Guten Abend liebes PT-Forum,
Ich versuche mich kurz zu fassen, auch wenn das schwer wird.
Ich bin 27 Jahre alt, weiblich und habe vor einigen Monaten mein erstes Kind bekommen.
Ich habe eine weniger schöne Kindheit hinter mir, die von häuslicher Gewalt (Vater schlägt Mutter und Kinder), jahrelangem Kampf nach Aufmerksamkeit (Eltern selbstständig, Kinder wurden emotional vernachlässigt), Tod des Bruders durch einen Unfall und dem darauffolgenden Kollaps der Familie resultierend darin, dass alle in verschiedene Städte / Länder gezogen sind und nur noch sporadisch Kontakt halten.
Ich habe Probleme damit, Sachen durchzuziehen wie Arbeit und Projekte und flüchte gerne, wenn die Situation zu heikel wird, z.B. wenn Ich Durchhaltevermögen und Willensstärke aufbringen muss oder Ich von Anderen kritisiert werde.
Ich bin kein schüchterner Typ, im Gegenteil überdecke ich meine Komplexe mit extrem lauten, aufdringlichen und humorvollen Gesten.
Dadurch habe ich auch keine Probleme Leute kennenzulernen oder Freunde zu finden.
Ich denke die wenigsten wissen wirklich, was in mir vorgeht.
Das Problem habe ich nun schon seit Jahren, dass ich automatisch davon ausgehe, dass jeder mir etwas Schlechtes wünscht/ missgünstig ist und schlecht über mich denkt. Auch, bzw. besonders meine Freunde/ Familie.
Ich habe das wie gesagt schon lange, aber vor einigen Jahren bin ich ins Ausland gegangen und habe dort in verschiedenen Städten und Ländern gearbeitet und bin herumgereist. Wie ein verlängertes work and travel- Jahr quasi. Dort ging es mir gut, ich war so beschäftigt mein Leben und die Distanz zu meiner Heimat zu genießen dass ich zum ersten mal in meinem Leben wirklich glücklich war.
Irgendwann hat aber fast jeder die Schnauze voll aus einem Koffer zu leben, deswegen wollte ich wieder dorthin wo ich herkam und einfach ein normales Leben führen. Ich fühlte mich bereit!
Naja um es kurz zu machen, ich bin wieder nach Deutschland gekommen, hab mir Arbeit gesucht, habe einen tollen Mann kennengelernt, wir sind zusammengezogen und irgendwann wurde ich ungeplant schwanger, worüber wir beide uns jedoch wirklich von tiefstem Herzen gefreut haben.
Gegen Ende der Schwangerschaft musste ich aufhören zu arbeiten, also war ich einige Monate alleine tagsüber Zuhause und hatte nichts zu tun ausser meinen Bauch zu bewundern.
Das war der Zeitpunkt, an dem die negativen Gefühle wieder hervorkamen:
Das Andere mir mein Glück nicht gönnen würden,
Dass hinter meinem Rücken gelästert wird,
Dass ich keine richtigen Freunde habe, dass meine Familie so weit weg wohnt und ich somit alleine bin.
Hinzu kam, dass zwei mir sehr vertraute Menschen in dieser Zeit schwer erkrankten, was mich sehr mitnahm.
Dann kam die Geburt meines Kindes, der schönste Moment meines Lebens, keine Frage. Das Baby ist wirklich mein großes Glück, mein Ruhepunkt.
Jedoch fällt mir auf, dass ich nicht möchte dass andere es anfassen oder generell ihm zu Nahe kommen.
Das geht sogar soweit, dass ich vor den Weihnachtsfeiertagen eine Panikattacke hatte weil ich wusste dass mein Kind wieder von allen Familienangehörigen meines Mannes angegrabbelt werden wird und alle es im Arm halten wollen.
Ich habe meinen Mann darum gebeten, seiner Familie klarzumachen, dass ich ein Problem damit habe oder mir das Baby zumindest nach kurzer Zeit wiedergegeben wird. Ich werde vor allem richtig nervös und aggressiv wenn die Schwiegermutter und Schwester meines Mannes unser Kind anfassen.
Mein Mann hat aber ein total gutes Verhältnis zu seiner Familie und konnte das nicht nachvollziehen, hat mir gesagt ich hätte einen gewaltigen Schaden und solle an mir arbeiten, da dass Problem ja eindeutig nur bei mir liegt.
Ich kann es aber einfach nicht. Ich plane seitdem, hier wegzuziehen. Am besten in eine ganz entfernte Stadt. Mein Mann will das nicht, weil er gerne in der Nähe seiner Eltern wohnen bleiben will (obwohl er jeden Tag stundenlang zur Arbeit pendeln muss!).
Ich weiss nicht wieso ich dieses unkontrollierbare Bedürfniss habe hier weg zu müssen, aber ich weiss ja, dass es mir woanders mal gut ging! Kennt das hier jemand? Ich war meine ganze Jugend in Therapie aber habe niemals Psychopharmaka genommen. Jetzt würde ich unter keinen Umständen eine Therapie machen, weil ich Angst habe, dass mir das Kind weggenommen wird weil Leute sich irgendwelche Sachen zusammenspinen, wenn das herauskommt. Für mein Kind würde ich alles machen, es gibt mir Kraft und ich will ihm eine liebevolle Umgebung schaffen in der es sicher zu einem jungen Erwachsenen heranreifen kann.
Ist meine Überlegung nachvollziehbar, von hier weg zu ziehen? Jetzt wo ihr eine grobe Idee von meiner Vergangenheit habt, was denkt ihr.. ? Oder habt ihr vielleicht Ähnliches Erlebt?
Ich bin über jeden Lösungsansatz dankbar.
Paranoia äußert sich immer extremer
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Ja, das ist auch ganz typisch. Wenn man viel allein ist und auf sich selbst bezogen, dann wird das Gehirn wieder "kränker".Wildchild hat geschrieben:Gegen Ende der Schwangerschaft musste ich aufhören zu arbeiten, also war ich einige Monate alleine tagsüber Zuhause und hatte nichts zu tun ausser meinen Bauch zu bewundern.
Das war der Zeitpunkt, an dem die negativen Gefühle wieder hervorkamen:
Das Gehirn braucht einfach den Austausch zwischen anderen Menschen.
Naja, ich GLAUBE im Kern willst du jedoch nicht von diesem ORT flüchten, sondern vor deinem Inneren. Deshalb kommen auch gerade jetzt diese Gedanken, wo es dir schlechter geht.Wildchild hat geschrieben:Ich plane seitdem, hier wegzuziehen. Am besten in eine ganz entfernte Stadt.
Aber davor kannst du nicht flüchten. Es wird dich alles solange immer wieder verfolgen und wachrütteln wollen, bis du eine Lösung für deine Probleme gefunden hast.
Ansonste hast du einen halbwegs guten Mutterinstinkt finde ich. Ok, vielleicht etwas übertrieben. aber ich kann es total gut nachvollziehen, dass du das nicht so magst, dass alle das Kind auf dem Arm haben.
Klar, nach und nach musst du deinem Kind mehr Freirau geben. Je älter es wird halt. UNd damit es sich normal entwickeln kann, muss es natürlich auch Kontakt zu anderen Menschen haben.
Ich denke, du hast ja im Moment nur dein Baby. Da steigert sich man da gern mal hinein, wenn man nur noch einen Lebensmittelpunkt hat. Was mit einem kleinen Baby aber wohl auch noch normal ist.
Wie wärs denn mit einer Mutter-Kind-Gruppe, um sich mal mit anderen Müttern auszutauschen.
Ich kann mir echt gut vorstellen, dass dieses Problem, was du hast auch andere kennen.
Es riecht nach Heldentaten und Kerosin
Bären erwürgen, Metall verbiegen
Mehr Kerben im Colt, genug Risse im Riemen
Flanke, Dropkick, aufgestiegen.
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- [nicht mehr wegzudenken]
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Dein Mann hat Recht, das weißt du im Grunde auch. Das Kind gehört nicht euch, es ist ein eigener Mensch. Und zudem ist es extrem schädlich, ihn abzuschirmen. Ihn unterschiedslos an niemanden heranlassen geht nicht, so lernt er nicht, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.
Das kleine süße Baby wird irgendwann groß und dich möglicherweise genauso mögen wie du deine Familie. Besser du verabschiedest dich von deinem Machbarkeitswahn.
PS: Wegen Psychotherapie wird dir das Kind sicher nicht abgenommen, da müsste schon mehr passieren, dann aber würde es dir auch ohne Therapie abgenommen werden.
Das kleine süße Baby wird irgendwann groß und dich möglicherweise genauso mögen wie du deine Familie. Besser du verabschiedest dich von deinem Machbarkeitswahn.
PS: Wegen Psychotherapie wird dir das Kind sicher nicht abgenommen, da müsste schon mehr passieren, dann aber würde es dir auch ohne Therapie abgenommen werden.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]
Das sehe ich auch so, Ablenkung hat immer geholfen, und das ist zur Zeit ja nicht mehr möglich. Obwohl ich ganz ehrlich sagen muss, ich glaube es ist weniger der Austausch mit anderen Menschen als einfach etwas "machen". Ich bin auf Arbeit immer aufgeblüht, allerdings nur für kurze Zeit bevor ich wieder etwas Neues brauchte.Aliena hat geschrieben:Ja, das ist auch ganz typisch. Wenn man viel allein ist und auf sich selbst bezogen, dann wird das Gehirn wieder "kränker".
Das Gehirn braucht einfach den Austausch zwischen anderen Menschen.
Ich bin auch der Meinung, dass es mal wieder die große Flucht vor mir selbst ist. Aber ich muss dazu sagen, dass ich diese Probleme in einer anderen Stadt nie so stark hatte. Hier erinnert mich eben alles an meine Vergangenheit und die Leute die hier wohnen haben auch eine noch recht altmodische Einstellung zum Leben, z.B. jeder der nur leicht aus der Norm fällt wird ausgestoßen. Ich hatte schon immer ein Problem damit mich anzupassen, in der Großstadt wird so etwas eher toleriert.Aliena hat geschrieben:Naja, ich GLAUBE im Kern willst du jedoch nicht von diesem ORT flüchten, sondern vor deinem Inneren. Deshalb kommen auch gerade jetzt diese Gedanken, wo es dir schlechter geht.
Aber davor kannst du nicht flüchten. Es wird dich alles solange immer wieder verfolgen und wachrütteln wollen, bis du eine Lösung für deine Probleme gefunden hast.
Aliena hat geschrieben:Ansonste hast du einen halbwegs guten Mutterinstinkt finde ich. Ok, vielleicht etwas übertrieben. aber ich kann es total gut nachvollziehen, dass du das nicht so magst, dass alle das Kind auf dem Arm haben.
Klar, nach und nach musst du deinem Kind mehr Freirau geben. Je älter es wird halt. UNd damit es sich normal entwickeln kann, muss es natürlich auch Kontakt zu anderen Menschen haben.
Ich denke, du hast ja im Moment nur dein Baby. Da steigert sich man da gern mal hinein, wenn man nur noch einen Lebensmittelpunkt hat. Was mit einem kleinen Baby aber wohl auch noch normal ist.
Wie wärs denn mit einer Mutter-Kind-Gruppe, um sich mal mit anderen Müttern auszutauschen.
Ich kann mir echt gut vorstellen, dass dieses Problem, was du hast auch andere kennen.
Hier finde ich hast du vollkommen Recht, das Problem werden auch andere Mütter kennen und es stimmt auch, dass ich mein Kind zur Hauptaufgabe gemacht habe und mich so ziemlich hineingesteigert habe.
Warum ich nicht zu solchen Mutter-Kind-Kursen gehe, kann ich dir sagen: Gerade andere Mütter empfinde ich als neidisch und missgünstig und dieser stetige Konkurrenzkampf treibt mich in den Wahnsinn. So waren meine letzten Kontakte zu Müttern nämlich.
Mein Mann und ich haben an dem Abend, an dem ich diesen Post verfasst habe noch ausführlich über mein Problem diskutiert und er hat selbst zugegeben, dass hier zu wohnen nicht das Praktischte für unsere Situation ist, auch wenn er gerne hier wohnt.
Er hat vorgeschlagen in etwa eineinhalb Jahren in die Stadt zu ziehen, in der er arbeitet (was mir natürlich sehr gefallen würde).
Aber er verlangt dafür, dass ich in der Zwischenzeit an mir arbeite, was ich auch einsehe. Ich habe wirklich am meisten Angst davor umzuziehen, nur um dann nach ein paar Monaten zu merken, dass ich schon wieder vor dem gleichen Problem stehe!
Die Paranoia kommt warscheinlich daher, dass ich nie Wertschätzung erfahren durfte und mein Vater desöfteren versuchte, mich in Internate und Heime abzuschieben weil ich etwas schwierig war (was er auch für einige Monate durchsetzen konnte), deswegen glaube ich auch keine anderen Menschen könnten geduldig mit mir sein oder mich so nehmen wie ich bin, mit all meinen Fehlern.
Vielleicht hilft dort eine simple Verhaltenstherapie?
Danke auf jeden Fall für deine Antwort, ich weiss es sehr zu schätzen. Du hast mir einige Sachen klargemacht und Ich war deswegen in der Lage, auch meinem Mann besser zu schildern wie ich mich fühle.
Was der Rose gesagt wurde, auf dass sie sich öffnete - das wurde mir gesagt, hier, in meiner Brust.
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Hi Broken Wing,Broken Wing hat geschrieben:Dein Mann hat Recht, das weißt du im Grunde auch. Das Kind gehört nicht euch, es ist ein eigener Mensch. Und zudem ist es extrem schädlich, ihn abzuschirmen. Ihn unterschiedslos an niemanden heranlassen geht nicht, so lernt er nicht, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.
Das kleine süße Baby wird irgendwann groß und dich möglicherweise genauso mögen wie du deine Familie. Besser du verabschiedest dich von deinem Machbarkeitswahn.
PS: Wegen Psychotherapie wird dir das Kind sicher nicht abgenommen, da müsste schon mehr passieren, dann aber würde es dir auch ohne Therapie abgenommen werden.
Erstmal danke fuer deine ehrliche Antwort. Auch dir gebe ich Recht, das letzte, dass ich will ist das mein Kind einen Schaden durch mein egoistisches Verhalten bekommt.
Der Vater des Kindes ist zum Beispiel in Allem was das Kind betrifft voll integriert und ich wuerde sogar sagen, dass wir uns die Zeit mit dem Kind wirklich 50/50 teilen. Die beiden haben eine tolle Bindung zueinander. Bei EINIGEN Bekannten von meiner Seite (die ich aber auch schon seit 10 Jahren + kenne), habe ich auch kein Problem, wenn sie das Kind in den Arm nehmen, damit spielen usw. Aber eben nicht so lange und nicht ALLE.
Wo es mich wirklich zur Weissglut bringt ist bei der Schwiegermutter und bei der Schwester meines Mannes. Ich kann es nicht erklaeren, aber ich tippe darauf dass ich ja schon meiner eigenen Familie nicht vertraue, dann erst Recht nicht einer Fremden. Das Wort Familie gibt mir nicht die Sicherheit, die ich braeuchte um mein Baby ruhigen Gewissens bei denen im Arm zu lassen ohne innerlich zu sterben. Ich habe frueher mehr Zusammenhalt und Geborgenheit bei ein oder zwei Freunden von mir erlebt als Zuhause.
Ich habe sogar das Gefuehl gehabt, dass die Schwiegermutter schon richtig beleidigt ist, weil sie spuert, dass ich ihr das Kind nur ungerne gebe. Auf jeden Fall wird sie mir gegenueber immer zurueckhaltender und faengt auch an sich einzumischen und Sachen zu sagen wie: "Naja, dann lass ihn doch mal kurz schreien und spring nicht gleich auf wenn er quengelt.", was das Verhaeltnis zwischen uns natuerlich nicht entschaerft. Manchmal spinne ich dann etwas weiter und denke, sie will mir das Kind irgendwie wegnehmen.
Grosseltern haben natuerlich ein Recht auf ihr Enkelkind, aber ich moechte einfach nicht mehr diese innerliche Panik haben wenn wir wieder dort sind, deswegen frage ich hier ja auch um Hilfe. Dass das Kind nicht mein Eigentum stimmt, nur momentan fremdelt es auch schon, und will andere nichtmal ansehen, was aber auch von der Schwiegermutter ignoriert wird. Da koennte man doch auch sagen, dass das Kind nicht ihr Eigentum ist, und nur damit sie es auf dem Arm hat muss es sich doch auch nicht eine Stunde lang unwohl fuehlen und weinen, oder?.
Mich nimmt auch keiner dort Ernst, wenn ich sage, dass das Kind muede ist und schlafen will oder es alleine spielen will, was es in letzter Zeit immer oefter macht. Was ich meine ist, es wird mir auch nicht einfach gemacht.
Was der Rose gesagt wurde, auf dass sie sich öffnete - das wurde mir gesagt, hier, in meiner Brust.
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