Psychoanalyse - nicht sicher, ob ich gut aufgehoben bin

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Tranquillity
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Psychoanalyse - nicht sicher, ob ich gut aufgehoben bin

Beitrag So., 16.03.2014, 14:06

Hallo zusammen!
Ich bin 39 und leide schon seit fast 20 Jahren an Wasch- und Kontrollzwängen. Seit knapp zwei Jahren mache ich eine Psychoanalyse, bei der ich gerade an einem Punkt bin, wo ich am liebsten aufhören würde.
Ich habe damals angefangen, weil ich auf jeden Fall eine Besserung der Zwänge wollte. Meine Schwester hatte auch Zwänge (jedoch nicht so stark wie bei mir) und ihr hat eine Psychoanalyse sehr geholfen.
In den zwei Jahren gab es leider einige Krisen, da ich mit einem Mann zusammengezogen bin und mich getrennt habe und Hals über Kopf ausziehen musste und zudem arbeitslos geworden bin, die natürlich viel Zeit in Anspruch genommen haben.
Was mich aber schon immer gestört hat, ist dass ich mir nicht sicher war, dass die Therapeutin mir wirklich helfen kann. Es kommen wirklich wenige Fragen oder Anregungen von ihr. Manchmal liege ich eine Stunde da und rede und von ihr kommen nur immer mal automatische "Hmm's", aber sonst nichts.
Am Anfang und in extremen Krisensituationen haben wir gegenüber gesessen, da sind ihr teilweise die Augen vor Müdigkeit zugefallen. Ich glaube, da wir meist Abendtermine haben, ist sie oft einfach zu müde.
Einmal ging es mir so schlecht, da kam ich und habe erst mal eine viertel Stunde nur geweint. Da hat sie mich gefragt, was ich damit bezwecken wolle und hat es so hingestellt, als würde ich das tun, um Aufmerksamkeit einzufordern.

Nach den ersten 100 Stunden, als es um Verlängerung ging, teilte sie mir ihre Zweifel mit, ob die Therapie anschlagen würde, das war aber vorher nie ein Thema gewesen. Ich hatte dann das Gefühl, ich müsste sie davon überzeugen, dass es Fortschritte gabe, da sie sonst keine Verlängerung beantragt.

Nun sind weitere 100 Stunden rum.
In der vorletzten Stunde habe ich von meinen Ängsten und Zwängen erzählt. Sie sagte, ich sollte nicht darüber nachdenken, was dreckig sein könne, sondern, was HINTER den Zwängen stecken würde und sie nicht rationalisieren. Als ich antwortete, dass das aber verdammt schwer sei und ich das nicht hinbekäme und ich ja WISSE, das die Zwänge nur ein Ventil für was anderesn seien, wurde sie plötzlich laut und sagte "Sie hören ja auch einfach nicht zu." Wenn ich über die Zwänge reden würde, würde ich die Therapie untermauern und wir würden nicht weiterkommen. Ich solle nicht mehr darüber reden, was ich für dreckig etc halte, sondern über die Dinge dahinter.
Auf meine Frage, ob sie denn überhaupt glaubt, dass sie mir helfen könnte, sagte sie, das hätte sie bisher gedacht.

In der letzten Stunde habe ich sie dann darauf noch mal angesprochen. Sie meinte, ihr sei die Hutschnur geplatzt, weil ich nach 200 Stunden immer noch versuchen würde, meine Zwänge zu rationalisieren.

Meine Versuche, zu erklären, dass ich natürlich weiß, dass da etwas anderes hinter steckt, aber dass ich doch trotzdem noch Angst vor dem "Dreck" habe, kamen bei ihr nicht an. Ich habe dann auch gesagt, dass ich es nicht ganz fair finde, denn es gehören doch zwei Leute dazu und sie hätte ja auch versuchen können, meine Gespräche in die richtige Richtung zu lenken, sagte sie nur, ich solle ihr nicht dauernd Vorwürfe machen, sondern stattdessen darüber nachdenken, ob ich über die Ängste und Gefühle hinter den Zwängen reden wolle.

Ich habe ihr dann noch versucht, zu erklären, dass ich jetzt das Gefühl habe, wenn ich nicht über die richtigen Dinge spreche, bricht sie die Therapie ab. Ihre Antwort war, das hätte sie so nie gesagt und natürlich würde sie die Therapie nicht einfach abbrechen, aber man müsse natürlich überlegen, ob es etwas bringt und man könne eine Therapie auch nicht unbegrenzt verlängern.

So... Ich bin nun echt total ratlos.
Zum einen bin ich nicht der Meinung, dass ich nie bereit war, über meine Ängste und Gefühle ausserhalb der Zwänge zu sprechen, das haben wir ja auch oft getan.
Zum anderen ist doch die Übertragung ein wichtiger Teil in der Therapie. Wenn ich mich also da hinlege und es schaffe, meine Meinung und Wut über die letzte Stunde und ihre Reaktionen anzusprechen, dann sollte sie das doch aufnehmen. Es geht ja nicht um richtig oder falsch, aber es kann doch nicht sein, dass sie mir sagt, ich sollte ihr keine Vorwürfe machen und mal bei mir schauen, anstatt die Punkte aufzugreifen?
Ich hab das Gefühl, sie setzt mir die Pistole auf dir Brust. Entweder ich rede nicht mehr über meine Zwänge, oder wir kommen nicht weiter mit der Therapie. Nur bin ich gerade völlig ratlos, worüber ich überhaupt reden soll. Ich WEISS doch nicht genau, was hinter den Zwängen steht und ich dachte, SIE müsste mir helfen, darüber zu reden?
Zudem ist das Vertrauen, wenn es denn mal da war, irgendwie dahin.
Natürlich gabs auch schon Erkenntnisse und Fortschritte in der Therapie, das will ich auch nicht schmälern.

Danke schon mal für Eure Hilfe. Bin gerade echt ratlos, ob ich es bin, die das alles falsch sieht, oder ob ich vielleicht wirklich nicht gut aufgehoben bin.

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Fify
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Beitrag So., 16.03.2014, 14:40

Wie sollen wir dir denn helfen? Ich weiß es nicht. Versuche doch die nächsten Stunden mit deiner Therapeutin zu sprechen.
Ich mache übrigends eine analytische Psychotherapie und finde sie auch sehr anstrengend, gerade auch wenn es um die Ursachen geht. Das ist für mich auch hart.
Kann mir deshalb gut vorstellen, dass du nicht so gern über die Ursache deine Wasch- und Kontrollzwänge redest.


ziegenkind
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Beitrag So., 16.03.2014, 14:42

WAS weißt du denn bisher über die ursachen deiner zwänge?
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


leberblümchen
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Beiträge: 6034

Beitrag So., 16.03.2014, 14:52

Ich mache auch eine analytische Therapie, und ich behaupte einfach mal, dass es niemanden (?!) gibt, der jederzeit begeistert behaupten würde: "Ja, super, alles toll. Hilft wunderbar". Womöglich merken viele Patienten erst Monate nach Therapieende, dass sich eine ganze Menge verbessert hat, und mittendrin fühlt es sich oft an wie: "Wie blöd bin ich eigentlich, dass ich mir das antue?"

Aber was mich beim Lesen oder beim Versuch, es nachzuvollziehen, wirklich erschreckt (immer wieder, nicht nur bei deiner Beschreibung), ist, wenn so gar keine gute therapeutische Beziehung vorhanden ist oder zu sein scheint. Wenn ich schon beim Lesen das Gefühl hab, es fährt mich ein eisiger Wind aus dem Bildschirm an. Wenn ich den Therapeuten unbekannterweise am liebsten schütteln würde und sagen würde: "Hör mal! Kannst du vielleicht mal an der Beziehung zum Patienten arbeiten, oder ist das schon zu viel verlangt???!!!"

Du schreibst im Titel, dass du gut aufgehoben sein möchtest! - Das ist doch nur zu verständlich (und das ist wohl das, was uns in unserer Kindheit gefehlt hat, oder?). Ich glaube, wenn du wirklich gut aufgehoben wärest, hättest du DIESE Zweifel nicht. Du wüsstest vielleicht (wie so viele Patienten) nicht immer jederzeit, ob es das so wert ist, ob es 'effizient' ist. Aber du wüsstest mindestens, dass du einen bemühten Partner an deiner Seite hast, der alles versucht, dir zu helfen. Wenn nicht mal das da ist, dann würde ich als Außenstehender, wenn du schon fragst, sagen: Nein, besonders gut aufgehoben scheinst du nicht zu sein.

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stern
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Beitrag So., 16.03.2014, 15:28

In der vorletzten Stunde habe ich von meinen Ängsten und Zwängen erzählt. Sie sagte, ich sollte nicht darüber nachdenken, was dreckig sein könne, sondern, was HINTER den Zwängen stecken würde und sie nicht rationalisieren. Als ich antwortete, dass das aber verdammt schwer sei und ich das nicht hinbekäme und ich ja WISSE, das die Zwänge nur ein Ventil für was anderesn seien, wurde sie plötzlich laut und sagte "Sie hören ja auch einfach nicht zu." Wenn ich über die Zwänge reden würde, würde ich die Therapie untermauern und wir würden nicht weiterkommen. Ich solle nicht mehr darüber reden, was ich für dreckig etc halte, sondern über die Dinge dahinter.
Darüber zu reden, was hinter den Zwängen steckt, kann doch genauso Rationalisierung sein . In der Klinik (VT) ist man dem bei Zwangspatienten mit Konfronatationstherapie beigekommen. Eine Zimmernachbarin hat mal ansatzweise erzählt, wie das ablief und was dabei so grob (nur thematisch) herausgekommen ist.

Lässt sich vielleicht thematisieren, wie du dahinter kommen könntest? Womit sie recht haben könnte: Wenn du bei deiner Angst vor Dreck stehen bleibst, wird sich vielleicht nicht soviel tun (in Bezug auf den Zwang). Also faktisch hat sie möglicherweise schon etwas recht... wie sie das äußert, erscheint mir allerdings recht hart. Und es ist es wohl auch ihr Ding, dich etwas hinzuführen, würde ich sagen. Denn wenn du es wüsstest, würdest du wohl darüber reden.
Einmal ging es mir so schlecht, da kam ich und habe erst mal eine viertel Stunde nur geweint. Da hat sie mich gefragt, was ich damit bezwecken wolle und hat es so hingestellt, als würde ich das tun, um Aufmerksamkeit einzufordern.
wie als ob Tränen immer eine Absicht/Zweck verfolgen... also instrumentalisieren.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)


pandas
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Beitrag So., 16.03.2014, 22:36

Einmal ging es mir so schlecht, da kam ich und habe erst mal eine viertel Stunde nur geweint. Da hat sie mich gefragt, was ich damit bezwecken wolle und hat es so hingestellt, als würde ich das tun, um Aufmerksamkeit einzufordern.
Naja, warum geht man zur Therapie, wenn nicht um Aufmerksamkeit (und mehr!) für seine Probleme zu bekommen?



Nun, wenn sie so etwas sagt, scheint sie den Eindruck zu haben, Du gehst zu wenig aktiv Deine Probleme an.
Leider scheint sie dann aber zu den PA-Hardlinern zu gehören, die davon ausgehen, dass Du selbst da hinfinden muss und sie die Aufsichtsperson dafür ist.
Nimm sie ruhig härter ran mit Nachfragen sonst ist die Therapie um, und Du gehst gefrustet (und eventuell symptomverstärkt) hinaus.
Warum sie anscheinend denkt, Du müsstest aktiver sein, während sie alles aus - hm ´t -
tja, das frage mal jemand die Erfinder.

Warum hast Du denn keine VT gewählt? Das soll bei Zwängen doch angezeigt sein.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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Forums-Gruftie
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Beitrag Fr., 21.03.2014, 21:45

also wenn du weinst, was wohl nur zu verständlich ist und sie fragt, was du damit bezwecken willst, dann frage ich mich, ob du da gut aufgehoben bist??!

ganz einfache Frage: Sind deine Zwänge nach 200 Stunden PA spürbar, eindeutig besser geworden?
Wenn NEIN, dann suche eine andere Therapie und eine andere Therapeutin, die dir besser helfen kann.

Hör dich um, in Foren, in Büchern etc. was bei Zwängen gut helfen kann.
Lies die Erfolgsgeschichten anderer. Was hat denn deine Schwester gesagt, was ihr geholfen hat?

Alles Gute, captcha


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Tranquillity
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Beitrag Fr., 23.01.2015, 11:40

Hallo zusammen,

wollte mal ein Update geben! Sorry, dass ich damals nichts mehr geschrieben habe, ich war echt total ratlos und frustriert.

Ich habe die Psychoanalyse mittlerweile beendet. Ich habe weitere vier Stunden versucht, mit meiner Therapeutin zu sprechen und eine Lösung zu finden und dann die Psychoanalyse trotz der "starken Bedenken" meiner Therapeutin abgebrochen.
Mittlerweile habe ich eine Verhaltenstherapie begonnen und hoffe, dass mir das mehr bringt.
Je länger das Ende der Psychoanalyse hinter mir liegt, desto klarer wird mir, dass ich eigentlich eher meiner Therapeutin zuliebe da hingegangen bin, als für mich. :(
Ich finde es sehr schade, aber mittlerweile sehe ich, dass mir die Analyse nicht gut getan hat und meine Therapeutin definitiv nicht die richtige Therapeutin für mich war.
Was lernt man daraus? Man sollte mehr auf sein Gefühl hören!! Auch in Sachen Therapie!
Danke nochmal für Eure Hilfe!

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sandrin
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weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Fr., 23.01.2015, 14:49

Tranquillity hat geschrieben:p
Was lernt man daraus? Man sollte mehr auf sein Gefühl hören!! Auch in Sachen Therapie!
Amen!!!

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Mr Mindconrtrol
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Beiträge: 329

Beitrag Mi., 18.02.2015, 03:49

Warum wird PA bei Zwängen überhaupt noch angeboten? Dafür gibt es VT, es geht wie bei mir ev. ohne man muss nur wissen wie man Sie los wird.
Bei Zwangshandlungen ( nicht Zwangsgedanken ) ist es recht einfach. Einfach unterlassen, die Zwangshandlungen bewusst nicht ausführen, ist anfangs erst man unangenehm aber man merkt doch recht schnell wie die Spannung nachlässt. In einer modernen VT soll diese Unterlassung ( hat schon Grawe entdeckt ) auch aufdeckend wirken, unter den Symptomen kommen dann die Gefühle die die Zwänge auslösen zum Vorschein womit man therapeutisch weiterabeiten kann. Diese Reihenfolge finde ich viel logischer und schonender als die der PA weil es keine Doppelbelastung gibt. Die Psyche versucht Unangenehmes zu verdrängen durch Zwänge die selber aber dann noch unangenehmer werden. Unterlässt man sie kommen die auch unangenehmen Ursachen zum Vorschein. In der PA werden die Quälenden Symptome nicht behandelt aber durch die zusätzliche Aufdeckung m.E. eine Doppelbelastung erzeugt was die Symptome ( Teufelskreis ) noch verschlimmern könnte.
Die Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält --- Karl Kraus

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