Gewalttätiger Vater - Mutter schaute immer weg

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Thread-EröffnerIn
ubeda
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Gewalttätiger Vater - Mutter schaute immer weg

Beitrag Mi., 24.12.2014, 19:16

Hallo Allerseits,
ich habe neulich schon in einem anderen Beitrag beschrieben, wie wir als Kinder (und bis heute) unter unserem sadistischen/gewalttätigen Vater zu leiden hatten.
Ich habe seit einigen Wochen keinen Kontakt mehr zu ihm & das tut mir sehr gut!

ABER: Ich weiß einfach nicht, wie ich jetzt mit meiner Mutter umgehen soll!
Sie würde am liebsten wieder alles unter den Teppich kehren (wie sie es schon immer getan hat). Sie hofft, dass ich ihm bald verzeihen werde (ohne dass er irgendwas dafür tut - denn das wird er nicht).
Sie will ihre HEILE WELT wieder haben (die nie heile war!)

Und ich habe So VIEL WUT auf sie, weil sie uns als Kinder nicht beschützt hat. Weil sie es so viele Jahre lang mitangesehen hat, wie er zuschlägt und uns verhöhnt und auslacht.
Sie hat sich nie dazwischen gestellt. Sie hat manchmal gesagt "bitte mach das nicht" - aber ganz leise und unterwürfig, er beachtet sowas gar nicht.

Gibt es hier jemanden dem es ähnlich geht?
Ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll... sie hat Mitgefühl, das weiß ich, aber genau das macht es noch schlimmer...wie konnte sie nur immer wieder wegsehen und alles verdrängen?
Und es BIS HEUTE schönreden?

Sie sagt: Er tut MIR ja nichts, wieso hätte ich ihn verlassen sollen?
Unfassbar, sowas als Kind zu hören... :'(

Was soll ich tun?
Auch den Kontakt zu ihr abbrechen?
Irgendwie möchte ich das nicht, aber wenn ich Kontakt zu ihr habe, dann kommt das zur Zeit bloß alles immer wieder hoch... :(

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Tupsy71
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Beitrag Mi., 24.12.2014, 19:38

Mh, denke entweder Kontakt abbrechen und alleine dastehen oder Kontakt beibehalten und immer wieder die Sehnsucht verspüren eine Mutter zu haben die einen lieb hat und für einen da ist.
Ich kenne dieses Dilemma nur zu gut. Meine Mum tut so als wär nichts gewesen bzw. sie hätte nie was gewusst. Heute noch vermittelt sie mir das und basta, es interessiert sie nicht. Und trotzdem schaffe ich den Kontaktabbruch nicht, weil ich ne Mama haben will.
Denke du wirst dich entscheiden müssen-denk.
Viel Kraft
Tupsy

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viciente
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Beitrag Mi., 24.12.2014, 20:20

hallo ubeda,

.. so traurig das an sich ist, wird sich das wohl auch nicht (mehr) verändern (lassen). was dir zumindest etwas helfen könnte im umgang damit wär, wenn du die lage deiner mutter zumindest etwas verstehst; natürlich ist es für ein kind eine katastrophe, wenn sie nicht eingreift - die "erklärung" "weshalb sollte ich .. tut MIR ja nichts" macht das um nichts besser sondern eher schlechter, erklärt aber ihre eigene hilflosigkeit bzw. abhängigkeit von ihm. so betrachtet war und ist sie nicht stärker als du als kind warst sondern relativ gesehen sogar schwächer - speziell wenn man bedenkt, dass du mittlerweile erwachsen bist. SIE "muss" noch immer mit ihm und all dem klar kommen, du kannst dich da jetzt viel besser abgrenzen als sie; würde sie ihre damaligen "fehler" jetzt an sich heranlassen, würde ihr ganzes leben für sie auseinanderbrechen - sich illusionen auflösen. das hält sie jetzt vermutlich noch viel weniger als damals aus, sonst hätte sie wohl anders reagiert.

.. hinterlässt man einen scherbenhaufen, der nicht mehr zu flicken ist, dann bleibt manchmal nur die möglichkeit sich das ganze möglichst schönzudenken/reden, wenn man nicht daran verzweifeln bzw. zugrundegehen will; zumal sich rückwirkend da auch nix mehr reparieren lässt, weils jetzt einfach schon realität ist.

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ubeda
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Beitrag Do., 25.12.2014, 07:19

Tupsy71 hat geschrieben:
Ich kenne dieses Dilemma nur zu gut. Meine Mum tut so als wär nichts gewesen bzw. sie hätte nie was gewusst. Heute noch vermittelt sie mir das und basta, es interessiert sie nicht. Und trotzdem schaffe ich den Kontaktabbruch nicht, weil ich ne Mama haben will.
Danke Tupsy, es geht mir da genau wie dir - wenn ich sie auch noch verliere, wäre die Familie total kaputt, aber da ist so viel Wut in mir, ich weiß garnicht, wie ich ihr begegnen soll, ohne ihr Vorwürfe zu machen. Gerade jetzt an Weihnachten ist alles natürlich noch mal schlimmer...

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ubeda
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Beitrag Do., 25.12.2014, 07:28

viciente hat geschrieben: ......... so betrachtet war und ist sie nicht stärker als du als kind warst sondern relativ gesehen sogar schwächer - speziell wenn man bedenkt, dass du mittlerweile erwachsen bist. SIE "muss" noch immer mit ihm und all dem klar kommen, du kannst dich da jetzt viel besser abgrenzen als sie; würde sie ihre damaligen "fehler" jetzt an sich heranlassen, würde ihr ganzes leben für sie auseinanderbrechen - sich illusionen auflösen. das hält sie jetzt vermutlich noch viel weniger als damals aus, sonst hätte sie wohl anders reagiert.
Danke Viciente, ja du hast wohl recht - wahrscheinlich MUSS sie so handeln um nicht ihr ganzes Leben in Frage stellen zu müssen. Aber es macht mich auch wütend, dass sie weiterhin mit ihm zusammen lebt, für ihn kocht & wäscht etc. - als wenn nix gewesen wäre... sie bedient und belohnt ihn noch für sein verhalten. für mich ist es so als, wenn sie HINTER IHM steht und nicht HINTER MIR (oder uns Kindern).

Bisher sind alle Versuche gescheitert, mir das schönzureden

Ich habe mal in einem Selbsthilfebuch gelesen, man solle seine Kindheit als "Überlebenstrainings-Camp" betrachten, das würde helfen. Aber das ist für mich schlichtweg falsch. Ich habe kein Selbstbewusstsein, seit langem keinen Partner etc - eben wegen diesem tollen "Trainingscamp". Ich sehe beim besten Willen keine Vorteile.

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viciente
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Beitrag Do., 25.12.2014, 12:19

.. das ist schon alles soweit verständlich, allerdings hilft es dir andererseits auch nix, ewig auf sie wütend zu sein, weil SIE dinge nicht so macht wie DU es für richtig/angemessen hältst bzw. selbst machen würdest. nachdem ich vermute, du würdest das ggfs. ganz anders machen, liegt der erfolg des "trainingscamps" dann u.a. eben darin; wenn nicht ausser dem sogar z.t. in der erkenntnis, andere sowieso nicht ändern zu können/sollen, sondern deren verhalten - innerhalb der eigenen grenzen - möchlichst zu verstehen und - im rahmen - zu tolerieren, gleichzeitig aber (als erwachsene) grenzüberschreitungen rigoros zu unterbinden. ein "schönreden" sollen deinerseits hat damit nix zu tun!

.. sehr wahrscheinlich wäre es dir wohl auch wichtig, würde sie deine ablehnenden gefühle - als eine art (teil)"genugtuung" - ihm gegenüber spiegeln, nicht zuletzt als bestätigung für dich, dass sein - und auch ihr - verhalten nicht nur in deiner angeblichen phantasie unterirdisch war/(ist). das ist aber grade dann nicht verfügbar, wenn menschen innerlich darüber "wissen", es aber nicht mal sich selbst gegenüber zugeben können/wollen; ist es ihnen bewusst, noch "schlimmer", denn dann ist es meist eher ein charakterliches defizit; beides be- bzw. verhindert einsicht. so oder so bewahren dich diese erfahrungen davor, ähnliches verhalten zu wiederholen, und das ist schon sehr viel!

.. so betrachtet bleibt dir wohl vor allem, vergangenes als vergangen zu akzeptieren, spätestens ab HEUTE auf DEINE grenzen und interessen zu achten und somit auch deinen gefühlen und standpunkten zu vertrauen, OHNE unbedingt bestätigung von aussen zu brauchen. etwas zu verstehen heisst ja längst nicht, es auch automatisch zu akzeptieren oder gar gut zu heissen - die messlatte (für zustimmung bzw. ablehnung) bleibst in allen fällen jedenfalls du selbst; wird das möglich, ersparst du dir meist auch einen (unerwünschten) kontaktabbruch, ziehst dich aber genau dort zurück (löst dich), wo etwas nicht (mehr) "deins" ist. auch daraus lernt die umwelt meist, es sei denn es ist ihr egal; dann allerdings soll es auch dir egal sein (werden), um nicht spielball anderer zu sein/werden - und du dich dadurch häufig so fühlst, wie andere wollen bzw. es zulassen.

.. feel goood, und schöne feiertage auch noch!

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saffiatou
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Beitrag Do., 25.12.2014, 12:32

Liebe Ubeda,

auch wenn es weh tut, wir werden unsere Eltern nicht mehr ändern, sie
werden auch nie Einsicht zeigen, kein Verständnis aufbringen.

Deine Wut auf Deine Mutter kann ich sehr gut nachvollziehen und sie ist
auch absolut berechtigt!
ubeda hat geschrieben:Sie sagt: Er tut MIR ja nichts, wieso hätte ich ihn verlassen sollen?
Unfassbar, sowas als Kind zu hören... :'(
Ja, es ist unfaßbar und enentschuldbar, so etwas zu sagen, die als Mutter hatte die
Pflicht Euch zu schützen!

Es gibt viele Gründe, warum sie es nicht tat, nicht konnte, entschuldigt sie aber nicht.

Mich haben beide Elternteile misshandlet. Sie leugnen es heute, oder bagatellisieren.
Um mich zu schützen, habe ich den Kontakt abgebrochen. Von Ihnen kommen nur
Forderungen mich um sie zu kümmern, weil sie sich langweilen.

Kontaktabbruch ist ein langer schmerzhafter Prozeß, weil man plötzlich alleine dasteht,
während der Rest der Familie zusammenhält. Es gibt auch unterschiedliche Formen des
Abbruchs (keine Besuche mehr, nur noch telefonisch, nur Briefe...)

Ich wünsche Dir alles Gute,
Saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Hot_Legs
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Beitrag Do., 25.12.2014, 13:49

Ich würde an Deiner Stelle den Kontakt mit beiden abbrechen.
Wenn es um Gewalt geht, geht es um Seitenfrage.
Und Deine Mutter ist hier defenitiv nicht auf Deiner Seite.

Du wirdst bestimmt Menschen treffen, die Dir gut tun. Wenn Du aber Deine Vergangenheit rumschlepst, bringt es nichts.

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Zimtkiffel
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 08:24

@ viciente

Ich lese hier im Forum schon einige Zeit mit und wollte dir mal sagen, dass ich deine Beiträge oft sehr hilfreich finde.
Du bist sachlich und betrachtest die Dinge aus allen Blickwinkeln, zur Erklärung und zum Verstehen, nicht als Entschuldigung.
Das ähnelt ein bisschen meiner naturwissenschaftlichen Sichtweise (des Lebens), stößt aber oft auch auf Abwehr - zu wenig Mitleiden... oder so.

Ich habe mal ein halbes Jahr VT gemacht, die mir zu der Zeit kaum was brachte (Suchtproblematik, Therapeutin nahm das überhaupt nicht ernst, aber anderes Thema).
Dennoch hat mir diese Erfahrung im Nachhinein was gebracht.

Wir thematisierten mal meinen Vater, bei dem ich dachte, dass er mich einfach nicht liebt. bzw meinen Bruder sein und mein Leben lang vorzieht.
Sie meinte, ich werde meinen Vater nicht ändern können.
Es sei auch eher nicht zu erwarten, dass er sich noch ändert, seine Gefühle mir gegenüber.
Es ist so wie es ist und ich akzpetiere es so.

Komischerweise hat sich seitdem schleichend meine Erwartungshaltung geändert, ich erwarte gar nix mehr von ihm und das hat unser Verhältnis verändert. Es ist besser geworden. Keine Ahnung, ob und wie sehr er mich liebt, auf seine verschwurbelte Art wahrscheinlich schon (er macht viel für mich), aber das ist mir inzwischen egal. Es spielt einfach keine Rolle mehr. Ich weiß gar nicht, wie ich das ausdrücken soll. Ich hab dazu eine gesunde Distanz bekommen, der Kontakt mit ihm ist kein Problem mehr.
Ich merke auch, dass das eigentliche Problem immer meine Mutter war (und ist). Mein Vater war nur irgendwie der Puffer, der Auslöser, der, den ich als Feind wahrnahm. In Wahrheit ist meine Mutter der Drahtzieher des "großen Ganzen".
Mir ist das erst klar geworden, seit sie sowas wie Einsicht oder zumindest gewisse Verhaltensänderung zeigt. sonst hätte ich wohl heute schon keinen Kontakt mehr zu ihnen.

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Zimtkiffel
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 08:33

Ich habe mal so eine Idee, wie man mit (ver)leugnenden Eltern umgehen könnte....

Man sagt ihnen sachlich und unemotional, also eher als einen Fakt, wie die Kindheit für einen war.

So als klare Ansage. Nicht verhandelbar. Nicht diskutierbar.

Das wiederholt man mantramäßig immer wieder, wenn es zum Kontakt und zu "warum bist du so blabla"-Vorwürfen kommt.

Wenn die Gegenseit stur bleibt, bleibt man ganz sachlich weg.

Ich gehe mal davon aus, trotz ihrer Verweigerungs- und Selbstbeschwichtigungsstrategien haben sie die dauernd wiederholte Ansage wahrgenommen und wissen sehr wohl, warum Distanz.

Damit ist das ehemalige Opfer in der aktiven Rolle und bleibt es auch. Egal ob die anderen bleiben wie sie sind oder sich verändern. Ist ihre Entscheidung.

Wenn sie das wirklich und wahrhaftig nicht raffen oder so eine komplett irre Verdrängungshaltung haben, dann sind sie doch eh völlig ungeeignete Eltern und Bezugspersonen. Wären sie nicht genverwandt, tät man sie sofort abschießen.

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saffiatou
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 12:11

Zimtkiffel hat geschrieben:Ich habe mal so eine Idee, wie man mit (ver)leugnenden Eltern umgehen könnte....

Man sagt ihnen sachlich und unemotional, also eher als einen Fakt, wie die Kindheit für einen war.

So als klare Ansage. Nicht verhandelbar. Nicht diskutierbar.

Das wiederholt man mantramäßig immer wieder, wenn es zum Kontakt und zu "warum bist du so blabla"-Vorwürfen kommt.

Wenn die Gegenseit stur bleibt, bleibt man ganz sachlich weg.


Ich habe das versucht und es klappt nicht, vielleicht gibt es Eltern, die mehr Einsicht zeigen,
mehr Verständnis, die in der Lage sind zu reflektieren. Meine tun es nicht.

Weißt Du Zimtkiffel, wenn man wie bei mir, so lange zu hören bekommt, daß man schlecht ist
und die Misshandlungen ihre Gründe haben, dann hat man sowieso mit der eigenen Wahrnehmung
zu kämpfen, mit selbst zu trauen. Wenn dann die Eltern immer wieder leugnen, dann fange ich
auch wieder an zu zweifeln. Daher kann Deine Idee sich schnell gegen den richten, der versucht
Verständnis, oder eine Entschuldigung zu bekommen. Weil man wieder in der Elternfalle drinnen
steckt. Um so etwas durchzuziehen muss man schon recht stabil sein und auch ein gutes Ego
haben.

Alles Gute, saffia
never know better than the natives. Kofi Annan

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Rezna
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 12:29

ubeda hat geschrieben:[…] wenn ich sie auch noch verliere, wäre die Familie total kaputt […]
Ähm. Für mich hört es sich nicht an, als wäre die Familie "heil". Sie ist bereits kaputt. Sie war nie heil. Sie war spätestens ab dem Moment kaputt, da man dir gegenüber Gewalt angetan hat. Dabei zusehen, noch dazu mit diesem Motto:
ubeda hat geschrieben:Sie sagt: Er tut MIR ja nichts, wieso hätte ich ihn verlassen sollen?
– vertieft eindrücklich, wie verdammt kaputt diese Familie ist. Es macht sie noch kaputter. Mit einem Abbruch des Kontaktes, schützt du dich und schneidest den fauligen Teil ab, damit der Rest von dir einigermaßen genesen kann. Aber freilich kannst du dieses Geschwür auch mitschleppen und mit deinen Emotionen, deinen Gedanken und deiner Energie nähren. Nur denke ich, mit 38 bist du alt genug, ohne Eltern auszukommen, sogar ohne welche, denen du egal bist, es sei denn, sie können mit dir spielen. Auch wenn vielleicht Anteile von Selbsthass diese Verachtung suchen, weil sie das eigene Weltbild bestätigt.
Tupsy71 hat geschrieben:[…] entweder Kontakt abbrechen und alleine dastehen oder Kontakt beibehalten und immer wieder die Sehnsucht verspüren eine Mutter zu haben die einen lieb hat und für einen da ist.
Mit Kontakt wird diese Sehnsucht ebenso unerfüllt bleiben, wie ohne Kontakt. Niemand wandelt sich über Nacht, schon gar nicht nach fast 40 Jahren und wenn man selbstgerecht zugeschaut hat, weil es einem selbst doch eh ganz kommod ging und menschliches Handeln vielleicht ja wirtschaftliche Nachteile gebracht hätte. Eltern, die ihre Kinder für ihre eigenes Wohlbefinden verkaufen, machen einen nicht satt. An ihnen zu kleben stillt keine Sehnsucht sondern nährt sie. Ab einem gewissen Alter braucht man keine Eltern mehr. Man kann die Sehnsucht nach einer Mutter ablegen. Das geht. Das geht sogar innerhalb einiger Stunden, wenn man mal hinsehen und begreifen will. Ich selbst habe meine Eltern für "als Eltern irrelevant also tot" erklärt, da war ich dreißig. Viel zu spät. Ich habe zuviel Energie vergeudet, diese Familie haben zu wollen und habe mich dabei selbst zu einer Kollaborateurin gegen mich selbst gemacht. Ich habe keine Sekunde bereut, mich zu trennen, keine Sehnsucht nach ihnen entwickelt (wonach denn? Ich hasse mich zwar auch, aber nicht so extrem, dass ich mich mit ihnen abgeben muss, Himmel!) Es hätte ja nur Sinn, Sehnsucht nach Eltern zu haben, die man eben nicht hatte. Dafür braucht man doch nicht den Kontakt zu dem Zustand, der die eigenen Eltern sind, die kann man auch für sich zelebrieren. Freier ist man aber, wenn man sich endlich als Erwachsen und auf sich selbst gestellt akzeptiert.
Zimtkiffel hat geschrieben:Ich habe mal so eine Idee, wie man mit (ver)leugnenden Eltern umgehen könnte....
Meiden.
Zimtkiffel hat geschrieben:Wenn sie das wirklich und wahrhaftig nicht raffen oder so eine komplett irre Verdrängungshaltung haben, dann sind sie doch eh völlig ungeeignete Eltern und Bezugspersonen. Wären sie nicht genverwandt, tät man sie sofort abschießen.
Sie sind es nicht erst dann, sie waren es immer. Zudem denke ich nicht, dass ein paar Worte mehr Wirkung haben sollen, als zuzusehen, wenn das eigene Kind gequält wird, oder wenn man es selbst quält. Ich meine, da ist schon ganz, ganz früh und vor langer Zeit eine Menschlichkeit abhandengekommen, die man mit ein paar klaren Worten doch nicht wecken kann. Mal ehrlich: Wer zuschaut, wie das eigene kleine, unschuldige, hilflose Kind misshandelt wird, ohne einen Impuls zu fühlen, einzugreifen, und sei es aus Angst spätestens die Flucht anzutreten, wenn das Tier sich umdreht, so jemand wird doch nicht berührt, wenn da ein Erwachsener vor ihm sitzt, der stark genug ist, klare Worte zu finden. Das ist ein Wunschtraum.
Sollten solche Eltern ihre eigenen Missetaten scheinbar einsehen, haben sie in der Regel bloß Angst um sich selbst, tun das nicht ihrer Kinder zuliebe. Am ehesten haben sie wohl dann Angst, wenn sie gläubig sind und um den Platz unter Gottes Rockzipfel fürchten. Die Kinder sind ihnen aber auch dann egal.
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»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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Zimtkiffel
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 15:19

Weißt Du Zimtkiffel, wenn man wie bei mir, so lange zu hören bekommt, daß man schlecht ist
und die Misshandlungen ihre Gründe haben, dann hat man sowieso mit der eigenen Wahrnehmung
zu kämpfen, mit selbst zu trauen. Wenn dann die Eltern immer wieder leugnen, dann fange ich
auch wieder an zu zweifeln. Daher kann Deine Idee sich schnell gegen den richten, der versucht
Verständnis, oder eine Entschuldigung zu bekommen. Weil man wieder in der Elternfalle drinnen
steckt. Um so etwas durchzuziehen muss man schon recht stabil sein und auch ein gutes Ego
haben.

Alles Gute, saffia
Hallo saffia,

da hast du recht, ich habe zu schnell von mir auf andere geschlossen.
Ich bin gerade eher im Angriffsmodus und schieße dabei oft auch mal ein bisschen übers Ziel hinaus. Das ist aber mein Problem in meiner Problematik, die ich nicht auf dich übertragen möchte.

Was mir jetzt aber bei dir spontan noch einfällt....

da kommen zwei Dinge zusammen, die es dir so schwer machen, einen konsequenten Schlussstrich zu ziehen und einen Haken dahinter zu machen.

Dieser verdammte Elternmythos und vor allem dabei die heilige Mutterkuh (zu schlachten).
Es wird uns von Kindheit an, auch in nichtreligiösen backgrounds, vermittelt, die Eltern sind die großen Vorbilder und sie sind immens wichtig fürs Leben.
Eine Mutter liebt ihre Kinder, unbedingt. Und tut eine das nicht, ist sie eine Tatort-Psychopathin oder sie hatte selbst eine schlimme Kindheit.

Dass es einfach auch Eltern/teile gibt, die nicht dazu geeignet sind, die gar keine Kinder haben sollten, das kann es nicht geben.

Das macht es dir schwer, loszulassen, was dir absolut nicht gut tut. Das tut ein normaler Mensch ja auch nicht. Der liebt seine Eltern trotz allem. So wird uns das vermittelt.

Damit bin ich auch beim Punkt zwei.
Eltern, und besonders Mütter, müssen ihre Kinde bedingungslos lieben. So wird uns das schon im Kindergarten vermittelt. Kann mich zwar nicht dran erinnern, denke aber, dieser Mythos wird bereits in Bilderbüchern aufgegriffen und später fest etabliert.

Jedes Kind, das das Pech hat, nicht solche Eltern zu haben, ist da gleich mal aussätzig.

Und hier kommst du selbst ins Spiel.
Deine eigene Erwartungshaltung an deine Eltern, die sich aus genau diesem Elternmythos speist.

Es ist aber nun mal eine biologische Tatsache, dass es immer gute und weniger gute Muttertiere gibt. Wenn man es aus Sicht der Kinder sieht.
Mag sein, dass diese nicht so guten Mütter weniger selbstlos sind, mehr ihre eigenen Interessen in den Vordergrund stellen.

Schützen, aufopfern, unterstützen, geht ja alles in eine Richtung. Das haben manche Mütter eben in ihrem "Programm", andere nicht.
Das kann man auch bei Katzenmüttern beobachten, von denen manche total fürsorglich sind, andere scheren sich kaum um ihre Jungen, bringen ihnen nix bei oder machen sich gar früh vom Acker. Da kann man ja kaum von eigener schlimmer Kindheit oder psychischen Problemen reden, oder!?

Kann das nicht bei Menschenmüttern auch einfach so sein? Dass manche eben fürsorglich und beschützend sind, andere nicht?

Dann gibt es auch noch Mischtypen wie meine Mutter. Sie ist eienrseits eine beschützende (schon übergriffige) Glucke, kann aber andererseits auch eiskalt sein.
Das ist auch kein Zuckerschlecken, weil es das Abgrenzen noch schwerer macht.

ABER!!!

Heutzutage sind doch alle Lebensformen drin. Man kann sich seine eigene "Familie" suchen, unter Freunden, die dann wirklich für einen da sind.
Das ist sicher nicht das gleiche. Aber einer heilen Famlie nachtrauern, die es eh nie gab, ist so destruktiv und krankmachend, dass es eine gute Alternative ist.

Was dir auf jeden Fall meiner Meinung nach auf der Seele lastet, sind einerseits deine Erwartungshaltungen an deine Eltern und andererseits das Nichterfüllen dieser.
Jeder kann das verstehen, aber es ist nun mal wie es ist. Deine Erwartungen wurden noch nie erfüllt und werden es wohl auch in Zukunft nicht.
Was sind für dich die Konsequenzen, wenn du es mal so ungeschönt betrachtest?

du betrachtest die ganze Sache nämlich auch alles andere als knallhart offen, du beschönigst selbst auch dabei vieles....
Rezna hat dich ja auch schon darauf aufmerksam gemacht mit dem Punkt "heile Familie".

Kannst du diese Schonungslosigkeit in alle Richtungen ertragen? Mit den Konsequenzen leben?

Du scheinst einerseits zu wollen, dass deine Eltern anfangen zu reflektieren und selbstkritisch zu sein, willst aber selbst der Wahrheit nicht schonungslos in die Augen schauen, betreibst Beschönigung (unbewusst).

Du könntest ja auch einfach knallhart und selbstschützend für dich entscheiden: ES REICHT. Die sind für mich gestorben.
Das kannst du aber auch irgendwie nicht.
Du hältst deine Erwartungshaltung weiterhin aufrecht. Und wirst immer wieder enttäuscht.

Dort liegt deine Aufgabe für dich und dein Wohl...

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Zimtkiffel
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 15:36

Rezna hat geschrieben: Sie sind es nicht erst dann, sie waren es immer. Zudem denke ich nicht, dass ein paar Worte mehr Wirkung haben sollen, als zuzusehen, wenn das eigene Kind gequält wird, oder wenn man es selbst quält. Ich meine, da ist schon ganz, ganz früh und vor langer Zeit eine Menschlichkeit abhandengekommen, die man mit ein paar klaren Worten doch nicht wecken kann. Mal ehrlich: Wer zuschaut, wie das eigene kleine, unschuldige, hilflose Kind misshandelt wird, ohne einen Impuls zu fühlen, einzugreifen, und sei es aus Angst spätestens die Flucht anzutreten, wenn das Tier sich umdreht, so jemand wird doch nicht berührt, wenn da ein Erwachsener vor ihm sitzt, der stark genug ist, klare Worte zu finden. Das ist ein Wunschtraum.
Sollten solche Eltern ihre eigenen Missetaten scheinbar einsehen, haben sie in der Regel bloß Angst um sich selbst, tun das nicht ihrer Kinder zuliebe. Am ehesten haben sie wohl dann Angst, wenn sie gläubig sind und um den Platz unter Gottes Rockzipfel fürchten. Die Kinder sind ihnen aber auch dann egal.
Ich muss zugeben, dort komme ich schon seit langem an die Grenzen meiner Vorstellungskraft.
Durch meine Essstörung kannte ich einige Mädchen, die in ihrer Kindheit schwer traumatisiert wurden, und hab da immer hilflos davor gestanden.
WEnn die Mutter einem jungen Mädchen erzählt, wie hässlich es ist und zu fett (obwohl bereits offensichtlich magersüchtig), dieses Mädchen säuft daraufhin Spülmittel, weil es es nicht besser verdient und hungert noch weiter.... ja, das ist außerhalb meiner Vorstellungskraft. Hätte ich das nciht selbst über längere Zeiträume gehört und wüsste, es ist nicht erfunden, täte ich das nicht glauben.

Ich kann es mir ehrlich nur so erklären, dass diese Leute, die Misshandler, einen Defekt im Empathiezentrum haben. Das soll jetzt wieder keine Entschuldigung sein, aber mal ehrlich... anders ist es doch nicht erklärbar, wie man das eigene Kind quälen kann.

Ich verstehe Ausraster im Affekt, kenne ich von meinen Eltern, die waren dauernd überfordert, brüllten rum, im nächsten Moment waren sie wieder freundlich und taten so, als sei nix gewesen. Da war auch wenig Einsicht in der Form, dass sich entschuldigt wurde oder versucht, mit Stress zukünftig besser umzugehen. Bei der nächsten Gelegenheit wurde wieder losgebrüllt.

Sich dran weiden wie die Kinder leiden, ist aber nochmal eine andere Dimension und sowas würde ich auch absolut niemals verzeihen noch könnte ich das vergessen.

Ich käme evtl sogar auf die Idee, mich zu rächen, wenn die Misshandlungen bestritten, verleugnet, heruntergespielt bagatellisiert werden. Entwickelt man da keine furchtbaren Wutgedanken und auch Rachepläne?

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Sai
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Beitrag Fr., 26.12.2014, 16:10

Von den Eltern misshandelt zu werden ist Furchtbar.
Aber es macht mich auch wütend, dass sie weiterhin mit ihm zusammen lebt, für ihn kocht & wäscht etc. - als wenn nix gewesen wäre... sie bedient und belohnt ihn noch für sein verhalten.
Wutgedanken, Wunsch nach Rache und Genugtuung sind da inkludiert, aber Uneinsichtigkeit kannst Du bei solchen Eltern nicht beheben. Du kannst nur was für Dich tun und das ist sehr wichtig. Du sollst nicht den Rest Deines Lebens als Gefangene Deiner Erinnerungen leben.
Liebe Grüße Sai

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