Bei wem liegt Eurer Ansicht nach die Hauptverantwortung für das Gelingen einer ambulanten* Psychotherapie: auf Therapeuten- oder auf Patientenseite?
Und konkreter: Welche Art der Verantwortung hat ein jedes innerhalb der therapeutischen Dyade?
*(Um eine ambulante Therapie bewältigen zu können, muss die/der PatientIn über eine gewisse psychische Gesundheit verfügen.)
(Der Esel geht voran. Also versuche ich, eine eigene, vorläufige Antwort auf die Threadfrage zu formulieren.)
Mr. Gemini52, der Analytiker, der mit mir zusammen meine Psychoanalyse durchführt, hat von Anfang an ("störungsbedingt") zwei bei mir liegende Verantwortungen immer wieder betont:
1. Wenn ich nicht mehr will, dann ist die Analyse beendet. (Das war bei all den Stunden so, in denen ich abbrechen 'wollte' - es aber de facto nicht wollte; ich konnte dann auch nach dem einmal von mir tatsächlich vollzogenen Abbruch wieder anknüpfen: Die Tür stand offen.)
2. Ich bin ein erwachsener Mensch. Zwar ist in mir - wie in jedem Menschen - auch mein Kinder-Selbst in seinen verschiedenen Entwicklungsstadien (und vor allem: in den dortigen Fixierungen) vorhanden, doch ich bin fähig, eine ambulante Therapie durchzuführen, mithin nicht so entwicklungsgestört, dass ich als gleichsam infantil festgefahren akut und damit temporär eine pflegerische Rundumbetreuung benötigen würde. (Das hatten wir - vor Beginn der Therapie, der sich dadurch um einige Monate verzögerte, auch wenn ich nur ein paar Tage im KH war.)
Massiven Regressionsanwandlungen meinerseits hat Mr. G. (vielleicht auch, weil ihm sehr bald klar war, dass ich aus bestimmten Gründen einen ausgeprägten Krankenhaus-Hass hege) schnell vorgebeugt.
Gleichwohl stand meine Therapie etwa zweieinhalb Jahre immer wieder auf der Kippe.
Die Gründe dafür liegen zum größten Teil in mir selbst, in:
- - grundlegendem Sinnlosigkeitsgefühl (inkl. suizidaler Tendenzen);
- einigen "Versprechen", die ich mir gegeben habe, und die ich durch eine gelingende Therapie zu "brechen" drohe;
- der doppelten Unaushaltbarkeit des Gedankengefühls, dass sich da einer für mich interessiert/mir helfen möchte/mich mag (doppelt, denn a) "bin ich toxisch, und wer sich näher auf mich einlässt, wird mindestens krank"; b) "wer sich näher auf mich einlässt, gar vieles von mir weiß, ist eine unerträgliche Gefahr, denn er wird mich verraten und/oder verlassen, also muss ich mir so jemanden fern halten");
- meiner (paradoxer-, aber erklärbarerweise) wachsenden Enttäuschung darüber, dass Mr. G. hinsichtlich des letzten Spiegelstrichs alles ziemlich richtig machte und sich mir gegenüber immer wieder in die Ferne verzog;
- meiner in all der Zeit vorherrschenden Unwilligkeit, für mich selbst (wieder) die Verantwortung zu übernehmen, mein Leben selbst (wieder) "gestalten" zu wollen (lassen wir jetzt mal außen vor, dass da die Grenzen sehr, sehr eng sind) - mithin: mich auch (wieder) ein wenig verändern zu wollen (Leben ist ja unter vielem anderen das: anfangs ganz große, später dann kleine, immer aber permanenteVeränderung);
- allerhand anderen Aspekten meiner selbst, die ich hier jetzt nicht gleich ausführen mag bzw. die ich einfach auch noch nicht gut genug kenne.
Vielleicht ist das persönlichkeitsabhängig (persönlichkeits- nicht persönlichkeitsstörungs-abhängig!), doch ich hatte immer, auch in den schlimmsten Wackelmomenten meiner Therapie, das Gefühl, dass ich den größeren Teil der Verantwortung für ihr Scheitern oder eben ihr Gelingen trage.
(Ich muss aber dazu sagen, dass Mr. G. sich zwar nie "therapeutisch angebiedert" hat - s. sein Augenmerk auf gravierenden Regressionstendenzen meinerseits -, doch er hat allerhand Therapiedestruktionswerk ertragen und es mir "durchgehen lassen", wodurch mir hinterher und in zunehmendem Ausmaß immer deutlich wurde: Er will mir was Gutes. - Mittlerweile "hat" er mich "soweit" , dass ich das aushalte; so sieht's momentan jedenfalls aus.)
Wer also hat welche Form von Verantwortung für eine gelingende Therapie zu tragen?
Was sind (verbreitete?) "Fehler", die die jeweilige Verantwortung schwächen?
Das fragt alle, die hier lesen (es besteht ja kein Antwortzwang ), und herzlich grüßend
Widow