Selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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petrapan
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Selbstunsicher-vermeidende Persönlichkeitsstörung

Beitrag Do., 26.12.2013, 01:39

Ich leide seit meiner Kindheit an der sogenannten "selbstunsicher-vermeidenden Persönlichkeitsstörung", was ich aber erst seit kurzem weiß. In Therapie bin ich auch seit 2 jahren und war es vorher auch schon einmal jahrelang. Im Leben habe ich große Schwierigkeiten aufgrund dieser Störung und ich habe das Gefühl, dass die Auswirkungen mit fortschreitendem Alter immer schlimmer werden, auch haben sie meinen Lebensweg bisher stark blockiert. Ein normales Leben, wie andere es haben, war mir praktisch nie möglich, gerade was die soziale Komponente, also Freunde oder ein Partner angeht. Dazu kam es nie. Ich habe eigentlich nur 1 guten Freund, den ich lange kenne und der wohnt in einem anderen Land und ich sehe ihn nur 1x im Jahr. In meiner Stadt habe ich keine Freunde. Eine Beziehung hatte ich nur 1x vor fast 20 Jahren und es war eine Fernbeziehung. Ich WILL Freunde und erst Recht einen Mann, aber es kam nie dazu, trotz teilweise großer Bemühungen meinerseits.
Wenigstens weiß ich jetzt, dass ich diese Störung habe.. Seit über 20 Jahren habe ich mich gefragt was mit mir nicht stimmt.
Zu meiner Störung: Ich war schon immer wahnsinnig empfindlich was Zurückweisung und Kritik angeht. Oft habe ich dann das was kritisiert wurde nie wieder gemacht (z.B. Autofahren oder einen Sport ausüben der mir viel bedeutete, einmal habe ich sogar wegen einer - meiner Meinung nach ungerechtfertigten Kritik - einen Job gekündigt, weil ich mit der Kritik nicht leben konnte), Kritik zermschmettert mich innerlich, wahrscheinlich weil ich kein Selbstwertgefühl habe. Ich fühle mich ständig minderwertig, das war schon immer so und ich habe immer vorausgesetzt, dass andere Recht haben und von Natur aus alles besser können und besser wissen. Ich habe Angst vor neuen Situationen, habe mich ihnen dennoch in der Vergangenheit immer wieder gestellt - in den meisten Fällen mit negativem Ausgang, Zurückweisung, Versagen, Scheitern oder Blamage. Das passiert anderen Leuten natürlich auch aber mich zerschmettert es innerlich. Inzwischen mag ich mich den neuen oder kommunikativen Situationen gar nicht mehr stellen, bzw. fühle mich überfordert, besonders wenn ich die Leute nicht kenne oder sie irgendwie wichtig (z.B. beruflich) für mich sein könnten.
Ganz schlimm ist es geworden, seitdem ich mir mit einer Kollegin das Büro teilen muss, die den ganzen Tag nur über andere Kollegen lästert. Die negative Beurteilungen über die anderen lösen bei mir regelrechte Panik aus und ich fühle mich innerlich vergiftet. Außerdem lästert sie wahrscheinlich in meiner Abwesenheit auch über mich, bisher wurde keiner ausgelassen. Diese ständige "Bewertung" von allem was irgendwer tut, der in unser Büro kommt oder auch nur daran vorbeiläuft löst Panik bei mir aus.
Mit meiner Störung geht einher, dass ich generell Angst vor negativer Bewertung habe und deswegen ständig in Alarmbereitschaft bin und Angst habe. Egal was ich tue, ich habe Angst dumm zu wirken, hässlich, merkwürdig, unsympatisch usw. Früher in der Schule habe ich keinen Piep gesagt und musste zur Strafe in allen Fächern 1 extra Referat halten, bei dem ich mich dann über alle Maßen angestrengt habe. Auch jetzt ist es so, dass ich meine vermeindliche Dummheit oder "Unsympathie" versuche mit Super-Leistungen (z.B. bei der Arbeit) auszugleichen. Das ist wahnsinnig anstrengend und kostet mich im Prinzip meine ganze Freizeit und auch oft den Schlaf, weil ich dann die ganze Nacht an etwas zusätzlichem arbeite. Ich kann auch schlecht bis gar nicht NEIN sagen, wenn mir jemand Arbeit aufbürdet bzw. mich fragt ob ich etwas für ihn machen könnte. Ich sage im Prinzip immer ja und bekomme dann Panik zu versagen. Eigentlich habe ich immer das Gefühl zu versagen oder versagt zu haben. Ich finde es auch furchtbar, dass ich so "unterwürfig" bin, aber ich kann es irgendwie nicht ändern bzw. mir fällt zu spät ein wie ich NEIN hätte sagen können. Ich würde so gerne ohne diese wahnsinnige Angst zu versagen und nicht gut genug zu sein leben, sie begleitet mich IMMER, nicht nur bei der Arbeit. Ich mag z.B. auch nicht selbstgekochtes oder selbstgebackenes mitbringen irgendwohin aus Angst die anderen könnten es nicht mögen, weil sie können ja sowieso besser kochen und backen. Mein ganzes Leben ist blockiert. Vollkommen blockiert. Selbssthilfebücher gibt es auch irgendwie nicht zu meiner Störung. Bei Persönlichkeitsstörungen wird immer nur über Borderline geschrieben, aber das habe ich ja nicht.

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petrapan
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Beitrag Do., 26.12.2013, 01:42

Ich würde so gerne mein ganzes Inneres ändern und so gerne anders sein: selbstsicher, unempfindlich, innerlich stark, unabhängig von dem was irgendwer sagt, mutig, fähig Niederlagen zu überwinden und ich wäre gerne beziehungsfähig. (inzwischen glaube ich, dass Männer um mich aufgrund meiner Unsicherheit und Empfindlichkeit einen Bogen gemacht haben). Hinzu kommt noch, dass ich es mit meinen bald 40 Jahren immer noch nicht geschafft habe die innere Verstrickung zu meinen Eltern zu lösen - trotz räumlicher Distanz und auch zwischenzeitlichem Kontaktabbruch, trotz Therapie und Aufarbeitung. Die Macht, die sie über mein Inneres haben ist immer noch - trotz Therapien - viel zu groß und behindert mich. Momentan habe ich fast das Gefühl ich habe mein bisheriges Leben "verwirkt" und in meiner Entwicklung zu einem eigenständigen, erwachsenen Menschen, zu einer Frau, komplett versagt und als wäre keine Besserung in Aussicht.

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ENA
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Beitrag Do., 26.12.2013, 10:26

Hi,

es stimmt, so wirklich ein konkretes Buch dazu ist kaum zu finden. Fast so wenig, wie diese Störung oder auch die Zwangserkrankungen in diesem Forum behandelt werden. Ist seltsam irgendwie. Das was ich Dir sagen kann, ist, dass es Bücher allgemein über Persönlichkeitsstörungen gibt, wo man eben diese Störung auch drunter findet und eben Bücher, die einzelne Symptome besprechen: Angst, Zweifel, Angst vor Wut, Selbstunsicherheit, usw. .
Es gibt auch Gruppen, wo man mit dieser Störung (ich such grad einen anderen Begriff,...ich glaube, ich nenn es einfach Symptome oder Symptomansammlung) hingehen kann. Z.B. EA, eine abgewandelte Form der AA-Gruppen.
Was mich selber interessieren würde, ist, ob Zweifeln mehr mit Angst, Zwang oder Depression zu tun hat. In meinem Fall glaube ich eher mit Angst, gefolgt von Depression. Irgendwie ist die Sorge ja wirklich da und auch die Gründe, warum man sich sorgt. Von daher glaube ich da weniger an Zwang, aber da habe ich die Verstrickung auch noch nicht geklärt bzw. in Büchern eine Auflösung gefunden.
...und ja, Deine Gefühle und Gedanken kenne ich z.T., auch wenn sie etwas anders gelagert sind.
...allerdings glaube ich nicht, dass alles vorbei und verwirkt ist. Ich glaube, dass es immer wieder neue Chancen gibt. Was ich mich dagegen eher frage, ist, wie weit man sich noch quälen will bzw. ob es nicht mal irgendwann einen Punkt geben kann, wo man sich sagt, dass man okay ist, wie man ist. Trotz der Sehnsüchte, etc. .


Tränen-reich
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Beitrag Do., 26.12.2013, 10:49

ENA hat geschrieben:wie weit man sich noch quälen will bzw. ob es nicht mal irgendwann einen Punkt geben kann, wo man sich sagt, dass man okay ist,
Boah, der Satz ist der Hammer! Absolut berechtigt, über seinen eigenen Willen nachzudenken... Und da fängt es doch erstmal an - oder? Wollen...und helfen lassen wollen.... wie auch immer...

Danke ENA für den Satz!

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Tristezza
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Beitrag Do., 26.12.2013, 10:49

Ja, es gibt nach meinem Eindruck hunderte von Büchern, die einem helfen sollen, eine größere Selbstsicherheit zu entwickeln. Ob die wirklich helfen, weiß ich allerdings nicht. Soweit ich weiß, ist diese PS aber relativ gut zu behandeln. Ich habe auch selbstunsicher-vermeidende Anteile und mir haben Therapien, darunter auch eine Gruppentherapie, ganz gut geholfen. Welche Therapieform machst du und wie versucht ihr dort, deine Probleme anzugehen?

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ENA
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Beitrag Do., 26.12.2013, 11:00

Bitte, Tränen-reich. Wobei ich es schon auch so sehe, das Wollen nicht immer geht, sonst wäre man ja auch nicht krank bzw. hätte manche Probleme nicht. Wenn jemand Schlafstörungen hat und sagt, ich will aber schlafen, ist ja auch unklar, ob er dann dadurch wirklich besser schlafen kann, etc. .
Was ich meinte war eher so, ob man es schafft, sich irgendwann soweit anzunehmen, trotz allem, was man nicht hat, aber gerne haben würde und trotz allem, was schmerzt, dass man dennoch gut leben kann. Die richtige Umgebung dafür zu haben, ist sicher auch wichtig. Ich denke nur (weiß es selber, aber ich werde wohl nicht die einzige sein, der es so geht), dass man irgendwann müde wird, nochwas und nochwas zu versuchen. ...und da wünsche ich mir einfach mehr Ruhe, Frieden, mit einem selbst. Eben, das es ausreicht.
...vielleicht ist der Begriff Wollen da auch unglücklich gewählt, weil ich denke, dass dennoch da etwas Inneres ist, was einen dazu treibt, stopp sagen zu wollen. ...und nur weil man sagt, ich will nicht mehr so gegen Windmühlen ankämpfen, heißt es ja nicht, dass das auch so leicht geht bzw. nur durch das Wollen stattfindet.
...aber ich glaube, dass irgendwann die Lust, die Energie nachlässt, gegen irgendwas ankämpfen zu wollen, was bisher nicht ging. ...und dann ist es die Frage, ob man Frieden mit sich und dem was ist, schließen kann. Vielleicht wird es genau dadurch dann ja auch leichter, aber...das muss eben einfach kommen und kann wohl eher nicht alleine durch ein Wollen hergeleitet werden; beeinflusst sicher ja.

...und was Therapie und die ganzen Bücher angeht: ich habe oft den Eindruck, dass manche es sich da ganz leicht machen, grade in den Büchern. Da bekommt man Tipps und es klingt wie:"Man muss einfach nur...", nur, dass so einfach eben nicht so einfach ist, weil es ansonsten ja kein Problem wäre. Also, so ganz die Hoffnung aufgegeben habe ich noch nicht. Vielleicht gibt es ja noch, was da hilft.

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Fanja
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Beitrag Do., 26.12.2013, 11:03

Hallo petrapan,
Ich kenne diese Gefühle im Ansatz, deshalb mein Tipp: du brauchst unbedingt jmd zum Üben. Wenn du aktuell wenig Freunde hast, dann wähle jmd, vor dem du keine Angst hast (also nicht gerade deine direkte Kollegin). Nimm dir kleine Mutproben vor, z.B. Nein-Sagen oder dich einmischen oder etwas Persönliches erzählen.Jeden Tag eine Kleinigkeit. Jeder Erfolg stärkt dein Selbstgefühl! Ohne diese kleinen Schritte nützt die Selbsterkenntnis nichts. Und nicht zu viel und nicht zu schwer vornehmen (Misserfolge musst du dir dabei erlauben!!)

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petrapan
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Beitrag Fr., 27.12.2013, 01:16

Liebe Fanja,
das klingt gut und einleuchtend. Ich habe auch seit meiner Erkenntnis schon "kleine Erfolge" erzielt und mich bereits 3 Mal in den letzten paar Tagen gewehrt bzw. bei klein (erscheinenden) Dingen durchgesetzt, die jedoch für mich wichtig waren. Durch die Erkenntnis ist mir viel klarer geworden was falsch läuft in meinem Verhalten. Ich habe bei den 3 Dingen in den letzten Tagen 2 Mal einen Anflug einer Panikattacke gehabt, es dann jedoch doch geschafft, im Prinzip musste ich "einfach" die Gegenwehr meiner Verwandten ertragen, wenn ich nicht das mache was sie wollen bzw, etwas mache was sie überrascht oder sie mir nicht zutrauen. Das Gefühl etwas jemandem nicht recht zu machen bzw. micht nicht unterzuordnen ist für mich sehr schwer auszuhalten. Meine Therapeutin hatte mich auch davor gewarnt bzw. darauf vorbereitet, dass meine Familie wenn ich mich nicht unterodne nicht gerade begeistert sein wird (ich bin wegen Weihnachten bei meinen Eltern) und das ich das aushalten muss ohne nachzugeben. Es sind kleine Dinge, Dinge die für andere wahrscheinlich selbstverständlich sind, die meine Eltern jedoch von mir nicht gewohnt sind (z.B. dass ich das Haus alleine verlasse wenn ich hier bin) und die ein Drama und Gegenwehr auslösen. Da dann meistens 5 Leute auf mich einreden und mich "überstimmen" habe ich mich als Jüngste mein Leben lang untergeordnet. Im Prinzip hatte ich immer das Gefühl das andere Menschen mich am Leben "hindern" und dass das Leben erst richtig los geht sobald ich in meiner eigenen Wohnung die Tür hinter mir zu mache. Nur da, in meiner eigenen Wohnung, alleine, muss ich mich niemandem unterordnen. Mich nicht unterordnen ist für mich extrem anstrengend, die verbalen Attacken der anderen, die Überredungsversuche so zermürbend, dass ich normalerweise um des lieben Friedens Willen nachgebe und weil ich alles andere nicht aushalte. Das habe ich dieses mal bei kleinen Dingen anders gemacht. Ich hoffe ich kann das bei behalten. Mit der Art wie ich bin und mein ganzes Leben war ist so elend und macht mich so unglücklich. Als ich noch nicht wusste, dass ich eine Persönlichkeitsstörung habe habe ich immer versucht mich so anzunehmen wie ich bin, was den Rückzug und das Gefühl unglücklich und machtlos zu sein extrem verstärkt hat. Denn wenn es ok ist sich komplett unnterzuordnen, privat und beruflich, trampeln alle auf einem rum und gibt es bleibt nur noch den kompletten Rückzug. Dann kann ich nicht mal mehr arbeiten gehen. Es ist alles sehr sehr schwer, auch die Tatsache, dass ich nicht mehr die Jüngste bin und fast 40 Jahre SO gelebt habe ohne zu wissen was los war, macht mich fertig. Besonders wenn es um all die Erfahrungen mich Menschen und Partnern geht, die andere Frauen haben und die ich eben nicht habe aufgrund meiner Persönlichkeitsstörung. Ich habe viel versucht in bezug darauf Freunde oder einen Freund zu finden, aber kleine Misserfolge haben mich dann gefühlsmäßig so zerschmettert, dass ich zum Teil Tage nicht mehr aus dem Bett gekommen bin vor seelischer Schmerzen. Jetzt weiß ich wenigstens, dass diese starke Überempfindlichkeit von der Störung kommt, was nicht heißt, dass mir Niederlagen weniger weh tun werden.

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Carla1
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Beitrag Sa., 28.12.2013, 13:42

Von Martin Kantor gibt es Bücher, die sowohl für Therapeuten als auch als Selbsthilfebücher für Betroffene gedacht sind.

Die theoretischen Erklärungsansätze und Therapieempfehlungen fand ich zwar noch interessant (teilweise auch ganz schön abgefahren), aber insgesamt haben mir seine Bücher eher wenig gebracht, da ich mich mit den meisten Fallbeispielen überhaupt nicht identifizieren konnte. Soweit ich mich erinnere, ging es im Großteil um Partnersuche/Beziehungsprobleme, was mich nun mal nicht die Bohne interessiert. Ist aber auch schon ne Weile her, dass ich die Bücher gelesen habe, und ich hab sie damals auch nur überflogen.

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Fanja
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Beitrag Sa., 28.12.2013, 18:19

Liebe petrapan,
Es freut mich, dass du angefangen hast mit ersten Schritten! Diese Schritte führen dazu, dass du dich ganz neu erfahren wirst, soz. die echte petrapan in dir. Ich kenne diese Panikgefühle und auch so eine Art schlechtes Gewissen, die aufsteigen, wenn man anfängt, sich selbst in den Vordergrund zu schieben. Aber die gehören irgendwie dazu (als wenn sie einen halten wollten im "alten" Zustand). Es dauert ein bisschen, aber irgendwann haben sie keine Macht mehr und man fängt an' sich zu verändern. Das ist ein ganz, ganz schönes Gefühl...

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petrapan
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Beitrag So., 29.12.2013, 01:01

Man handelt sich ja auch Ärger ein, wenn man auf einmal wiederspricht bzw. muss auf einmal aushalten, dass man kritisiert wird oder jemand in dem Moment nicht ganz so toll findet. Das fällt mir aufgrund meiner Übersensibilität sehr schwer auszuhalten. Bei meinem ersten Versuch vor ein paar Tagen habe ich vor Panik auch fast den Schwanz wieder eingekniffen bzw. bin mehrfach zurückgerudert bis ich mich dann doch soweit hatte mich durchzusetzen. Das "sich unterordnen" ist ja auch "bequem" und ich kann es wegen jahrelanger Übung der innerlichen selbstverleugnung bzw. habe ich mir immer gesagt "sobald ich alleine in meinen eigenen 4 Wänden bin kann ich ja wieder bestimmen was ich mache. Was zur Folge hatte, dass ich proaktisch jede freie Minute nutze um zu Hause zu bleiben, wo ich über mich selbst entscheiden kann, das hat mich zum totalen Stubenhocker gemacht. Momentann war es so als sei nur dieser zustand mein "wahres Leben" und bei allem Anderen bestimmen irgendwie die Anderen. Ich brauchte diese Zeit alleine in meiner Wohnung in den letzten Jahren immer mehr. Im Prinzip bin ich abgesehen von der Arbeit höchstens mal rausgegangen um einzukaufen.
Die "Versuchspersonen" die mich dieser Tage umgeben (ich bin bis morgen noch bei meiner Familie) sind natürllich besonders schwierig, da sich im Zusammenhang mit ihnen ja meine Störung entwickelt hat und sowohl meine Eltern als auch älteren Geschwister daran gewöhnt sind über mich hinweggehen zu dürfen bzw. mich gar nicht erst zu hören, zu Wort kommen zu lassen und über mich bestimmen zu dürfen. Meine Mutter und Brüder haben extrem dominante Wesen und ich bin sehr stolz, dass ich ihren Unmut durch mein Widersetzen in kleinen Dingen jetzt schon ein paar mal ausgehalten habe. In einigen Situationen weiß ich trotzdem nicht wie ich reagieren soll. Schwierig wird es auch bei der Arbeit werden wenn Leute mir versuchen zusätzliche Arbeit aufzuhalsen. Sie sind es gewohnt, dass ich ohne Murren ja sage, auch da muss ich lernen den Unmut von Kollegen auf auszuhalten.
Liebe fanja und liebe Carla1, habt oder hattet Ihr denn auch diese Persönlichkeitsstörung? Die Bücher von Martin Kantor gibt es aber nur auf Englisch, oder?

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Carla1
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Beitrag So., 29.12.2013, 02:22

Ja, ich bin auch selbstunsicher-vermeidend.

Den Kantor scheint's leider nur auf Englisch zu geben. Es gibt in der Tat so gut wie keine Literatur zu dem Thema (von Therapeuten, die sich mit dieser Störung auskennen, mal ganz zu schweigen ).

Sonst fällt mir nur noch "Bammel, Panik, Gänsehaut: Die Angst vor den anderen" von Christophe André und Patrick Légeron ein. Ich meine, die hätten zumindest die selbstunsicher-vermeidende PS ganz gut von der sozialen Phobie abgegrenzt. Ich kann aber für nichts garantieren, da ich das Buch vor fast 15 Jahren einer Leidensgenossin geliehen und nie wieder zurückbekommen habe... Zumindest habe ich es in guter Erinnerung, und viel falsch machen kannst du auch nicht, da es bei Amazon schon für 0,97€ zu haben ist und sehr gute Rezensionen bekommen hat. Dürfte auch in jeder gut sortierten Bibliothek zu finden sein.

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(V)
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Beitrag So., 29.12.2013, 10:10

Hi!

Hab auch diese Persönlichkeitsstörung, und in all den Jahren auch nicht wirklich was dazu finden können.

Allerdings muss ich sagen, dass ich mich in den hier genannten Hauptsymptomen kaum wiedererkennen, obwohl es sehr auffällig ist, dass ich immer nur hilflos und isoliert zuhause sitze und kreuzunglücklich darüber bin. Man könnte sagen: meine Schwerpunkte sind weder Unterwerfung noch Kritikfähigkeit, sondern die (erworbene) Hilflosigkeit. Ich frag mich gerade, wie das zusammengeht. So kann ich mich z.B. sehr vehement durchsetzen (wenn ich will), ich galt manchmal sogar als dominant, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es in 99,5 meines Umfelds nichts bringt, egal was man macht. So habe ich oft mit meiner Mutter gebrüllt, ihr einmal sogar eine Ohrfeige erteilt, mehrmals Hausverbot... nicht, dass dies IRGENDWAS bewirkt hätte. Und gegen die Persönlichkeitsstörung meines Ex-Ehemanns habe ich mir auch 13 Jahren 'nen sprichwörtlichen Wolf versucht, ohne je auch nur einen Millimeter bei ihm zu bewirken. Und was Kritik angeht, so bin ich doch einigermaßen resistent, da ich eh permanent unberechtigter Kritik ausgesetzt war durch das Elternhaus, so etwas prallt an mir rasch ab, es sei denn der Mensch steht mir wirklich nahe, was ziemlich selten bis gar nicht mehr der Fall sein dürfte. Ich wünsche mir sogar "Feedback", ehrliches Feedback. Aber auch hier gilt: in 99,5% der Fälle meinen die Leute gar nicht mich, hat es nichts mit mir zu tun, sehen sie MICH gar nicht, sondern projizieren nur. Was mich wieder zum selben Schluss führt: da kann man machen nichts. Ich bin auch viel zu bequem geworden, ja, richtig, es hat sehr viel mit emotionaler Bequemlichkeit zu tun.

Trotz anderer Schwerpunkt erkenne ich aber in dem einem oder anderen Punkt trotzdem wieder, nur scheine ich das eben "anders" zu interpretieren. So habe ich z.B. immer Startschwierigkeiten, wenn ich das Haus verlassen will oder muss. Ich brauche immer sehr lange mich zu überwinden. Nicht wei ich spürbare Angst hätte, sondern man zögert es unbewusst hinaus, ist zu faul, bequem, findet Gründe, wieso doch nicht soooo nötig, und so weiter. Macht der Gewohnheit. Und die ist mir in meinem Elternhaus extrem eingeimpft worden. In der Jugend, aber auch später als ich scheidungsbedingt und psychisch enorm geschwächt bei ihnen unterkommen musste. Ich erinnere mich an einen Szene, da ich mal bewusst mitgezählt habe: ich wollte durch das Dorf zum Tante-Emma-Laden um mir (damals noch Raucher) Zigaretten zu kaufen. Fußweg von ca. 10 min. Meine Mutter hat mit 18 Alternativ-Vorschlägen auf mich eingeredet, innerhalb gefühlten 5 min. Angefangen von "Das kann doch der Vater nachher mitbringen, wenn er von der Arbeit kommt" bis hin zu "Frag doch mal den Schwager oben, ob er dir welche leiht". Natürlich auch, ob sie mich fahren soll. Und ich weiß gar nicht mehr alles, was noch. Aber insgesamt 18 mal. Hey, ich war an dem Tag wirklich entschlossen, und ich habe auch kein Problem 3, 5 oder 10 mal "NEIN!" zu sagen, aber irgendwann zwischen Nr. 15 und 18 bin ich dann eingebrochen. Gefühlökonomisch lohnt es sich auch irgendwann nicht mehr: Jeder emotionale Gewinn des Sich-Durchsetzen wird durch die Kraft, die es dazu brauchte, aufgewogen. Irgendwann gibt man dann nach. Am Ende gilt man als die Schwache. Bekommt von anderen Leuten Vorwürfe zu hören, man sei ja selbst dran schuld, und so weiter. Aber dass es "möglicherweise" etwas krankhaft sein könnte, 18 Alternativangebote zu überschütten, wenn eine damals 34 Jährige Frau zum Tante-Emma-Laden laufen will, das sieht dann keiner. "Musst halt einfach NEIN sagen." ja, wie gesagt, die ersten 10 mal schaffe ich auch noch, aber irgendwann führt sich das alles ad absurdum. Und ist ja nur EIN Beispiel von vielen. Ein anderes sind z.B. die vermeintlich guten Gründe, wieso sie die damals 8/9-Jährige Enkelin immer eingeschlossen haben, und vieles mehr...

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Fanja
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Beitrag So., 29.12.2013, 14:09

Meine Therapeutin verfolgt einen anderen Ansatz. Bei ihr gibt es keine Diagnosen. Sie spricht lieber davon, die unterschied. Seiten in sich kennenzulernen, die soz. im Ungleichgewicht sind. Sie betont immer, dass auch die von mir am liebsten bekämpften Seiten zu mir gehören. Der Vorteil ist, dass ich eigentlich nichts falsch machen kann, ich kann nur dazugewinnen, wenn ich neue Seiten in mir entdecke und ausprobiere. Es ist dann auch nicht schlimm, wenn eine Zeit lang die "alte Fanja" wieder das Sagen hat. Sie ist ja nur eine Seite in mir unter vielen anderen. Das ist ein ganz einfacher, spielerischer Ansatz, der mir sehr hilfreich ist. Ich habe dann keine Störung, sondern die Möglichkeit, mich zu erweitern, ohne mich selbst abschaffen zu müssen.

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petrapan
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Beitrag Fr., 03.01.2014, 02:37

Liebe Fanja,
meine jetzige Therapeutin hat mich ebenfalls nicht mit selbstunsicher-vermeidender Persönlichkeitsstörung diagonstiziert, sondern ich habe zufällig dazu etwas gelesen im Internet und mich selbst darin wiedergefunden. Daraufhin ist mir eingefallen, dass in einem Arztbericht über mich von vor ca. 10 Jahren so etwas wie "ängstlich-vermeidende Persönlichkeit" stand. Dass das eine Diagnose ist bzw. eine Persönlickeitsstörung wusste ich aber bis vor einigen Tagen nicht. Meiner Therapeutin werde ich von meiner neuen Erkenntnis beim nächsten Termin berichten. Einige kleine Dinge kann ich seit meiner "Eigendiagnose" besser angehen. Ein Aspekt bei mir ist, dass ich Termine für private Aktivitäten welcher Art auch immer gerne im letzten Moment absage, um mich zu Hause einzuigeln, weil ich mich der Sache nicht gewachsen fühle. Bei einer Sylvesterparty-Einladung vor einigen Tagen hatte ich nun wieder so eine Situation, ich hätte fast wieder einige Stunden vorher abgesagt und bin dann doch für einige Stunden gegangen. Als es mir dann irgendwann keinen Spaß mehr machte, bin ich halt nach Haus gegangen. Ich bin gegangen, weil ich nicht wirklich unterscheiden kann: will ich eigentlich gehen aber traue mich bloss nicht, weil ich denke keiner spricht mit mir/ ich blamiere mich/ alle finden mich unsympathisch/ unattraktiv (sprich will ich wegen meiner Störung absagen) oder will ich tatsächlich nicht dorthin auch wenn ich wüsste ich würde mich blendend unterhalten. Meine Gefühlswelt ist so dermaßen überlagert von meiner Störung, dass ich mich gar nicht kenne und auch meine Wünsche/ Bedürfnisse nicht kenne. Im Prinzip müsste ich jetzt alles ausprobieren um zu gucken was mir gefällt und wer ich bin. Auf der Party war es nicht toll oder so, aber es war ok und ich war den Abend nicht alleine und habe selbst bestimmt wann ich gehe. Der Grund weswegen ich überhaupt zugesagt hatte zu kommen war, damit ich den Sylvesterabend über nicht alleine bin und das habe ich geschafft, also ist das doch auch schon ein Erfolg. Normalerweise hätte ich mir kurz vorher überlegt, dass es doch nicht schlimm sei alleine zu sein den Abend und hätte abgesagt.

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