Partner wieder lieben lernen - nach seiner Depression

In diesem Forumsbereich können Sie sich über Schwierigkeiten austauschen, die Sie als Angehörige(r) oder Freund(in) von psychisch Erkrankten bzw. leidenden Personen konfrontiert sind.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fredrike
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 30
Beiträge: 3

Partner wieder lieben lernen - nach seiner Depression

Beitrag So., 17.02.2013, 15:57

Hallo da draußen, vielleicht wisst ihr Rat

Nach der langen schweren Depression meines Partners, möchte ich ihn wieder lieben, aber ich fühle mich plötzlich überhaupt nicht mehr körperlich oder seelisch von ihm angezogen. Abgesehen davon, dass ich mich nur ganz selten auf Sex "einlasse", fühle ich mich oft geistig oder körperlich eher abgestoßen... also kein Ekel, aber es erscheint mir so fremd, ihn zu berühren, küssen und manche Charaktereigenschaft "turnt" mich total ab... Das klingt so böse... Ich schäme mich für meine bösen Worte und kann sie doch nicht weiter verdrängen...

Warum nur, scheint sich keine Faser meines Körpers mehr an die Zeit zu erinnern, wo ich alles gegeben hätte, dass es so ist wie jetzt?
Warum gehen alle Gefühle gegen Null, obwohl....(jetzt kommt eine lange Obwohl-Liste) :
- obwohl er nach langer Depression (die mich sehr schwer in Mitleidenschaft gezogen hat) endlich jede proffessionelle Hilfe, die er kriegen kann annimmt und das zeigt größte Erfolge!!
- obwohl unser Kind ein Goldschatz ist und wir Erziehungseinstellungen teilen
- Obwohl wir einen schwarzen Humor und viele Interessen teilen
- obwohl er mir jüngst einen Antrag gemacht hat und mit mir alt werden will, wie ich es immer immer wollte
- obwohl wir mit unseren sehr unterschiedlichen Charakteren phantastisch ergänzen (könnten)
- obwohl er auf meine Bedürfnisse immer mehr eingeht

Ich habe Angst, dass die lange schwere Depression meines Freundes alle guten Gefühle getötet hat. Die Depressionen und zahlreichen Suizid-Ankündigungen versuchte ich immer aufzufangen, indem ich v.a. einfach bei ihm geblieben bin und ihm immer meine Treue geschworen habe. Trotzdem war eine Co-Depression nicht vermeidbar und einige Jahre mein LEben maßgeblich beeinträchtigt - auch noch als das Kind da war... Ich hatte psychotherapeutische Begleitung, aber trotzdem war ich "wie das Kaninchen vor der Schlange" gelähmt vor Angst um ihn, während er mir immer wieder bitterböse Vorwürfe machte.

Jetzt gibt er sein Bestes für uns und ich gebe auf???
Komischerweise will ich ihn trotzdem heiraten, aber irgendwie eher aus Vernunftsgründen - "Wird schon das Beste sein..."

Sind solche Gefühle normal nach der "anbahnenden Heilung" eines depressiven Partners???
Wer hat Erfahrungen oder Tipps, die er/sie weitergeben will?


Ich danke schonmal für alle Hilfen!

Werbung

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag So., 17.02.2013, 16:14

Hallo fredrike!

Willkommen im PT Forum!

Ich habe da jetzt eher Fragen als dass ich jetzt etwas sagen kann. Es kann natürlich sein, dass du dich selber etwas verloren hast als du ihm beigestanden hast.

Eine Frage wäre was dir an ihm jetzt fremd erscheint?
War er schon depressiv als ihr euch kennenlerntet oder ist das irgendwann während der Beziehung aufgetreten?
Hast du deine Beziehung nicht in der Therapie thematisiert bzw. worum ging es da inhaltlich?

Ich halte es ja nicht für gänzlich ausgeschlossen, dass du ihm wieder neu begegnen kannst und auch lieben, aber die Frage ist ja, ob in dir noch etwas da ist oder ob du die Liebe für eher erloschen empfindest? Therapie ist ja ein Entwicklungsprozess und da scheint es mir gar nicht so selten, dass man sich auseinanderentwickelt.

Lieben Gruß!
candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fredrike
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 30
Beiträge: 3

Beitrag So., 17.02.2013, 16:33

Hallo Candle, danke für deine Antwort!

die Depression kam erst in der Beziehung, nach ca. 3 Jahren. Das haben wir beide damals noch so nicht gesehen, aber rückblickend sage ich das.
In der Therapie ging es fast ausschliesslich um meinen Umgang mit ihm und seiner Depression.
Grundlage war immer mein Wille, um und für ihn zu kämpfen - wie ich es nur nicht noch schlimmer machen könnte und warum er das tut und wie ich ihn zu Therapie bewegen kann...
Keiner konnte mich zu einer Trennung bewegen - darüber verlor ich sogar meine "beste" Freundin.

Ich sehnte mich auch sehr lange nach einer Wertschätzung für das, was ich aus Liebe durchgemacht habe. Ich bekam seine Anerkennung spät und nur punktuell, aber immerhin

Ich habe einfach so viele male von ihm gehört, dass ich ein furchtbarer Mensch bin und er sich trennen will.... das liegt zurück, aber es hat vielleicht mehr kaputt gemacht, als ich dachte...

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15217

Beitrag So., 17.02.2013, 16:46

Hm, eine Idee ist eben auch, dass im Moment dein Lebensinhalt, der Kampf um die Beziehung nun wegfällt und du jetzt ins Leere greifst. Wäre das möglich? Hast du dir schon Gedanken gemacht den Kontakt zu deiner Freundin wieder herzustellen. Es sieht mir ganz danach aus als hättest du dich während seiner Krankheit selbst vergessen, nun gibt es nichts mehr " zu tun", aber du kannst dir ja alles wieder für dich aufbauen. Möglicherweise hat dein Problem jetzt nicht direkt mit deinem Partner zu tun.

Hast du denn sonst Hobbies, einen ausfüllenden Job oder irgendwas?

Nun ja, was das Heiraten angeht: Ich würde es nicht machen aus Pflichtgefühl oder materieller Sicherheit oder so, du solltest dir da schon überlegen was du wirklich willst.

Wenn du dir mal ganz ernsthaft den Gedanken einer Trennung vornimmst, was würde da in dir passieren?

VG candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
fredrike
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 30
Beiträge: 3

Beitrag So., 17.02.2013, 17:28

Hey Candle, du bist echt gut !!

Ja, beschäftigt war ich die ganze Zeit mit Studium (kurz vor Examen) Jobs und Kind - ausgefüllt ist meine Zeit also.
Aber du hast schon recht mit dem Loch - ich hatte eine enorme Anspannung gewöhnt, die jetzt nicht von heute auf morgen, aber doch nach langer Zeit erst wegfällt. Sicher spielt das eine Rolle, dabei, wenn ich in so ein Loch falle...

Mit meiner Freundin habe ich mich wohl vor lauter Wut und Enttäuschung bis auf weiteres verworfen - sie will auf gerade keinen freundschaftlichen Kontakt mit mir. Das tut sehr weh, muss ich aber akzeptieren.

Wenn ich ernsthaft über eine Trennung nachdenke, zieht sich zuallererst mein Herz zusammen, wenn ich an unser Kind denke, das furchtbar leiden würde. Denn als Eltern sind wir ein Dreamteam und in seinem Verhalten bemerken wir einen großen Unterschied seit es meinem Partner besser geht. Dann denke ich an die ganze Organisation und die Umstände mit der gemeinsamen ERziehung... will ich das? Ich könnte ja nie den Abstand gewinnen, den ich vielleicht bräuchte.
Und dann ist da auch das sehr starke Gefühl, dass der größte Gewinn nach meinem langen "Kampf" soooo greifbar nah ist und ich das jetzt alles hinzuschmeißen - das wäre total widersinnig.

Also noch gebe ich nicht auf - ich will einfach wieder lieben - das wäre das "einfachste" und Beste für uns... klingt seltsam, was?

Ich überlege, zu seiner Psychiaterin zu gehen und sie um Rat zu fragen für meine Rolle und Seelenpflege nach der Depression.

Benutzeravatar

peppermint patty
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 1931

Beitrag So., 17.02.2013, 20:44

Manchmal ist es so, dass man einen unerreichbaren Partner will (der mit den Depressionen). Wenn man ihn dann bekommt? Passiert nichts. Warum?

Weil man selbst vielleicht auch vor dem zurückschreckt was möglich wäre wenn beide wollten?


pandas
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 77
Beiträge: 4613

Beitrag So., 17.02.2013, 20:54

Wie wäre es denn, wenn Ihr Euch einen gesonderten Raum schafft, Euch neu zu begegnen?
Im Alltag erinnern vielleicht zu viele Dinge an die schwere Zeit.
Könntet Ihr Euch nicht eine Woche Traumurlaub o.ä. gönnen?

Oder im kleinen, im Alltag, gemeinsam neue Dinge ausprobieren?
Vielleicht auch gemeinsam Theaterstück oder Film über das Thema anschauen.
Möglicherweise überwindet Ihr dann einige innerliche Stufen und könnt gemeinsam - schwarzhumorig - über die Desaster der Vergangenheit lachen.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

Benutzeravatar

Peterle
sporadischer Gast
sporadischer Gast
männlich/male, 45
Beiträge: 8

Beitrag So., 14.04.2013, 14:40

fredrike hat geschrieben:Hallo Candle, danke für deine Antwort!

die Depression kam erst in der Beziehung, nach ca. 3 Jahren. Das haben wir beide damals noch so nicht gesehen, aber rückblickend sage ich das.
In der Therapie ging es fast ausschliesslich um meinen Umgang mit ihm und seiner Depression.
Grundlage war immer mein Wille, um und für ihn zu kämpfen - wie ich es nur nicht noch schlimmer machen könnte und warum er das tut und wie ich ihn zu Therapie bewegen kann...
Keiner konnte mich zu einer Trennung bewegen - darüber verlor ich sogar meine "beste" Freundin.

Ich sehnte mich auch sehr lange nach einer Wertschätzung für das, was ich aus Liebe durchgemacht habe. Ich bekam seine Anerkennung spät und nur punktuell, aber immerhin

Ich habe einfach so viele male von ihm gehört, dass ich ein furchtbarer Mensch bin und er sich trennen will.... das liegt zurück, aber es hat vielleicht mehr kaputt gemacht, als ich dachte...
Kann es sein, dass viele Therapeuten ganz einfach das soziale und familiäre Umfeld als das Hauptproblem ansehen? Meine Freundin wurde z.B. bei meinem Klinikaufenthalt komplett ausgeklammert. Wir haben kein gemeinsames Gespräch bekommen, statt dessen wollte man mit ihr eine Art "Trennungsgespräch" führen (ich hab's aus dem Entlassungsbericht erfahren).
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Angehörige bestenfalls als "Zahlesel" herangezogen werden.


feisberg
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
männlich/male, 30
Beiträge: 1

Beitrag Do., 06.03.2014, 09:42

Hallo Fredrike,

es ist sehr schade, dass ich dieses Forum und deine Sorge hier gefunden habe. Umsomehr interessiert es mich was inzwischen passiert ist mit deinem Partner.

Ich stecke in einer ähnlichen Situation, zumindest was die Depression angeht. Mein Mann und ich sind ein schwules verheiratetes Pärchen. Er ist, meiner Meinung nach, mit der Depression in die Beziehung reingerutscht und alles war solange gut, bis es dann losging. Er fing an zu kiffen, um sich vom Alltag zu "befreien". Streitigkeiten fingen an. Böse Worte wurden ausgetauscht. Er wollte ein paar Mal gehen. Ein paar Mal ich. Bis ich ihn gebeten habe, dass er sich seinem Kiffproblem stellt. Er ist dann zur Therapie, ist immernoch in Therapie. Nach kurzer Zeit bin ich auch dahin (auch Paartherapie), denn ich möchte nichts anderes als ihm helfen seine Sorgen zu bewältigen. Und ich weiss, dass er es selber machen muss, aber ich bin durch seine Depression schwer in Mitleidenschaft gezogen. Dabei- wie bei dir auch- ist irgendwie die Puste ausgegangen. Er hat eine deutliche Besserung gezeigt. Und befindet sich auf dem Weg der absoluten Genesung, ich jedoch langsam empfinde nichts mehr für ihn. Dabei möchte ich es so sehr. So sehr...

Vielleicht bist du noch da und kannst aus deiner Erfahrung etwas mehr sagen, wie das verlaufen ist.

Viele Grüße,
feisberg

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag