Situation meiner bipolaren Mutter ausweglos?

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still_still
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Situation meiner bipolaren Mutter ausweglos?

Beitrag So., 20.07.2014, 22:28

Seit circa 2 Wochen brauchte meine Mutter eine Auszeit von ihrem Mann, da er sie psychisch einschüchtert und tyrannisiert. Deshalb habe ich sie einige Tage bei mir aufgenommen und ich habe es bereut. Durch ihre angehende Manie hat sie mich in sinnlose Diskussionen verwickelt, mitten in der Nacht auf mich eingeredet, mich nicht schlafen lassen, angefangen, in der Wohnung alles umzuräumen und hat mir mit meiner zurückhaltenden, sanftmütigen Art fast das Zepter in meiner eigenen Wohnung streitig gemacht. Alles musste nach ihrer Pfeife tanzen und bei Widerworten gab es nur Streit, der in belanglosem Gefasel endete. Ich war es so leid.... Ganz zu schweigen von dem Chaos, das sie in meiner Wohnung verbreitet hat. Überall ihre Klamotten, tausend Beutel, man konnte nicht mehr treten. Vorgestern ist sie zu ihrem Mann gefahren und wollte noch einige Sachen zu mir holen. Dabei kam es zum Streit und er hat meine Mutter mehrmals auf den Kopf geschlagen. Daraufhin hat sie die Polzei gerufen, die ihren Mann für zehn Tage der ehelichen Wohnung verwiesen hat (Bannmeile) und er hat noch auch zwei saftige Anzeigen am Hals. Nun hat meine Mutter noch 8 Tage Zeit, sich eine Wohnung zu suchen (was ich für sie fast geschafft habe) und ihre Sachen aus der Wohnung zu bringen. Nur ging sie heute in die Notaufnahme wegen der Schmerzen nach der Prügel ihres Mannes und sprach mit einem Psychologen, der sie auf die offene Psychiatrie eingewiesen hat. Unorganisiert wie sie ist, möchte sie nun, dass ich und mein Opa mit seinem kleinen Auto tausendmal zwischen der ehelichen Wohnung und dem Ort wo sie hinziehen möchte (15 km entfernt) hin und herpendle und peu a peu ihre Sachen in meinen Keller bringe, der sowieso schon aus allen Nähten platzt. So möchte sie den Umzugwagen sparen, obwohl sie ihn locker bezahlen könnte. Und - obwohl sie ja jetzt in der Psychiatrie ist, verlässt sie mit dem Auto (dass sie zuzeit gar nicht fahren dürfte) das Krankenhausgelände und packt jeden Tag. Als ich Mutter heute mit meinen Großeltern besuchten, gab es kein normales Gespräch - nur Streit, spitze Bemerkungen ihrerseits, man darf ihr nicht ins Wort fallen, was sie aber herzlich gern tut. Soviel zur Vorgeschichte.
Bei allem, was man in ihrer Krankheitsphase mitmacht, fühle ich mich verpflichtet zu helfen, wo ich kann. Leider sehe ich aufrgund meiner Gutmütigkeit nicht immer die Grenze, und merke in ruhigen Minuten, dass es mir dadurch auch schlechter geht (bin auch manisch-depressiv). Meine Mutter ist eine ganz schwierige Person, zur der ich und meine Großmutter aus meiner Familie wohl noch den dicksten Draht haben. Es ist einerseits ganz furchtbar, was passiert ist, was ihr Mann ihr angetan hat, aber andererseits kann sie in den verbeleibenden 8 Tagen - in ihrer Verfassung - diesen Umzug aus meiner Sicht nicht stämmen. Es muss alles genau durchorganisiert sein, und diese Ader fehlt ihr total. Wenn ich davon spreche, einen Umzugswagen zu organisieren, ist sie zu geizig. Das wäre das günstigste und einzig beste. Mich nimmt das alles sehr mit und ich habe die letzten Nächte kaum geschlafen. Jetzt, da sie im Krankenhaus ist, konnte ich wieder einigermaßen Ordnung in meine Wohnung bringen.
Der Rest der Familie meint, wir fahren ihre Sachen erst, wenn sie eine eigene Wohnung gefunden hat. Bis sie das hat, können aber die 8 Tage schon verstrichen sein und ihr Mann darf zurück in die Wohnung. Sie zählt auf mich, dass ich morgen Vormittag mit meinem Onkel antanze und weiter sysiphosmäßig mit einem kleinen Auto ihre Sachen hier her in meinen Keller fahre. Er wird nun nicht fahren und ich fühle mich irgendwie verpflichtet zu helfen, hab aber kein eigenes Auto. Wäre es besser, sie kuriert sich erstmal total im Krankhaus aus und zieht den Umzug später durch? Was sagt ihr zu ihrem Wahnsinns-Umzugsplan? Es war die letzten Tage irgendwie alles zuviel... Danke fürs lesen. Vielen Dank im Voraus für eure Antworten.
„Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen.“

Dieter Hildebrandt

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LynnCard
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Beitrag Fr., 01.08.2014, 23:35

Lieber still_still

Ich würde ihr knallhart sagen, dass ein Umzugswagen her muss, dass es für euch unzumutbar sei, sonst müsse sie eben danach selbst schauen. Wenn Du das nicht schaffst und der Umzug wirklich sehr billig kommt, dann würde ich es selbst bezahlen und ihr nichts sagen. Dann hast Du wenigstens diesen Stress nicht, das ist es doch nicht wert. Außerdem scheint sie ja wirklich komplett neben sich zu stehen, da müsstest Du abwägen, ob Du diesen Beitrag für sie leisten magst als Sohn. Aber das mit dem Pendeln ist wirklich ein Unding, wenn Du nicht vielleicht doch noch einen Freund findest, der Dir z. B. mit einem gemieteten größeren Wagen das Ganze in einem Umzug transportiert.
LG Lynn

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still_still
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Beitrag Sa., 09.08.2014, 12:15

Liebe LynnCard,

vielen Dank für deine Antwort. Inzwischen ist meine Mutter aus dem Krankenhaus entlassen worden, sie bekommt nun endlich ihre Medikation und ist auch viel ruhiger geworden. Ich habe für sie eine Wohnung organisiert, die sie ab 1. November beziehen kann. Bis dahin wohnt sie nun erstmal bei mir. Ich sagte ihr, wir machen den August erstmal als Probemonat und dann sehen wir weiter, ob sie bei mir bleibt oder im Frauenhaus ein paar Wochen wohnen kann. Von dort bekommt sie auch Hilfe, wenn sie ihre Sachen aus der ehelichen Wohnung holen möchte. Freunde von ihr organisieren auch den Umzug, das ist inzwischen alles geklärt. Die meiste ist zwar noch nicht geschafft, aber ich habe versucht, ihr einen guten Anfang mit der Wohnung zu bereiten. Vorher war sie ja völlig kopflos und konnte selbst nichts organisieren in der Richtung.
Ihr Ehemann darf sie jetzt gerichtlich auch nicht mehr belästigen oder gar kontaktieren, sonst geht er für ein halbes Jahr in den Knast. So ausweglos ist es nun meiner Meinung nach nicht mehr, ich hoffe eben nur dass ihr Aufenthalt in meiner Wohnung so reibungslos wie möglich verläuft.
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Dieter Hildebrandt


pandas
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Beitrag Sa., 09.08.2014, 14:13

Hallo still_still,

das hört sich doch gut an; vor allem hat sich nun ein soziales Profi-Helfersystem herausgebildet, was Dich einigermassen entlastet.
So hat sich ja auch der Stress auf Deine Mutter abgeschwächt (wohl zuvorderst auch, weil sie diesem Mann räumlich schlicht nicht mehr ausgesetzt ist) und ihre Symptomatik hat sich normalisiert. Falls es wieder eskaliert, würde ich empfehlen, nicht zu zögern, auf das Helfersystem zurückzugreifen.

Ich finde es toll und beeindruckend, wie Du die Situation gestaltet hast und Deiner Mutter - trotz ihres eigenen (mE erklärbaren) Verhaltens - effektiv geholfen hast.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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still_still
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Beitrag Sa., 09.08.2014, 17:59

Hallo pandas,

ja, von der Interventionsstelle des Frauenhauses bekommt sie alle erdenkliche Hilfe. Sie haben ihr auch eine Rechtsanwältin empfohlen, die ihr mit dem ganzen grechtlichen Kram voll hinter ihr steht.

Meiner Mutter sagt, sie sei sehr gern bei mir und kann sich erholen und von allem gut ausspannen. Eskalieren kann es nicht mehr, da bei jeder weiteren Begegnung mit ihrem Noch-Ehemann jemand vom Frauenhaus oder von der Polizei dabeisein wird. Ich habe seine Wohnung seitdem nicht mehr betreten. Er hatte schon immer einen Hass auf mich, obwohl ich ihm nie dazu Alass gegeben hätte. Er sagte mal zu meiner Mutter, dass er mich krankenhausreif schlagen will, wenn er mir mal in der Stadt begegnet. Das wollen wir erstmal sehen.

Die ganze Kraft, die ich aufbrauchen musste in den letzten Wochen habe ich von meiner restlichen Familie und meinen Freunden, die mir mit Rat und Tat zur Seite stehen und einen Großteil der negativen Gefühle kompensieren.
„Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen.“

Dieter Hildebrandt

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