Therapeutin ist zu positiv-

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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bibiana
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Therapeutin ist zu positiv-

Beitrag So., 03.02.2013, 16:00

hi zusammen
ich habe das problem bzw. die sorge, dass meine therapeutin zu positiv mir gegenüber ist.
seit ca. vier jahren bin ich bei ihr in behandlung (mit kurzen unterbrüchen)- was heissen soll, dass sie mich ganz gut kennt- so gut wie eigentlich niemand sonst. seit einer weile vermittelt sie mir das gefühl, dass ich in allem was ich tue sehr gut bin oder sehr talentiert. wobei ich hier sagen muss, dass ich ein sehr schlechtes selbstwertgefühl habe, was mir immer wieder schwierigkeiten bereitet.
irgendwie werde ich aber das gefühl nicht los, dass sie mehr in mich hinein projiziert als mir lieb ist.
oder anders gesagt, ich habe das gefühl sie will, (da ich ihre patientin bin) dass ich sehr gut und talentiert bin. was aber vllt nicht der realität entspricht. da wie gesagt mein selbstwertgefühl sehr schlecht ist, bin ich angewiesen auf ihr feedback- und es macht für mich auch sinn, dass sie strategisch positiv ist mir gegenüber. aber so extrem- hm ich weiss nicht, was ich denken soll...
wie positiv bzw. bestärkend sind eure therapeuten? lg

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peppermint patty
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Beitrag So., 03.02.2013, 16:22

Hi bibiana,

ich habe bisher noch nicht so gute oder besser gesagt eher negative Therapieerfahrungen.
Bin aber zurzeit in Beratung und dort erlebe ich auch viel positiven Zuspruch durch die Therapeutin. Ich unterscheide dort allerdings zwischen therapeutischem Gequatsche (was ich aber dennoch nicht abwerten will.), also Techniken wo man den Klienten beispielsweise sagt, wie toll die Abwehrmechanismen einst waren oder wie toll dieses oder jenes heute ist. Das was man ressourcenorientiertes- bzw. stäkendes Arbeiten nennt mit der therapeutischen Beziehung.

Und die therapeutische Beziehung, zwischen ihr und mir ist sehr gut und von daher zugleich der Indikator für mich was ich bestärkendes mitnehme. Denn dies ist auch der Indikator für die Glaubwürdigkeit dessen was sie sagt (und sie sagt nicht nur tolle Dinge - ist doch klar, bin ja nicht nur super) und was ich dort erlebe.

LG
pp

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weidenkatz
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Beitrag So., 03.02.2013, 16:50

Das ging mir auch eine Zeitlang ganz stark so, auch jetzt noch manchmal. Was hindert Dich, Ihr das zu sagen?

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bibiana
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Beitrag So., 03.02.2013, 18:27

warum ich ihr das nicht sage-
weil sie das bestimmt nicht so sieht und weil meine schwäche die endlose abwertung meinerseits ist.
sie weiss, dass ich das nicht hören will- trotzdem oder eben grad deswegen sagt sie es mir immer wieder.

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bibiana
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Beitrag So., 03.02.2013, 18:29

und ich weiss eben nicht ob ich auf ihr urteil vertrauen kann oder ob das mehr eitelkeiten sind und mit mir eigentlich nichts tun haben....

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peppermint patty
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Beitrag So., 03.02.2013, 18:34

Was FÜHLST Du denn dabei?

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bibiana
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Beitrag So., 03.02.2013, 18:54

ich finde es sehr unangenehm bzw. peinlich- ich mag es überhaupt nicht. und ich frag mich, wenn sie wirklich so von mir denkt, erfasst sie mich dann richtig, auch in anderen dingen? ich weiss schon, die sorge ist wahrscheinlich etwas seltsam...aber biografisch gesehen, wuchs ich auf bei einer psychisch kranken mutter und ihre "spiegelung" war meist falsch bzw. sehr negativ mir gegenüber. und nun versuche ich ein echtes selbstbild von mir zu entwickeln, wenn ich jetzt aber eine therapeutin habe, die mir zwar ein mehrheitlich positves selbstbild vermittelt- jedoch für mein gefühl ein überzogenes, dann wäre das doch wieder eigentlich nicht das was ich will. keine ahnung ob man das versteht was ich hier schreibe....

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peppermint patty
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Beitrag So., 03.02.2013, 19:07

Ich denke ich verstehe was Du meinst. Du willst weder unangemessen schlecht noch unangemessen gut wegkommen in der Wahrnehmung anderer, sondern so wie Du bist. Richtig?

Mir ging es auch mal so, dass ich mich besser kennenlernen wollte. Da habe ich mehrere Personen aus meinem Umfeld befragt wie sie mich wahrnehmen. Personen, die mich in unterschiedlichen Bezügen kennen. Ex, Kollege, Freundin, ehrenamtlicher Kollege etc... Das war durchaus spannend und es gab viele Überschneidungen.

Aber ich würde das Thema auch mit der Thera besprechen, denn mich würde es nerven nur als gut wahrgenommen zu werden. Und dann weisst Du warum sie es macht.

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Launebär
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Beitrag So., 03.02.2013, 19:18

Du willst nicht mit ihr darüber sprechen, weil du glaubst sie könnte denken, dass du die positiven Rückmeldungen nicht hören möchtest, weil du ein negatives Selbstbild hast. Aber: Bei all der positiven Rückmeldung muss diese doch auch glaubwürdig sein, nicht? Wenn ich "überhäuft" davon werde, weiss ich doch nicht mehr, welche sie ehrlich meint und welche sie sich aus den Fingern saugt. Und diese Bestärkungen helfen dir doch nur, ein neues Selbstbild zu finden, wenn du weisst, dass sie ehrlich und aufrichtig sind.

Damit möchte ich nicht sagen, dass deine Therapeutin "übertreibt", vielleicht meint sie alles genau so, wie sie es dir sagt. Aber so lange du ihr das nicht glauben kannst, haben die Rückmeldungen auch immer einen negativen Beigeschmack. Aber du bist darauf angewiesen, dass sie dir einen realistischen Spiegel vorhält, wie es deine Mutter nicht konnte. Und genau das würde ich ansprechen.

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FiLu
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Beitrag So., 03.02.2013, 19:37

Liebe Bibiana,

jaaaaaaajaaaaaaajaaaa...DAS kenne ich sehr gut (von mir)
Ein nettes Wort ist schön - stimmt mich auch positiv - aber wenn`s dann in eine (für mich empfundene) Hymne des Lobes "ausartet", wird´s mir unangenehm und peinlich. Dabei gibt es bei mir, genauso ganz bestimmt bei Dir ebenso, einige Dinge die ich besonders gut kann.

Ich bin es einfach nicht gewöhnt, dass mir jemand (auch überschwänglich) soviel Positives entgegenbringt.

Was ist bei Dir "die Peinlichkeit", wenn Dir jemand etwas Nettes sagt?
Was erwartest Du stattdessen wenn Du etwas gut gemacht hast?

LG
FiLu
"Und dann kam der Tag, an dem es mir größere Schmerzen bereitete, eine verschlossene Knospe zu bleiben, als zu wagen, mich zur vollen Blüte zu öffnen" (Anais Nin)

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Fundevogel
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Beitrag So., 03.02.2013, 20:38

bibiana hat geschrieben:ihre "spiegelung" war meist falsch bzw. sehr negativ mir gegenüber. und nun versuche ich ein echtes selbstbild von mir zu entwickeln, wenn ich jetzt aber eine therapeutin habe, die mir zwar ein mehrheitlich positves selbstbild vermittelt- jedoch für mein gefühl ein überzogenes, dann wäre das doch wieder eigentlich nicht das was ich will.
Liebe bibiana,

genau das ist der Grund, warum du mit deiner Therapeutin darüber reden solltest.
Sonst wirst du niemals erfahren, ob sie Recht hat mit ihrer Einschätzung oder du.

Und wie du sagst - du möchtest ein SELBSTbild entwickeln von dir, kein FREMDbild einfach von deiner Thera oder wem auch immer übernehmen. Und das geht nur mit Fragen, Fragen, Fragen, Fragen.
Also bitte rede mit ihr GENAU darüber - das kann ein sehr fruchtbringendes Gespräch werden.

Diese "falschen Spiegelungen" aus der Kindheit kenne ich auch, deshalb kann ich sehr gut verstehen, wie du dich fühlst. Und genau deshalb halte ich es für SEHR wichtig, genau das in deiner Therapie anzusprechen. Das könnte ein wichtiger Sprung vorwärts für dich sein.

Alles Gute!
Fundevogel

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bibiana
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Beitrag Mo., 04.02.2013, 19:20

vielen dank für eure rückmeldungen...
ja vllt sollte ich tatsächlich darüber reden...da es mich auch wirklich beschäftigt.
ich habe einfach etwas angst davor-

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weidenkatz
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Beitrag Mo., 04.02.2013, 19:49

Warum hast Du denn Angst davor? Sie ist doch Therapeutin, das gehört doch zu ihrem Beruf, mit so etwas umzugehen?

Mein Therapeut sagte nur ganz trocken dazu: "Sie wünschen sich einen kritischeren Blick von mir." Und den hab ich dann auch bekommen ( "Soll ich Ihnen mal was ganz Gemeines sagen?")

lg weidenkatz

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bibiana
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Beitrag Mo., 04.02.2013, 19:55

hm, nur ist sie der meinung das sie mir gegenüber sehr kritisch ist, eben grad um mir eine realistische einschätzung meinerseits zu geben. so muss ich ihr quasi sagen, dass sie nicht reflektiert genug ist....

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stern
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Beitrag Mo., 04.02.2013, 20:05

bibiana hat geschrieben:hm, nur ist sie der meinung das sie mir gegenüber sehr kritisch ist, eben grad um mir eine realistische einschätzung meinerseits zu geben. so muss ich ihr quasi sagen, dass sie nicht reflektiert genug ist....
So kann man es mMn auch nicht direkt sehen... sondern deine Bewertung von dir (Selbstbild) weicht halt von ihrem Eindruck von dir (Fremdbild) ab. Und ihren Eindruck muss sie sich ja nicht zwingend nehmen lassen... sondern das sind 2 verschiedene Ebene. Und auf irgendeiner Grundlage wird sie zu ihren Reflektionen zu deiner Person schon gekommen sein. Eure Sichtweise müssen auch nicht zwingend deckungsgleich sein.

Die Frage ist bestenfalls: Welche Sicht kommt einer realistischen Sichtweise von dir näher.

Was du nicht annehmen kannst, weil es dir überzogen vorkommt, würde ich ansprechen.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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