass sie sich emotionale Unterstützung von mir wünscht - und ich habe ihr versucht zu erklären, dass ich die nicht leisten kann - wir sind nie Freundinnen gewesen...
Ich habe ihr natürlich mit all dem praktisch Nötigen nach dem Tod meines Vaters geholfen - und dadurch noch nicht mal mit der Trauer um ihn angefangen; ich habe das Gefühl, meine Mutter "besetzt" diese Trauer so vollständig, dass für mich da kein Raum bleibt (sie hat auch das ganze Beerdigungsprozedere allein entschieden).

Womit ich konkret im Moment schlecht umgehen kann, ist ihre Haltung von "Jetzt sind ja nur noch wir 2 übrig" - als ob wir die letzten Menschen wären - und ihr Drang, mich jeden Tag anzurufen. Sobald ich versuche, mir eine "Auszeit" von ihr zu nehmen, reagiert sie panisch: Es könnte mir ja was passiert sein...
Ich versuche logisch zu argumentieren: Sobald mir was passiert, ist sie die erste, die davon hört - aber das hilft kaum.
Wir wohnen ein paar Kilometer auseinander, und ich fahre mindesten 1x die Woche zu ihr.

Das (alte) Problem ist, dass Mutter immer haargenau über mein Leben informiert sein wollte - und mir das immer viel zu sehr "an der Kette" war. Ich habe viele Jahre an verschiedenen Orten viel weiter weg von meinen Eltern gelebt, womit es mir sehr gut ging. Nach der Scheidung bin ich zurückgezogen, weil mir nach vertrautem Terrain war - aber nun fällt es mir wahnsinnig schwer, mit den Lebenslügen meiner Mutter, ihren Depressionen, und ihrem Klammern umzugehen.
Irgendjemand hier mit ähnlichen Erfahrungen?

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luftikus
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Beitrag Di., 09.08.2016, 10:12

Meine eigene Situation ist so ähnlich: Ich bin Einzelkind, mein Vater vor zwei Jahren gestorben, seitdem lebt meine Mutter allein in meinem Elternhaus und hat außer mir kaum weitere Bezugspersonen.

Ich muss aber sagen, dass es für mich sehr wichtig ist, mich nicht zu sehr von meiner Mutter vereinnahmen zu lassen. Ein gewisser emotionaler Abstand zu ihr ist für mich essentiell wichtig. Deshalb war es mir wichtig klarzustellen, dass ich mein eigenes Leben lebe. Wir telefonieren einmal pro Woche, und ich fahre etwa alle 4 bis 6 Wochen zu ihr hin. Sie hat sich zum Glück damit arrangiert. Aber hin und wieder gerät sie auch in Panik und denkt, mir wäre etwas passiert: einmal rief sie am Sonntag abend am Handy an, und weil sie mich nicht erreichte, sprach sie auf die Mailbox. Als ich nach 45 Minuten noch nicht zurückgerufen hatte, kam ein zweiter Anruf, bei dem sie schon in Tränen aufgelöst war, voller Panik, weil mir etwas passiert sein könnte. Sowas stresst mich und führt eher dazu, dass ich mich noch seltener melde als zuvor...

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Beitrag Di., 09.08.2016, 11:51

luftikus hat geschrieben:..... Als ich nach 45 Minuten noch nicht zurückgerufen hatte, kam ein zweiter Anruf, bei dem sie schon in Tränen aufgelöst war, voller Panik, weil mir etwas passiert sein könnte. Sowas stresst mich und führt eher dazu, dass ich mich noch seltener melde als zuvor...
Danke für deine Antwort - und mir geht es ebenso wie du es oben schilderst: Je mehr Druck Mutter macht, um so mehr Rückzugs-Bedürfnis habe ich (gestern hat sie, wie ich heute früh sah, sage + schreibe 22x angerufen, weil ich mich nicht meldete - ich war am See schwimmen... das sit für mich der pure Horror).
Meine Mutter lebt auch noch in ihrer "alten" Mietwohnung (die nun zu groß für sie ist). Sie hat gute Busanbindung (20 Min.) in die Stadt + nutzt die auch. Auch die Rente reicht gut - und um sie herum gibt es so viele andere Witwen in ähnlicher Situation wie sie, aber sie will da keinen Anschluss suchen (obwohl sie sehr kommuniativ ist, immer gewesen)...

Vater's Uraltauto hat sie verschenkt; sie ist kaum je selbst gefahren, seit sie älter ist, gar nicht mehr. Nun wünschte sie sich, dass ich Vater's "Aufgaben" übernehme, sprich, den Unterhalter + Chauffeur in die Landschaft für sie spiele: Sie sperrt sich schlicht dagegen, dass sich irgendwas ändert. Nun laufe ich (im Gegensatz zu ihr) inzwischen nicht mehr gut, und habe keine Freude an Weinfesten, Märkten, etc. - und sie geht nie in ein Museum, ins Theater oder Kino...

Ihr Grundproblem ist (schon immer) ihre fehlende Zufriedenheit, ihre Unfähigkeit, sich an kleinen Dingen zu freuen, und das Fehlen irgendeiner Passion in ihrem Leben, sprich, sie kann sich nicht mit sich selbst beschäftigen, sie braucht zu allem einen Resonanzboden. Den kann und will ich aber nicht liefern; täte ich das, könnte ich mein eigenes Leben vergessen...
Ich finde ihr Verhalten sehr egoistisch - wobei ich mich nicht vernachlässigt von ihr fühle, sondern ihr eher "vorwerfe", dass sie so unfähig ist, mit ihren negativen Gefühlen zurechtzukommen - nun, wo mein Vater als "Blitzableiter" wegfällt; er hat diese Aufgabe ein Leben lang hingenommen, oft darunter leidend...

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luftikus
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Beitrag Di., 09.08.2016, 12:27

Das klingt alles so ähnlich wie bei mir:
auch meine Mutter sucht von sich aus fast keinen Kontakt zu anderen Leuten, obwohl sie früher kommunikationsfreudig war. Auch sie hat das alte Auto meines Vaters für wenig Geld verkauft und hätte gern, dass wir sie herumfahren. Auch ihre Rente reicht gut aus, dennoch jammert sie ständig, wie wenig Geld sie angeblich hat. Angeblich könne sie deshalb nichts unternehmen, weil das Geld knapp sei. Da sie aber auch Mieteinnahmen hat, sehe ich da eigentlich kein echtes Problem.

Ich sehe ein Problem darin, dass sie den ganzen Tag zuhause vor dem Fernseher sitzt und in mir ihre einzige Kontaktperson sieht.

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Nico
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Beitrag Di., 09.08.2016, 12:45

Mein Vater ist vor 1,5 Jahren gestorben, meine Mutter ist 83 topfit und schaukelt ihr Leben bis auf wenige Dinge die ich ihr gerne erledige völlig alleine. Wir telefonieren etwa 2 x pro Woche sie lebt 1 Autostunde von mir entfernt. So alle 3 Wochen ca. fahre ich für 2 - 3 Stunden zu ihr und erledige ihr Dinge die sie selbst nicht mehr machen kann.
Meine Eltern haben meine Eigenständigkeit immer akzeptiert und wir haben uns immer gegenseitig geholfen ohne zu klammern oder zu fordern.
Etwas unruhig wird sie nur wenn ich wieder einmal für mehrere Wochen eine Reise mache was mindestens 1 x im Jahr vorkommt. Dann meint sie schon immer sie sei froh wenn ich wieder daheim bin weil sie dann beruhigter ist weil sie weiß dass ich gleich komme wenn sie etwas braucht.
Aber das ist so selten dass es mich überhaupt nicht belastet.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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luftikus
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Beitrag Di., 09.08.2016, 12:48

Nico hat geschrieben: Etwas unruhig wird sie nur wenn ich wieder einmal für mehrere Wochen eine Reise mache was mindestens 1 x im Jahr vorkommt.
Das versetzt meine Mutter natürlich auch in starke Unruhe. Zum Glück ist sie das gewissermaßen gewöhnt, weil ich schon seit vielen Jahren verreise. Dennoch kommt jedesmal wieder die Sorge "Hoffentlich kommst du heil nach Hause zurück!". Vor allem vor der Brasilienreise im Februar war sie sehr besorgt, nicht zuletzt wegen Zika...

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Kaonashi
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Beitrag Fr., 16.09.2016, 11:10

Meine Situation ist zum Glück nicht so schlimm. Kann es aber voll verstehen, weil meine Mutter auch sehr viel erwartet und auch braucht, aber ich habe Geschwister, die einiges übernehmen können.

Ich denke, ihr seid in einem Zwiespalt, einerseits wollt ihr euch gerne abgrenzen und euer eigenes Leben leben, andererseits fühlt ihr euch verpflichtet, einen alten Elternteil als einziges Kind nicht im Stich zu lassen.

Theoretisch müsste man irgendwie erreichen, dass andere Kontakte zustande kommen. Was gäbe es da? Lebt sie dörflich oder in der Stadt? Vielleicht muss man sie da ein bisschen hinschubsen und Druck machen.
Dann könnte man gleichzeitig klarer sagen, dass man sein eigenes Leben hat und z.B. keine täglichen Anrufe will. Natürlich wird sie, je nach Typ, dann anfangen zu lamentieren, man würde sie nicht lieben o.ä., damit müsste man dann auch umgehen. Ohne negative Gefühle wird es wahrscheinlich nicht gehen, dass man sich da abgrenzt.

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StatueOfFreedom
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Beitrag Sa., 17.09.2016, 07:05

Ich kenne diese Situation und spreche darüber regelmäßig mit meinem Thera. Häufig führt Vaterentzug dazu, dass man sich nicht genug von der Mutter löst und ein ungesund enges Verhältnis zu ihr hat.
Ich kann nur raten Folgendes zu berücksichtigen: du bist nicht verantwortlich für die positiven Gefühle anderer! Deine Mutter ist ein erwachsener Mensch, der für sich selbst sorgen kann. Ja, auch ich denke mir immer wieder "ja, aber...", aber je länger man sich damit auseinandersetzt und merkt, wie entlastend das ist, desto mehr kann man sein Verhalten auch entsprechend ausrichten. Bei 22 Anrufen kann man ihr allenfalls eine Therapie vorschlagen, denn offenbar hat sie Probleme.

Und: Schlag ihr doch mal vor, dass du dich jeden Sonntag telefonisch bei ihr meldest. So kannst du die gute Tochter spielen, die sich meldet und sie kann sich auch darauf verlassen und muss nicht ständig in der Sorge leben, dass du dich nicht meldest und sie deshalb bei dir sturmklingeln muss. Das klappt bestimmt nicht von heute auf morgen, aber es ist einen Versuch wert. Du musst ihr klarmachen, dass du nicht ständig ans Telefon gehen kannst, aber dass du natürlich gerne mit ihr redest und deshalb vorschlägst, dass ihr euch jeden Sonntag von der Woche erzählt. Also positiv verpacken. Aber für dich wäre das sicherlich eine Entlastung.

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Beitrag Sa., 17.09.2016, 08:07

Danke für eure Antworten!
@Kaonashi: Mit dem Zwiespalt hast du völlig recht...
Aber Mutter HAT Kontakt zu anderen; einigen alten Freunden + auch Bekannten; auch im Haus (6 Parteien) kümmert man sich um sie. Und sie ist (Stadtrand, hervorragende Busverbindung) öfter in der Stadt als ich.
Aber sie will explizit MEIN Mit-Leiden; sie verlangt von mir Wärme ihr gegenüber und "Tochter-Reaktionen", die ich nicht geben kann, weil ich sie nicht fühle.

Ich drücke mich ihr gegenüber klar aus, und sage ihr, was geht und was nicht - vor negativen Gefühlen habe ich keine Angst.
Was mich fertig macht, ist zum einen der Erwartungsdruck, den sie an mich hat - und von dem sie nicht ablässt, und zum anderen ihre Überzeugung, dass ich, ihre einzige Tochter, ihr Hauptlebenszweck bin (so hat sie das auch ausgedrückt). Das finde ich ein fürchterliches statement.
Tatsächlich glaube ich, dass ihr eigenes Leben sie schwer enttäuscht hat (sie aber nie was daran ändern wollte) - und nun die Tatsache, dass ich geschieden bin + kein überragender beruflicher Erfolg, sie so trifft, als hätte SIE ein 2. Mal versagt - es war z.B. gruslig, wie sich sich während meiner Ehe an mein Eheleben "gesaugt" hat. Damals habe ich sehr deutlich werden müssen, um ihr klarzumachen, dass ich meine Ehe nicht 1:1 mit ihr teilen will .

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Beitrag Sa., 17.09.2016, 08:37

@ StatueOfFreedom: Also ich hatte nie ein enges Verhältnis zu meiner Mutter, und seit Vater tot ist, ist es eher noch loser geworden. (Übrigens HAT sie eine Therapeutin - die sie aber nicht mehr aufsuchen will...)
Ich bin selbst in keiner leichten Lebenssituation, aber der Tod meines Vaters hat nicht dazu geführt, dass ich auch nur den leisesten Wunsch verspürte, mich enger an sie zu schließen - wohingegen Mutter schon bei der Beerdigung sagte "Jetzt sind nur noch wir zwei übrig, wir müssen zusammenhalten" - unsere beiden Positionen sind also diametral entgegengesetzt...

Ich habe nichts dagegen, jeden Tag kurz mit ihr am Telefon zu sprechen. Das Problem ist aber, dass wir auch in unseren Interessen und Gesprächsthema-Wünschen völlig unterschiedlich sind: Mutter hat sich noch nie für meine Interessen interessiert, und eigene Interessen hat sie kaum - in ihrem Leben hat sie keine einzige dauernde Passion gekannt, die sie durch alle Krisen und Lebensalter aufrecht erhalten konnte.

Sie möchte fast ausschließlich über ihre Einsamkeit sprechen, ihre Trauer, und darüber, was ihre Bekannten so machen (die ich kaum kenne). Sie sieht es als meine Tochterpflicht, ihr tröstend zur Seite zu stehen - egal, wie oft ich ihr sage, dass ich nicht geben kann, was ich nicht in mir habe... In der Ehe meiner Eltern ist so viel Mist passiert; ich kann und will ihre verklärende Umschreibung, an der sie gerade hart arbeitet, nicht mitgehen.
Natürlich beschuldigt sie mich, das alles völlig falsch zu erinnern + zu beurteilen, und sie fühlt sich von mir sehr schlecht behandelt, äußert das auch oft - und natürlich macht mir das Schuldgefühle (+ provoziert mich auch...). Aber ich kann nicht anders sein als ich bin. Und ich muss auch sagen, dass ich die komplizierte Dysfunktionalität unserer 3-er Gruppe nun nicht mehr aufarbeiten will (in früheren Zeiten waren meine Eltern dazu nie bereit).

Dazu ärgere ich mich darüber, dass meine Tochter-Trauer um meinen Vater von Mutter völlig ignoriert wird (sie stellt dazu z.B. keine Fragen).
Was ich wollte ist, dass wir einfach höflich + freundlich ab und an miteinander umgehen könnten (praktisch will ich sie ja unterstützen), und den ganzen unterschwelligen Wust von fast 60 Jahren ruhen lassen könnten. Aber wir triggern uns gegenseitig so gnadenlos (wobei ich das erkenne, sie aber nicht, da sie sich selbst nicht wahrhaftig reflektiert), dass bei einem Treffen an Ruhe gar nicht zu denken ist.
Jedesmal vor einem Besuch bei ihr habe ich schlechte Gefühle - und versuche mich deshalb zu "primen", dass ich einfach geduldig + freundlich bin. Und dann kommt wieder meine Mutter, diese fremde Frau aus der Tür... Hätte sie nur ein gutes eigenes Leben gehabt, hätte sie nur ihr Leben über Ressourcen gefunden, um allein sein zu können. Aber ich weiß schon: Mit dem Konjunktiv bindet man keine Kuh an...

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Kaonashi
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Beitrag Sa., 17.09.2016, 09:39

per aspera... hat geschrieben: Aber Mutter HAT Kontakt zu anderen; einigen alten Freunden + auch Bekannten; auch im Haus (6 Parteien) kümmert man sich um sie. Und sie ist (Stadtrand, hervorragende Busverbindung) öfter in der Stadt als ich.
Das ist schon mal gut. Dann braucht man sich wenigstens keine Gedanken machen, dass sie vereinsamt o.ä.
Ich drücke mich ihr gegenüber klar aus, und sage ihr, was geht und was nicht - vor negativen Gefühlen habe ich keine Angst.
Dann ist dein Problem eher, dass, egal was du sagst, bei ihr nichts ankommt?
Zeigt sie sich denn verletzt, wenn du ihr sagst, dass etwas nicht geht? Oder schüttelt sie das einfach ab?
Was mich fertig macht, ist zum einen der Erwartungsdruck, den sie an mich hat - und von dem sie nicht ablässt, und zum anderen ihre Überzeugung, dass ich, ihre einzige Tochter, ihr Hauptlebenszweck bin (so hat sie das auch ausgedrückt). Das finde ich ein fürchterliches statement.
ja, baut sehr viel Druck auf, ist aber, glaube ich, nicht so selten. Meine Mutter definiert sich auch über ihre Mutterrolle und damit über die Kinder. Sind die Kinder erfolgreich, und mögen die Kinder sie auch als Erwachsene noch, dann hat sie als Mutter alles richtig gemacht und kann stolz sein, was sie dann auch gegenüber Bekannten gerne herzeigt.

Mir fällt es sehr schwer, mich von meiner Mutter abzugrenzen. Bei mir hat nur die räumliche Trennung geholfen. Und telefonieren tu ich nie, ich hasse telefonieren generell. Ich besuche sie alle 3 Wochen, selbst das ist mir eigentlich zu viel, aber ist ein Zugeständnis. Auf diese Weise ist unser Verhältnis relativ entspannt geworden. Aber sie ist immer noch sauer bzw. verletzt, wenn sie merkt, dass ich ihr etwas nicht erzählt habe, und ich erzähle ihr vieles nicht.... (da bekomme ich dann fast schon ein schlechtes Gewissen)

Was kannst du tun? Räumliche Trennung geht nicht, nehme ich an. Vielleicht bleibt dann nur, die innere Haltung zu ändern. Also die gefühlte und tatsächlich vorhandene Erwartungshaltung zu ignorieren, dich davon zu distanzieren und es nicht so an dich rankommen lassen. Eben dein Ding durchziehen, machen was du kannst und willst, aber nicht mehr, und kein schlechtes Gewissen dabei haben.
Mehr fällt mir leider nicht ein.

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Beitrag Sa., 17.09.2016, 14:47

Hallo Kaonashi,

Etwas kommt schon bei Mutter an, wenn ich mit ihr Klartext rede - aber aus ihren Antworten höre ich, dass sie mir nicht "objektiv zuhört", sondern, noch bevor sie mir antwortet, meine Worte aus sich selbst in meinen Worte uminterpretiert.
Und natürlich zeigt sie sich dann verletzt: "Wie ich denn überhapt mit ihr sprechen würde/ so könne man doch nicht mit seiner Mutter sprechen"; was sie meint ist "Das darf eine Tochter (inhaltlich) nicht zu einer Mutter sagen/ so darf eine (gute!) Tochter nicht über ihre Mutter denken".
Da bei ihr also offensichtlich (egal, wie ich es umformuliere oder wie ruhig ich es sage, oder ob ich es auf der Metaebene versuche) ewig etwas völlig anderes ankommt als bei mir rausgeht, stehe ich am Ende immer hilflos und ergebnislos da...

Räumliche Trennung existiert ja: Ich habe meine eigene Wg., 15 Min. Autofahrt entfernt, und auch nur mit dem Auto erreichbar. Sie möchte immer gerne "mal wieder mitkommen" - aber wenn sie dann da ist, ist ihr zu kalt, zu zugig, zu langweilig; spätestens nach 45 Min. wird sie hibbelig + will wieder nach Hause. Man kann es sich mit ihr nicht "gemütlich machen"...

Ich weiß schon, dass die einzige Veränderung der Situation darin liegen kann, dass ich Gelassenheit übe, und mich nicht provozieren/ triggern lasse. Als Vater noch da war, ist mir das auch ganz gut gelungen, aber jetzt muss ich das wohl ganz neu einüben - leichter gesagt als getan (auch da ich von Natur aus eher temperamentvoll bin).
Von mir selbst, meinem Inneren, erzähle ich meiner Mutter schon lange nichts mehr...

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Kaonashi
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Beitrag Sa., 17.09.2016, 18:39

15 Min. ist halt immer noch nah. Ich dachte eher an eine Entfernung so ab 1 Stunde Fahrzeit, wo man nicht so eben mal vorbeikommen kann.

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Beitrag So., 18.09.2016, 07:25

Wenn ich das so lese, finde ich, dass du mit der Situation vergleichsweise sehr gut umgehst! Diese emotionale Erpressung meiner Mutter kenne ich auch ("so redet man doch nicht mit seiner Mutter" etc). Da hilft nur bei sich zu bleiben und dem emotionalen Druck nicht nachzugeben. Wie gesagt, du bist nicht verantwortlich für die positiven Gefühle deiner Mutter. Ich denke, je stärker die Abgrenzung von den Gefühlen deiner Mutter und je weniger verantwortlich du dich für die Gefühle deiner Mutter fühlst, desto besser wird es dir gelingen auch den Trauerprozess um deinen Vater zu beginnen.

Ich denke, du brauchst keine Ratschläge, sondern du weißt selbst ganz gut, wie du mit deiner Mutter am besten umgehst, ohne dabei selbst ständig den Kürzeren zu ziehen. Nur Mut! Ich wünsche dir viel Kraft für deinen weiteren Weg!


nudels
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Beitrag So., 18.09.2016, 07:40

wüste ah lösung leida wäre die sehr radikal deswegen nur wensn ed anders geht telefonnummer ändern lassen
Bitte um Nachsicht wegen meiner Rechtschreibprobs. Habe Legasthenie, wenn man was nicht lesen kann, einfach nachfragen.

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