VT - PA: Ihre Unterschiede z.B. im Umgang mit Diagnosen

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Widow
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VT - PA: Ihre Unterschiede z.B. im Umgang mit Diagnosen

Beitrag Mi., 03.04.2013, 15:23

http://dgpt.de/fileadmin/download/psych ... PNL-93.pdf

Insbesondere auf S. 3 bis S. 8 geht es um Unterschiede im Umgang mit "Diagnosen" in der VT und in der PA (anhand der Rezension eines 2012 erschienenen Buches, das Beiträge von Heidelberger VertreterInnen der akademischen Kognitiven Verhaltenstherapie zur "Zukunft der Psychotherapie" versammelt und im Untertitel fragt, wann "endlich Schluss" sei mit der [Methoden-]Konkurrenz - um sich aber alle möglichen Ansätze, Theorien und Methoden der anderen Therapieverfahren einzuverleiben, ohne ihre Herkunft zu benennen!).

Ein paar Kostproben aus der Rezension des Buches (durch einen Psychoanalytiker):

"Wenn das also die Psychotherapie der Zukunft werden soll, [...] dann ist das erkennbar Psychoanalyse mit systemischen Bezügen - aber sie soll unter dem Namen der Verhaltenstherapie auftreten! [Herv. im Original]", (bezogen auf einen Aufsatz des Bandes, auf den sich alle anderen Beiträge immer wieder als Grundlage beziehen.) (Quelle: im Link, S. 5).

Zum Unterschied bei der Einschätzung von "Diagnosen":
"Die Fiktion einer kategorialen Abgrenzbarkeit psychischer Störungen >und damit die Annahme distinkter Störungseinheiten< müsse [laut besprochenem Artikel] >endgültig verabschiedet werden<."
"Das war eine von psychoanalytischer Seite immer wieder vertretene Position gegen eine ausschließlich >störungsspezifische< Ausrichtung der Psychotherapie und gegen ihre Manualisierung [Herv. im Original]".
(Quelle beider Zitate: im Link, S. 4)

Und noch eine hübsche Lesefrucht aus dieser Rezension:
Zu Ludwik Fleck (in der Rezension leider falsch geschrieben; Biologe und Erkenntnistheoretiker, Überlebender der KZs Auschwitz und Buchenwald, widmete sich dem epistemologischen Studium verschiedener Wissenskulturen): "Eine seiner prägnanten Formulierungen lautete, dass wissenschaftliche Fakten ein Zeichen dafür seien, dass mit dem Denken aufgehört werde." (Quelle: im Link, S. 3).


Eine nutzbringende und unterhaltsame Lektüre wünscht
Widow

PS: Ein bisschen simpler wird die "medizinisch-biologistische" (VT-)Perspektive (und ihr Problem) hier auf den Punkt gebracht: http://m.faz.net/aktuell/wissen/medizin ... 16534.html

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Tristezza
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 16:02

Danke - hochinteressante Rezension! Die Verfasser des DSM-V hätten den Band mal lesen sollen, bevor sie sich ans "Werk" gemacht haben ...

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Marzipanschnute
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 16:05

Hört sich wirklich sehr interessant an, schon beim ersten Überfliegen. Nachher als Belohnung fürs Lernen werd ich mich noch mal näher damit auseinander setzen.

Das Thema an sich finde ich wahnsinnig spannend!

Danke fürs Teilen!
“Das Schöne an der Zeit ist, das sie ohne Hilfestellung vergeht und sich nicht an dem stört, was in ihr geschieht.” Juli Zeh

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Miss_Understood
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 16:11

Spannend! Mit ein Punkt weswegen ich dacht (ha!) PA nicht als hilfreich zu empfinden, weil diese Etikettierung doch so klebt wie ein fieses Pflaster. Womöglich muss es das bis es dann beim Abreissen die Haare mit der Wurzel herauszieht? Okay, schiefe Metapher.

Beim erneuerlichen Suchen und Finden worauf es mir ankommt beim Finden einer (möglicherweise doch) AnalytikerIn bin ich just heute auf diese Zusammenhänge von systemisch und psychoanalytisch gestossen. DAS könnte meine Tür werden - vielleicht ...
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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stern
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 18:38

Was auch viele VTler kritisieren, dass die Bezeichnung schon lange nicht mehr zeitgemäß ist. Die Bezeichnung leitet sich nunmal aus dem historischen Ursprung (Behaviorismus) ab, mit dem die VT (schon lange) nicht mehr viel gemein hat. Auch bin ich bekennender Fan von integrativen bzw. methodenübergreifenden Konzepten. Wenn ich mir mal die eine oder andere andere Beschreibung von derartigen Konzepten angesehen habe, war meine Eindruck durchaus, dass die Wurzeln benannt wurden. Dabei muss man auch beachten: Integrativ heißt ja nicht nur Zusammenwürfeln von alten, sondern es entsteht etwas neues... mit (wirtschaftlich ausgedrückt... man verzeihe, mir fällt keine passenden Bezeichnung ein) im Optimalfall Synergieeffekten, die stärker sind als die Summe der Einzelteile. Im Grunde habe sich alle etablierten Therapieverfahren (von denen viele in Ö anerkannt sind, in D aber nicht) aus wenigen historischen Strömungen abgeleitet, und sind zu etwas "neuem" geworden. Die moderne VT ist jedenfalls besser als der Ruf, der ihr manchmal noch anhaftet. Bezeichnenswert folgende Aussage in dem Artikel:
Denn wie man sieht, gibt es bei den Lern-theoretikern eine enorme Lernfähigkeit. Sie
sollten nur aufhören, sich ihre Nachbarn bzw. deren Wissen epistophagisch einverlei-ben zu wollen.
Meine Glaskugel sagt: Die PT der Zukunft (bzw. auch aktuell geht der Trend in die Richtung) ist eh Methodenannäherung.
Liebe Grüße
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sandrin
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 18:43

Also ich kann nur immer von meinen eigenen Erfahrungen erzählen. Ich hatte Kontakt mit zwei Verhaltenstherapeuten. Einmal eine gesamte Therapie, ein andermal ein Jahr regelmäßiger Kontakt in einer Beratungsstelle (das ist erst wenige Jahre her!). Der Unterschied zu psychodynamisch ausgerichteten Methoden ist klar erkennbar. Es fiel wortwörtlich der Satz "Wozu soll das denn gut sein, wenn Sie wissen, woher ihr Problem kommt. Wäre es nicht besser, sich auf Lösungen zu konzentrieren". Dieser Satz wäre in einer TfP oder Analyse never ever denkbar.


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Widow
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 18:50

Hi, stern,

wenn Du so gute Erfahrungen mit lauter integrativen und dann auch noch ihre Quellen redlich benennenden VTs gemacht hast, freut mich das persönlich sehr.

Das grundsätzlich Dumme an der Sache ist nur: Die "Theorien" der nicht integrativ vorgehenden akademischen, und das heißt: "Forschungs"-VT, die diese ganzen "wissenschaftlichen Fakten" (dazu s. mein posting oben unter L. Fleck) in ihren ganzen "Studien" präsentieren - also,verknappt gesagt: das nunmehr fast schon ewige Mantra der evidenzbasierten und mithin manualisierbaren Therapie, das so hübsch zum neoliberalen Ökonomismus der westlichen Postindustrienationen seit ca. 30 Jahren passt -, diese VT-Theorien passen leider so gut zu jenem gesellschaftlichen und politischen (von "gesellschaftspolitischem" mag ich ja schon gar nicht mehr reden ...) mainstream, den auch die Krankenkassen umtanzen wie's goldene Kalb (s. die Meldung hier über abzukürzende Therapien).

Und das nicht grundsätzlich, sondern speziell Dumme an der von mir vorgestellten Sache ist, dass jene Buchautoren aus Heidelberg, die als "Wissenschaftler" der Kognitiven Verhaltenstherapie angehören, ein Buch geschrieben haben, in dem sie von der "Zukunft der Psychotherapie" reden wollen und sich auf die Fahnen schreiben, endlich nicht mehr auf die PA einzuprügeln (was sie rhetorisch und faktisch seit 40 Jahren und seit 30 mit wachsendem Erfolg bis heute getan haben, wo kaum noch ein universitärer Lehrstuhl von einem PAler eingenommen wird) - und dann verkaufen sie geklauten, richtig alten Wein in neuen Schläuchen, auf den sie ihr Label kleben. Das ist unredlich.

w, die findet, dass Nähkästchenplauderei in diesem Faden nicht sinnvoll ist: Hier geht es um akademische Psychotherapie-Forschung und deren Kritik wiederum durch einen akademischen Psychotherapieforscher. (Und: NEIN, ich habe nichts gegen Nähkästchenplauderei, das betreibe ich hier ständig selbst. Aber dieser Faden hier hat eine andere Intention. - Man kann doch nicht immer, wenn es mal etwas theoretischer wird, gleich mit der eigenen psychischen Befindlichkeit und Erfahrung ankommen!

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Miss_Understood
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Beitrag Mi., 03.04.2013, 23:57

Widow hat geschrieben: Man kann doch nicht immer, wenn es mal etwas theoretischer wird, gleich mit der eigenen psychischen Befindlichkeit und Erfahrung ankommen!
Womit denn sonst - zumindest als Anhaltspunkt? (Sollte ich mich jetzt angegriffen fühlen? Oder raus halten? Ja, das war eben nur ein kleiner Einwurf.) Das ist doch sonst ein Totschlagargument - wer hier hat denn sein eigenes kleines Labörchen mit eigens durchgeführten statistisch relevanten, 'wissenschaftlich abgesicherten' usw. Vergleichstestsmöglichkeiten?

Ich glaube ich habe dann noch nicht die Intention dieses Threads verstanden von dir, widow?

meint die Miss, die in anderer Branche zuhause auch sehr großen Wert auf Interdisziplinarität legt und auch die Transferleistungen von sprachlicher Benennung sich dann zuweilen anders bezeichneter aber letztendlich doch gleich gemeinter Sachverhalte würdigen kann und als Brücke zur Verständigung würdigt.

Diese deinige konkret verlinkte Theorie im Artikel lese ich mir ggf morgen oder die Tage nochmal durch und schreib dann ggf nochmal was dazu. An sich finde ich das Thema soweit überflogen sehr spannend, aber nach deinen Worten traut sich wohl hier nur wenige was dazu zu schreiben, könnt ich mir vorstellen. Wirklich so gewollt?
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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stern
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Beitrag Do., 04.04.2013, 00:18

Noch ein Zitat:
Die Erbmasse der Psychoanalyse, (...), eignet man sich dann um-so leichter
durchaus an. Auch die der Syste-miker. Deren Fragestrategien (...) werden zwar in VT-Lehrbüchern beschrieben. Aber Autoren dieser anderen Schulen und damit die Her-kunft der „neu
en“ Konzepte werden eben so wenig genannt wie Bastine es für nötig hält, bei „systemischen Denkweisen“ auf deren Urheber zu verweisen oder wenn Verhaltenstherapeuten von „Widerstand“ und „Übertragung“ schreiben (...) – ohne zu beschreiben, wo-her sie solche Konzepte haben. Auf einer letztseitigen Werbung in Fiedlers Buch wird
die „3. Welle der Verhaltenstherapie: Das Erleben des Patienten steht im Mittelpunkt“ genannt. Das stammt
erkennbar von den Gesprächstherapeuten. Diese Art von publi-zistischem Kannibalismus, (...)
Quelle: http://dgpt.de/fileadmin/download/psych ... PNL-93.pdf (Link von widow)
Natürlich ist Kannabalismus (allein schon die Bezeichnung ist beachtenswert) nicht richtig... insbes. nicht, wenn jemand für sich in Anspruch nimmt, wissenschaftlichen Standards genügen zu wollen.

Aber hier wird ja so getan als versucht sich die VT alles mögliche einzuverleiben, wobei der Ursprung regelmäßig geflissentlich übersehen wird. Man nehme z.B. die Schematherapie, die zu der VT gezählt wird... der Ursprung ist jedenfalls kein Geheimnis, vgl.:
Die Schematherapie wurde von Jeffrey Young, USA, zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen entwickelt (...). Sie erweitert den Ansatz der kognitiven Therapie um Elemente psychodynamischer Konzepte und anderer psychologischer Theorien und Therapieverfahren wie der Objektbeziehungstheorie, der Transaktionsanalyse, der Bindungstheorie, der Hypnotherapie und der Gestalttherapie.

http://www.schematherapie-konstanz.de/u ... rapie.html
Und wenn ich lese: "Das Erleben steht im Mittelpunkt"? Was ist daran geklaut, wenn man befindet, im Mittelpunkt steht die Wahrnehmung/Erleben wie insges. Gefühle und Denken... würde die VT das anders sehen bzw. ausklammern, würde das dem Menschen ja nicht gerecht werden, wenn man sagt, das Erleben ist nebensächlich. Die VT steht eben nicht mehr bei Behaviorismus, der Gefühle bestenfalls als nebulöse black box gesehen hat.

Und was das Übertragungsgeschehen angeht: Das wird von Verhaltenstherapeuten m.W. durchaus anerkannt (nach gut, man könnte jedes Mal anfügen, dass diese Begriffe der Psychoanalyse entnommen sind... ich bin auch schon öfters mal darüber gestolpert, dass VTler diese Begrifflichkeiten nicht nur kennen, sondern auch nutzen)... nur wird evtl. anders damit umgegangen. Mitunter ist es auch so: Im Grunde gleiche Phänomene bzw. psychische Phänomene haben je nach Methode nur einen anderen Namen... also der im Grunde identische Wein (Inhalt) wird in unterschiedliche Schläuche (Bezeichnung) gepackt. Könnte man, was die Bezeichung "Übertragung", etc. angeht wohl auch machen. Liegt vielleicht auch daran, das sich beobachtbare Phänomene nicht andere sind je nach dem nach welcher Schule der Patient behandelt wird.

Oder das hier:
Gewiss, die VT hat längst schon ihre Wendung zur Kognition vollzogen, aber in heutigen Lehr-
büchern wird die Lernprogrammatik (ope-rantes, klassisches Konditionieren und Imi-tationslernen, Kanfe
rs Schema) immer nochbeschrieben.
Wird im Gegenzug gefordert, die eigenen historischen Wurzeln, obwohl sie nicht mehr praktiziert bzw. als überholt angesehen werden, wegzulassen? Das wäre das gleiche, wenn PA-Literatur einige Theorien Freuds aussparen würde, die als als überholt anzusehen sind. Wird ja "normal" auch nicht gemacht.

Ich habe mir gerade mal die Klappenbeschreibung des besagten Buches angesehen, das ich nicht gelesen habe:
An der Heidelberger Universität sieht man die schulenübergreifende Notwendigkeit der Veränderung von Therapiekonzepten in Bezug auf die Grundlagenforschung – in dieser Tradition sieht man sich im Dienste der Patienten. Renommierte Praktiker und Wissenschaftler mit innovativer Integrationsperspektive
... 3642224695
Schulenübergreifendes Vorgehen begrüße ich grundsätzlich, wenn best of different worlds angestrebt wird... und das impliziert ja gerade, dass man Ideen anderer Schulen berücksichtigt, und nicht nur die eigenen. Inwieweit historische Quellen exakt angegeben sind, weiß nicht... mir erscheint es jedenfalls so als haben die Autoren Bedenken, dass Lorbeeren der psychoanalytischen Erkenntnisse von anderen geerntet bzw. nutzbar gemacht werden, während die PA (von manchen Autoren) bereits als Auslaufmodell gehandelt wird.

Schulenstreit bzw. Konkurrenzdenken lese ich auch etwas heraus, aber das ist mglw. nur meine Leseart. Bzw. gönnerhafte Anerkennung, dass die VT manches empirisch bestätigt, was die PA schon lange behauptete.

I.a.W.: Forderung von Abwendung vom Trend des intergrativen Vorgehen (wo gerade die VT manche Konzepte im Pool hat)
Liebe Grüße
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Jenny Doe
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Beitrag Do., 04.04.2013, 06:10

Den folgenden Absatz fand ich sehr interessant. Er fasst genau das zusammen, worüber hier im Forum schon so oft diskutiert wurde, nämlich, dass die einen sagen "VT ist so und PA ist so, ein VT würde dies nicht machen, ein PA würde jenes nicht machen", ... und dann kommen Klienten mit persönlichen Erfahrungen an und sagen "Stimmt nicht, bei mir war VT/PA nicht nur so, sondern auch so".
(...)
Während die Richtlinienpsychotherapie die klare Trennung der Verfahren fordert, bewegen sich diese offenbar aufeinander zu und beginnen an ihren Rändern zu verschmelzen. Natürlich sind es nicht die Verfahren, die das tun, sondern die Therapeuten tun es unter Berufung auf die Zweckmäßigkeit einer Methodenintegration zur verbesserten Behandlung spezifischer Störungen.
(...)
Zitat aus Kapitel 9
Psychotherapeutische Entwicklungen: Das Beispiel der Strukturbezogenen Psychotherapie
Prof. Dr. Gerd Rudolf
Seite 137
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.


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Widow
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Beitrag Do., 04.04.2013, 12:27

Zur Klarstellung:

Ich habe eine Lektüreanregung gepostet, konkret die etwas launige (was offensichtlich manche hier nicht begriffen haben) Rezension einer verhaltenstherapeutischen Neuerscheinung, die, wissenschaftstheoretisch und -praktisch unredlich (was man durchaus "kannibalistisch" nennen darf in einer leicht polemischen Rezension, wie ich finde), Begriffe und Theorien anderer psychotherapeutischer Verfahren als ihre ureigenstens ausgibt, die hinsichtlich der Nosologie endlich die Verpseudowissenschaftlichung der Psychologie und Psychotherapie aufgibt (welche die VT jahrzehntelang zuforderst mitbetrieben hat), und die schließlich all das als die "Zukunft" der Psychotherapie begreift - eine Zukunft, die lange schon Vergangenheit war und Gegenwart ist!
(Und diese Rezension tut eines nun gewiss nicht: Sie zitiert nicht irgendwelche Studiendaten, die VTler erhoben haben und die "beweisen", was die PA schon immer wusste. Warum tut sie das nicht? Weil sie sich nicht die Wissenskultur [auch ein Begriff aus der Rezension] jener Wissenschaft zueigen macht! - Wie war das mit den "Fakten" und dem Denken?)

Wer nun mit (beliebig findbaren) Gegenlektüre-Anregungen "kontert" oder mit seiner eigenen Erfahrung - nun, das ist offensichtlich unvermeidlich.

Doch soweit ich sehe, bin ich hier nicht im Lesezirkel-Thread.
Das war einfach der Hinweis auf einen m.E. bemerkenswerten Artikel (nämlich auf die Rezension). Auf eine "Diskussion" desselben (die hier gewiss mit beeindruckendem Sachverstand geführt werden kann) werde ich verzichten, weil mir der therapieforschungstechnische Sachverstand dafür fehlt. Aber ich bin ja auch nur ein Eisbär - fröhliches Diskutieren also, wer sich dazu berufen fühlt!

Ciao!
Widow

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stern
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Beitrag Do., 04.04.2013, 12:41

Widow hat geschrieben:Wer nun mit (beliebig findbaren) Gegenlektüre-Anregungen "kontert" oder mit seiner eigenen Erfahrung - nun, das ist offensichtlich unvermeidlich.
Ich hab Stellung bezogen zu Zitaten aus dem von dir verlinkten Artikel/Rezension... nicht mehr und nicht weniger. Kann man ja durchaus kontrovers sehen.

Dass dem Artikel die ein oder andere Polemik inne wohnt, erwähnten ja auch die Autoren...
Und diese Rezension tut eines nun gewiss nicht: Sie zitiert nicht irgendwelche Studiendaten, die VTler erhoben haben und die "beweisen", was die PA schon immer wusste.
Ich müsste das Zitat nochmals genau raussuchen, was ungefähr lautete wie: Dass die VT manches empirische belegt, was die PA schon lange behauptete, aber nicht der Überprüfung unterzogen hatte. Ich werde es noch nachholen, um der Korrektheit genüge zu tun .
Liebe Grüße
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Beitrag Do., 04.04.2013, 13:18

Auf folgende gönnerhafte Formulierung bezog ich mich:
Zum anderen möchte ich einige verhaltensthera-peutische Untersuchungen vorstellen, die Klärungen in Fragen schaffen, die auch uns Psychoana-lytiker interessieren müssen. Die sogar „Wasser auf un
sere Mühle“ sind und Dinge bestätigen, die von psychoanalytischer Seite seit vielen Jahren immer wieder vertreten worden sind. Aber wir haben sie nicht untersucht, jetzt kommt die Empirie von der anderen Seite und das darf man also durchaus zur Kenntnis nehmen.
Quelle: siehe oben
Liebe Grüße
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Widow
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Beitrag Do., 04.04.2013, 13:23

Stern, es gibt etliche empirische Studien von psychoanalytischer Seite.
Vielleicht verwechseltst Du gerade "empirisch" mit "evidenzbasiert", letzteres ist der Hauptweg der VT (deshalb ja auch die "Manualisierung" von Therapie, die dort betrieben wird). Empirisches Vorgehen teilen sich die Schulen.

Übrigens geht es hier nicht mehr um das oben genannte Buch.

Und schließlich: Lies doch einfach mal die Auswertung der empirischen Studien am Ende der Sammelrezension: Da geht es um unbewusste Vorurteile der Studienersteller, die sich ganz massiv auf das "Fakten"-Ergebnis auswirken (mithin geht es um eine Warnung vor "systemimmanenten" Fehlern einer bestimmten Wissenskultur; was ja nicht heißt, dass die eigene solche Fehler nicht birgt ...).

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Beitrag Do., 04.04.2013, 13:34

stern hat geschrieben:Mitunter ist es auch so: Im Grunde gleiche Phänomene bzw. psychische Phänomene haben je nach Methode nur einen anderen Namen... also der im Grunde identische Wein (Inhalt) wird in unterschiedliche Schläuche (Bezeichnung) gepackt. Könnte man, was die Bezeichung "Übertragung", etc. angeht wohl auch machen. Liegt vielleicht auch daran, das sich beobachtbare Phänomene nicht andere sind je nach dem nach welcher Schule der Patient behandelt wird.


Genau.
Interessant finde ich - was ich zugegebenerweise gerne tue - weil mir manch 'Akademikersprech' und verbale Onanie zuwider ist - zu beobachten, dass ich beim Versuch etwas zu beschreiben (Verhalten) mit einfachen Worten zuweilen für naiv gehalten werde und sich Augen rollen à la "Das und das ist doch nun WIRKLICH selbstverständlich."

Dennoch - natürlich ist es nötig sich auch in Details darauf zu einigen wovon man überhaupt spricht. Und wovon man nicht reden kann - nun - darüber müsste man nun bekanntlich schweigen. Oder es immer und immer wieder - in erkenntnisgewinnbringender Absicht versuchen.
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