Probleme mit dem Älterwerden (W)
Verfasst: Di., 20.05.2008, 19:53
Hallo, Ihr Lieben,
ich hab mir also jetzt ein Herz gefasst und versuche, über meine Probleme zu schreiben.
Im Grunde könnte es mir blendend gehen, ich bin seit kurzem in Pension - selbst angestrebt, also kein Pensionsschock Ich genieße die Zeit, die ich jetzt habe, ich übe einige Hobbies aus und freue mich darüber, dass ich das alles jetzt machen kann, die Arbeit geht mir überhaupt nicht ab und ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich unnütz oder nicht mehr gebraucht bin. Ich habe zwei erwachsene Kinder, mit denen ich ein sehr gutes Verhältnis habe, und ich bin gut verheiratet.
Und trotzdem falle ich manchmal in irgendwelche depressiven Verstimmungen, oder was auch immer das ist. Wenn ich in einen Spiegel schaue oder ein Foto von früher sehe, dann wird mir klar, dass die Zeit, die noch übrig ist, nicht mehr so besonders lang sein wird. Bis vor ein paar Jahren war das Älterwerden für mich kein Thema, aber jetzt ist es schrecklich. Meine Kinder und meine Freunde sagen mir immer wieder, dass ich viel jünger ausschaue (das klingt jetzt sehr oberflächlich, ich möchte es aber nur genau beschreiben), aber ich spüre, dass ich nicht mehr so leistungsfähig bin wie früher, obwohl ich gesund lebe, immer etwas Sport betrieben habe und betreibe, ich fahre nicht mehr so gerne weg wie früher, weil mir manches zu unbequem wird und habe auch, da mein Mann sehr aktiv ist, permanent das Gefühl, nicht zu genügen.
Dazu kommt, dass ich in der letzten Zeit gesundheitliche Probleme habe (ein Schmerz, der offensichtlich nicht abgeklärt werden kann), in den letzten Monaten habe ich etliche unangenehme Untersuchungen hinter mir, und das nimmt mich auch ziemlich mit. Es scheint so, dass alle wichtigen Organe zum Glück gesund sind, es kam bei allen Untersuchungen nichts heraus, ich habe aber sehr oft Schmerzen und das beeinträchtigt halt auch die Lebensqualität. Es gibt jetzt noch ein oder zwei Möglichkeiten, die ich noch abklären lassen muss, vielleicht sind es ja auch nur Narben, die wehtun.
Was mich noch ziemlich belastet, ist, dass sich vor ca 1 1/2 Jahren meine Mutter den Oberschenkelhals gebrochen hat und es nicht mehr möglich war, dass sie in ihrer Wohnung geblieben ist, sondern sie musste in ein Pflegeheim. Ich wohne weit weg von ihr und hätte sie auch so nicht pflegen können, denn sie konnte längere Zeit überhaupt nicht gehen und braucht auch jetzt noch rund um die Uhr Hilfe. Sie hat sich zwar körperlich wieder erholt, kann aber alleine nichts machen. Sie hat viele Jahre allein gelebt, hat sich aber eigentlich immer ziemlich gehen lassen, hat keine Interessen, hat weder etwas für ihren Geist noch für den Körper getan, und so war sie ohnehin schon in einem schlechten körperlichen Zustand, als ihr das passiert ist. Ich glaube, dass dieses Heim eine gute Lösung ist, die Pfleger und Pflegerinnen sind dort sehr nett, es ist kein großes Heim, und wann immer ich hinkomme, habe ich den Eindruck, dass eine sehr nette Stimmung ist. Ich habe aber trotzdem ein schlechtes Gewissen, obwohl ich weiss, dass ich nichts anderes machen hätte können. Meine Mutter und ich, wir hatten nie ein gutes Verhältnis, ich wurde, so weit ich zurückdenken kann, moralisch erpresst, es lief immer über die Schiene: die arme Mutter, die vom Ehemann verlassen wurde, und das böse Kind, das ihm ja so ähnlich ist, später die herzlose Tochter, die von der Mutter ja so geliebt wird, aber so selten kommt und selbständig sein will, während die Mutter so unter der Einsamkeit leidet. Ich habe viele Jahre gebraucht, um mich seelisch ein wenig von dem Druck zu befreien und das Schema zu durchschauen. Wahrscheinlich hätte meine Mutter eine Behandlung gebraucht, aber vor vielen Jahren am Land hat sich niemand darum gekümmert. Ich weiss, mein sehnlichster Wunsch wäre immer gewesen, eine Mutter zu haben, mit der man lachen und plaudern kann. Das war nie der Fall, es wurde immer geschrien oder schwarzgemalt, was mir alles passieren würde, wenn ich das oder das mache. Sie war immer sehr besitzergreifend und fordernd. Sehr langsam - eine Zeitlang war ich auch in Psychotherapie - habe ich es geschafft, dass ich ein normales Leben führen konnte und mich freier fühlte. Jetzt besuche ich meine Mutter ca einmal wöchentlich, kümmere mich natürlich um alle Bedürfnisse und versuche es so zu sehen, dass sie eine alte Frau in einem Heim ist, die sich freut, wenn jemand kommt. Sie ist jetzt wesentlich freundlicher als daheim, ein warmes Gefühl der Zuneigung gibt es aber zwischen uns nicht.
So, das sind jetzt einmal die Dinge, mit denen ich offenbar im Moment nicht ganz klarkomme, ich habe auch schon überlegt, wieder in Therapie zu gehen, aber um ehrlich zu sein, ist es im Moment eine finanzielle Frage. Ich danke Euch fürs Lesen, vielleicht gibt es ja jemanden, der ähnliche Erfahrungen hat und mir antworten möchte.
Liebe Grüße
Geigerin
ich hab mir also jetzt ein Herz gefasst und versuche, über meine Probleme zu schreiben.
Im Grunde könnte es mir blendend gehen, ich bin seit kurzem in Pension - selbst angestrebt, also kein Pensionsschock Ich genieße die Zeit, die ich jetzt habe, ich übe einige Hobbies aus und freue mich darüber, dass ich das alles jetzt machen kann, die Arbeit geht mir überhaupt nicht ab und ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich unnütz oder nicht mehr gebraucht bin. Ich habe zwei erwachsene Kinder, mit denen ich ein sehr gutes Verhältnis habe, und ich bin gut verheiratet.
Und trotzdem falle ich manchmal in irgendwelche depressiven Verstimmungen, oder was auch immer das ist. Wenn ich in einen Spiegel schaue oder ein Foto von früher sehe, dann wird mir klar, dass die Zeit, die noch übrig ist, nicht mehr so besonders lang sein wird. Bis vor ein paar Jahren war das Älterwerden für mich kein Thema, aber jetzt ist es schrecklich. Meine Kinder und meine Freunde sagen mir immer wieder, dass ich viel jünger ausschaue (das klingt jetzt sehr oberflächlich, ich möchte es aber nur genau beschreiben), aber ich spüre, dass ich nicht mehr so leistungsfähig bin wie früher, obwohl ich gesund lebe, immer etwas Sport betrieben habe und betreibe, ich fahre nicht mehr so gerne weg wie früher, weil mir manches zu unbequem wird und habe auch, da mein Mann sehr aktiv ist, permanent das Gefühl, nicht zu genügen.
Dazu kommt, dass ich in der letzten Zeit gesundheitliche Probleme habe (ein Schmerz, der offensichtlich nicht abgeklärt werden kann), in den letzten Monaten habe ich etliche unangenehme Untersuchungen hinter mir, und das nimmt mich auch ziemlich mit. Es scheint so, dass alle wichtigen Organe zum Glück gesund sind, es kam bei allen Untersuchungen nichts heraus, ich habe aber sehr oft Schmerzen und das beeinträchtigt halt auch die Lebensqualität. Es gibt jetzt noch ein oder zwei Möglichkeiten, die ich noch abklären lassen muss, vielleicht sind es ja auch nur Narben, die wehtun.
Was mich noch ziemlich belastet, ist, dass sich vor ca 1 1/2 Jahren meine Mutter den Oberschenkelhals gebrochen hat und es nicht mehr möglich war, dass sie in ihrer Wohnung geblieben ist, sondern sie musste in ein Pflegeheim. Ich wohne weit weg von ihr und hätte sie auch so nicht pflegen können, denn sie konnte längere Zeit überhaupt nicht gehen und braucht auch jetzt noch rund um die Uhr Hilfe. Sie hat sich zwar körperlich wieder erholt, kann aber alleine nichts machen. Sie hat viele Jahre allein gelebt, hat sich aber eigentlich immer ziemlich gehen lassen, hat keine Interessen, hat weder etwas für ihren Geist noch für den Körper getan, und so war sie ohnehin schon in einem schlechten körperlichen Zustand, als ihr das passiert ist. Ich glaube, dass dieses Heim eine gute Lösung ist, die Pfleger und Pflegerinnen sind dort sehr nett, es ist kein großes Heim, und wann immer ich hinkomme, habe ich den Eindruck, dass eine sehr nette Stimmung ist. Ich habe aber trotzdem ein schlechtes Gewissen, obwohl ich weiss, dass ich nichts anderes machen hätte können. Meine Mutter und ich, wir hatten nie ein gutes Verhältnis, ich wurde, so weit ich zurückdenken kann, moralisch erpresst, es lief immer über die Schiene: die arme Mutter, die vom Ehemann verlassen wurde, und das böse Kind, das ihm ja so ähnlich ist, später die herzlose Tochter, die von der Mutter ja so geliebt wird, aber so selten kommt und selbständig sein will, während die Mutter so unter der Einsamkeit leidet. Ich habe viele Jahre gebraucht, um mich seelisch ein wenig von dem Druck zu befreien und das Schema zu durchschauen. Wahrscheinlich hätte meine Mutter eine Behandlung gebraucht, aber vor vielen Jahren am Land hat sich niemand darum gekümmert. Ich weiss, mein sehnlichster Wunsch wäre immer gewesen, eine Mutter zu haben, mit der man lachen und plaudern kann. Das war nie der Fall, es wurde immer geschrien oder schwarzgemalt, was mir alles passieren würde, wenn ich das oder das mache. Sie war immer sehr besitzergreifend und fordernd. Sehr langsam - eine Zeitlang war ich auch in Psychotherapie - habe ich es geschafft, dass ich ein normales Leben führen konnte und mich freier fühlte. Jetzt besuche ich meine Mutter ca einmal wöchentlich, kümmere mich natürlich um alle Bedürfnisse und versuche es so zu sehen, dass sie eine alte Frau in einem Heim ist, die sich freut, wenn jemand kommt. Sie ist jetzt wesentlich freundlicher als daheim, ein warmes Gefühl der Zuneigung gibt es aber zwischen uns nicht.
So, das sind jetzt einmal die Dinge, mit denen ich offenbar im Moment nicht ganz klarkomme, ich habe auch schon überlegt, wieder in Therapie zu gehen, aber um ehrlich zu sein, ist es im Moment eine finanzielle Frage. Ich danke Euch fürs Lesen, vielleicht gibt es ja jemanden, der ähnliche Erfahrungen hat und mir antworten möchte.
Liebe Grüße
Geigerin