Über Gefühle reden können in einer Beziehung

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Aurora
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Über Gefühle reden können in einer Beziehung

Beitrag Di., 01.04.2008, 12:52

Hallo liebes Forum

Ich bin mit meinem Freund seit fast einem Jahr zusammen und die Beziehung ist wunderschön. Er ist sehr lieb und zuvorkommend zu mir und ich versuche auch alles, damit er sich wohl fühlt. Im Grunde könnte es nicht besser sein.
Trotzdem, ich habe das Gefühl ihn nicht wirklich zu kennen. Wir sind immer zusammen und genießen unsere Zeit, aber ich habe trotzdem das Gefühl, nicht zu wissen, wer er in seinem Innersten wirklich ist.

Über Gefühle reden wir eher nicht, zumindest über keine negativen Gefühle. Wir sagen uns natürlich, wenn uns etwas nicht gefällt, oder stört, aber das sind halt alles nur oberflächliche Dinge und über tiefere Gefühle haben wir nie gesprochen. Dabei weis ich, dass vieles in seinem Leben wohl nicht so schön gewesen ist.
Wenn mal das Thema zufällig auf eine solche Sache schweift und ich versuche genauer nachzufragen, antwortet er und es scheint ihm auch nicht unangenehm zu sein, trotzdem habe ich hinterher den Eindruck nur die oberflächliche Wahrheit als Anwort bekommen zu haben. Er sagt nie was er darüber denkt, bei einigen Dingen, die er mir andeutungsweise erzählt hat, z.B. über seine Familie, würde ich erwarten, dass er wütend ist, aber er scheint es einfach so hin zu nehmen und wenn ich vorsichtig andeute dass ich das nicht gut finde, kommt nichts. Es ist als wäre er ein Buch und die letzten paar Seiten auf denen endlich die Antwort steht wer er ist, die fehlt.

Leider ist es bei mir andersrum ähnlich. Ich bin oft traurig wegen so vielen Dingen, habe auch Angst und habe das Gefühl, dass niemand mich wirklich kennt, was mich noch trauriger macht. Wenn mein Freund dann da ist, bin ich gut gelaunt und zufrieden.

Mein Exfreund hat mir alles über sich erzählt und besonders hat er seinen Gefühlen immer freien Lauf gelassen, er hat mir alles erzählt aus seinem Leben, was er gefühlt hat, was er heute fühlt, wie ihn das alles verändert hat....und alles immer sehr ausdrucksstark.
Mich dagegen hat er nicht gekannt und ich habe mich in der Beziehung nachher auch unwohl gefühlt, weil ich wusste, dass ich mit ihm, selbst wenn ich wollte, nicht reden gekonnt hätte, er hat sich nur für sich selbst interessiert und wenn man ihm was anvertraute hat er sich irgendwann drüber lustig gemacht.

Mit meinem jetzigen Partner hätte ich es gerne anders. Ich würde es schön finden, wenn wir miteinander reden könnten und wir nicht nur unsere schönen Gefühle miteinander teilen könnten, sondern auch die schlechten.

Aber wie kann ich ihn dazu bringen, mehr von sich zu erzählen?

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Miss_Understood
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Beitrag Di., 01.04.2008, 13:10

Aurora hat geschrieben: Aber wie kann ich ihn dazu bringen, mehr von sich zu erzählen?
Liebe Aurora,

spontan fällt mir daz ein:
Indem du auch dich öffnest.
Habe beobachtet, dsas es manche Menschen gibt, die erzählen lieber /ohne/ dass sie gefragt werden, weil so eine Frage ja schon Druck aufbauen kann. Andere brauchen /genau/ das - gefragt zu werden. Ich glaube ich würde gerne mal von ihm zuerst erfahren unter welchen Umständen er bereit ist zu solchen Gesprächen wie du sie dir wünschst. Vielleicht kannst du ihn das fragen- Oder du erinnerst dich an eine vergangene Situation, wo es leicht mit ihm war. Was war denn da anders? Kannst du das nochmal so reproduzieren?

Was mir auch auffällt ist, wenn du schreibst, dass es dir /gut/ geht wenn du mit deinem Freund zusammen bist - was ja eine feine Sache ist. - dann gibt es ja vielleicht nicht die unmittelbare vermeintliche Notwendigkeit über Schwieriges zu reden (meinst du das?), aber gerade /dann/ wärst du ja auch vielleicht stark genug um verganges zu erzählen, möglicherweise?

Schöner Gruß

die Miss
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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Aurora
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Beitrag Di., 01.04.2008, 13:54

Hallo
Es gab einmal eine Zeit wo wir besser über sowas reden konnten, aber die selbe Situation lässt sich leider nicht mehr so einfach wieder herstellen. Ich habe schon ein paarmal andeutungsweise von seinen Gefühlen erfahren und geahnt, dass es ihm wohl nicht gut geht und dass er irgendwie sehr verzweifelt und traurig gewirkt hat, aber das ist sehr lange her und per sms und chat gewesen. Ich denke wenn man es aufschreibt, ist es leichter über seine Gefühle zu reden. Auch mir fällt es leichter. Aber wir schreiben uns schon lange keine Briefe mehr.

Ich möchte wissen wie es ihm geht, ob diese Traurigkeit und diese Wut auf sich selbst immer noch da sind.
Das ganze lässt sich auch leider sehr schlecht an bestimmten Situationen festmachen, auf die ich ihn vielleicht nochmal ansprechen könnte. Wir haben uns geschrieben und im Chat immer gut unterhalten und sehr selten kam dann ganz plötzlich zwischendurch so eine Art kurzer Ausbruch, wo ich einen kleinen Einblick in seine Gefühle bekommen konnte und das hat auf mich immer furchtbar traurig gewirkt. Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen, mitlerweile treffen wir uns direkt und schreiben uns nicht mehr und ich weis nicht, ob die nette, fröhliche Art von ihm, vielleicht nur eine Fassade ist.

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Flo384
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Beitrag Di., 01.04.2008, 15:31

Hallo Aurora!
Aurora hat geschrieben: Über Gefühle reden wir eher nicht, zumindest über keine negativen Gefühle.
Aurora hat geschrieben: bei einigen Dingen, die er mir andeutungsweise erzählt hat, z.B. über seine Familie, würde ich erwarten, dass er wütend ist, aber er scheint es einfach so hin zu nehmen
Kann es denn nicht sein, dass dein Freund mit seiner (wahrscheinlich negativen) Vergangenheit zurecht kommt und es ihm damit gut geht und somit keine negativen Gefühle (mehr) da sind?
Du schreibst, dass er dir antwortet, wenn du ihn fragst. Das ist doch ok, kein Verdrängen/Leugnen würde ich mal sagen.

lg
Flo384

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elias
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Beitrag Di., 01.04.2008, 19:45

Hi,
das erinnert mich sehr an meine Situationen zu Anfang meiner derzeitigen Beziehung.
Meine Partnerin war furchtbar neugierig, therapieerfahren und ich gerade zum ersten mal aus der Psychiatrie entlassen ( damals Depression und Angstneurose). Ich erzählte freiwillig gar nichts, wenn sie gezielt gefragt hat habe ich geantwortet aber relativ emotionslos. Ich hatte kaum Emotionen, die waren alle vergraben, sonst hätte ich gleich wieder in die Klinik müssen. Emotionen die verschüttet sind auf einmal zulassen geht einfach nicht ohne verrückt zu werden. Heute bin ich ja verrückt und heute kann ich mit Emotionen leidlich umgehen. Vielleicht geht es ihm ähnlich: er verschweigt nichts, er gibt Antwort wenn er gefragt wird aber freiwillig beschäftigt er sich nicht damit.
mfg
elias

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Aurora
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Beitrag Mi., 02.04.2008, 12:05

Emotionen die verschüttet sind auf einmal zulassen geht einfach nicht ohne verrückt zu werden
Aber man kann doch nicht ewig mit soetwas leben, irgendwann wird immer mehr vergraben, bis es plötzlich zuviel wird und alles auf einmal an die Oberfläche zurück kommt.
Du hast vollkommen recht Elias, so wie du es beschreibst. Mein Freund antwortet auch auf alle Fragen, aber es ist emotionslos, als ob er kein wirkliches Gefühl zu dem Thema hat.
Es kann sein, dass er sich mit einigem abgefunden hat. Aber ich an seiner Stelle würde wenigstens hin und wieder Wut auf z.B. meine Eltern empfinden. Sie wollten ihm zwar nie etwas schlechtes, aber in meinen Augen haben sie ihn allein gelassen und ein kleines Kind unter 8 Jahren lässt man normal nicht allein und völlig selbstständig den Haushalt schmeißen (nur als Beispiel).
Ich weis nicht, es lässt sich wie gesagt nur schwer an Beispielen festmachen, ich habe einfach das Gefühl, dass da noch sehr viel mehr unter der Oberfläche ist was er mir nicht zeigt und ich möchte für ihn da sein und wissen was ihn bewegt. Ich weis nur leider nicht wie

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Affenzahn
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Beitrag Mi., 02.04.2008, 12:45

Aurora hat geschrieben:ich möchte für ihn da sein und wissen was ihn bewegt.
Das sind zwei verschiedene Dinge (vielleicht nicht für dich?).

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elias
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Beitrag Mi., 02.04.2008, 18:51

Hi,
lass ihn doch mal den test machen zum Asperger-Syndrom, ich hab 37 übereinstimmungen.
Allerdings hat man bei mir den Deckel der Pandora geöffnet und konnte dann nicht mehr kontrollieren was rauskam.
mfg
elias


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Aurora
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Beitrag Do., 03.04.2008, 12:36

lass ihn doch mal den test machen zum Asperger-Syndrom, ich hab 37 übereinstimmungen.
Allerdings hat man bei mir den Deckel der Pandora geöffnet und konnte dann nicht mehr kontrollieren was rauskam.
Ich habe den Test selbst eben mal gemacht und hatte 15 Übereinstimmungen.... Ich denke mit 15 Übereinstimmungen hat man sicherlich noch nicht das Asperger, ich glaube da geht es noch eher in die Richtung zurückhaltend und schüchtern und gerne allein, so würde ich mich beschreiben. Ich schaue mal ob mein Freund den Test auch mal machen möchte, bin echt mal gespannt was dabei heraus kommt, sicherlich hat er viel mehr Übereinstimmungen als ich, er interessiert sich viel mehr für Zahlen und Fakten, und achtet auf Details aber ich glaube eher nicht, dass das sein Problem ist.
In wie weit hat es denn bei dir den Deckel der Pandora geöffnet? Ich habe schon viele gute Test gemacht, wo alles mögliche unschöne rauskam, von schweren Depressionen, bis angehende Essgestörtheit und so, was aber alles von garnicht bis kaum stimmt....

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elias
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Beiträge: 137

Beitrag Do., 03.04.2008, 18:55

Hi,
der Deckel hat mit Selbsttests nichts zu tun. Es war ein Zitat meines behandelnden Arztes in einer Klinik für Psychosomatik. Eingewiesen wurde ich für 4 Wochen, nach zwei Wochen kam der Spruch mit der Pandora und der Antrag auf Verlängerung um weitere 8 Wochen.
Ergebnis waren 4 Suizidversuche insges. ca 2,5 Jahre Psychiatrie und die Diagnose: paranoide Schizophrenie. Meditationsverbot, Psychotherapie-Verbot auf unbestimmte Zeit.
Mein jetziger Psychiater ist fest davon überzeugt, dass die Psychosen durch die falsche Therapie ausgelöst wurden( wobei die Anlage natürlich bestand).
Aber das sehe ich bei euch nicht
mfg
elias

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vita
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Beitrag Fr., 04.04.2008, 18:53

Hallo Aurora,

warum möchtest du denn überhaupt mit deinem Freund über längst vergangene, verschüttete oder vergrabene Tiefpunkte seiner Vergangenheit sprechen? Was bewegt dich dazu? Was hättest du davon?

Also, ich würde es auch nicht so gut finden, wenn selbst ein vertrauter Mensch versuchen würde, in mir rumzustochern. Wenn ich Sorge habe und von selber auf den Menschen zugehe, erwarte ich, dass er mir zuhört - aber nicht, dass er in mir bohrt, wenn mir gar nicht nach Erzählen zumute ist.

Man kann nur einem Menschen helfen, der um Hilfe bittet. Wenn das nicht der Fall ist, empfinde ich einen solchen Helfer als einen Menschen, der eine negative Stimmung erzeugt, um sich dann als "Rotkreuzschwester" zu erweisen. Es besteht ja durchaus die Möglichkeit, dass dein Freund seine "Tragödien" aus der Kindheit sehr gut verarbeitet hat.

lg
vita

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expat
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Beitrag Di., 08.04.2008, 05:47

vita hat geschrieben: Es besteht ja durchaus die Möglichkeit, dass dein Freund seine "Tragödien" aus der Kindheit sehr gut verarbeitet hat.
Und wenn er sie aber nicht verarbeitet hat, ist das Stochern umso unangenehmer.
Ist es denn nicht zunächst wichtig, Gefühle zu haben und zu zeigen, statt darüber zu reden?
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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