meine unverzeihlichen Taten

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

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clawi
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meine unverzeihlichen Taten

Beitrag Do., 11.02.2016, 18:42

Ich habe sehr lange überlegt ob ich hier posten soll. Es fällt mir so schwer darüber zu schreiben und bis jetzt habe ich niemanden davon erzählt. Ich habe große Angst vor den Kommentaren und Antworten die auf mich zukommen werden, aber ich habe das Gefühl daran zugrunde zu gehen, deshalb trau ich mich euch von meinen schrecklichen Taten zu erzählen:
Ich habe meinen kleinen Bruder sexuell missbraucht. Ich kann mich nicht mehr erinnern wie alt ich war, noch über welchen Zeitraum oder wie oft es passiert ist. Wahrscheinlich war ich zwischen 10 und 12. Er zwischen 4 und 6. Ich versteh heute einfach nicht was ich mir dabei gedacht habe. Ich mochte (und mag) meinen Bruder! und ich mochte ihn auch wirklich nur als Bruder- fühlte mich nicht zu ihm hingezogen! Ich war ingesamt ein schreckliches Kind! Habe andere Kindergartenkinder und Mitschüler gemobbt und war teilweise sogar sehr aggressiv und gewalttätig. Es bricht mir das Herz, wenn ich an die Zeit zurückdenke. Ich bin heute ein anderer Mensch... Sehr sensibel und mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und glaubt es oder nicht, aber pädophile Vergewaltiger ekeln mich genau so an wie euch! Ich wurde selbst mehrmals sexuell missbraucht (Cousin) und sexuell belästigt (Onkel), was jetzt aber nicht Thema sein soll. Was ich meinem kleinen Bruder angetan habe, ist für mich millionenmal schlimmer. Mittlerweile bin ich 30, habe ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern und auch zu meinem Bruder. Ich wusste als Mädchen, dass es irgendwie nicht richtig war, was ich tat, doch WIE falsch es war, war mir bestimmt nicht bewusst. Meine Taten habe ich als Jugendliche sehr schnell vergessen. Ich war vielleicht Anfang 20 als es mir wieder eingefallen ist. Seither ist es ständig in meinem Kopf. Als mir einfiel, was ich getan habe, ging es meinem Bruder psychisch sehr schlecht. Er hatte große Probleme in der Schule und hat später auch die Schule abgebrochen. Zum ersten Mal kam mir der Geanke, der mich seither nicht mehr löslässt: dass es ihm so geht, ist einzig und allein meine Schuld! Mittlerweile hat er eine Ausbildung abgeschlossen und eine Anstellung gefunden. Er fällt aber oft aus, da er Phasen hat, in denen er so depressiv ist, dass er morgens nicht aus dem Bett kommt. Sein Chef droht ihm jetzt mit Kündigung sollte er noch einmal ausfallen. Er tut mir so schrecklich Leid und ich würde ihm so gerne helfen! Seit 10 Jahren lebe ich mit unerträglichen Schuldgefühlen. Die Schuldgefühle sind teilweise so schlimm, dass ich mich deshalb übergeben muss. Wir haben nie darüber gesprochen und ich habe große Angst ihn darauf anzusprechen. Nicht nur weil es mich sehr viel Überwindung kosten würde, sondern auch aus Angst etwas in ihm aufzuwirbeln und vielleicht schlimmer zu machen. Ich habe Angst, dass er meiner Familie davon erzählet - und von dem Schock und der Enttäuschung meiner Eltern. Ich fühle mich als wäre ich noch immer das Monster von früher. Wahrscheinlich werdet ihr sagen, dass jemand der so etwas getan hat, nichts anderes verdient. Und genau das denke ich auch. Warum soll es mir gut gehen, wenn es meinem Bruder schlecht geht? Das darf nicht sein. ER ist das Opfer!! Ich krieg auch nichts auf die Reihe, weder im beruflichen Leben, noch in Beziehungen. Wenn ich jemanden kennen lerne und die Person mehr will, blocke ich sofort ab. Ich ekel mich vor mir selber und habe das Gefühl es nicht zu verdienen geliebt zu werden. Ich bin verzweifelt und weiß nicht was ich machen soll. Soll ich ihn konfrontieren? Wenn ja wie? Bitte helft mir!

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blackpower
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Beitrag Do., 11.02.2016, 19:40

Ich weiß nicht was ich schreiben soll!??? Ich bin selber betroffen, auch wenn's doof klingt, ein solche Reaktion hätte ich mir damals gewünscht, von meinem Gegenüber, der mir das angetan hat. Auch wenn es nur ein winziges Puzzle Teil in meinem Leben war wie ich heute weiß.
Viielleicht können Dir andere etwas sagen. Ich bin im Moment nicht in dere Lage....

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"Aufgeben bedeutet nicht immer, daß man schwach ist. Oft bedeutet es einfach daß man stark genug ist, etwas loszulassen, was man nicht ändern kann."

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Entknoten
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Beitrag Do., 11.02.2016, 19:52

Offenbar hast Du als Kind das weitergegeben was Du selber gelernt und erfahren hast.
Hast Du für Dich bereits eine Therapie in Anspruch genommen?
Hier wird Dir (hoffentlich) niemand raten Deinen Bruder zu konfrontieren.
Zu allererst solltest Du Dich stabilisieren, Deine Erfahrungen verarbeiten und alle weiteren Schritte mit dem Therapeuten besprechen.
Alles andere würde vermutlich mehr schaden als nutzen!

Bei dem Leidensdruck bei Dir solltest Du damit nicht zu lange warten!

Und denk bitte daran: man braucht erst Stabilität um dann seine Verantwortung zu übernehmen, nicht umgekehrt.

Nein, ich verurteile Dich nicht. Das liest sich wie ein bisher sehr trauriges und einsames Leben, und das hat niemand verdient!
Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo vivo.
Cicero


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clawi
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Beitrag Do., 11.02.2016, 20:40

Ich danke euch beiden für eure Antworten!
blackpower, ich verstehe, wenn du dich dazu nicht äußern kannst. Und es tut mir auch Leid, dieses sensible Thema in diesem Forum angesprochen zu haben. Ich habe lange überlegt wo ich meine Geschichte am ehesten erzählen könnte und den richtigen Platz gibt es dafür nicht...

Entknoten, ich danke dir sehr für deine Worte. Ich war bereits 2 Jahre in Psychotherapie. Icha habe oben geschrieben, dass ich bisher niemanden davon erzählt habe und ganz vergessen, dass das gar nicht stimmt - Habe das Thema nämlich dort auch angeschnitten (in einem Brief). Hatte danach aber das Gefühl von meiner Therapeutin verachtet zu werden. Ich weiß nicht ob es Einbildung war... ich habe deutlich gemerkt, dass etwas anders wurde und auch versucht die Veränderung mit ihr zu diskutieren. Durch sie wurde mir bewusst, dass ich mir aufgrund meiner Taten ständig Steine in den Weg lege, die ein glückliches Leben nicht möglich machen. Sie hat mich immer wieder darauf hingewiesen, dass es nicht nur meine Schuld, sondern auch die meiner Eltern ist (die kaum da waren) und mir immer wieder gesagt, dass ich selbst noch ein Kind war. Sie hat auch versucht mir zu erklären, warum ich wohl so gehandelt habe. Aber für mich änderte sich dadurch gar nichts. Ich fühlte mich vielleicht kurzfristig besser, aber spätetens als ich meinen Bruder wieder gesehen habe, fühlte ich mich wieder wie der letzte Dreck. Ich weiß, dass ich unmöglich in der Lage bin mich besser zu fühlen, solange es meinem Bruder schlecht geht. Therapie hin oder her. Jedenfalls wurde die Therapie damals 1 Jahr nach dem Brief abgebrochen. Von ihrer Seite. Ich denke ehrlich gesagt nicht, dass eine erneute Therapie sinnvoll ist. Ich fürchte ich werde mit dieser Last leben müssen.
Danke für den Rat meinen Bruder nicht zu konfrontieren. Ich hatte diesbezüglich auch kein gutes Gefühl und dein Rat bestätigt dieses.

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Entknoten
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Beitrag Do., 11.02.2016, 21:29

Du hast ein Recht auf Therapie, und eine schlechte Erfahrung sagt nichts über den gesamten Berufsstand aus!

Ich würde Dir dringend empfehlen bei weiteren Therapeuten Termine zu machen, und gerade mit sensiblen Themen sollte man ganz besonders auf "stimmende" Chemie achten.

Du solltest Dich dringend aus der "Schuld" befreien und lernen Dich anzunehmen.
Achte auf Dich, Du hast nur dieses eine Leben!

Du kannst nicht die Verantwortung für das Leben Deines Bruders übernehmen. Ich fürchte da lastet ganz viel auf dir, zuviel von dem, was Eure Eltern zu verantworten haben!

Das hier ist genauso ein Ort für Dich! Sei achtsam mir dir, und beginne Dich erst einmal um dich zu sorgen!
Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo vivo.
Cicero

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Myhre
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Beitrag Fr., 12.02.2016, 07:44

Ich danke dir,dass du das gepostest hast.
Das macht mir Hoffnung.
Du brauchst dich also keinesfalls zu entschuldigen ich wünschte meine Täter kommen auch mal zu so einer Erkenntnis.
Dich selbst abzuwerten und zu verurteilen hilft aber auch nicht...lernen sich zu verstehen,sich kennenzulernen und es anders machen lernen.
Ich wünsche dir alles Gute
Myhre
Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran bemessen wie Tiere behandelt werden.
Mahatma Ghandi

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blackpower
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Beitrag Fr., 12.02.2016, 07:56

Hallo Clawi,

moment mal, entschuldigen brauchst Du Dich nicht, ich bin auch nicht aus Porzellan und zerbrechlich.
Im Gegenteil, ich finde Dein Outing stark und es zeigt, das Du Dich beschäftigst bzw. versuchst auseinander zusetzen.
Vielleicht schaffst Du es, Dir jetzt geeignete Hilfe zu suchen und all das aufzuarbeiten, damit Dein Leben sich wieder in etwas Positives wandeln kann.
Du hast bereits die ersten wichtigen Schritte in einen neuen Anfang in Deinem Leben gewagt, gehe nun weiter, sei es Dir wert, auch Du hast ein Recht auf Dein Leben danach...

LG
blackpower
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Entknoten
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Beitrag Fr., 12.02.2016, 09:17

Blackpower,

ich finde es ein wenig schwierig die AP so darzustellen, als wäre sie eine erwachsene, verantwortliche Erwachsene gewesen.

Hier sollte man sich, meiner Meinung nach, gänzlich von "Täterseite" verabschieden, und zu der "Opferseite" hinwenden.
Seinen eigenen Mißbrauch als "Opfer" hier einzubringen, sie mit den eigenen Tätern gleichzusetzen und somit ihr ausgeprägtes "Schuldbewusstsein" noch zu verstärken, halte ich für falsch.

Sie war ein sehr, sehr junges Kind, das selber unter den Taten gelitten hat. Ihre Reaktion war die Folge ihres eigenen Leids, und in dem Alter sicher nicht bewusst steuerbar.

Lasst ein wenig Milde gelten, und seht sie genauso: ein kleines Mädchen, das als Erwachsene ganz viel Leid ertragen muss. Immer noch. Und ich fände es angebrachter sie erst einmal darauf hinzuweisen dass sie sich für sich selber Hilfe holen darf, ihre eigenen - selbsterfahrenes - Schmerzen zu verarbeiten.

Alles andere, so denke ich, weiß sie ja. Und sie bestraft sich ja selber bereits. Jeden Tag.
Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo vivo.
Cicero


ballpoint
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Beitrag Fr., 12.02.2016, 09:56

clawi hat geschrieben:Wir haben nie darüber gesprochen und ich habe große Angst ihn darauf anzusprechen.
Du fühlst dich schuldig. Dass du selbst Opfer bist willst du außer Acht lassen. Okay. Dem Bruder geht es schlecht, du fühlst dich mit-verantwortlich, hast ihn aber nie auf das Thema angesprochen.

Ich kann mich, als Jüngster von Geschwistern, in die Lage deines Bruders hineinversetzen. Kämst du nun mit dem Thema zu mir in deiner schuldbeladenen Seelennot, so würde ich mich entschieden von dir abwenden. Und zwar für immer. Es ginge dir ja nur um dich und deine Ruhe. Täte dir echt Leid was du mir angetan hast und wäre dir mein Wohlergehen wirklich wichtig, dann würdest du Zeit mit mir verbringen, sehen (und nicht nur fragen) was du für mich tun kannst, Kontakt halten und dich konkret für mich einsetzen. Ohne etwas zurück zu verlangen. Das könnte mich von deinem ehrlichen Schuldbewusstsein überzeugen. Und von deinem Pflichtgefühl mir teilweise zurückzugeben was du mir abgenommen hast. Nämlich den Schutz der mir zukam.
caute

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Hexe2
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Beiträge: 69

Beitrag Fr., 12.02.2016, 10:02

Hallo clawi,

ich wünschte meine Täter hätten oder würden sich bei mir entschuldigen, aber ganz ehrlich. Vor meiner Therapie, wo ich alles noch verdrängt und weggeblendet habe, hätte es mich eher verstört und noch mehr aus der Bahn geworfen, weil ich damit nichts hätte anfangen können. Somit würde ich auch sagen, dass du deinen Bruder damit nicht konfrontierst, wenn er es aufarbeitet, wird er vielleicht von selber auf dich zukommen. Zumindest ist es bei mir so. Ich frage Leute, damit ich ein besseres Bild von allem bekommen kann und das hilft mir, da sich dadurch viel löst, für beide Seiten.
Das einzige, was mir einfällt, ist, dass du ihm vielleicht einen Brief schreibst, indem du dich entschuldigst, aber nicht darauf eingehst, für was genau. Wenn er es weiß, wird er vielleicht daraufhin auf dich zu kommen oder es wird ihn zum Nachdenken anregen und er wird mit dir reden wollen oder er kommt erst in zehn Jahren auf diesen Brief zurück, wenn er es verarbeitet hat. Alles ist möglich, aber im Grunde schließe ich mich Entknoten an. Du hast selbst Leid erfahren und warst sehr jung. Ich denke auch, dass es ein Ausdruck dessen war, was du selbst erfahren musstest. Die Seele braucht auch Luft zum Atmen und die Wut macht sich Luft. clawi, Du hast auch ein Recht zu Leben.
Mir hat mal jemand gesagt, "Du kannst die Vergangenheit nicht verändern, aber die Gegenwart schon. Dort leben wir, im Hier und Jetzt."

In diesem Sinne wünsche ich dir viel Kraft. Gib nicht auf, es gibt immer Hoffnung, irgendwie, irgendwo, nur manchmal braucht es seine Zeit, aber dafür ist es danach um so schöner. Daran glaube ich.

lg Hexe2


iwo
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
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Beiträge: 1

Beitrag Fr., 12.02.2016, 11:01

Hallo clawi

Mir gibt Dein Post auch Hoffnung.
In meiner Familie gibt es jede Menge Tabus und ich bin gerade mal wieder daran zu versuchen, mit meinen Angehörigen darüber zu sprechen. Und es scheint jede Menge aufzuwirbeln - was ich auch erwartet hatte.
Ich selber sehe mich im Moment eher auf der Opferseite, aber wenn Du schreibst, Du habest Deinen Bruder sexuell missbraucht, so kommt mir in den Sinn, dass ich Missbrauchsphantasien hatte und selber bei einem zu hütenden Zweijährigen "gefummelt" habe. Da das Kind mir eindeutig zeigte, es blöd zu finden, hatte ich glücklicherweise selber genug und hörte sofort auf.
Einfach, um Dir zu zeigen, dass Du bestimmt nicht die einzige bist, die als Opfer selber dann auch zur Täterin wurde. Und dass Deine Einsicht toll und der richtige Schritt ist.

Nun aber zu Dir:
Ich verstehe nicht viel von der Sache und hätte Dir tatsächlich geraten, mit Deinem Bruder zu sprechen. Die Ratschläge, Dich für Deinen Bruder zu interessieren und ihn zu unterstützen und einen allgemeinen Brief als Entschuldigung an ihn zu schreiben, finde ich aber einleuchtend und sehr gut.

Dann wollte ich Dich fragen, kannst Du etwas mit Glauben anfangen? Kennst Du Seelsorge?
Warum: Ich selber habe Psychotherapie gemacht und es war nicht negativ - hat aber nicht so viel bewirkt.
Da es bei mir der gewalttätige, übergriffige Vater war, hatte ich auch grosse Schwierigkeiten im Glauben; einen "Gottvater" konnte ich schlicht nicht denken während langer Zeit.
Jedoch, als ich "den Glauben wiederfand" (ich grenzte mich auch scharf ab, weil ich teilweise Sektierertum und Selbstbeweihräucherung beobachtete und befürchtete), fand ich einen sehr heilsamen Zugang zu Lieben, Vertrauen, Vergebung. Das klärte mein Verständnis für mich selber und die Welt und hat mir zum ersten Mal seit ich Therapie mache auch wirklich geholfen.

Es ist sicher wichtig, dorthin zu gehen für Hilfe bei seiner Beziehung zu Gott, wo man sich wohlfühlt und es kann ein längerer Prozess sein, den Ort zu finden, wo man sich mit dem Glauben wohlfühlt.
Ich kann Dir einen Link senden, wenn Du Bedarf und Interesse hättest.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Mut und vor allem auch Liebe und Verständnis für die Zusammenhänge!

iwo

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blackpower
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Beiträge: 549

Beitrag Fr., 12.02.2016, 14:12

Hallo Endknoten,

vielleicht habe ich mich wieder mal missverständlich ausgedrückt. Diese Einsicht wie sie Clawi gebracht hat, hätte ich mir auch gewünscht so manches Mal von denen, die mich da missbraucht und gequält haben.
Mehr wollte ich dazu nicht anmerken...
"Aufgeben bedeutet nicht immer, daß man schwach ist. Oft bedeutet es einfach daß man stark genug ist, etwas loszulassen, was man nicht ändern kann."


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clawi
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Beiträge: 5

Beitrag Fr., 12.02.2016, 15:39

Ich danke euch allen sehr für eure Antworten! So viel Verständnis von eurer Seite hätte ich niemals erwartet und ich fühle mich beinahe überwältigt. Ich weiß, dass viele von euch genau so eine oder ähnliche Taten verarbeiten müssen, dich ich meinem Bruder angetan habe. Deshalb rühren mich eure Worte sehr!
Ich denke ihr habt Recht, und ich sollte einer erneuten Psychotherapie eine Chance geben.
Ich bin mir nicht sicher ob es eine gute Idee ist mich in einem Brief bei ihm zu entschuldigen. Ich wüsste auch gar nicht wirklich, was ich in dem Brief schreiben soll, wenn ich mich nur entschuldige, aber nicht angebe wofür. Außer 'es tut mir Leid' würde mir gar nichts einfallen. Was soll ich sagen, wenn er mich fragt was mir Leid tut? Kommt das im Endeffekt nicht auf das Gleiche raus, wie eine persönliche Konfrontation? Er hat mich vor nicht allzu langer Zeit darauf hingewisen, dass ich mich nicht ständig bei ihm entschuldigen soll. Da ist mir erst bewusst geworden, dass ich mich wegen jeder Kleinigkeit entschuldige - sei es, dass ich ihn nur ganz leicht anrempel, oder letztens sogar weil sein Tee ausgekült ist......
Ich bin unbewusst sicher überfreundlich zu ihm. Ich bin bin immer für ihn da und wie ihr euch vorstellen könnt, würde ich wahrscheinlich alles für ihn tun. Wir wohnen quasi um die Ecke und sehen uns auch sogut wie jedes Wochenende bei meinen Eltern. Wir reden relativ viel miteinander, lachen auch gemeinsam (meinen Bruder lachen sehen ist für mich einer der schönsten Momente). Nach außen hin würde niemand etwas bemerken. Er ist sehr mitfühlend, fragt auch immer was los ist, wenn er merkt, dass es mich nicht gut geht. Er ist auch nicht immer schlecht drauf, sondern nur phasenweise. Manchmal habe ich aber schon das Gefühl, dass er sich mir abwendet. Ich habe paradoxerweise auch das Gefühl, dass er mir in vielen Dingen vertraut. Ich fühle mich dann immer heuchlerisch und wie eine Verräterin. Letztens hat er mir zum Beispiel erzählt, dass er einfach nicht weiß warum es ihm oft so schlecht geht und, dass er gerne den Wurzeln seiner Wut auf die Spur kommen möchte. War das Provokation? Wollte er, dass ich ihn konfrontiere? Oder hat er sogar verdrängt, was ich ihm angetan habe? Ich kann ihm ganz oft nicht in die Augen schauen, und denke, dass er, wenn er mich sieht, nur daran denkt...
Ihr schreibt, dass ich mich selber als Opfer sehen soll, dass ich das weitergegeben habe, was ich selber erfahren habe. Das ist für mich so unverständlich: Warum habe ich etwas gemacht, was für mich selber unangenehm war? Ich möchte anmerken, dass ich mich durch die sexuellen Misshandlungen von meinem Cousin nicht traumatisiert fühle. Es war für mich zwar in den Momenten sehr unangenehm, aber ich habe das auch als Kind jedes Mal sehr schnell wieder vergessen können. Deshalb sehe ich mich auch nicht als Opfer. Ich habe meinen Cousin als Kind sehr geschätzt (ja, trotzdem) und wusste immer ganz genau wann ich mich "Gefahrensituationen" aussetzte. In vielen Fällen hätte ich die Situationen auch verhindern können, habe sie aber trotzdem zugelassen, aus Angst, dass meine Familie sonst Verdacht schöpfen könnte. Das war's mir wert. Ich kann mich heute zwar noch an jedes Detail erinnern, empfinde aber absolut nichts, wenn ich daran denke. Ich habe jetzt auch ein völlig normales Verhältnis zu meinem Cousin und mache ihm keine Vorwürfe. Ich weiß auch gar nicht ob ihm bewusst ist, dass ich davon weiß - er glaubte immer ich würde schlafen. Einmal habe ich tatsächlich geschlafen und bin mit seinem Penis in meiner Hand und mit seiner Hand in meiner Unterhose aufgewacht. Ich bin so erschrocken, dass ich seine meine Hand weggezogen habe. Als ich ihn gefragt habe was er macht hat er irgendeine blöde Ausrede dahergestammelt. Ich erinnere mich, dass ich wütend auf ihn war, aber konnte danach sogar wieder einschlafen. Am nächsten Tag war alles wieder so als wäre nichts gewesen. Und ich war ehrlich gesagt auch froh darüber. Die nächtlichen Übergriffe haben aber erst später aufgehört. Ich habe mich schon öfter gefragt ob mir das nicht irgendwie nahegehen müsste, aber es lässt mich völlig kalt. Das war auch Thema in der Psychotherapie und die Therapeutin bestätigte, dass ich diese Sache sehr gut verarbeitet habe. Ich war schon aggressiv und gewalttätig BEVOR es zu den sexuallen Übergriffen von meinem Cousin kam. Die begannen als ich ca. 6 Jahre alt war und gingen vielleicht bis zu meinem 10.? Lebensjahr. Ich weiß es nicht mehr... Ich habe aber bereits mit 2,5 Jahren ein Kind so stark gebissen, dass es blutete).
Wenn ich 10- 12-Jährige Kinder sehe empfinde ich einfach nur Verständnislosigkeit. Es ist mir ein Rätsel, wie ich in dem Alter in der Lage war so etwas zu tun. 5-Jährige kann ich gar nicht anschauen.


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clawi
sporadischer Gast
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weiblich/female, 30
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Beitrag Fr., 12.02.2016, 15:41

@iwo - Ich freue mich für dich, dass du in dem Glauben Heilung gefunden hast. Ich persönlich habe mit Religion nichts zu tun. Ich sehe mich als unreligiös und kann mit Glauben auch nicht viel anfangen. Das sind aber nur meine persönlichen Gefühle, und ich finde es toll, dass du etwas gefunden hast, dass dir in deinem Leben Halt gibt!

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Hexe2
Helferlein
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Beitrag Fr., 12.02.2016, 16:33

Hallo clawi,

ja, da macht ein Brief wirklich keinen Sinn, wenn er dich sogar schon darauf angesprochen hat, dass du dich nicht ständig bei ihm entschuldigen sollst. Hast du dich schon immer so bei ihm entschuldigt oder ist das in letzter Zeit mehr geworden? Würde sich bei mir jemand ständig entschuldigen, würde ich wahrscheinlich mit der Zeit misstrauisch werden, aber wenn du es immer schon getan hast, wird er sich wahrscheinlich nichts dabei denken, außer, dass du so bist, da er dich ja nicht anders kennt.
Aber, so hart es sich vielleicht jetzt auch anhören mag, kann es sein, dass du wahrscheinlich erst richtigen Frieden in dir finden wirst, wenn du weißt, dass er dir vergeben hat?

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und das du den Weg finden magst, der dich glücklich werden lässt.

Lg Hexe2

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