Stillstand in der Psychoanalyse

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dieda1723
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Stillstand in der Psychoanalyse

Beitrag Di., 10.02.2015, 11:34

Hallo ihr

Meine Frage ganz zu Anfang.
Ich bin jetzt seit ca. 4-5 Monaten in einer psychoanalytischen Behandlung.
Der Therapeut ist sehr nett und mir sehr sympathisch.
Wir sitzen uns gegenüber und treffen uns 2 mal die Woche. Ich bin in Behandlung aufgrund von Depressionen. Ich bin allerdings seit längerem Symptom frei aufgrund von Medikamenten.
Ganz zu Anfang hatte ich viele Erfolgserlebnisse. Einige Gedankengänge konnte ich sortieren und mein Bild von meiner eigenen Person wurde deutlicher und klarer.
In letzter Zeit allerdings gehen mir die Gesprächsthemen aus und auch das freie Assoziieren fällt mir schwer weil mich im Moment 1. einfach keine Probleme im Alltag plagen und es auch grade einfach nicht so viel passiert und 2. was die Gefühle zu meinem Therapeuten angeht (also die Übertragungsbeziehung) es für mich im Moment alles so undeutlich ist.
So wie ich es wahr nehmen kann sind wir zwar bei meinem eigentlichen Problem angelangt, dass ich nämlich immer das Gefühl habe was leisten oder erzählen zu müssen um geliebt zu werden. Allerdings fällt es mir unheimlich schwer auf diese eher sehr subtielen Gefühle zu konzentrieren.
Wenn ich ihm gegenübersitze fühle ich mich manchmal auch einfach nur wohl. Mir ist es schon etwas unangenehm dass ich dann nichts zu erzählen habe, aber dass ist eher sehr undeutlich fühlbar.
Kann es sein dass es wirklich nichts mehr zu bearbeiten gibt oder liegt es wirklich an inneren Wiederständen dass es mir im Moment so schwer fällt irgendein Gefühl einzufangen?

Kurz gefragt: Kennt ihr Phasen des Stillstandes in der Analyse? Wie geht ihr damit um?

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leberblümchen
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Beitrag Di., 10.02.2015, 11:50

Kannst du denn nicht mit deinem Analytiker darüber sprechen?

Und: Ist nicht ein mögliches Ziel, auf die Medikamente irgendwann verzichten zu können? Und solange du sie nimmst, ist es da nicht naheliegend, dass du noch psychotherapeutische Hilfe benötigst?

Ein knappes halbes Jahr Analyse ist eigentlich 'nichts', sage ich jetzt mal so. Vereinfacht gesagt: Vielleicht fängt es jetzt erst an, wenn du das Gefühl hast, nichts mehr sagen zu können oder zu müssen?

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dieda1723
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Beitrag Di., 10.02.2015, 12:07

Doch durchaus. Ich habe damit gar kein Problem überhaupt irgendein Thema anzusprechen. Ich bin da relativ offen. Ich habe ihm mitgeteilt dass ich die Idee habe dass ich eventuell gar keine Hilfe mehr brauche. Er sieht das anders. Er drängt mich nicht aber ich vertraue ihm da und breche so früh natürlich nicht ab. Die Medikamente nehme ich im Moment einfach noch weiter auch wenn es mir gut geht, einfach weil ich sie nicht von heute auf morgen absetzen kann sondern sie ausschleichen muss und man die Antidepressiva die ich nehme auch eine Zeit über die Symptome hinaus nehmen kann oder sollte als Profilaxe. Ich kann mir ja durchaus vorstellen dass es noch weiter gehen kann in der Therapie nur habe ich im Moment so eine leere in meinem Kopf. Ich weis nicht welches Thema ich noch aufgreifen soll und in mir geht an Gefühlen im Moment auch nicht so viel vor. Alles ist sehr neutral in meinem Innenleben. Es fällt mir im Moment einfach unheimlich schwer auf irgendeine Gefühlsregung zuzugreifen weil irgendwie nix passiert in meinem Innenleben. Auch wenn ich an den Therapeuten denke oder ich ihm Gegenübersitze passiert da nicht so viel in mir. Ich nehme zwar durchaus Gefühle war aber die sind sooooo weit weg.
Also schwer zu greifen irgendwie.
Ich hoffe man versteht ungefähr was ich meine


leberblümchen
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Beitrag Di., 10.02.2015, 12:15

Ach so, dann hab ich dich falsch verstanden, sorry. Das, was du beschreibst, kenne ich nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass es gut wäre, das einfach mal so zuzulassen. Es ist doch zunächst mal schön, dass es dir gut geht. Du kannst ja auch in die Stunde gehen und probieren, wie es sich anfühlt, einfach da zu sein. Wenn ich deine Beiträge lese, habe ich das Gefühl, du suchst was, wie so ein Drogenspürhund oder so. Aber oft ist es ja so, dass man erst dann fündig wird, wenn man aufgehört hat zu suchen.

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dieda1723
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Beitrag Di., 10.02.2015, 12:27

Oh ja :D da hast du Recht. Ich bin der Drogenspührhund per se was mein Innenleben angeht :D Auch das hatten wir durchaus auch schon als Thema angesprochen. Darauf könnte ich in der nächsten Stunde mal wieder zu sprechen kommen.
Es ist nur so dass ich in der relativ kurzen Zeit schon soo viel von mir besser verstanden habe.
Das ist alles so schnell gegangen und hatte dadurch vielleicht den Tiefgang verloren.
Und jetzt ist im Gegensatz zum Anfang ein für mich empfundener Stillstand eingetreten. Vielleicht auch weil am Anfang so unheimlich viel passiert ist? Und es jetzt einfach nur etwas langsamer zu geht?


In meinen Augen hat eine Analyse dann den meisten Erfolg wenn die Dinge nicht nur intellektuell verstanden werden sondern vor allem mit einem Inneren Gefühl verbunden sind.
Ich glaube bei mir war bis jetzt zu sehr der Kopf eingeschaltet und mein Gefühl ist da etwas zu kurz gekommen :/
Ich bin auch son kleiner Nerd könnte man so sagen, der von Natur aus son Hirni ist und extrem extrem viel Nachdenkt ( damit meine ich nicht, dass ich mir nur den Kopf über persönliche Probleme zerbreche).

Und in letzter Zeit habe ich besonders das Gefühl, dass mein Kopf mir ihm Weg steht und dass sich ein Richtiger Knoten an Gedankengängen bildet weil alles so Kompliziert wird. Ich denke und denke und kann so gar nicht richtig das Gefühl spüren. Ich habe da auch ein wenig Angst dass mir mein Rechenapparat da oben ewig ein Hindernis sein wird und mich noch in den Wahnsinn treibt


leberblümchen
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Beitrag Di., 10.02.2015, 12:41

Das mit dem 'in den Wahnsinn treiben' kenne ich auch. Ich hab mir gerade heute Vormittag auch den Kopf darüber zerbrochen, wie blöd es ist, sich ständig den Kopf zu zerbrechen. Als ob man glücklicher ist, wenn man meint, alles verstanden zu haben! Vermutlich ist das Gegenteil der Fall. Also ist es vielleicht nicht verkehrt, mal bewusst im Leerlaufmodus in die Stunde zu gehen?

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dieda1723
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Beitrag Di., 10.02.2015, 12:49

Ja da hast du vermutlich Recht. Dieses Thema ist ja auch Thema immer wieder in den Stunden
Das ist echt zum durchdrehen. Aber irgendwie hat man sich das in al den Jahren so als Waffe gegen alles zugelegt oder?
Wo ist ein Problem ich muss es lösen.
Ich habe auch schon an konzentrative Meditation gedacht. Mein Therapeut meinte aber ich soll mich da nicht zu sehr drin versteifen und meinen rotierenden Gedanken einfach mal den Raum geben damit ich dann, wenn das Gedanken rasen aufhört von alleine in einen passiven Zustand zurück kehre.

Der drang immer zu Denken und etwas zu machen ist ja leider in den westlichen Breiten Graden zu einer Massenkrankheit degradiert

Was würde ich dafür geben ein tibetanischer Mönch zu sein der gut in der leere geübt ist

Da treffen sich fern östliche Traditionen und die Psychoanalyse die sich durchaus gegenseitig unterstützen können wie ich finde


Vincent
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Beitrag Di., 10.02.2015, 14:30

dieda1723 hat geschrieben:Da treffen sich fern östliche Traditionen und die Psychoanalyse die sich durchaus gegenseitig unterstützen können wie ich finde
[Dazu habe ich vor Jahren mal ein interessantes Buch gelesen: Gedanken ohne den Denker. Das Wechselspiel von Buddhismus und Psychoanalyse von Mark Epstein. Passte in meine damalige Entwicklungsphase ganz gut rein. ]
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)


pandas
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Beitrag Di., 10.02.2015, 15:34

hallo dieda,

ich finde es erstaunlich, dass Du in Deiner Analytischen Therapie das Gefühl hast, stillzustehen und auch (im Moment) nichts zu sagen zu haben. Ich bin bereits über die 250. Stunde hinweg und habe auch vor einem halben Jahr den Analytischen Therapeuten gewechselt, aber ich hatte nie eine Sitzung oder Liegung, in der ich nicht vor Gedanken übersprang und diese auch mitteilen wollte - zwischen den Stunden habe ich meistens mehr Einfälle, als sie überhaupt zeitlich in der Sitzung zur Sprache kommen könnten.

Sicher, jede Therapie verläuft anders,

ich hätte da jedoch die Frage: Welche Problematik hat denn dazu geführt, dass Du eine Analytische Therapie gesucht und begonnen hast? Welche Therapieziele hast Du Dir gesetzt (diese soll es auch auf jeden Fall in einer Analytischen Therapie geben)?

Weshalb nimmst Du Medikamente? Es kann auch sein, dass diese den psychischen Leidensdruck so dämmen, dass er nicht mehr artikulierbar ist. Deswegen ist dies auch umstritten, bei einer Therapie die so sehr auf die Durcharbeitung psychodynamischer Konflikte in den Bewusstseinsebenen angelegt ist.
Eventuell wäre es vielleicht eine Idee über das Wechselspiel Therapie - Medikamente mit Deinem Psychiater zu sprechen?
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dieda1723
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Beitrag Di., 10.02.2015, 20:54

Erstmal danke für die Antworten und den Buchtipp bis jetzt

Die Therapie habe ich Angefangen weil ich vor ca. 1 1/2 in eine tiefe Depression gefallen bin aus der ich aber dank der Medikament zwar langsam aber stätig heraus gekommen bin.
Weil ich mich aber schon seit meiner frühen Jugend mit Psychologie und Psychodynamik beschäftigt habe war und bin ich der Überzeugung dass eine Depression nicht von ungefähr kommt und bin eher ein Anhänger der tiefenpsychologischen Therapien als der Verhaltenstherapie oder ähnlichem.
Ich weis dass man das heute nicht mehr so strickt trennen kann und sich die unterschiedlichen Schulen ja mittlerweile alle gegenseitig bereichern was natürlich gut ist.

Deswegen auch meine Entscheidung für die Analyse.
Ich bin mit einem kleinen Bruder aufgewachsen der eine geistige Behinderung hat. Meine Mutter war zwar recht fürsorglich aber emotional sehr blockiert und hatte natürlich immer sehr wenig Zeit für mich. Das hinterlässt natürlich seine Spuren.
Ich wusste somit schon sehr früh dass ich eines Tages gerne daran arbeiten würde.

Die Sache mit den Gesprächsthemen ist so eine Sache. Ich habe mich auch schon lange vor der Therapie immer versucht selbst zu analysieren und habe mich auch bewusst der ein oder anderen Selbsterfahrung gestellt. Weshalb vielleicht nicht mehr so viele Dinge für mich in einer Therapie geklärt werden müssen.


Sicherlich hätte ich immer irgendwas zu erzählen aber ich möchte bei meinem Kern Problem bleiben und nicht irgendwas belangloses erzählen.
Ich weis, dass in der Therapie nicht der eine entscheidende Punkt kommt und macht es Peng und alles ist anders.
Ich habe aber irgendwie die Sorge dass ich meine Problem unnötig aufblase.
Meine Mutter hat mich nie geschlagen und ich wurde nie misshandelt.

Es gibt so wenige Traumapunkte in meinem Leben an denen ich punktuell arbeiten kann. Es war halt immer irgendwie einfach nur ein bisschen zu wenig Liebe da. Ich kenne mein Kernproblem aber ich habe das Gefühl ich habe es jetzt schon bis ins Detail erzählt und beleuchtet. Und die Übertragung ist im meinem Auge auch schon besprochen. Manchmal ist es mir ein wenig unangenehm dass ich so viel Aufmerksamkeit und wirkliches Interesse von meinem Therapeuten bekomme. Das haben wir schon angesprochen und genau ausgeleuchtet warum das so ist.
Aber dadurch, dass ich es weis, hat sich jetzt nichts geändert. Und mehr als dieses gelegentliche auftauchende Gefühl des Unangenehmens (und auch noch andere Gefühle in der Übertragung, wie dass ich merke dass mir das so lange gefehlt hat dass mir jemand so viel Aufmerksamkeit schenkt) nehme ich im Moment nicht viel mehr wahr in unserer Therapeutischen Beziehung was sich ansprechen könnte.

Ich habe jetzt zwar noch das ein oder andere Fragezeichen in der Therapie auflösen können und mein Grundkonflikt soweit erkannt, aber das kann doch nicht alles sein. Nur das ich weis was mir gefehlt hat und was schief gelaufen ist ändert sich nichts. Ich habe bis jetzt einfach zu viel nur intellektuell, also nur mit dem Verstand verstanden und vom Gefühl her ist da weniger Veränderung geschehen.

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dieda1723
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Beitrag Di., 10.02.2015, 21:03

Ach und wegen den Medikamenten, ja das kam mir auch schon in den Sinn. Daran habe ich auch gedacht. Ich werde es mal ansprechen. Soweit wie ich was dazu recherchieren konnte sind die allgemeinen Aussagen so dass angeblich nicht die Gefühlswahrnehmung beeinflusst. Das sehe ich allerdings etwas kritisch :/ Ganz zu Anfang hatte ich mit dem Medikament durch aus ein Paar Tage an denen ich mich merkwürdig Gefühlslos gefühlt habe. Ganz komisch o0.


pandas
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Beitrag Di., 10.02.2015, 22:58

dieda1723 hat geschrieben: Ich habe mich auch schon lange vor der Therapie immer versucht selbst zu analysieren und habe mich auch bewusst der ein oder anderen Selbsterfahrung gestellt. Weshalb vielleicht nicht mehr so viele Dinge für mich in einer Therapie geklärt werden müssen.
Ich habe auch bereits vor den Analytischen Therapien viel Selbsterfahrung (für mich als auch in Gruppen) als auch allgemeine Beschäftigung mit tiefen Themen auf aller Art unternommen. Ich meinte auch weniger, dass der Analytiker/Therapeut da dann die überragenden Anstöße "von oben" gibt. Sondern dass ich der Meinung bin, dass man sich in Analyse/Therapie durchaus nochmal auf einer ganz anderen Ebene mit vielen Themen und seinen eigenen Gedankenkomplexen auseinandersetzen kann. Bei meinem ersten analytischen Therapeuten war es sogar so, dass es viel Streit gab über die Deutungen seinerseits etc. Doch war der Streit für mich an sich durchaus auch wichtig, weil es bei mir ein zentrales Thema ist, dass meine Eltern keine konstruktive Streitkultur hatten, weder unter sich noch mit mir; es ging da viel um Unterdrückung etc. Das gab viel Stoff für die Analyse, wobei der erste Analytiker es anders deutete als ich ...
... insofern, vielleicht ist auch zu wenig Reibung bei Dir in der Analyse? Wenn der Analytiker sehr viel bestätigt, ist das vielleicht auch nicht so hilfreich? Es klingt ein wenig so, als hätte sich zwischen Dir und dem Analytiker relativ schnell eine Harmonie eingestellt. Dies ist eine Vermutung von mir, muss natürlich nicht so sein. Aber im Grunde erwartet man doch in einer Therapie, dass das Gegenüber auch Elemente einbringt, die nochmal eine andere Sichtweise erlauben - aber ohne dass man diese übernehmen muss.
Vielleicht experimentierst Du einfach auch mal ein wenig mehr, mit die Gedanken frei schweifen lassen (und aussprechen!) in der Stunde? Ohne es selbst auf Bedeutung zu bewerten.

dieda1723 hat geschrieben:Sicherlich hätte ich immer irgendwas zu erzählen aber ich möchte bei meinem Kern Problem bleiben und nicht irgendwas belangloses erzählen.
Ich weis, dass in der Therapie nicht der eine entscheidende Punkt kommt und macht es Peng und alles ist anders.
Ich habe aber irgendwie die Sorge dass ich meine Problem unnötig aufblase.
Meine Mutter hat mich nie geschlagen und ich wurde nie misshandelt.
Da bewertest Du in vorab, was dann auch nicht da ist als freie Assozziation in der Stunde.
Gerade in der Analyse ist es doch erlaubt, auch von Dingen zu erzählen, die auf dem ersten Blick nicht megawichtig sind, aber eben doch da sind. Und dann kann man schauen, was dahintersteckt. Das hat ja nichts zu tun mit "irgendwas belangloses erzählen", sondern eben die Gedanken des Momentes zu zulassen und anzuschauen. Wobei im Moment eben auch viel Erinnerungen sein können.
Ich fand es sogar eher problematisch, von realen Misshandlungen zu erzählen, gerade bei meinem ersten Analytiker. In der klassichen Analyse geht es ja nicht so sehr um reale Traumata, sondern wie Dinge des alltäglichen Zusammenlebens wegen der inneren PSychodynamik mitunter konflikthaft verarbeitet wurden.

dieda1723 hat geschrieben:Es gibt so wenige Traumapunkte in meinem Leben an denen ich punktuell arbeiten kann. Es war halt immer irgendwie einfach nur ein bisschen zu wenig Liebe da. Ich kenne mein Kernproblem aber ich habe das Gefühl ich habe es jetzt schon bis ins Detail erzählt und beleuchtet. Und die Übertragung ist im meinem Auge auch schon besprochen. Manchmal ist es mir ein wenig unangenehm dass ich so viel Aufmerksamkeit und wirkliches Interesse von meinem Therapeuten bekomme. Das haben wir schon angesprochen und genau ausgeleuchtet warum das so ist.
Aber dadurch, dass ich es weis, hat sich jetzt nichts geändert. Und mehr als dieses gelegentliche auftauchende Gefühl des Unangenehmens (und auch noch andere Gefühle in der Übertragung, wie dass ich merke dass mir das so lange gefehlt hat dass mir jemand so viel Aufmerksamkeit schenkt) nehme ich im Moment nicht viel mehr wahr in unserer Therapeutischen Beziehung was sich ansprechen könnte.
Hm. Neulich war ich in einem Vortrag, da wurde genau dies als Haken der Psychoanalyse beschrieben. Die klassische Psychoanalyse ist nunmal auf Erkennen ausgerichtet. Es gibt wohl aber einige Leute, die dies allein nicht als heilsam empfinden ... mitunter geht es wohl auch darum, dass man nach dem Erkennen anders in Beziehungen im Alltag geht und diese dann allmählich eine neue Qualität annehmen. Von dem Analytiker soll man sich ja wieder ablösen ...
vielleicht wäre auch eine Komplementär wie Kunst- oder Tanztherapie für Dich geeignet? Da kann man dem Erkennen in der Therapie selbst einen anderen Ausdruck geben.
Zuletzt geändert von pandas am Di., 10.02.2015, 23:07, insgesamt 1-mal geändert.
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pandas
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Beitrag Di., 10.02.2015, 23:01

dieda1723 hat geschrieben:Ich habe jetzt zwar noch das ein oder andere Fragezeichen in der Therapie auflösen können und mein Grundkonflikt soweit erkannt, aber das kann doch nicht alles sein. Nur das ich weis was mir gefehlt hat und was schief gelaufen ist ändert sich nichts. Ich habe bis jetzt einfach zu viel nur intellektuell, also nur mit dem Verstand verstanden und vom Gefühl her ist da weniger Veränderung geschehen.
Vielleicht sagst Du diese vier Sätze mal genau so dem Analytiker? Und fragst zuvor, ob er mal mit Dir etwas präziser über die Methdoik redet? Und ob er der Ansicht ist, dass Psychoanalyse Veränderungen in den Gefühlen in dem Sinn bewirken kann oder ob es ihm mehr um die Erkenntnis durch (gemeinsame) Deutungen geht? Da sind die Haltungen von Analytiker unterschiedlich.
Im Grunde sind kreative Verfahren für die Veränderung von Gefühlen geeigneter.
In der Analyse scheint es mehr um die Dynamik in der Beziehung zu gehen, deswegen auch das Tamtam um die Übertragung ...
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Beitrag Di., 10.02.2015, 23:04

dieda1723 hat geschrieben:Ach und wegen den Medikamenten, ja das kam mir auch schon in den Sinn. Daran habe ich auch gedacht. Ich werde es mal ansprechen. Soweit wie ich was dazu recherchieren konnte sind die allgemeinen Aussagen so dass angeblich nicht die Gefühlswahrnehmung beeinflusst. Das sehe ich allerdings etwas kritisch :/ Ganz zu Anfang hatte ich mit dem Medikament durch aus ein Paar Tage an denen ich mich merkwürdig Gefühlslos gefühlt habe.
Ja, mein erster Analytiker war gegen Psychopharmaka, und zwar weil es das innere Erleben dämpft. Da habe ich ihm sogar zugestimmt.
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Beitrag Mi., 11.02.2015, 08:46

Hallo dieda1723,
es muss doch nicht unbedingt ein Trauma vorliegen, um psychische Probleme zu haben. Man kann auch ein Opfer seiner selbst sein. Zwar kann es erhellend sein, wie es dazu gekommen ist, das ändert aber nicht unbedingt etwas an dir selbst.
Du machst einen wahnsinnig "aufgeräumten" Eindruck auf mich - du weißt genau Bescheid, du weißt, was in der Therapie noch fehlt (die Verankerung des Wissens in den Gefühlen), du hast sehr genaue Erwartungen und Meinungen, du hast dich schon jahrelang selbst erforscht.

Vielleicht liegt hier ja dein Problem? Wenn man ein sehr fest umrissenes und klar definiertes Selbst-Bild hat, dann ist das wie eine innere Erstarrung. Dann kann es passieren, dass du deinen Blick auf dich selbst derart verengt hast, dass du dich gar nicht mehr anders wahrnehmen kannst. Dann macht man aber auch keine anderen Erfahrungen mehr mit sich selbst.

Vielleicht wäre es hilfreich für dich, einfach alles, ohne den genauen Weg zu kennen, auf dich zukommen zu lassen und dich so deiner gefühlten inneren Leere zu stellen - mitsamt den kleinen, "langweiligen" Gedanken und Gefühlen, die sich so in dir tummeln. Wenn es dir gelingt, dich auf diese Weise zu öffnen, indem du die Leere und Langweile in dir zu Wort kommen lässt (nicht nur im übertragenen Sinn!), dann kann es passieren, dass du dich lockerst und so indirekt deine innere Vielfalt wiederentdeckst. Ich könnte mir vorstellen, dass du innerlich viel widersprüchlicher bist, als du hier rüberkommst und vielleicht auch selbst von dir annimmst.

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