Hallo, liebes Forum,
seit ich zurückdenken kann, habe ich eine Kontaktstörung.
Ich habe generell wenig Interesse an neuen Bekanntschaften.
In meiner Kindheit war es schon so, dass ich nicht großen Wert darauf legte andere Kinder kennenzulernen und mich mit ihnen anzufreunden. Ich spielte oft allein. Wenn ich doch mit anderen spielten wollte, waren es meistens wesentlich jüngere.
Wenn meine Eltern mich z.B. im Urlaub aufforderten Kontakte zu knüpfen, machte ich das nur widerwillig. Ich tat es, weil sie es von mir erwarteten.
Auch da hielt ich mich nie an Gleichaltrige.
In der Pubertät wurde ich in einer Jugendgruppe angemeldet, aber ich baute keine einzige Freundschaft auf. In meiner Schulzeit hatte ich eine einzige Freundin, von meinen Eltern arrangiert.
Genauso hat es mich schon genervt, wenn ich früher mit meinen Eltern oder später auch mal mit einer Bekannten oder meinem Freund in den Urlaub fuhr. Ich konnte nie so richtig nachvollziehen, warum sie an belanglosen Gesprächen mit anderen interessiert waren. Warum spricht man Fremde an, um zu erfahren, woher sie kommen, in welchen Hotels sie schon abgestiegen sind, wie oft sie schon in einem Land waren, etc.?
Für mich machen solche Kontaktanbahnungen nur Sinn, wenn ich auch eine nähere Bekanntschaft aufbauen möchte. Aber Reden um des Redens willen verstehe ich nicht.
Noch heute ist es so, dass mir Bekanntschaften zu zwei oder drei Personen reichen. Das sind aber dann auch keine oberflächlichen Bekanntschaften. Wir vertrauen uns vieles an und reden über tiefgründige Dinge. Da die emotionale Nähe aber immer ein bisschen fehlt, würde ich nicht von Freundschaften sprechen.
Auch im Berufsleben setzt sich bei mir das alte Verhaltensmuster fort.
Ich bin freundlich zu meinen Kollegen, lege aber wenig Wert auf private Gespräche oder gemeinsame Unternehmungen. Es sei denn, mir ist jemand wirklich sehr sympathisch. Dann besteht auch Interesse diejenige/denjenigen näher kennenzulernen. Da ging dann die Initiative auch schon mal von mir aus.
Doch im allgemeinen ist es mir egal, ob die Kolleginnen verheiratet sind, welche Hobbys sie haben, welche Sorgen...
Ebenso habe ich kein Interesse an meinen Nachbarn.
Da ich auch ziemlich schüchtern bin, weiß ich zum einen nicht, was ich mit ihnen reden könnte. Zum anderen muss ich gar nicht wissen, was sie beruflich machen, wohin sie verreisen, etc.
Neulich fragte mich der Mitbewohner auf meiner Etage, ob es mir nicht komisch vorkomme, zu niemandem aus dem Haus Kontakt zu haben. Jeder wisse, wie krank ich sei. Da war ich schon irgendwie geplättet! Denn wenn ich jemandem begegne, grüße ich freundlich und finde es normal dann meiner Wege zu gehen.
So, das ist die eine Seite, mein Desinteresse an anderen Menschen.
Da gibt es aber noch die andere Seite, und da wiederum ist das Interesse besonders groß!
Und zwar ist es besonders groß, wenn ich zu jemandem engen Kontakt habe oder sehr gern habe.
Dann kann ich mich Tag und Nacht mit dieser Person auseinandersetzen. Vor allem in Situationen, in denen ich mich verletzt oder zurückgesetzt fühle.
Dann kreisen meine Gedanken die ganze Zeit um die Frage, warum derjenige sich so verhält, warum er mir das antut, warum er mich offensichtlich nicht so schätze wie ich ihn/sie.
Das ganze wurde gerade in meinen beiden Beziehungen zu einer Quälerei für mich. Die Gedanken drehten sich in einer Endlosschleife um den Mann. Wobei ich mich auch viel mit seiner Vergangenheit beschäftigte, um zu analysieren, warum er sich so entwickelt hat und nicht anders.
Auch fühle ich mich mal von einem Arzt sexuell belästigt, zu dem ich vorher ein großes Vertrauen aufgebaut hatte.
Sein Verhalten war für mich ein Schock und ganz lange beschäftigte ich mich mit der Frage, warum er sich so respektlos mir gegenüber verhalten hatte.
Macht er das auch mit anderen Patientinnen, brauchte er das jetzt gerade für seine Selbstbestätigung oder hatte ich vielleicht unbewusst Interesse an ihm signalisiert?
Auch das wurde für mich zu einer Quälerei, weil das Vertrauensverhälntis zerstört war und ich nicht fähig war das Thema einfach abzuhaken.
Mich würde sehr interessieren, ob das jemand kennt.
Habt ihr generell wenig Interesse an anderen Menschen und kennt ihr dieses sich extreme gedankliche Beschäftigen mit Personen, die euch sehr wichtig sind, auch?
LG
Traube
Interesse an anderen Menschen und wiederum keines
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Ja, ich kenn das fast wörtlich so, wie Dus schreibst, das könnte von mir sein. Mehr kann ich dazu grad aber nicht beitragen, da ich aktuell mit anderen Baustellen kämpfe. (Da ichs auch so mach wie Du, kann ich vermutlich auch nix beitragen, fällt mir grad auf/ein. )
lg
Mirjam
lg
Mirjam
Sieh dich nicht um.
Schnür deinen Schuh.
Jag die Hunde zurück.
Wirf die Fische ins Meer.
Lösch die Lupinen!
Es kommen härtere Tage.
(I.Bachmann)
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