Psychotherapie und 'selbstschädigendes Verhalten'

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dolore
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Psychotherapie und "selbstschädigendes Verhalten"

Beitrag Mo., 05.11.2012, 20:57

Hallo!

Ich bin auf dieser Seite gelandet, weil ich nächste Woche eine Therapie anfange. Und ich irgendwie gar nicht weiß, was auf mich zukommt und ich irgendwie ziemliche Zweifel habe, ob ich überhaupt für eine Therapie geeignet bin. Ich versuch mal alles so kurz wie möglich zusammen zu fassen, damit man meine Situation versteht.

Ich war 3 Monate in einer Psychiatrie (zum zweiten Mal) und dort haben sie mir geraten, dass ich eine ambulante Therapie machen soll. Eine richtige Therapie gab es da nicht bzw. wollte ich auch nicht. Deshalb habe ich im Grunde keine Erfahrung mit Therapie, außer ein paar Gesprächen mit einer Therapeutin in der Psychiatrie, wo ich aber eigentlich so gut wie nichts von mir erzählt habe.

Später habe ich aber für mich selbst beschlossen, dass ich irgendwas ändern muss und dass es so nicht weiter gehen kann. Also habe ich mir einen Therapieplatz gesucht.
Aber jetzt frage ich mich, ob das überhaupt zusammen passt: Ich und eine Therapie. In der Vergangenheit habe ich viele Dinge gemacht von denen ich jetzt im Nachhinein sagen würde, dass ich sie gemacht habe, um mir selbst Schaden zuzufügen. Also ich bin nie eine von den Menschen gewesen, die sich ritzt. Aber es gibt ja noch viele andere Wege, sich zu schaden.

Diese Gefühl, mir selbst schaden zu müssen, habe ich aber nicht immer. Aber wenn dann ist es oft ziemlich stark und im Vordergrund.
Und in so eine Phase, wo dieses Gefühl im Vordergrund steht, bin ich jetzt auch. Ich kann das immer nur eine begrenzte Zeit unterdrücken und dann passiert wieder irgendwas.
Und ich denke halt - bzw. bin mir sicher, dass sich das auch auf die Therapie auswirkt. Also dass ich zeitweise alles versuchen werde, damit mir die Therapeutin schadet. Also mich irgendwie verletzt, mich rausschmeißt ... Also ich würde sie wahrscheinlich manipulieren. Das Problem dabei ist auch, was ich in der Psychiatrie gemerkt habe, dass ich auf die Menschen, die dann noch irgendwie nett zu mir sind, einen extremen Hass entwickle.
Das zweite Problem, ich brauche Ewigkeiten bis ich mich öffnen kann. Ich könnte ihr wahrscheinlich nicht gleich von diesem Gefühl, mir selbst schaden zu müssen erzählen.
Vermutlich kann das niemand richtig nachvollziehen, aber in manchen Situation will ich unbedingt, dass jemand oder ich mir schade. Und dann ist dieser Wunsch so extrem, irgendwie so eine Art innerer Zwang. Am Anfang kann ich noch dagegen ankämpfen, aber irgendwann gebe ich einfach nach.
In anderer Situationen will ich dann aber wieder absolutes Verständnis, Anteilnahme usw. und will absolut nichts, was mir irgendwie schadet. Deshalb habe ich mir ja auch den Therapieplatz gesucht.
Aber jetzt habe ich schon wieder so eine Art Hass auf die Therapie und frage mich, warum ich das überhaupt machen sollte ... ich hab dann so Gedanken, dass es doch vollkommen egal ist, was mir mir passiert und dass ich es verdient hab in der Gosse zu verrecken oder noch schlimmere Dinge.
Mehr von diesen Details aus meinem Innenleben verewige ich hier aber lieber nicht.

Kann so ein Mensch, wie ich überhaupt eine Therapie machen?
Sollte ich das lieber verschweigen? Was sollte ich erzählen? Sollte ich alles nur in einer "Light-Version" schildern?
Bin ich vielleicht ein zu "schwerer Fall" und die Therapeutin lehnt mich dann als Patientin ab?

Viele Grüße
dolore

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ziegenkind
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 21:13

dolore, was du bislang schilderst, kenne ich von mir und von ganz vielen anderen. das ist für einige formen von frühstörung sehr, sehr typich. von daher: nein, ich denke nicht, dass du ein schwerer oder gar hoffnungsloser fall bist.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


chaosfee
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 21:42

Mir ist es mit ähnlicher Symptomatik geglückt, mehrere Therapien gegen die Wand zu fahren. Mein jetziger Therapeut ist mehr oder weniger der Meinung, dass ich die Therapeuten dahin manipuliert hätte, die Therapien abzubrechen. Ich bin zwar nicht dieser Meinung, aber das Phänomen an sich ist offensichtlich bekannt und kein seltenes.
Ich denke mir, ein guter Therapeut würde das merken. Ich war mal zu Vorgesprächen bei einem, der mir in der dritten Sitzung sagte, er spürte, ich würde versuchen ihn zu manipulieren, dass er die Therapie mit mir nicht beginnt.
Natürlich kann es sein, dass Therapeuten dich deswegen ablehnen - ich denke mal, es ist bequemer, mit jemandem zu arbeiten, der voll und ganz und jederzeit für die Hilfe dankbar ist als mit jemandem, der die Therapie hin und wieder boykottiert. Wichtig ist glaube ich, dass irgendwo in dir drin ein Wille zur Veränderung da ist, auch wenn dieser Wille nicht immer im Vordergrund steht. Ein Therapeut, der das sieht, wird auch mit dir arbeiten können.

LG Chaosfee


ziegenkind
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 22:32

ja, dass es einfacher ist therapien gegen die wand fahren zu lassen, das glaube ich auch. therapie ist, wenn sie greift, nie einfach. aber man kann sich auch gefallen n dem gedanken ein schwerer fall zu sein. einfacher wird es dadurch nicht.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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dolore
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 22:45

kenneth hat geschrieben:nein, ich denke nicht, dass du ein schwerer oder gar hoffnungsloser fall bist.
kenneth hat geschrieben:aber man kann sich auch gefallen n dem gedanken ein schwerer fall zu sein. einfacher wird es dadurch nicht.
chaosfee hat geschrieben:Mir ist es mit ähnlicher Symptomatik geglückt, mehrere Therapien gegen die Wand zu fahren.

Ich will natürlich kein "schwerer Fall" sein.
Aber das Problem ist, dass ich das vermutlich nicht unter Kontrolle habe. Also, ich kann es eine Zeitlang unterdrücken, aber nicht ewig. Ich will es halt irgendwie im Vorfeld verhindern, das Alles "eskaliert".
Vielleicht wird es das auch gar nicht. Aber da ich mich kenne, halte ich das irgendwie für sehr realistisch, dass das schief läuft.
Als ich in der Klinik war, war das zum Beispiel zusätzlich so, dass ich ständig den Impuls unterdrücken musste, einfach rauszulaufen oder die Therapeutin anzuschreien.

Wie soll ich es schaffen, ein ganz normales Gespräch zu führen, wenn ich innerlich durchdrehe?
Wenn ich irgendwie wütend, traurig und irgendwie hasserfüllt gleichzeitig bin, nur weil mir jemand irgendeine persönliche Frage gestellt hat oder nett zu mir war, obwohl ich das in dem Moment nicht wollte.
Das beste was ich dann noch machen kann, ist mich einfach in mich selbst zurück zu ziehen und mich aus der Situation auszuklinken. Aber dann rede ich natürlich nichts.
Ich frag' mich halt nur, wie das werden soll und fühle mich jetzt schon überfordert.


ziegenkind
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 22:50

ist alles ganz einfach. wenn dir nach durchdrehen ist, dann drehe durch. dein therapeut kennt das. glaub mir, da bist du nicht die erste. handgreiflich erden solltest du nicht. das ist auch schon alles.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


chaosfee
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Beitrag Mo., 05.11.2012, 23:09

Ausklinken ist die schlechteste aller Lösungen, da dein Therapeut ja schon mitbekommen sollte, was mit dir los ist. Wie kenneth schon schrieb - handgreiflich werden solltest du nicht, aber für alles andere sollte in der Therapie schon Platz sein. Weißt du, wenn wir schon von der ersten Stunde an superreflektiert über all unsere inneren Konflikte reden könne, sie beschreiben und deuten können und "normal" damit umgehen können, bräuchten wir alle hier keine Therapie. Das ist doch erst das Ziel, das sollst du dort lernen.
Ich bin auch schon aus der Therapie gelaufen, dann hab ich eben vor der Tür tief durchgeatmet und bin wieder rein. Therapeuten kennen so etwas, wirklich - auch den Schalter, der sich bei einer einzigen Frage urplötzlich umlegen kann. Diese Leute haben eine 3-5jährige Ausbildung hinter sich, in der sie auf all diese Sachen vorbereitet weden.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

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dolore
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Beitrag Fr., 09.11.2012, 23:18

chaosfee hat geschrieben:Ausklinken ist die schlechteste aller Lösungen, da dein Therapeut ja schon mitbekommen sollte, was mit dir los ist.
Ja, das stimmt wohl.

Ich denke halt nur, dass ich dann unkooperativ bin und alles boykottiere, damit sie nicht irgendwie "freundlich" zu mir ist.
Zumindest habe ich sowas in der Klinik gemacht in der ich war.
Also wenn mir diese Situation insgesamt irgendwie zu nett wird, versuche ich sie ins Gegenteil umzukehren.

Also es ist so eine Art Reflex darauf, wenn die Situation zu positiv wird oder positive Emotionen ausgelöst werden.
Ich muss dann sofort irgendwas machen, was diese Situation zerstört.
Manchmal zum Beispiel auch nur schweigen oder total abblockende Antworten geben.
Und ich komme aus diesem Verhalten dann einfach absolut nicht mehr raus.
Damit bringt das Alles dann ja nichts.
Ich frage mich wirklich, wie ich dann da raus kommen soll und irgendwas konstruktives mache kann. Also irgendwas, was die Therapie nicht boykottiert. Ich kann sowas bis in alle Ewigkeiten durchhalten bzw. es wird ja immer wieder von vorn neu ausgelöst.


ziegenkind
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Beitrag Fr., 09.11.2012, 23:27

wie wär es denn, über genau dieses muster zu sprechen? ein anfang, immerhin.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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Beitrag Sa., 10.11.2012, 01:13

kenneth hat geschrieben:wie wär es denn, über genau dieses muster zu sprechen? ein anfang, immerhin.
Ja, könnte ich zumindest versuchen, auch wenn es mir peinlich ist.
Obwohl ich dann ja meine "Taktik" verraten habe, dann trau ich sie mir wahrscheinlich nicht mehr so richtig anzuwenden, wird ja dann irgendwie lächerlich. Dann frag ich mich natürlich, was ich dann stattdessen machen soll...


ziegenkind
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Beitrag Sa., 10.11.2012, 10:58

dass die dinge, über die man redet, nicht mehr gehen, ist ja der trick dabei. und von wegen, was passiert denn dann, da sei mal ganz beruhigt. wer ausreichend genug gestört ist, der findet schon einen ersatz. sonst wär das ja so was wie eine schnellheilung, ein wunder gewissermaßen.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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