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Fr., 03.06.2016, 10:13
Die Autorin ist aber schon sehr begeistert - "jubelnde Therapeuten" und so...
"Nachhaltiger als alle anderen Therapien" ist etwas reißerisch als Überschrift, weil die Studien Vergleiche nur mit der Kognitiv-Behavioralen Verhaltenstherapie, dem gefürchteten Erzfeind, anstellen. In der NHS-Studie aus London geht es um den Vergleich zu reiner Antidepressiva-Behandlung, einer Beratungsserie oder KB-VT. Die Dührssen-Studie war lediglich ein Wirksamkeitsnachweis. Komisch, dass die Autorin nun solche Durchbruch-Phantasien hat.
Aus Ökonomen-Sicht - und die sind schwer zu begeistern- könnte man auch anders rechnen. Fünf Jahre nach Therapieende geht es mehr Analyse-Patienten besser als VT-Patienten - aber das heißt nicht, dass es allen Analyse-Patienten besser geht als nach abgeschlossener VT - oder dass es allen VT-Patienten schlechter geht als den Analyse-Patienten. Das müsste man also noch mal aufschlüsseln. Auch sind ja nur erfolgreiche Therapien berücksichtigt. Man müsste wohl auch noch die Scheiterquoten in eine Gesamtrechnung "erfolgreicher/nachhaltiger" einrechnen..
Dafür hat man aber vorher von Versichertenseite in die Psychoanalyse 2-3 mal mehr Behandlungskosten investiert, wenn sie mit hoher oder maximaler Stundenzahl absolviert wird.
Wenn ein VT-Patient nach fünf Jahren einen Rückfall hat und er nochmal 80 Stunden VT nimmt ist er immer noch "günstiger" behandelt worden als ein Analyse-Patient, der keine Therapie mehr in Anspruch nimmt.
Und für Länder wie Österreich, in denen es eine Vielzahl von Methoden gibt, die alle selbst bezahlt werden müsssen oder wo die Kosten nur geringfügig erstattet werden - liefert die Studie auch keine letzliche Orientierung, denn es fehlen noch Vergleiche mit Gestalttherapie, systemischer Therapie, Gesprächstherapie nach Rogers und "allen anderen" Methoden...
PS: Ich bin weit davon entfernt, selbst eine ökonomische Sicht einzunehmen. Aber ich würde sie einrechnen, weil die Lage heute so ist wie sie ist.