Hallo,
ich tu mich gerade schwer mit Formulieren, aber ich versuche mal, zu schreiben, was mir auf der Seele liegt:
Unsere Nachbarn haben vor einigen Tagen ein Baby mit einer schweren, nicht mit dem Leben vereinbaren Fehlbildung bekommen, das unter der Geburt gestorben ist. Sie wussten bereits einige Wochen vor der Geburt davon, wir aber nicht. Wir haben uns einfach gefreut, dass die Kinderschar in unserem Garten noch um ein weiteres kleines Kind wachsen wird und dem Moment entgegengefiebert, in dem wir den neuen, kleinen Erdenbürger begrüßen und kennenlernen dürfen.
Am Tag der Geburt, als ich mit unserem Kind und den Nachbarskindern im Garten war, erzählte mir das ältere Kind der Nachbarn wie nebenbei: "Die Mama hat das Baby bekommen, aber dann ist es eingeschlafen und gestorben". Als ich begriff, dass das stimmte war es wie ein Fausthieb in den Magen. Die Großmutter der Kinder war auch dabei und wollte mir nichts weiter sagen, damit ihre Tochter (die noch im Krankenhaus war) mir selbst erzählen könnte, was passiert war, kurz danach kam aber der Vater nach Hause und erzählte zumindest grob, was los war.
Seitdem laufe ich wie betäubt durch die Gegend, und sobald ich allein bin, fange ich an zu heulen, manchmal auch zu zittern. Alles fällt mir unendlich schwer. Die ersten Tage hat sich auch der Fausthieb in den Magen immer wiederholt, wenn es mir wieder eingefallen ist (also ständig, nur unterbrochen von kleinen Ablenkungen). Mein Mann meinte heute, er mache sich Sorgen um mich, weil ich so sehr darunter leide. Ich weiß auch gar nicht genau, was mit mir los ist. Sobald ich mir vorstelle, was unsere Nachbarin jetzt durchmacht und dass da ein kleines Baby mutterseelenallein beim Bestatter liegt und bald verbrannt wird, brechen einfach alle Dämme. Am liebsten würde ich mich wieder verletzen, um den Schmerz irgendwie zu kanalisieren. Mache ich aber nicht, wenn ich es irgendwie vermeiden kann, ich bin schon seit über zwei Jahren komplett davon los.
Meine Schwester ist an derselben Fehlbildung gestorben, und auch bei unserem Kind hatte ich zwischenzeitlich die Befürchtung (und große Ängste), dass es daran leiden könnte. Zudem war unser Kind sehr plötzlich geholt worden, weil die Herztöne bei einer Untersuchung so schlecht waren, dass der Ärztin das Risiko zu hoch war, um einen natürlichen Geburtsbeginn abzuwarten. Der Kaiserschnitt war ein furchtbares Erlebnis, bei dem ich nicht nur Angst hatte, dass mein Baby nicht mehr lebte, sondern auch selbst Todesängste hatte, u. a. weil ich nicht mehr richtig Luft bekam und sich niemand darum kümmerte. Noch ein Jahr fing ich bei eigentlich völlig neutralen Erlebnissen, die irgendeine marginale Verbindung zu den Erinnerungen hatten, an zu zittern und zu weinen. Danach suchte ich Hilfe bei meiner Therapeutin, zu der ich noch einmal im Monat gehe (mit der ich allerdings seit dem letzten Mal ein so großes Problem habe, dass ich nicht weiß, ob ich nochmal mit ihr arbeiten kann), und es wurde besser. Kann sein, dass da jetzt auch nochmal was aufbricht. Vielleicht erinnert sich der/die eine oder andere noch daran, dass ich außerdem große Probleme hatte, den Tod meines Vaters zu verarbeiten und da nochmal was wiederkommt. Ich weiß auch nicht. Oder es hat alles gar nichts damit zu tun.
Jedenfalls: Findet Ihr das auch übertrieben oder unnormal oder besorgniserregend, dass ich so reagiere? Oder gibt es jemanden unter Euch, der das irgendwie verstehen kann? Was würdet Ihr an meiner Stelle tun, um da wieder rauszukommen?
LG Dampfnudel
Übertriebene Trauer ums Nachbarkind?
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Liebe Dampfnudel,
es tut mir leid, dass es Dir so schlecht geht!
Die meisten Menschen tun sich irrsinnig schwer mit dem Tod. - Viele haben den in Deinem Alter noch gar nicht erlebt und tun sich dennoch schwer damit.
Klar, da geht es ja auch ans Letzte. Ans Äußerste. (Und irgendwann immer an unsere eigenen Liebsten ...)
Deine Panikreaktion jetzt - ich halte die, nach dem, was Du im posting erzählt hast, für ebenso normal für einen Menschen mit Deiner Geschichte (Schwester an derselben Krankheit wie das Nachbarsbaby verstorben; Vater sehr früh verstorben; traumatische Geburt des eigenen Kindes), wie ich das andererseits - verglichen mit der "Allgemeinheit" - für übertrieben halte.
Nur: Was hilft es Dir, Dich da in so einer "Statistik" wiederzufinden?
Frage: Kannst Du es noch ein paar Wochen aushalten, das, was da jetzt in Deinem Umfeld geschehen ist? Gucken, ob Du damit nach und nach zurecht kommst? Kannst Du das abwarten, also ob Du da jetzt gucken kannst? - Oder geht das nicht? Überschwemmt Dich das massiv?
[Zwischenfrage: Warum überschwemmt Dich das so? Dir ist doch bewusst, das tagtäglich mehrere hunderttausend Babies sterben?]
Wenn Du den Eindruck hast, dass Du damit jetzt nicht zurecht kommst, dann suche Dir Hilfe. Das ist völlig legitim.
Wenn Du abwarten kannst, dann versuche es. (Ich glaube, dann stehen die Karten gut, dass Du die Balance zwischen realer Gefährdung und illusionistischem Sicherheitsgefühl - eine überlebensnotwendige Balance - hinbekommen wirst.)
Alles Gute!
Widow
es tut mir leid, dass es Dir so schlecht geht!
Die meisten Menschen tun sich irrsinnig schwer mit dem Tod. - Viele haben den in Deinem Alter noch gar nicht erlebt und tun sich dennoch schwer damit.
Klar, da geht es ja auch ans Letzte. Ans Äußerste. (Und irgendwann immer an unsere eigenen Liebsten ...)
Deine Panikreaktion jetzt - ich halte die, nach dem, was Du im posting erzählt hast, für ebenso normal für einen Menschen mit Deiner Geschichte (Schwester an derselben Krankheit wie das Nachbarsbaby verstorben; Vater sehr früh verstorben; traumatische Geburt des eigenen Kindes), wie ich das andererseits - verglichen mit der "Allgemeinheit" - für übertrieben halte.
Nur: Was hilft es Dir, Dich da in so einer "Statistik" wiederzufinden?
Frage: Kannst Du es noch ein paar Wochen aushalten, das, was da jetzt in Deinem Umfeld geschehen ist? Gucken, ob Du damit nach und nach zurecht kommst? Kannst Du das abwarten, also ob Du da jetzt gucken kannst? - Oder geht das nicht? Überschwemmt Dich das massiv?
[Zwischenfrage: Warum überschwemmt Dich das so? Dir ist doch bewusst, das tagtäglich mehrere hunderttausend Babies sterben?]
Wenn Du den Eindruck hast, dass Du damit jetzt nicht zurecht kommst, dann suche Dir Hilfe. Das ist völlig legitim.
Wenn Du abwarten kannst, dann versuche es. (Ich glaube, dann stehen die Karten gut, dass Du die Balance zwischen realer Gefährdung und illusionistischem Sicherheitsgefühl - eine überlebensnotwendige Balance - hinbekommen wirst.)
Alles Gute!
Widow
Hallo Dampfnudel,
deine Reaktion ist weder "übertrieben" noch "normal". Sie zeigt einfach, dass es Themen in dir gibt, die (in der Tiefe) noch nicht emotional durchgearbeitet sind und die deine derart heftige Reaktion erklären.
Du schilderst, dass "Dämme brechen", du heulen musst: wahrscheinlich viel Trauer/Traurigkeit?
Da du aber auch von Selbstverletzungswünschen, Betäubungsgefühl und dem Gefühl von Fausthieben im Bauch (Angst?) berichtest, müssen noch andere Gefühle in dir "feststecken", die du auf bewußter Ebene und alleine nicht unbedingt erreichen kannst, die durchzuarbeiten aber für eine "Lösung" deiner Problematik (die ja durch das aktuelle Ereignis lediglich getriggert wurde) unbedingt erforderlich sind.
Gruß
werve
deine Reaktion ist weder "übertrieben" noch "normal". Sie zeigt einfach, dass es Themen in dir gibt, die (in der Tiefe) noch nicht emotional durchgearbeitet sind und die deine derart heftige Reaktion erklären.
Du schilderst, dass "Dämme brechen", du heulen musst: wahrscheinlich viel Trauer/Traurigkeit?
Da du aber auch von Selbstverletzungswünschen, Betäubungsgefühl und dem Gefühl von Fausthieben im Bauch (Angst?) berichtest, müssen noch andere Gefühle in dir "feststecken", die du auf bewußter Ebene und alleine nicht unbedingt erreichen kannst, die durchzuarbeiten aber für eine "Lösung" deiner Problematik (die ja durch das aktuelle Ereignis lediglich getriggert wurde) unbedingt erforderlich sind.
Gruß
werve
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
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Liebe Widow,
danke, das sind gute Fragen, die muss ich mir wirklich mal in Ruhe stellen!
Liebe werve,
ja, so ist das wahrscheinlich. Ich wünschte, diese Themen in der Tiefe wären irgendwann mal so weit erledigt, dass sie mich nicht immer wieder lahmlegen.
Vielen lieben Dank Euch beiden! Euer Blick von außen und das, was Ihr mir dazu schreibt, fühlen sich schonmal hilfreich an.
Mit der Hilfe, die ich mir vielleicht nochmal holen sollte, muss ich bloß echt nochmal überlegen, wo. Zu dumm, dass ich gerade jetzt das Gefühl habe, meiner Thera nicht mehr vertrauen zu können. Sie war mal so gut! Naja, vielleicht wird es ja doch nochmal.
danke, das sind gute Fragen, die muss ich mir wirklich mal in Ruhe stellen!
Liebe werve,
ja, so ist das wahrscheinlich. Ich wünschte, diese Themen in der Tiefe wären irgendwann mal so weit erledigt, dass sie mich nicht immer wieder lahmlegen.
Vielen lieben Dank Euch beiden! Euer Blick von außen und das, was Ihr mir dazu schreibt, fühlen sich schonmal hilfreich an.
Mit der Hilfe, die ich mir vielleicht nochmal holen sollte, muss ich bloß echt nochmal überlegen, wo. Zu dumm, dass ich gerade jetzt das Gefühl habe, meiner Thera nicht mehr vertrauen zu können. Sie war mal so gut! Naja, vielleicht wird es ja doch nochmal.
Alles hat seine Zeit.
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