Terminverschiebung/Absage von Thera, feste Therapiezeiten, Umgang damit

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Wandelröschen
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Terminverschiebung/Absage von Thera, feste Therapiezeiten, Umgang damit

Beitrag Sa., 23.05.2015, 18:11

Ausgelöst durch Äußerungen in einem anderen Thread möchte ich hier ein aufgeworfenes Thema mal herausstellen, um es mal mit euch zu betrachten, es also als eigenes Thema behandeln.

Eine Therapiestunde dauert ja in der Regel 50min und beginnt um eine feste Uhrzeit, sagen wir mal zur vollen Stunde. Diese 10min Wechselzeit braucht der Thera ja zum geistigen Umswitchen, AB abhören, PP, trinken, …

Wie ist die Handhabung dieser Therapiezeiten? Ist sie Verfahrensabhängig? Diesen Eindruck habe ich durch die Äußerungen hier im Forum aus meinen eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Theras. Verfahrensabhängig also in der Art, dass ich den Eindruck habe, dass in der Analyse eher auf Einhaltung der Zeiten penibel geachtet wird als z.B. in der VT, sprich dort wird pünktlich angefangen und knallhart nach 50min aufgehört, egal in was für eine Verfassung der Patient war, während in der VT schon mal je nach Situation zu- und abgegeben wird.
Ist das so, oder ist es nur meine Wahrnehmung?

Wie werden bei euch Termine ausgemacht?
In der Analyse hat man ja bis zu drei Termine in der Woche. Sind diese dann fest auf bestimmten Tagen/Zeiten und werden dann von Woche zu Woche verlängert/bestätigt?
VT ist in der Regel ja nur einmal die Woche. Bei mir war es so, bei den zweien, wo ich dann längerfristig war, immer so 3-4 Termine vereinbart (war dann in aller Regel auch immer zur gleichen Zeit am gleichen Wochentag).

Man hatte also seine festen Zeiten, seinen festen zeitlichen Rahmen, das gibt natürlich Sicherheit.
Das Zeitmanagement liegt in der Verantwortung des Therapeuten, oder? Er hat darauf zu achten, dass die Stunde zeitlich passend beendet wird, denn er weiß ja auch, dass danach der nächste Patient kommt (dessen Baustellen er kennt – wenn´s nicht grad ein ganz neuer ist).

Jetzt kann ich mal wieder nur von mir sprechen. Es kam gerade in der Phase der Traumabearbeitung vor, dass nach 50min nicht alles halbwegs Rund war, mein Thera (auch damals meine Ex-Thera) dann auch mal überzog und mich dann erst in einen akzeptablen Zustand gehen ließ, was mir gegenüber nur verantwortungsbewusst war. Klar musste dann der nachfolgende Patient warten. Das bedeutet ja nicht, dass dem Thera der nachfolgende Patient weniger wichtig/lieb/wertvoll ist als man selber. Hinzu kommt ja, dass man selber ja auch mal gewartet hat, weil bei dem vorhergehenden Patienten überzogen wurde. Je nachdem, wie der zeitliche Spielraum des Theras war, hatte er dann die anfänglich fehlende Zeit direkt drangehangen, oder doch pünktlich aufgehört, war dann halt nur eine 40min. Stunde. Aber das ist ja dann nicht schlimm, weil es ja auch schon 60min Stunden gab.

Es gibt Patienten, und zu denen habe ich in der ersten Zeit der Therapie auch gehört, da ist es ganz wichtig, dass der zeitliche Rahmen ziemlich exakt eingehalten wird, weil es ansonsten unbearbeitete Baustellen triggert, z.B. massive Verlustängste.
So hatte mich mein Thera in der Anfangszeit einmal nachmittags vor meinen Termin am nächsten Morgen (hatte da den ersten Termin) angerufen. Sofort machte sich Angst breit, er sage ab…, war aber nicht so. Er wollte mich nur darauf vorbereiten, dass es – auch wenn es sehr unwahrscheinlich wäre – sein könnte, dass er nicht pünktlich komme, weil er mit dem Auto kurzfristig in die Werkstatt müsse. Ich solle mir keine Sorgen machen, falls er nicht pünktlich da wäre, er habe mich nicht vergessen. Nur soweit: er war pünktlich.

Es gab eine Zeit, da hat meine Ex-Thera mit mir Doppeltermine ausgemacht, weil einfach 50min nicht ausgereicht haben um mich an den Punkt zu bringen, wo ich arbeiten konnte, dann am Thema zu arbeiten und dann wieder davon wegzukommen und gut aufgestellt zu sein. Dann ging es ja bei der Terminsuche auch etwas schwieriger zu. Da sagte sie dann schon auch beim Blick in ihren Kalender, wenn nur eine Stunde Lücke war, den Patient vorher oder hinterher könne sie fragen, ob der Termin zu verschieben sei. An anderer Stelle dachte sie laut, ne, da geht’s nicht, der braucht den… Später wurde auch ich mal (war wirklich Ausnahme) auch schon von ihr angerufen, weil sie meinen Termin zugunsten einer anderen Patientin verschieben wollte. Das ging dann für mich völlig in Ordnung, war ja nicht total kurzfristig und ich wusste ja, andere haben es ja auch schon für mich getan und ich war da ja schon nicht mehr essentiell auf diesen Termin angewiesen (auch wenn ich ihn natürlich gerne zu diesem Zeitpunkt wahrgenommen hätte).

Es gab also Zeiten, da wären für mich Terminabsagen und –verschiebungen eine ziemliche Katastrophe gewesen. Entweder weil es Baustellen getriggert hätte, oder weil eher Krisenmanagement angesagt war. Aber das ist ja etwas, was der Thera von seinem Patienten weiß (oder wissen sollte), wie der aktuell aufgestellt ist.

Ich gehe davon aus, dass ein Therapeut verantwortungsbewusst mit der Terminplanung umgeht, welchen Patienten er wann Terminabsagen/Verschiebungen zumuten kann. Die Gründe, ob beruflich oder privat sind für mich dafür vollkommen irrelevant. Auch ein Therapeut kann und darf seine Prioritäten setzen.

Sollte aber ein Thera termintechnisch gesehen ein Chaot sein (auch schon hier gelesen), der öfters Termine vergisst oder doppelt belegt, wäre das für mich schon ein Kriterium, dort nicht hinzugeben, weil dann generell ein für mich notwendiger sicherer Rahmen nicht gegeben ist.

Jetzt hat es ja hier durchaus kritische Bemerkungen dazu gegeben, wenn ein Therapeut eventuell zu Gunsten eines anderen Patienten einen Termin verschiebt oder auch mal überzieht (egal aus welchen Grund). Und ihr (also diese Kritiker) sagt euch, ihr wolltet nicht die nachfolgende Patientin sein, die es trifft.
Was löst diese Reaktion aus? Verlustängste habe ich ja schon mal eingebracht. War es das bei euch oder gibt es da noch anderes, was diese Reaktion bei euch hervorgerufen haben könnte? Habt ihr da mal hingeschaut?
Weitere Fragen: wie geht ihr mit Terminabsagen/-verschiebungen seitens eures Theras um?
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Fify
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 18:32

Also ich mache eine analytische Therapie und ich hab fünfzig Minuten. Meine Therapeutin fängt immer pünktlich an. Enden tut sie meist pünktlich, manchmal macht sie ein paar Minuten länger um zu einem guten Schluss zu kommen. Das geht nicht immer, aber recht häufig.
Sie verschiebt sehr selten Termine und ich weiß, dass sie sich bemüht, dass es eine Konstanz gibt. Ich hingegen muss oft um Terminverschiebungen auf Grund meiner Arbeit bitten. Sie versucht mir das dann möglich zu machen.
Ich erfahre aber nicht, warum es manchmal nicht klappt und auch nicht, warum sie einen Termin verschiebt.
Ich denke mir, dass sie Gründe haben wird. Ich halte sie für eine verantwortungsbewusste und gewissenhafte Person. Ich kann ihr da vertrauen.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 18:48

Hallo, Wandelröschen,
es kommt darauf an, was du unter 'streng' verstehst: Eigentlich würde ich sagen, ja, stimmt: Es ist wirklich 'streng', aber in diesem Strengsein gibt es gefühlte unendliche Möglichkeiten - wodurch es dann am Ende alles andere als streng wird. Es kommt durchaus vor, dass Stunden überzogen werden; es ist dann die Geste, die zählt, und weniger die tatsächlich überzogenen Minuten: Wenn ich weiß, dass die 50 Minuten üblicherweise streng eingehalten werden, dann sind 57 Minuten wie ein Geschenk. Und entsprechend selten kommt es vor, zu besonderen Anlässen, z.B. als ich einmal ziemlich aufgelöst war; da hat er bis zur vollen Stunde gemacht, als es schon klingelte. Oder ein anderes Mal, als wir beide gespürt haben, dass die Stunde eine besondere Begegnung war, wo etwas Besonderes besprochen wurde. Ich glaube, es kam in 300h vielleicht dreimal vor, dass mehr als fünf Minuten überzogen wurde - und ich fand das viel, weniger bezogen auf die tatsächlichen Minuten, sondern bezogen auf das Wissen, dass es manchmal besondere Momente gibt, die eine besondere Handhabung erfordern oder ermöglichen. Aber alles im Rahmen der Analyse, also nicht so lange überziehen, dass jemand anders warten müsste oder dass der Patient auf die Idee käme, das auszureizen, von wegen: "Dann sag ich jetzt immer das Spannende am Ende". Direkt nach 50 Minuten hat er selten Schluss gemacht; meist waren es zwei Minuten mehr

Es geht, denke ich, um das Symbolische der Beziehung in einer Analyse. Der Th. hat nicht primär die Funktion, tatsächlich da zu sein und irgendwie zu handeln, sondern er soll Räume öffnen, in denen auch zwei scheinbar lächerliche Minuten zu einem Ereignis werden (und in denen eine fehlende Minute eine Katastrophe auszulösen vermag). Es geht wirklich um das Metaphorische, das zwischen beiden entsteht. Ich würde das nicht als 'streng' bewerten, sondern für mich ist das 'Strenge' die Grundlage für das Sich-Entfalten des Innenlebens des Patienten. 'Streng' hört sich wertend an, von wegen: "Die sind ja doof und kalt".

Ich kenne Analysen nur mit festen Terminen und würde es mir - da bin ICH dann streng - nicht gefallen lassen, wenn ein Termin 'einfach so' abgesagt oder verschoben wird; es sei denn, es handelt sich um Urlaube oder ich bekomme eine Begründung, aus der hervorgeht, dass der Therapeut die festen Termine mit mir ernst nimmt und mich nicht als wandelnden Posten in seinem Terminkalender betrachtet. Auch das gehört - meiner Meinung nach - zum festen Rahmen einer Analyse. Diese äußere Festigkeit ist wichtig, weil INNEN nämlich nicht besonders viel fest ist oder bleibt. (Die Begründung hab ich natürlich nicht eingefordert, sondern die Therapeuten haben sie mir immer 'freiwillig' gegeben, was aber, wie gesagt, für mich sehr wichtig ist. Das kam beim alten Th. nur zweimal vor, beim Neuen zweimal innerhalb weniger Wochen, aber es war nicht wie: "Ich hab gerade andere Prioritäten").

Wenn der Rahmen flexibel wäre (mal zehn Minuten länger, mal 20, mal absagen), dann wäre das imo schädlich für den Prozess. Wer etwas anderes braucht, kann ja eine andere Therapieform wählen. Ich kann verstehen, dass man das kalt und streng findet, aber ich hab (2x) die Erfahrung gemacht, dass diese Festigkeit unheimlich viel Sicherheit gibt und Vertrauen ermöglicht.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 19:14

Hab gerade noch mal nachgesehen: Du sagst "knallhart" und "penibel".

'Penibel' klingt für mich nach spießiger Kleinlichkeit, bei der es nur darum geht, die Angst vor dem Abweichen zu verdrängen. Das kann ich - aus meiner Sicht und nach meiner Erfahrung - für die Analyse nicht so bestätigen. Eher im Gegenteil, aber auch da wieder: Wo das Innere sich austoben, temporär auflösen darf, finde ich es wichtig, dass das Äußere fest (im Sinne von: sicher und haltgebend) ist.

'Knallhart' klingt danach, als sei der Analytiker völlig desinteressiert am inneren Erleben des Patienten; als sei er im Gegenteil sogar sadistisch, der das Stundenende nutzt, um seine Macht auszuspielen. Auch das habe ich nie erlebt.

Mein erster Therapeut sagte mal, dass für ihn ein Stundenende auch schmerzlich sei. Und dennoch - und das ist für mich das Große daran - hat er immer relativ püntklich die Stunde beendet. Beim Neuen ist es ebenso. Es kann die Welt untergehen, und trotzdem bleiben die Zeiten stabil; und hier steht eben die 'feste Zeit' symbolisch für die feste Beziehung zwischen beiden.

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Fify
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 19:35

Das Ende finde ich auch oft schmerzlich, aber sie versucht es abzurunden, bzw. noch einen abschließenden Kommentar zu äußern.


ziegenkind
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 19:46

ich hab analyse gemacht und das anders erlebt. in der ganz schlimmen zeit hab ich 2 von 3 mal die letzte stunde am abend gekriegt. da war nach hinten freie zeit und wir haben auch mal bis zu einer halben stunde länger gemacht. gegen ende hat meine therapeutin einmal die zeit vergessen und 40 minuten überzogen. das war wunderbar. nicht, weil sie mir mehr zeit gegeben hat, sondern weil wir beide so vertieft waren ins miteinander sprechen, dass das zeitgefühl weg war.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Fify
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 19:51

ein völliges Überziehen der Stunde kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich verlasse mich da auch drauf, dass meine Analytikerin die Zeit im Griff hat und die Stunde beendet. Schließlich kann es sein, dass ich danach noch andere Termine habe


pivello
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 19:53

Zitat: Wie ist die Handhabung dieser Therapiezeiten? Ist sie Verfahrensabhängig? Diesen Eindruck habe ich durch die Äußerungen hier im Forum aus meinen eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Theras. Verfahrensabhängig also in der Art, dass ich den Eindruck habe, dass in der Analyse eher auf Einhaltung der Zeiten penibel geachtet wird als z.B. in der VT, sprich dort wird pünktlich angefangen und knallhart nach 50min aufgehört, egal in was für eine Verfassung der Patient war, während in der VT schon mal je nach Situation zu- und abgegeben wird.
Ist das so, oder ist es nur meine Wahrnehmung?

Liebe wandelröschen,

die Frage ist doch auch ein wenig, was sich bei einer Überziehung noch großartig verbessern könnte?
Meine Therapeutin macht nicht "knallhart" Schluss, das liest sich etwas unsensibel, aber mögen deine Eindrücke oder Erfahrungen sein.
Meine Therapeutin achtet jedoch auf die Zeit und ich darauf, wie viel Zeit ich noch für den Abschied habe. das ist schon fast ein Ritual unserer Stunden.
Ich habe noch nie das Gefühl gehabt, dass sie mich "knallhart" vor die Tür setzt oder "penibel" auf die Zeit achtet, aber sie hat meine Stunde und Verfassung immer etwas im Fernblick, meine ich.
Fragt auch nach, wie es mir geht und ob es erst einmal so in Ordnung ist, wenn sie denn Eindruck hat, dass ich mich unwohl fühle. Unsere Verabschiedungen sind in der Regel nicht abgebrochen, sondern abgerundet.

Sie hat noch nie einen Termin abgesagt.
Wenn sie nicht in der Praxis ist oder Feiertage auf meine festen Therapietage fallen, dann erhalte ich Alternativtermine, die schon Wochen vorher mit mir abgesprochen werden.
Ich genieße diese Kontinuität.
100 %zuverlässig, das gibt mir unendlich viel innere Sicherheit und Festigkeit.
Sie würde auch meinen Termin nicht vergeben oder einfach verändern, besprechen, wenn nötig, aber nicht einfach so entscheiden. Ausnahme, sie ist nicht da, dann erhalte ich aber immer in der Woche einen Ersatz und kann entscheiden, ob ich den Termin brauche.

Pivello
Zuletzt geändert von pivello am Sa., 23.05.2015, 19:57, insgesamt 1-mal geändert.


Lena
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 19:56

Ich hatte schon beides - eine Verhaltenstherapeutin, die fast immer zu spät die Stunden begonnen und gleichzeitig auch meine Stunden häufig viel später beendet hat. Und einen analytischen Therapeuten, der immer pünktlich beginnt und spätestens mit dem Klingeln des nächsten Patienten beendet, d.h., man muss bei ihm nie warten, die Stunde beginnt immer pünktlich.

Mir ist letzteres lieber. Zum einen ganz praktisch gesehen, weil ich auch ein Arbeitsleben habe und meine Therapie in diesen Zeitplan integrieren muss. Daher habe ich auch immer am gleichen Tag zur gleichen Uhrzeit meinen Termin (als ich noch mehr Termine die Woche hatte, war es genauso). Das ist fix und wird nicht immer wieder vereinbart. Falls ich mal nicht kann - was nur ein- oder zweimal vorgekommen ist - haben wir einen Ersatztermin gesucht und gefunden.
Ich kann mich fest darauf verlassen, wann meine Stunde ist. Das ist etwas enorm Wichtiges für mich. Gerade am Anfang war diese Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit und Stabilität grundlegend wichtig für mich. Mein Therapeut hat mich noch nie versetzt, noch nie was verwechselt, noch nie eine Stunde doppelt belegt. Das finde ich zwar immer wieder erstaunlich (wäre menschlich, wenn es passieren würde), aber es gibt mir eine sehr große Verlässlichkeit, die ich sehr zu schätzen weiß.

Bei meiner früheren Therapeutin war es häufig so, dass ich erstmal noch zwanzig Minuten im Wartezimmer saß. Oder dann schon im Behandlungsraum war, aber sie - weil sie durch Überziehungen auch Überschneidungen mit ihrer Telefonzeit hatte - immer wieder ans klingelnde Telefon musste. Sie hat es irgendwie allen Recht machen wollen - inkl. mir - und hat oft und viel überzogen. Aber das hat auch ein großes Durcheinander mit sich gebracht. Ich fand es oft auch unangenehm, wenn meine Stunde später anfing, dementsprechend der nächste Patient mitten in meiner Stunde schon klingelte, sie an die Tür musste, das erklärt hat, der dann im Wartezimmer saß und schon irgendwie präsent war.
Früher dachte ich, dass das normal wäre, weil man ja vorher nie weiß, wie eine Stunde abläuft und das ja ganz klar ist, dass der Therapeut dann mal noch länger Zeit für einen braucht.

Heute weiß ich, dass das durchaus auch an der Gesprächsführung des Therapeuten liegt. Meiner sagt immer kurz vorher "jetzt haben wir noch 10, 8, 3 Minuten - was steht noch an, was sollten wir noch besprechen" und damit wird ganz klar das Ende eingeläutet. Ich muss auch pünktlich gehen, um pünktlich mit der Bahn ins Büro fahren zu können. Und so schön das manchmal wäre, wenn wir statt 50 Minuten einfach mal 60 oder 70 machen könnten, es geht nicht. Es steht nicht mal zur Debatte. Und das gibt gleichzeitig wieder eine Sicherheit, die für mich sehr wichtig ist.
In vielen Therapiejahren bei ihm kam es genau einmal vor, dass er gesagt hat, wenn es jetzt klingelt, dann würde er dem Patienten sagen, dass es noch kurz dauert. Das war bei einer Traumakonfrontation. Und da habe ich dann gesagt, dass ich das nicht möchte, weil das für den nächsten doch doof ist. Und wir haben dann auch pünktlich aufgehört.

Hängt sicher auch von den Therapieverfahren habe, aber schon auch sehr von der Struktur des jeweiligen Therapeuten. Einige sind halt sehr konsequent und strukturiert, das merkt man dann in allen möglichen Bereichen. Andere nicht und das merkt man dann auch in verschiedenen Dingen. Aber weil ich beides erlebt habe, kann ich für mich sagen, dass das klar abgegrenzte und abgesteckte für mich besser ist.


leberblümchen
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 20:00

Fify: Für mich wäre ein völliges Vergessen der Zeit auch nichts. Ich finde es schöner, wenn ich selbst die Zeit vergessen kann und darauf vertrauen kann, dass der Andere sie sicher im Blick hat. 'Schön' trifft es vielleicht am besten; es fühlt sich gut an, auch wenn es 'penibel' aussieht.

Hinzu kommt natürlich noch gelegentlich die Frage nach dem 'Zusammenstoßen' mit anderen Patienten. Das konnte ich beim ersten Therapeuten gar nicht ertragen; schon deshalb war ich froh, wenn ich rechtzeitig aus der Gefahrenzone war... Der neue Therapeut sagte mir mal ganz direkt, als wir schon fünf Minuten drüber waren: "Wenn Sie jetzt nicht gehen, treffen Sie auf den nächsten Patienten", und ich fand diese Ehrlichkeit von wegen: "...und das wollen Sie BEIDE nicht" irgendwie entwaffnend und unkompliziert. Ob ich diesen Satz so vom ersten Th. ertragen hätte, weiß ich nicht.

(Letzte Stunden fand ich deshalb schön, weil es dann oft dunkel war und mich diese Sitzungen oft beruhigt haben. Aber ansonsten bin ich der klassische Frühpatient, einfach wegen meines Alltages.)


mio
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 20:05

Hallo Wandelröschen,

ein wie ich finde sehr interessantes Thema und wohl auch eines, an dem sich nicht nur die Geister der unterschiedlichen Therapieschulen scheiden, sondern auch die Geister der Patientinnen zu scheiden scheinen. Um so spannendender sich einmal darüber auszutauschen.

Ich selbst habe eine (mache?) TPO bei einer Traumatherapeutin gemacht und hatte "eigentlich" "meinen" fixen Termin einmal die Woche.

Dies fand ich einerseits erleichternd, weil es es für mich einfacher gemacht hat diesen Termin sozusagen zu "ritualisieren":

Ich bin da anfangs immer unter Angst hingegangen, wie ferngesteuert, und habe deshalb recht bald angefangen, den Vormittag vor dem Termin immer exakt gleich zu gestalten. Bis dahin, dass ich immer an exakt der gleichen Stelle auf dem Weg zur Praxis meiner Therapeutin mein Handy rausgeholt habe, eine bestimmte Uhrzeit abgewartet, es dann ausgeschaltet und "pünktlichst" zum Termin gegangen bin. Meine Thera kann sozusagen die Uhr nach meinem Erscheinen stellen ...
Bis heute komm' ich "rechnerisch in den Tüttel", wenn mal ein Termin nicht zur vollen Stunde anfängt.

Das mit der absoluten "Pünktlichkeit" kommt daher, dass sie mir bei unserem allerersten Prob-Termin (der am Abend war) gesagt hat, dass Sie abends nicht so viel Zeit zwischen den Terminen einplant und ich deshalb bitte nicht wesentlich früher kommen soll. Sie versucht es aber auch streng zu vermeiden, dass die Patienten einander begegnen. Ich bin glaube ich in den mittlerweile sowas wie 4 Jahren (ca. 120 Terminen) nur ein einziges Mal unten an der Haustür jemandem begegnet, der wohl der nachfolgende Patient war.

Andererseits konnte ich mir am Anfang kaum vorstellen, wie das überhaupt funktionieren soll mit einem fixen wöchentlichen Termin, selbst dann nicht, wo dieser so "günstig" wie möglich lag (also fast ...):

Ich bin selbstständig und arbeite Projektbezogen, feste Termine gehen also nicht immer, da es Projekte gibt in denen ich nicht mal eben so dem Team sagen kann: Tschüss Leute, ich muss mal kurz zu meiner Thera...seht zu wie ihr ohne mich klarkommt. Würde ich dies tun, dann wäre ich recht schnell "raus". Es war also einen Menge Flexibilität und Abgleich an vielen Stellen gleichzeitig nötig. Und, oh Wunder, es ging! Auch, wenn ich mir recht bald angewöhnt habe, dass an Theratagen nur Thera ist, sonst nix. Hat einfach therapeutisch zu wenig gebracht, da was parallel reisen zu wollen.

Meine Thera war da - nach anfänglichem Misstrauen - auch ziemlich flexibel und hat immer versucht im Zweifel was anderes möglich zu machen, so es ihr nötig erschien. Mal hat das geklappt, mal nicht. Aber es tat gut, dass von ihrer Seite aus die Bereitschaft da war, da mit mir und meinem Leben sozusagen "mitzugehen". Umgekehrt habe ich dies dann natürlich auch getan. Es gab häufiger Situationen, in denen Sie dann was hatte (Privates, Fortbildungen, andere Termine), weshalb sie den Termin nicht halten konnte und für mich war das auch stets ok. Es wäre mir auch ungerecht vorgekommen, so ich Flexibilität gefordert, ihr diese aber nicht im gleichen Maße entgegengebracht hätte.

In Bezug auf die Dauer der Stunden kann ich ehrlich gesagt nicht viel sagen, ich denke meist waren wir bei den 50 Minuten...aber da ich das von Anfang an in ihren "Bereich" verortet habe (ich wäre in der Situation auch gar nicht in der Lage darauf zu achten, nebenbei bemerkt, selbst heute nicht) das Ende der Stunde zu "verdeutlichen", habe ich mich da nie drum gekümmert. Was ich sehr entlastend fand. Einmal sassen wir voreinander, das erinnere ich komischerweise noch gut, und sie sah mich so merkwürdig an, sonst nix. Irgendwann grinste sie, ich grinste zurück, und so grinsten wir hin und her bis ich irgendwann sagte: Ok, Sie haben gewonnen, und aufgestanden bin um zu unterschreiben. Das war irgendwie witzig, auch wenn ich nicht genau sagen könnte, warum.

Und, ach ja, ich muss unterschreiben (muss das noch wer?). Nach jeder Stunde muss ich unterschreiben. Hat ne Zeit gedauert, bis ich begriff, warum sie das macht. Eigentlich begriff ich es, weil sie immer so "unauffällig" in Richtung "meiner" Unterschrift schielte und irgendwann irgendwer im Inneren sowas hatte: Also das könnte sie sich echt sparen, DAS Gekrakel bekommt jeder hier hin... Na ja, mittlerweile "schielt" sie auch nur noch nach "außergewöhnlichen" Stunden.

...ich muss das leider hier splitten - zu viele Zeichen - es folgt Teil 2.


mio
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 20:07

Ansonsten war ich stets sehr dankbar für das Angebot, sie auch außerhalb der Thera stets kontaktieren zu dürfen so Not an der Frau. Die Abmachung war: Schreiben Sie mir eine SMS, ich rufe Sie dann möglichst zeitnah an. Hab ich allerdings nie gemacht und es auch nur einmal in einer absoluten Krisensituation im Ausland in Betracht gezogen, da ich echt Angst vor der griechischen Psychiatrie hatte. Ging aber dann zum Glück auch anders. Mit mail "zugespammt" habe ich sie dafür umso öfter, wofür ich mich am Anfang in Grund und Boden hätte schämen mögen. Eine Antwort habe ich allerdings meist nicht erwartet, im Gegenteil, eine Antwort wäre zu Anfang das "Grauen" für mich gewesen. Am Liebsten wäre es mir gewesen, sie hätte diese mails zu Anfang erst gar nicht erwähnt. Hat sie aber... Tja. Und na ja, irgendwann war das dann ein echt gutes therapeutisches "Mittel" das ich bis heute nicht missen möchte und mittlerweile kann ich sogar ausdrücklich um Rückmeldung bitten, so ich gerade eine brauche .

Ich persönlich "liebe" die therapeutische Haltung meiner Therapeutin, da sie meiner eigenen Haltung Menschen gegenüber sehr entspricht und ich da oft "mit ihr mitgehen" kann, wie ich das dann immer so gern bezeichne. Das bedeutet jetzt nicht, dass wir immer einer Meinung wären, im Gegenteil, oft bin ich erst einmal vollkommen gegensätzlicher Meinung bzw. ziehe ihren Eindruck in Zweifel und belehre mich dann manchmal eines besseren , machmal aber auch nicht. Für mich hat die Art und Weise wie sie die Therapie gestaltet einfach insgesamt etwas sehr "ausgewogenes" und das gefällt mir und macht es mir leichter, mich ihr in meiner "Gesamtheit" zu zeigen.

Lieben Gruss,

mio

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Fify
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 20:17

Ich mags auch nicht, andere Patienten zu treffen. Das Problem ist nur, dass ich immer schon ein paar Minuten vor Stundenbeginn klingeln muss, da ich immer auf die Toilette muss. Das ist echt doof


mio
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 20:24

Hallo Fify,

das "Toilettenproblem" kenne ich auch, bin aber immer vorher extra deshalb einen Kaffee trinken gegangen (da konnte ich dann nochmal auf Toi). Früher gekommen wäre ich deshalb nie, aber manchmal schaffe ich es, bei ihr vorher kurz auf Toilette zu gehen.... ...auch wenn das selbst heute noch "Problembehaftet ist" innerlich und nicht immer geht.

Auch so was echt absurdes .

Lieben Gruss,

mio

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Fify
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Beitrag Sa., 23.05.2015, 20:27

wenn ich Zeit hab, gehe ich auch vorher ein Kaffee trinken, das habe ich leider nur sehr selten und deshalb klingle ich bei ihr früher

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