Wie offen geht ihr mit eurer Therapie um?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

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Wie offen geht ihr mit eurer Therapie um?

Beitrag So., 24.01.2016, 11:29

Sprich wer weiß bei euch davon und vor wem versucht ihr es geheim zu halten oder seid ihr so offen, dass es bei euch jeder wissen darf?

Bei mir wissen es nur meine engsten Freunde, meine Familie nicht (da sie die Ursache sind) und bei der Arbeit will ich auf keinen Fall, dass es jemand mitbekommt. Weil ja dann auch weitere Nachfragen kommen nach dem Grund etc. Aber auch inhaltlich wissen meine Freunde nur marginal, worum es geht und wie es mir geht und so will ich es auch beibehalten.

Ich frage mich, ob ich mich da besonders anstelle oder ihr das auch so oder ähnlich handhabt..

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 24.01.2016, 11:45

Als ich vor drei Jahren in die Psychiatrie gegangen bin, haben wir vorher mit den mit uns befreundeten Familien gesprochen, weil es galt, die Kinder nach dem Kinn dergarten bzw schule zu betreuen bis mein Mann von der Arbeit kam. Dadurch war es im Kindergarten und auch in der schule bekannt.

Da ich direkt nach zwei Wochen Psychiatrie zur reha gegangen bin, war ich 8 Wochen wie untergetaucht. Das fällt in einem kleineren Ort schon auf. Ausserdem habe ich bei niemandem schweigen angeordnet.

So war nix geheirm zu halten weil ja auch alle miteinander reden.

Dass ich bis jetzt Therapie mache, wissen alle im Umfeld, der Rest ist mir wurscht.

Ich finde es auch nicht nachteilig Therapie zu machen. Ich finde es zeugt von selbstliebe und ist bei mir positiv besetzt.


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Beitrag So., 24.01.2016, 11:49

Ja wenn man selbst die Erfahrung gemacht hat, schon..ansonsten ist es ja schon teilweise stigmatisiert..man wird ja unter anderem teilweise nicht verbeamtet, weil man für sich selbst gesorgt hat.

Andere wiederum denken es ist nur für das Wohlgefühl, so eine Art Lifestyle.

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 24.01.2016, 12:21

Es war erst am Anfang etwa blöd als ich wieder Zuhause war,, weil ich immer das Gefühl hatte, das ich abgecheckt wurde, wie es mir geht. Da ich nach der Reha anfing, auf mich zu achten, bin ich jetzt auch augenscheinlich gut gekleidet, frisiert und mit Mamamakeup versehen. Das war ich vor der Klapse nicht. Da habe ich nur für die Familie gelebt. Ich hatte da auch das Gefühl, dass viele auf ein scheitern geschaut haben, dass aber nicht kam. Das es mir gut ging, war irgendwie rätselhaft für manche. Aber mit denen habe ich auch keinen Kontakt mehr.

Als dann die Kindergartenzeitg endete, haben sich auch bei einem Kind neue Kontakte ergeben und da erzähle ich eigentlich nicht von der Zeit. Das ich zur Therapie gehe, sage ich schon, wenn es um Terminabsprache geht.
MiR geht es ja auch gut, das kann man mir ja auch ansehen.

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Kathlea
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Beitrag So., 24.01.2016, 12:30

Bei mir verhält es sich eigentlich 1:1 zu deiner Beschreibung. Nur die engsten Freunde wissen es, aber nicht wirklich warum. Vor ihnen ist es mir auch nicht mehr unangenehm, da sie selber leider alle ihre Probleme mit sich rumschleppen. Meine Familie weiß es nicht und das soll auch so bleiben und es auf Arbeit oder sonst wo anders zu erzählen ist für mich ein absolutes No-Go. Habe aber auch 13 Jahre gebraucht, um mir überhaupt zu erlauben eine Therapie zu machen und erst Recht vor anderen Schwäche zu zeigen.


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Beitrag So., 24.01.2016, 12:34

Bei der Arbeit hat mir zum Bsp auch schon mal jemand erzählt, dass er eine Therapie macht und zwar aus genau den gleichen Ursachen wie ich, ich habe mich aber trotzdem nicht getraut ihm das auch zu erzählen..weil er nicht so der vertrauenswürdige Typ ist bzw jedem alles erzählt und es gibt eben immer irgendwo Leute, die versuchen, einen schlecht da stehen zu lassen, um ihre eigenen Komplexe auszugleichen...ich halte aber auch sonst mein Privatleben bei der Arbeit raus.

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 24.01.2016, 12:39

Ich habe meine Arbeit erst dadurch bekommen, dass ich Therapie mache. So war da nix zu verheimlichen. Ich kann da auch einfach sagen wie die Aktien stehen, auch gehe ich vor oder nach der Therapie dort oft vorbei und werde dann gefragt, wie es mir geht und ich frage, wie es ihnen geht.

Meine Eltern habe ich doch glatt vergessen, da Kontaktabbruch, hatte ich sie überhaupt nicht auf dem Schirm, ....


leberblümchen
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Beitrag So., 24.01.2016, 12:44

Ich empfinde das nicht als Defizit, davon nicht zu erzählen - weiß nicht, ob das nur bei mir so ankommt, oder ob du es tatsächlich so siehst; dass du denkst, es wäre vielleicht besser, wenn du offener wärest diesbezüglich.

Eine Therapie ist ja etwas sehr Persönliches, und daher geht das auch nur Menschen etwas an, mit denen ich einen engen persönlichen Kontakt habe.

Von Bekannten weiß ich, dass "Therapie machen" oft assoziiert ist mit "schwach sein und nicht funktionieren". Dann kann es also sein, dass jemand seinen Bekannten davon erzählt und die dann immer wieder den Betroffenen darauf "abklopfen", ob "es" denn schon geholfen hat. Von wegen: "Der geht schon drei Jahre zur Therapie und ist immer noch so ...". Wenn man in einem Umfeld lebt, in dem wenige Leute Therapie machen und in dem das noch sehr stigmatisiert ist, wäre es m.E. nicht so klug, sich diesen Stigmatisierungen auszusetzen; damit holt man sich nur noch ein zusätzliches Problem heran.

Woanders, z.B. in einer Großstadt bzw. in einer aufgeklärten, toleranten Umgebung, sehe ich das weniger kritisch. Ich würde jedenfalls davor warnen wollen, das Darüber-Sprechen als eine Art "Ziel" zu formulieren.

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Kathlea
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Beitrag So., 24.01.2016, 12:47

Mir fällt es gerade leichter mich wohl zu fühlen, wenn die anderen eben nicht wissen was mit mir los ist und mich ganz normal behandeln. Zu Beginn als ich es einigen Freunden erzählt habe, war ich automatisch blockiert, weil ich dachte, die sehen mich jetzt ganz anders und denken anders über mich. Es hat mich total unsicher gemacht und mich gehemmt. Mittlerweile bin ich über den Punkt hinaus und bin froh es ihnen erzählt zu haben aber das reicht auch an Personen, die das über mich wissen. Wenn es mir richtig schlecht geht brauche ich Menschen um mich rum, die nicht wissen was mit mir los ist, da ich nur dort dann es auch vergessen und mich normal verhalten kann. Ist das bei dir auch so oder genau andersherum?


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Beitrag So., 24.01.2016, 13:03

Da habt ihr beiden mich gerade ganz gut zum Denken angeregt. Ich habe nämlich schon das Gefühl, teilweise offener sein zu müssen, um besser mit anderen in Kontakt zu treten, aber meistens bereue ich es dann an irgendeiner Stelle eh auch wieder. Meine Thera sagt teilweise, ich würde anderen Menschen keine Chance geben mit mir, aber das heißt natürlich nicht, dass man so private Dinge wie die Therapie herausplappern müsste, um das zu erreichen

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Kekskrümel
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Beitrag So., 24.01.2016, 13:18

Bei mir weiß es die Familie und die engsten Freunde. Ich persönlich finde, dass es nicht jeder wissen muss. Ich verbinde damit meine ganze Kindheit/Jugend und ich habe nicht immer Lust das jedem alles zu erzählen und finde das es auch zu meiner Privatsphäre gehört. Auf der Arbeit weiß es keiner, für mich wüsste ich auch nicht wieso ich es erzählen sollte.
Bei mir stellt sich eher die Frage, warum es Menschen gibt die es jedem erzählen und total öffentlich machen ?! Möchte man da dann gehört werden, Aufmerksamkeit, Mitleid was auch immer?

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Schnuckmuck
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Beitrag So., 24.01.2016, 13:25

Mein Job ist in der sozialen Einrichtung wo ich Therapie mache.

Warum ich in der Klapse war und weshalb ich Therapie mache wissen die wenigsten.


Landkärtchen
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Beitrag So., 24.01.2016, 13:32

Sehr nahe Freundinnen und Freunde wissen das ich in Therapie bin und auch warum. Viele von denen sind selber therapieerfahren und können deswegen gut nachvollziehen wie es einem im therapeutischen Verlauf gehen kann. Es gibt Momente, da tausche ich mich auch inhaltlich mit ihnen aus. Mir tun die Gespräche ausgesprochen gut und ich habe noch nie schlechte Erfahrungen damit gemacht, dass das Wissen das sie über mich haben, ausgenutzt wurde. Ganz im Gegenteil. Die Freundschaften haben sich dadurch vertieft.
Von meiner Familie weiß es nur mein Bruder, zu den anderen habe ich aber auch seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr.
Beruflich weiß es niemand und da werde ich auch aus Selbstschutzgründen nichts dran ändern.

LG-Landkärtchen
Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?

Vincent van Gogh

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saffiatou
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Beitrag So., 24.01.2016, 14:14

als ich vor fünf Jahren mit meiner Therapie anfing haben es nur die engsten
Freunde erfahren, weil ich Angst hatte alle anderen halten mich nun für verrückt
damals stand auch nur die Diagnose Depression, später kamen die PTBS und
generalisierte Angststörung.... hinzu.

Inzwischen gehe ich relaitiv offen damit um. Im Betrieb wissen es einige Kollegen,
bin nun berentet, wurde aber, als ich dem Personalchef von der Depression unter-
richtete sehr gut unterstützt. Aber ich würde das nicht so pauschal sagen, daß es
immer gut ist im Betrieb darüber zu reden, da kommt es darauf an, wie die
Einstellung der Chefs ist.

Von meinen Kollegen wissen es einige, allerdings auch nur über die Depression und
Therapie. Selbstverständlich erfhährt niemand vom Inhalt der Therapie etwas. Eine
Kollegin war super neugierig und da habe ich dann gesagt, daß das etwas zwischen
mir und meinen Thera ist und niemanden etwas angeht.

Bekannte: eine Nachbarin, mit der ich mich angefreundet habe weiß davon, versteht
aber nicht was das bedeutet. Ansonsten geht das niemanden etwas an.

Manchmal denke ich, es wäre gut, wenn mehr Menschen darüber reden würden, alleine
um das Stigma gerade der Depressionen aufzuheben, aber das wird noch ein langer Weg
sein.

Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan


ballpoint
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Beitrag So., 24.01.2016, 14:32

Schöner thread, speechless! Mich hat wohl die Angst einiger in meiner Therapiegruppe, von Kollegen oder Verwandten “entlarvt” zu werden damals dazu gebracht außerhalb recht offen zu sein. Vielleicht sogar zu offen. Denn mit den Jahren sah ich, in mir und auch anderen, dass therapeutische Fortschritte devaluieren können wenn sie geteilt werden. Was einen bedrückt soll man sich von der Seele reden, was einen aber aufrichtet sollte man vielleicht eher in sich hegen. Damit es weiter wirkt und nicht verfließt. Fast wie das Freimaurergeheimnis das Wert verliert wenn es herumposaunt wird. Vielleicht auch ähnlich wie, in einigen Religionen, das Verbot Gottes Namen auszusprechen.

Ich bevorzuge in meinem Umkreis die Handvoll Leute die in Therapie waren/sind: das Eis bricht schnell, man braucht mit keiner Unaufrichtigkeit oder Gemeinheit zu rechnen, es nimmt einem Mühe, sowohl beim Kennenlernen als in der Freundschaft. Da kann man dann so offen sein wie grad angebracht. Meistens versteht man sich mit wenigen Worten. Und das sind schöne Sachen.
caute

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