Wollen Sie wissen, was Ihr Therapeut über Sie denkt?

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Jenny Doe
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Wollen Sie wissen, was Ihr Therapeut über Sie denkt?

Beitrag Di., 27.05.2014, 04:26

Was haltet Ihr davon?
Prinzipiell finde das meine Befürwortung, aber online? Nach den den ganzen Hacker-Skandalen der letzten Monaten?

Online-Akteneinsicht: Wollen Sie wissen, was Ihr Therapeut über Sie denkt?
http://www.spiegel.de/gesundheit/psycho ... 71000.html
Ein Projekt in den USA will psychisch Kranken leichteren Zugang zu den Notizen ihres Therapeuten gewähren - und zwar online. Das Konzept könnte die Beziehung zwischen Therapeut und Patient grundlegend verändern.
(...)
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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SüdlichderNordsee
Helferlein
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Beitrag Di., 27.05.2014, 04:55

Wenn ich wissen will, was er über mich denkt, dann frage ich. Das lernte ich in der Therapie.

Finde ich als Alternative dtl. besser als obiges


leberblümchen
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Beitrag Di., 27.05.2014, 07:26

Am besten wäre es wohl, wir schließen die Therapeuten an einen Lügendetektor an, und wenn das Ding ausschlägt, dann ab auf den elektrischen Stuhl.

Ist doch eher ein Aprilscherz, oder?

Die Notizen, by the way, sind doch aufgezeichnete Gedanken. Ich finde es furchtbar, die Gedanken eines anderen Menschen kontrollieren zu wollen. Natürlich ist es verführerisch; dass der Wunsch selbst da ist, kann ich absolut nachvollziehen. Aber ich hab auch den Wunsch, eine Million Euro zu haben und raube deshalb keine Bank aus.

Wenn ich ernsthaft ein Problem damit habe, mit dem Therapeuten über unsere Beziehung und seine Gefühle und Gedanken zu sprechen, dann wird das durch Abhör- und sonstige Kontrollmaßnahmen auch nicht besser.


chaosfee
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Beitrag Di., 27.05.2014, 20:47

Kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Therapeut das mitmacht (und dabei auch noch ehrlich ist). Und der müsste seine Aufzeichnungen schließlich online stellen.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag Mo., 02.06.2014, 10:44

Ich sehe das wie SüdlichderNordsee.

Wenn ich wissen will, was meine Therapeutin über mich denkt, dann frage ich sie.

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich schriftlich anders ausdrückt als mündlich, wenn es um das geht, was man über etwas oder jemanden denkt - das hängt m. E. aber weniger mit Unehrlichkeit zusammen als damit, dass die privaten Notizen nur für einen selbst bestimmt sind, während man im Gespräch mit einem Menschen auch auf die Befindlichkeit der Person achten sollte, der man den Inhalt übermittelt.

Ich würde nicht wollen, dass jemand meine privaten Notizen liest, sondern Wert auf die Möglichkeit legen, selbst zu entscheiden, wie ich jemandem etwas beibringen will - und so halte ich das auch bei anderen.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


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Jenny Doe
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Beitrag Mo., 02.06.2014, 11:13

Hallo Ihrs,

danke für eure Antworten.
Ich finde es toll, dass Ihr das Gespräch mit eurem Therapeuten vorzieht.

Ich habe einmal, als ich Klage gegen eine Therapeutin eingereicht habe, ihre gesamten Therapieaufzeichnungen bekommen. Ich habe beim Lesen echt geschluckt. Ich habe die Aufzeichnungen auch meiner Folgetherapeutin zum Lesen gegeben und sie konnte nur den Kopf schütteln. Im Fall dieser Therapeutin denke ich, wenn ich die Aufzeichnungen früher in die Hände bekommen hätte, dann hätte ich vielleicht sofort erkennen können, was und wie wirklich über mich denkt, was sie alles falsch interpretiert usw. und hätte sofort ein klärendes Gespräch mit ihr suchen können bzw. hätte sofort die Therapie beenden können. So erfuhr ich leider erst Jahre nach der Therapie, was sie alles falsch interpretiert hat, was sie so in mein Gesagtes falsch hineininterpretiert hat.

Aber trotz dieser negativen Therapieerfahrung habe ich bei keinem meiner Folgetherapeuten den Wunsch verspürt, deren Aufzeichnungen zu lesen. Denn mit ihnen konnte ich über alles reden. Sie gaben mir ehrliches Feedback und sagte, was sie denken. Und die Therapie bei ihnen half mir. Da sie mir half, konnte in deren Aufzeichnungen nichts stehen, was nicht stimmt.
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chaosfee
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Beitrag Mo., 02.06.2014, 21:00

Naja, was jemand zu einem sagt und was er sich denkt sind aber zwei paar Schuhe.
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Krang2
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Beitrag Di., 01.07.2014, 08:30

Ich finde, daß man diesen Zugang zu den Aufzeichnungen erst bekommen sollte, wenn eine Therapie abgeschlossen oder abgebrochen ist, nicht während einer laufenden Therapie. Gerade in schwierigen Phasen oder im Anfangsstadium einer Therapie kann es kontraproduktiv sein, vor allem, wenn man als Patient dieses neue Wissen nicht richtig einordnen kann.

Wenn ein Therapeut jederzeit damit rechnen muß, daß seine Notizen veröffentlicht werden können, wird er nicht mehr so unbefangen und spontan alles aufschreiben, und das finde ich schade, weil es die Therapie behindern kann. Man sollte die Notizen nicht überbewerten.

Eine Ausnahme würde ich bei Gerichtsverfahren machen, da diese Aufzeichnungen den Verlauf beeinflussen können. Also, wenn jemand gegen seinen Willen in die Psychiatrie eingewiesen oder zwangsbehandelt werden soll, dann sollte es mehr Transparenz geben, damit gegebenenfalls auch der Verteidiger einhaken kann.

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Peonia
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Beitrag Di., 01.07.2014, 09:31

Wenn ich Therapeut wäre, würde ich dann eine Art "doppelte Buchführung" machen, eine offizielle Patientenakte mit den sachlichen Informationen und private Aufzeichnungen, in denen dann "meins" steht und es zur Not Tagebuch nennen. Glaube nicht, dass man das herausgeben muss.
Ich glaube nicht, dass es hilfreich ist alles zu erfahren, was der Therapeut über einen denkt. Im "wirklichen" Leben kann ich auch nicht in den Aufzeichnungen anderer Leute herumschnüffeln, sondern muss mich mit ihnen auseinandersetzen. Da die Therapie zwar eine besondere Situation ist, aber trotzdem der Übungsplatz für das wirkliche Leben ist, sollte man auch da dem Therapeuten seine Gedanken und Gefühle lassen.
Juristische Auseinandersetzungen sind natürlich etwas anderes und die meine ich hier auch nicht, sondern die "normale" Therapie.

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Krang2
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Beitrag Do., 03.07.2014, 11:48

@Peonia,
komisch, in diesem Bereich kann man sich gar nicht für Beiträge bedanken.


chaosfee
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Beitrag Do., 03.07.2014, 14:44

So ist das in Deutschland ja auch geregelt: Man hat Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen, die subjektiven Eindrücke des Therapeuten sind aber geschützt und können unkenntlich gemacht oder dem Patienten verwehrt werden.
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sandrin
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Beitrag Do., 03.07.2014, 14:48

Ich habe gelesen, dass auch diese "privaten Notizen" nicht mehr generell ausgeschossen werden dürfen (also Stichwort Gegenübertragung usw.)

http://www2.psychotherapeutenkammer-ber ... gesetz.pdf

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Peonia
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Beitrag Do., 03.07.2014, 15:02

Hallo Sandrin,

das mag ja so sein, dass die Patienten ein Recht darauf haben, aber wie will jemand nachweisen, dass solche privaten Notizen existieren?

Peonia

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sandrin
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Beitrag Do., 03.07.2014, 15:06

Keiner, natürlich. Aber ich finde diese Haltung, die ja bis vor Kurzem gang und gäbe war und von vielen Therapeuten und Kliniken immer noch vertreten wird, unerträglich. Wenn ich als mündiger Mensch wissen möchte, was in offziellen Unterlagen (Gutachten, Akten usw.) über mich geschrieben steht, dann spreche ich einem anderen Mensch schlichtweg das Recht ab, mir dies zu verweigern. Das wäre ja das Letzte.


ziegenkind
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Beitrag Do., 03.07.2014, 16:24

peonia, so sehr ich dir im grundton zustimme, so sehr möchte ich dir in einem widersprechen. ich glaub, dass die therapeutische beziehung so grundverschieden von anderen beziehungen ist und sein soll, das hängt auch an diesem punkt: zwei menschen begegnen sich, die sich so weit wie möglich voreinander öffnen und ganz anders als im wirklichen leben einander so lange nicht nur erklären, wie sie etwas gemeint haben, sondern auch warum sie es so und nicht anders gemeint haben. das klappt nicht immer. natürlich nicht. sind ja alles nur menschen oder ziegen wie wir auch. aber wenn es dann klappt, dann geht da nix drüber, dann sind das die momente, so denke ich, die ich als wahnwitzig heilsam empfinde und auch als ein geschenk, das mir gemacht wird. neulich habe ich mit meiner therapeutin urstlange darüber geredet, warum sie gelacht hat an einer stelle. das war aufregend und intim und berührend, weil sie sich so mühe gegeben hat, mir das zu erklären und mich damit zu erreichen. und lustig war es auch, weil wir ein bisschen gemeinsam in ihrem inneren assoziationsraum rumgetappt sind.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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