Therapieabbruch durch den Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Therapieabbruch durch den Therapeuten

Beitrag Fr., 11.07.2014, 08:44

Ich frage nicht, weil es mich persönlich betrifft - doch, natürlich: Indirekt betrifft es schon auch mich; ich finde es nämlich unheimlich.

Ich habe in den letzten Monaten hier von mindestens vier Therapieabbrüchen durch den Therapeuten gelesen (damit meine ich nicht, dass eine Therapie nach einem bestimmten Kontingent, das vorher verabredet war, beendet wurde durch den Therapeuten).

Soweit ich weiß, sollte so etwas die absolute Ausnahme sein - andererseits: Das Forum scheint ja nicht gerade von Nicht-Ausnahmen zu wimmeln, in jeder Hinsicht...

Mir gehen dabei viele Fragen durch den Kopf: Wie häufig ist so etwas tatsächlich? Was geschieht da in einem Therapeuten, bevor er so was tut? Weiß er, WAS er damit tut? Hätte es Anzeichen gegeben, oder geschah das von jetzt auf gleich? Wie kommen die Patienten damit klar, nicht nur akut, sondern lebensgeschichtlich? Gibt es so eine Art Manual, wie man den Patienten in so einer Phase begleiten soll, oder läuft es so nach dem Motto ab: "Schnell weg mit Ihnen!"? Zeigt das letztlich vor allem die unheimlich große Belastung, die diesen Beruf ausmacht - und die womöglich von den Patienten unterschätzt wird? Gäbe es Möglichkeiten, so etwas zu verhindern? Gibt es Gemeinsamkeiten? Wurde so was mal in einer Studie untersucht?

Ich selbst kann dazu gar nicht viel sagen, nur dass es in meiner Therapie auch schon oft gekriselt hat (wo nicht?) und dass mein Therapeut selbst immer gesagt hat, dass er noch nie jemanden 'rausgeschmissen' hat und das auch mit mir nicht tun wird. Dass man sich grundsätzlich nicht auf solche Aussagen verlassen kann, ist nun wohl klar.

Keine Ahnung, ob darüber jemand was schreiben möchte - ich wollte meine Verwirrung nur erst mal loswerden.

Werbung

Benutzeravatar

CrazyChild
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 56
Beiträge: 942

Beitrag Fr., 11.07.2014, 09:38

Leberblümchen, den gleichen Gedanken hatte ich vorhin auch...was ist denn nur mit unseren Theras los ? einer nach dem anderen bricht von sich aus ab.

ich quäle mich mit Deinen Fragen nun schon seit Monaten rum, ohne eine wirklich befriedigende Antwort für mich zu finden.

Fakt ist, daß man offensichtlich all den Botschaften, die die Theras aussenden oder aussprechen, nicht hundertprozentig trauen kann.

meine Thera hat mir IMMER gesagt, sie schmeißt prinzipiell niemanden raus, das würde sie nie tun. und was passiert ist, kennst Du ja.

du hattest mir mal geschrieben, daß die Botschaften der Theras oftmals nicht so zu nehmen sind, wie sie rüberkommen. wenn der Thera sagt, ich schmeiße prinzipiell niemanden raus, bedeutet das so viel wie ....so lange der Patient mitarbeitet.

Ich kann mir gut vorstellen, daß die Theras da verschlüsselte Botschaften senden, von meiner Thera könnte ich im Nachhinein einige davon aufzählen, die sich erst mal ganz schön anfühlen, wenn man sie nimmt, wie sie ausgesprochen wurden.

aber dahinter scheint eine andere Bedeutung zu stehen. aber wie soll der Patient das kapieren, wenn das wirklich so ist ? das kann doch vom Patienten nicht verlangt werden, der sich mit intensiven Gefühlslagen wie Regression usw.auseinandersetzen muß.

aber offensichtlich ist es so.

Und was macht das mit den Theras, wenn Sie abgebrochen haben ? ich denke, es geht ihnen kurzzeitig schon nahe, aber wahrscheinlich weil sie in dem Moment mit ihrem eigenem blinden Fleck konfrontiert werden, was niemand gerne mag. Und jeder Thera ist ja für sich der Beste und von daher muß das, auch vor einem selbst, schnell bereinigt werden.

der Patient steht dann da. alles was vorher galt, gilt nicht mehr. Er wird alleingelassen und muß da irgendwie allein durchkommen. In so einer Situation auch noch klaren Kopf zu bewahren erscheint mir sehr schwer.
LG, CrazyChild

***stay strong***

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Fr., 11.07.2014, 10:02

Ich hätte es vor einiger Zeit nicht für möglich gehalten, dass es mir mal passieren könnten. Schon gar nicht nach Aussagen wie "überlegen sie sich mal, wie unprofessionell das wäre... nach dem ich mal eine entsprechende Angst geäußert habe. Streng genommen könnte man aber in meinem Fall sagen: Ist nicht direkt kein Abbruch einer lfd. Therapie, sondern eine Nicht-Fortsetzung... zumindest formal. Die Sitzung zuvor hieß es aber noch, dass sie nicht beenden wird (aber mit manchen Absprachen). Ich merkte ein Rudern, was es sonst nicht gab...

Es geschah nicht von heute auf nachher... sondern nicht bearbeitbare Dynamik (woran auch immer das lag)... ich bin noch am Überlegen, ob ich manches noch früher hätte erkennen müsssen/können.
Wie kommen die Patienten damit klar, nicht nur akut, sondern lebensgeschichtlich?
Weiß ich noch nicht... noch bin ich relativ gefasst (und das ist echt ein Fortschritt, also es könnte mir auch näher an die Substanz gehen als es tut). Aber so manches was geschah bohrt in lebensgeschichtliche Kerben... und das erschwert es, die Dinge klar zu sehen: Was sind meine Baustellen, was muss ich von mir abgrenzen. Vertrauen: Klar, das wird schwerer... denn Sie hatte mein Vertrauen... nie hätte ich das gedacht... und die Frage: Kann sich das wiederholen. Und zuviel prophylaktische Vorsicht ist ja auch nicht gut.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Seelenhunger
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 40
Beiträge: 53

Beitrag Fr., 11.07.2014, 10:39

Meine Therapie ist vor 3 Monaten von meinem Therapeuten abgebrochen worden.
Richtig damit klargekommen bin ich bis jetzt damit nicht.
Ich bin einfach entäuscht verlasssen worden zu sein.
Außerdem ist schlagartig eine Unterstützung weggebrochen.
Ich habe Probleme mit dem Vertrauen,das dürfte beim nächsten Therapeuten noch schwieriger sein.
Anderseits habe ich auch Verständnis für den Therapeuten,wenn er keine Basis für einen fruchtbare Zusanmenarbeit sieht.
LG Seelenhunger

Werbung


pandas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 77
Beiträge: 4613

Beitrag Fr., 11.07.2014, 11:08

Ich hätte jetzt gar nicht so den Eindruck gehabt, dass Therapeuten laufende Therapien von sich aus abbrechen; es ist auch noch mal etwas anderes, wenn dies aus organisatorischen Gründen geschieht, bspw. wenn der Therapeut umzieht.
Als Freiberufler muss er ja irgendwann auch umziehen können, und er/sie hat nunmal viele Verträge in Form von Therapien, es wird sonst nie einen Zeitpunkt geben, wo er/sie umziehen kann.

Ansonsten brechen Therapeuten Therapien auch ab, weil man sich zu sehr verstrickt etc hat. Nicht zuletzt kann auch explizites Stalking ein Grund sein. Therapeuten sind aber verpflichtet dies einzuschätzen, wobei sie dabei auch Fehler machen können. Aber besser so ein Therapeut eröffnet, dem Patienten den Abbruch, als die Therapie weiterschleifen zu lassen.

So wie ich das überblicke, sind Therapeuten im Falle eines Therapieabbruches dazu verpflichtet, bei fortbestehender psychischer Krankheit Alternativen aufzuzeigen (sozialpsychiatrischer Dienst etc.) und/oder in eine Therapie bei einem anderen Therapeuten zu begleiten. Öfter wird dann wohl auch ein Verfahrenswechsel empfohlen.

Insgesamt ist der Patient dann also besser versorgt, als wenn der Patient von sich aus eine schieflaufende Therapie beendet.

Allgemein ist es wohl so, dass im Falle eines Abbruches durch den Therapeuten die restlichen Therapiestunden nahezu automatisch auf einen neuen Therapeuten von der KK übertragen werden können; oder wenn der abbrechende Therapeut einen Verfahrenswechsel o.ä. empfiehlt, dieser dann leichter durchkommt.

Wobei meine Krankenkasse einen Therapeutenwechsel gleichrangig behandelt, egal ob Patient oder Therapeut abgebrochen hat,
aber das ist wohl nicht bei allen Krankenkassen so.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

Benutzeravatar

hopelife
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1430

Beitrag Fr., 11.07.2014, 11:25

Mein Abschluss ist fast drei Monate her und ich bin sehr unglücklich damit, aber ich sehe ganz deutlich auch meinen Anteil daran. Ich scheine es der Frau überhaupt nicht leicht gemacht zu haben sich von mir professionell zu distanzieren. Ich rede jetzt nicht von den Stunden,sondern dem Mail Kontakt. Rückblickend weiss ich, dass dieser Kontakt mehr als schädlich war. Sie hat mir oft gesagt, dass sie Kontakt in den Stunden anbietet, ich habe mit ihr aber immer wieder verhandelt, anstatt auch einmal ihre not zu erkennen und den Umstand zu akzeptieren, dass sie eigentlich keinen Kontakt außerhalb der Stunden zu mir haben darf. Ich habe unsere Beziehung aber nie sonderlich therapeutisch empfunden. Was ich nie verzeihen kann ist, dass sie ihre Wut verbalisiert hat und das womöglich bis heute noch professionell findet.
Sie hat mir zwanzig Minuten für einen Abschied eingeräumt ich habe seitdem nie wieder geschrieben oder etwas von ihr gehört. Meine Analytikerin sagte, dass es da eigentlich noch sehr viel zu klären gäbe im persönlichen Kontakt mit ihr, das geht wohl erst, wenn mich das emotional nicht mehr so belastet. Jede Stunde ist meine gescheiterte Therapie Thema und ich habe bis heute irgendwie einen kleinen Knacks weg, weil ich immer befürchte, dass mir so eine Nacht und Nebel Aktion nochmal passiert. Ich bin in dem Kontakt zur Analytikerin sehr verunsichert, aber ich bin trotzdem heute sehr glücklich, dass ich sie habe. Was ich meine alten Therapeutin nicht verzeihe und so sagte es auch meine Analytikerin, dass sie meine liebe gefüttert hat und sich selbst grenzenlos gezeigt hat. Mit Liebe füttern ist gemeint, dass sie selbst alles dafür getan hat, dass ich sie so wunderbar finde, denn sie wollte bewundert werden und wenn ich sie dann bewundert habe, dann habe ich einen tritt in den Hintern bekommen. Ich habe immer noch heftigen liebeskummer und ich ärgere mich, weil ich den nicht hätte, wenn sie mal selbst ihren Mangel bearbeitet hätte, dann wäre es zu dieser Intensität gar nicht gekommen.
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Fr., 11.07.2014, 11:33

hopelife hat geschrieben:Sie hat mir zwanzig Minuten für einen Abschied eingeräumt ich habe seitdem nie wieder geschrieben oder etwas von ihr gehört. Meine Analytikerin sagte, dass es da eigentlich noch sehr viel zu klären gäbe im persönlichen Kontakt mit ihr, das geht wohl erst, wenn mich das emotional nicht mehr so belastet.
ergänzend: und auch der Therapeut Abstand gefunden hat, sag' ich mal (nicht unbegründbar) dazu.

Lässt sich das mit deiner Analytikerin gut bearbeiten? Ich habe die Befürchtung, dass es etwas anderes ist als das persönlich klären zu können. Doch, es ist auch etwas anderes. Das liegt mir derzeit jedenfalls auch im Magen: Dass es sehr viel zu klären gäbe, aber (in meinem Fall) vielleicht gar nicht mehr möglich ist.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

hopelife
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1430

Beitrag Fr., 11.07.2014, 11:53

Das entscheidet sie ja für sich selbst. Es war auch erstmal nur eine Feststellung das es so ist. Ich bin froh darüber, dass ich eine kompetente Analytikerin habe.

So bin jetzt auch wieder weg. Finde die Idee des Themas sehr gut.

Hopelife
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Fr., 11.07.2014, 11:56

Ich denke, die Grenze zwischen 'Abbruch' und 'nicht-Fortsetzen' ist nicht immer leicht zu ziehen, aber ein Abbruch wäre für mich etwas, das unerwartet 'geschieht' - und das vermutlich auch den Therapeuten selbst überrennt. Ansonsten kann ich es mir überhaupt nicht erklären, wieso die Abschiede so katastrophal verlaufen, wie das hier beschrieben wird.

Dass z.B. der Therapeut irgendwann mal sagt: "Wir müssen mal überlegen, ob...", ist absolut professionell und MUSS auch so sein dürfen; man ist ja nicht aneinander gekettet. Als ich neulich - nicht zum ersten Mal, aber dennoch absolut ernshaft - meinte, dass ich überlege, ob es weitergehen kann, sagte er, dass wir dann gemeinsam gucken könnte, was mir helfen könnte. So etwas würde er - soweit ich das beurteilen kann - auch dann tun, wenn er mich tatsächlich 'rausschmeißen' würde. Der Gedanke, dass dem Patienten am Telefon gesagt wird, dass die Therapie beendet ist, ist für mich unheimlich verstörend und schockierend: Es ist ja nicht nur das Beenden der Beziehung, sondern es ist regelrecht ein Verlassen. Und ich nehme an, dass viele Patienten genau DAVOR am meisten Angst haben. Und dann tritt dieser Fall ein, genauso, wie es immer befürchtet war!

Von ganz weit außen könnte man vermuten, dass die Patienten das mit den Therapeuten so re-inszeniert haben, dass sie es so durchleben wollten, diese Angst, und dass sie einen entsprechenden Druck aufgebaut haben beim Anderen. Und ich verstehe nicht, wirklich nicht, wie ein professioneller Therapeut in so eine Falle tappen kann, OHNE die Geduld zu haben oder sich Unterstützung durch Kollegen zu holen, diese schwierigen Zeiten durchzustehen.

Was nicht heißt, dass ein Ende um jeden Preis vermieden werden muss. Aber für Abbrüche am Telefon, via Email oder SMS oder in einer einzigen Abschlussstunde habe ich nicht nur kein Verständnis; ich finde das einfach nur gruselig - und ich frage mich, wie man überhaupt damit umgehen kann, wenn man in solch einer Situation steckt.

Stalking usw. - ja, sicher. Aber ob das so häufig vorkommt? Hier zumindest war ja davon nirgendwo die Rede. Und stalking heißt für mich wirklich: den Therapeuten regelmäßig privat anrufen, ihn nachts anrufen, ihm Privatbriefe schreiben, vor seinem Haus aufzutauchen, ihn mehrmals ausdrücklich verführen oder gar erpressen zu wollen usw.

Stalking ist sicher NICHT 'auffälliges' Beziehungsverhalten, wie es in Therapien traumatisierter Patienten völlig üblich sein dürfte, von wegen: "Ich will mal gucken, wie weit ich gehen kann und ob ich ihn haben kann".

Benutzeravatar

hopelife
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1430

Beitrag Fr., 11.07.2014, 12:09

Ich halte auch von Mails nichts mehr. Würde das als Therapeut von Anfang an nicht anbieten. Ich habe nur einen AB den ich besprechen kann und das ist auch gut so. Meistens liest man doch eher die Abbrüche die aus Vermischung entstanden sind. Ich habe das hier noch nie anders gelesen. Mails sms usw...
es wäre heute nicht so wie es ist,
wäre es damals nichts gewesen wie es war!


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Fr., 11.07.2014, 12:17

Ich könnte mir vorstellen, dass darüber auch geforscht wird; wenn nicht, wäre es vielleicht mal an der Zeit! Die Frage, ob es Gemeinsamkeiten gibt und wie man es verhindern kann oder konstruktiv damit umgehen kann, ist doch total wichtig, und ich kann mir nicht vorstellen, dass Psychotherapeuten im allgemein solche Vorkommnisse unter den Teppich kehren.

Ich glaube, einen einzelnen Patienten zu verlieren, ist schon schlimm: Es muss ja nicht immer ein Suizid sein; Abbrüche durch den Patienten sind sicher nicht so selten. Aber wenn man selbst als Th. abbricht, müssen doch unheimliche Schuldgefühle entstehen, oder? Werden die alle verdrängt? Kann man dann einfach so weiterarbeiten, als sei nichts geschehen? Und dann kommt sie doch, die Frage: War das alles nur gelogen, das mit der 'Verbindung' und der 'Beziehung'?


pandas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 77
Beiträge: 4613

Beitrag Fr., 11.07.2014, 12:19

leberblümchen hat geschrieben:Ich denke, die Grenze zwischen 'Abbruch' und 'nicht-Fortsetzen' ist nicht immer leicht zu ziehen, aber ein Abbruch wäre für mich etwas, das unerwartet 'geschieht' - und das vermutlich auch den Therapeuten selbst überrennt. Ansonsten kann ich es mir überhaupt nicht erklären, wieso die Abschiede so katastrophal verlaufen, wie das hier beschrieben wird.
Nun, aber da muss Du bedenken, dass es nunmal so ist, dass die Wahrnehmung in unterschiedlichen Filmen abläuft, und die Verstrickung von beiden Personen besteht, d.h. solch ein Abbruch geschieht vermutlich oft gerade dann, wenn die Wahrnehmungen aus Sicht des Therapeuten kommunizierbar sind, damit meine ich, der Patient hat es nicht gemerkt, was sich von Seite des Therapeuten anbahnt und gerade dieses Nicht-Merken verursacht die Überraschung; von Seiten des Therapeuten ist es dann aber keine Überraschung.

Katastrophal, das hängt damit zusammen, dass Therapie als Beziehungsarbeit immer emotional stark aufgeladen ist.

Ich bin der Ansicht, dass es dann aber trotzdem relevant ist WIE der Therapeut den Abbruch gestaltet, d.h.: Zeigt er Alternativen auf oder nicht.
Und meines Wissens ist er zum Aufzeigen von Alternativen sogar verpflichtet, es gibt hier auch Berichte, wo die Weiterarbeit bei einem anderen Therapeuten begleitet wurde.

Und das nehme ich ja Wiesel übel: Dass er mich nicht über Alternativen informiert hat, ja sogar behauptet hat, das würde nichts werden, mit dem Restkontigent woanders nehmen ... dabei stimmt das hinten und vorne nicht.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Fr., 11.07.2014, 12:34

Da kann ich nur für mich sprechen: Formal ist es zwar kein Abbruch, noch nicht einmal eine Nicht-Fortsetzung, sondern streng genommen kein Neuanfang. Emotional ist es aber ein Abbruch. Es war anders besprochen. Irgendwann Unsicherheit. Noch die Sitzung zuvor eine Aussage zur Fortsetzung (aber mit manchen Änderungen).
Der Gedanke, dass dem Patienten am Telefon gesagt wird, dass die Therapie beendet ist, ist für mich unheimlich verstörend und schockierend: Es ist ja nicht nur das Beenden der Beziehung, sondern es ist regelrecht ein Verlassen.
Wohl wahr... es wundert mich daher, dass ich so gefasst bin. Liegt vielleicht teilweise daran, dass ich es noch nicht ganz realisiert habe. Bzw. zumindest weiß, ich kann mich in einer Woche nochmals melden. Trotzdem. Telefon/Brief ist unwürdig.
Von ganz weit außen könnte man vermuten, dass die Patienten das mit den Therapeuten so re-inszeniert haben, dass sie es so durchleben wollten, diese Angst, und dass sie einen entsprechenden Druck aufgebaut haben beim Anderen. Und ich verstehe nicht, wirklich nicht, wie ein professioneller Therapeut in so eine Falle tappen kann, OHNE die Geduld zu haben oder sich Unterstützung durch Kollegen zu holen, diese schwierigen Zeiten durchzustehen.
Ich kann mir schon vorstellen, dass ich manches reinszeniert habe. Punkt. Vielleicht lege ich mich daher auch zu weit auf dem Fenster mit folgender Aussage: Aber es ist mir auch zu einfach, dass alles Reinszenierung ist... denn es kann ja durchaus sein, dass Therapeuten auch mitunter mitagieren (z.B. wenn dann unprofessionelle Aussagen fallen bzw. Vorkommnisse... mal noch allgemeiner formuliert). Und dann muss man halt schon etwas trennen, was in wessen Verantwortung liegt (wobei es mir nicht um das Verantwortungs-Dingens geht, auch heftige Aussagen sind geschenkt, selbst wenn sie an mir noch nagen). Sondern mir ist wichtiger, was mein Thema ist (mit Abgrenzung davon, was Thema des Therapeuten ist... in einem Buch, was mir mal empfohlen hat, ist die Unterscheidung zwischen unbearbeiteten Erfahrungen von Patienten und evtl. unbearbeiteten Erfahrungen von Therapeuten auch getroffen. Nur grenze das mal als PT-Patient sauber ab. Ich glaube auch nicht daran, dass Supervision alles lösen kann... also jeder Mensch hat persönliche Grenzen. Nicht alle sind beliebig dehnbar. Ich denke, das geht jedem so, dass er mit manchen Dingen vielleicht besser umgehen kann... und manchmal hat man engere Grenzen als andere, die auch nicht beliebig verschiebbar sind.

Was ich schlimm finde (und das hat sicher auch ein biografische Facette): Wenn man sich dem Gespräch so entzieht... na gut, da kam manchmal der Hinweis, sie hat Grenzen. Klar (bzw. nicht wirklich klar...), aber... nun gut, mal sehen, was das Telefonat noch bringt.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

Broken Wing
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 2978

Beitrag Fr., 11.07.2014, 14:41

Vermutlich liegt es daran, dass viele ihre Therapeuten vergöttern. Klar, wenn sonst niemand da ist... Obwohl, man muss auch sagen, dass Scharlatanerie und Seriosität generell schwer bei Psychotherapie zu trennen ist. Bei den Gründern frage ich mich, ob es sich um Gurus handelt. Man kann von dem, was sie sagen, auf Ihre Störung schließen.
Also: Freud hatte eine Sexualstörung, Frankl eine Sinnkrise und Rogers wurde in seiner Entwicklung behindert.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Fr., 11.07.2014, 15:56

@ leberblümchen

Meine Erfahrung:
Hätte es Anzeichen gegeben, oder geschah das von jetzt auf gleich?
Es geschah von Jetzt auf gleich, ohne Vorankündigung. Sie hatte erst wenige Wochen zuvor noch einen Verlängerungsantrag gestellt. Dann kam ich in die Therapie und sie erklärte mir, dass sie mit einer Kollegin gesprochen hätte, die ihr nahe gelegt hätte, die Therapie mit mir zu beenden. Das würde sie jetzt hiermit tun. Das wars. Weg war sie. Von 3 Mal die Woche Therapie auf Null. Kein Abschiedsgespräch, keine innerliche Vorbereitung. Jeder Versuch nach dem Abbruch, mit ihr telefonisch die Problematik zu klären, endete damit, dass sie den Hörer auflegte.
Wie kommen die Patienten damit klar, nicht nur akut, sondern lebensgeschichtlich?
Ich wusste nicht, wie ich ohne diese Therpeutin weiterleben könnte, da sie mich total von sich abhängig gemacht hat. Ich habe nach dem Abbruch versucht mir das Leben zu nehmen und landete in einer Klinik.
Schlimm für mich war zudem, dass ich so oft die Angst geäußert hat, dass sie mich rausschmeißen könnte. Sie hat immer geantwortet, dass sie sowas nie tuen würde. Und sie hat es doch getan.
Was geschieht da in einem Therapeuten, bevor er so was tut?
Das weiß ich leider nicht. Es kam zu keinem klärenden Gespräch.
Weiß er, WAS er damit tut?
Nein. Es war ihr egal. Meine Klage gegen sie hat mir gezeigt, wie sie ihr eigenes Versagen so uminterpretiert hat, so dass sie abends mit ruhigem Gewissen ins Bett gehen konnte.
Gäbe es Möglichkeiten, so etwas zu verhindern?
In der besagten Therapie hätte es X Möglichkeiten gegeben, das Scheitern der Therapie zu verhindern, denn ich habe Sitzung für Sitzung nichts anderes getan, als mit ihr rumdiskutiert, über ihre Methoden, ihr Verhalten mir gegenüber, ihre falsche Diagnose usw. usw. Doch ich redete gegen die Wand. Sie kam mir nur mit ihren analytischen Erklärungsmodelle und warf mir an den Kopf, ich würde nur von meiner Mutter auf sie übertragen usw. usw. Jeder Versuch von mir ihr klar zu machen, dass es mit ihr und ihrem Verhalten zu tun hat, bestärkte sie nur noch mehr in ihren analytischen Erklärungen. Alles was ich sagte, wurde gegen mich verwendet. Sie hätte nur einmal zuhören müssen und nur einmal selbst reflektieren müssen, sie hätte sich nur die Mühe machen müssen, ihre Diagnose zu überprüfen, ... dann wäre die Therapie auch nicht gescheitert. Aber sie war fest davon überzeugt Recht zu haben. Sie hielt sich für vollkommen und en Vollkommenheitsgedanken hält sie bis heute aufrecht. Sie hat sich alles entsprechend zurecht interpretiert, so dass sie mit einem ruhigen Gewissen leben kann.

Was das mit einem macht? Es macht ein kaputt, zerstört in einem Vertrauen und das Gefühl von Sicherheit. Diese Frau hat mich für viele Jahre innerlich zu Stein werden lassen.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag