muss man unbedingt weinen in der Therapie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Thalia
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muss man unbedingt weinen in der Therapie?

Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:11

Hallo,

in der Therapie arbeite ich grad an einem ziemlich schwierigen Thema.
Und ich erzähle da glaub ich ziemlich kühl und disstanziert darüber bzw kann ich es nicht richtig an mich ran lassen.
Allgemein ist da als Grundgefühl bei mir meistens nur Hass und Wut.

Mein Therapeut fragte mich heut ob ich überhaupt traurig sein kann und ob ich weinen kann? Er meinte das sowas ziemlich wichtig für den Menschen ist und meinte das er es merkwürdig findet das ich nciht in der Therapie vorallem bei solch schweren Themen weine.

Muss man weinen in der Therapie? Ich mein mir wär das glaub ich unendlich peinlich? vor allem wie verhält sich denn ein therapeut wenn der Patient weint?

lg Thalia

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hope_81
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:16

Hallo liebe Thalia,
mhh Du bist dissoziiert bei diesen Themen, deshalb keine Tränen. Ein Therapeut verhält sich meiner Erfahrung nach auch bei Tränen neutral. Sprich Du weinst allein, für Dich allein, was befreiend sein kann. Ich glaube Du bist einfach noch noch nicht so weit.ch
Ich erzähle auch immer sehr neutral über scheiße, es wirkt unglaubwürdig, aber ich kann auch nicht anders.
Gib Dir Zeit und mach das was Dir gut tut, jeder Mensch reagiert anders und das ist okay!
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Thalia
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:42

hallo hopeless81
mh was ist denn dissoziiert? was bedeutet das?

Teilweise steh ich manchmal kurz davor zu weinen, in Momenten wo ich das ganze kurz an mich ranlasse was nicht all zu oft vorkommt. Heute in der Stunde war auch so ein Moment, aber ich hab das alles wieder weggedrückt. Das wäre mir unendlich peinlich gewesen irgendwie. Vorrallem wenn er dann neutral danben gesessen hätte und mich angestarrt hätte. Aber dieses für mich allein weinen fände ich irgendwie komisch. ich weiß auch nciht.

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hope_81
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:47

Liebe Thalia,
ja ich kann Dich da wirklich gut verstehen... Geht mir genauso, obwohl weinen ja befreiend sein soll... Dissoziieren ist nichts anderes als ein abspalten oder wegdrücken von z.B Gefühlen.
Als Beispiel diene ein schwerer Unfall, der Mensch läuft trotzdem, obwohl er sich schwer verletzt hat, sprich der Schmerz ist dissoziiert. Also nicht dem Bewusstsein zugänglich.
Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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Eiswürfel
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:52

Hi Thalia,
Ja, weinen musst du schon. Ich glaub, manche Therapeuten helfen da manchmal auch nach mit zusätzlichen Beleidigungen. Bei mir ist das zumindest so. Meiner hat mir auch gesagt, dass der Verein einen Vertrag mit einem Taschentuchproduzenten haben und jährlich eine bestimmte Menge verbrauchen müssen. Da die Krankenkassen an allen Ecken und Enden kürzen, sei das eine notwendige Maßnahme.

Er findet es aber nicht korrekt, weil seiner Meinung nach weinen nur befreiend ist, wenn einem wirklich danach ist.

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ENA
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:53

Hallo Thalia,

ich denke nicht, dass man in der Therapie weinen MUSS, aber es kann manchmal sehr (er-)lösend sein.
Ein Grund nicht zu weinen, kann tatsächlich die Scham oder auch ein hoher Druck sein...oder wenn soviel gewesen ist, dass man im Moment einfach nicht mehr weinen kann. Bei Dir scheint aber erstmal die Scham im Fordergrund zu stehen ("peinlich"). Da wäre vielleicht mal die Frage, wo Du für Dich schämst? Wäre vielleicht auch ein Thema für die Thera.? Darf man, darfst Du nicht weinen? Darfst Du nicht eher als weich bezeichnete Gefühle zeigen? Hat das auch was mit "keine Schwäche zeigen wollen" zu tun?
Manchmal ist das "Nicht-weinen-können" auch ein Schutz, weil es (noch) zu viel ist. Da wird es dann wohl Zeit brauchen, bis es geht, langsames Annähern an das Thema, stückchenweise, mit Pausen dazwischen und eben auch Vertrauen zum Therapeuten.

...und was Theras dann machen, wenn man weint: lieb angucken, verständnis voll nicken, etwas Liebes sagen, ein Taschentuch reichen, fragen, ob man ein Kissen oder eine Umarmung braucht, nachfragen, erklären, was man verstanden hat,usw. . Das kommt aber sehr auf den Thera. an. Nicht jeder reagiert gleich und im besten Fall ist er so achtsam und behutsam, dass die Klientin auch etwas davon annehmen kann.

Wünsche Dir viel Geduld mit Dir, Vertrauen und ein wenig Mut,

liebe Grüße, Ena!

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sweet_hom_hh
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 21:57

Ich glaube man muss bereit sein, so weit sein um weinen zu können. Es heißt aber nicht, dass man es gar nicht kann. Es ist nur ein Schutzmantel und es schützt dich gerade von zu viel Gefühl, zu viel schmerz. Ich konnte auch nahe zu 2 Jahre über harte sachen wie über ein Wetter berichten. Kühl und Sachlich. Bin selbt gerade in dem Prozess zu unterscheiden: Über Sachen wissen und das selbe zu fühlen... hat aber lange gedauert trauer zu zulassen und es tut auch sauweh.

Also, nein, man MUSS nicht weinen... man KANN es wenn es so weit ist
Knudells
ta tü ta ta

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Thalia
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 22:09

Hallo

@Eiswürfel
sorry aber ich musste grad wirklich grinsen
Ein Vertrag mit einem Taschentuchproduzenten mit Mindestverbrauchregelung ^^
sowas regt eher weniger zu weinen an, mehr zum lachen :D

@Ena
nun ja ich glaube leider nicht das er mich fragen würde ob ich eine umarmung möchte. Zumindest nicht bei diesem Thema , also , naja ich weiß nicht, obwohl ich glaub ich dann eine umarmung bräuchte.
Es ihat mich ja bereits schon mal gefragt ob er mcih mal in den arm nehmen soll, allerdings war das nicht während des weinens und auch nicht bei diesem Thema.

Aber ich fänd es ziemlich komisch wenn er mich dann auch noch dabei anguckt wenn ich weine. Das wäre irgendwie komisch.


lg Thalia

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Thalia
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 22:18

@sweet home
2 Jahre ?
Ich hatte eigentlich nicht vor so lange in Therapie zu bleiben :/ eigentlich hatte ich mir das alles viel schneller vorgestellt es ist mir jetzt schon zu lang.

@hopeless
danke für die Erklärung.
ist es sonderlich schlimm wenn man dissoziiert?

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sweet_hom_hh
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 22:23

Grins...
das dachte ich auch als ich Th. begonnen hab. Aber bei jedem dauert es unterschiedlich lang. Thera-Prozess dauert ein weilchen aber immen
ta tü ta ta

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Pantoffeltierchen
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 23:17

Ich gehöre auch zu den nicht-weinern. Ich habe in 4 Jahren nur eine einzige einzelne Träne geweint. Und 3 oder 4 mal hatte ich feuchte Augen. Mein Thera hat das auch 2 bis 3 mal angesprochen, als Hinweis, dass ich mich noch nicht ganz öffne. Geholfen hat mir die Therapie dennoch sehr. Meine Alternative bei schwierigen Themen war: Zittern, mich wegdrehen, meinen Schal bearbeiten. Oder eben ganz neutral bleiben, wobei es dann halt leider oft passiert ist, dass mein Thera geglaubt hat, dass das Thema nicht wichtig ist, obwohl ich einfach gerade nicht an meine Gefühle herangekommen bin.

Ich glaube nicht, dass er dich "einfach nur angucken" würde, ich habe die Erfahrung gemacht, dass er, wenn mir etwas nahe ging (wenn auch ohne Tränen. ) eine ganz weiche Stimme bekommen hat und ganz lieb zu mir gesprochen hat. Das war besser als jedes Umarmen (die es in meiner Therapie auch gab, das mir aber nicht gut getan hat...)

Versuch's doch das nächste mal, wenn die Tränen kommen, es nicht zurückzuhalten. Wenn's für dich nicht passt beim nächsten mal, kannst du sie ja beim übernächsten mal ja wieder bekämpfen.

gglg, Pantoffeltierchen
Wer einen Fehler findet, darf ihn behalten.

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LovisTochter
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Beitrag Mi., 04.07.2012, 23:46

Pantoffeltierchen hat geschrieben:Ich gehöre auch zu den nicht-weinern. Ich habe in 4 Jahren nur eine einzige einzelne Träne geweint. Und 3 oder 4 mal hatte ich feuchte Augen. Mein Thera hat das auch 2 bis 3 mal angesprochen, als Hinweis, dass ich mich noch nicht ganz öffne. Geholfen hat mir die Therapie dennoch sehr. Meine Alternative bei schwierigen Themen war: Zittern, mich wegdrehen, meinen Schal bearbeiten. Oder eben ganz neutral bleiben
Liebe Pantoffeltierchen,

warum kannst du denn aus meiner Therapie berichten???? Selbst die Anzahl der Jahre stimmt. Einziger Unterschied: Du schreibst in der Vergangenheit über Deine Therapie, ich bin noch dabei, aber so was hab ich wirklich noch nicht erlebt. Da denkt man immer man verhält sich einzigartig, manchmal auch einzigartig seltsam und dann kann man lesen, dass jemand anderes quasi die eigenen Therapie macht

Also liebe Thalia,

da kannst Du also sehen, dass Du mit dem Thema nicht alleine bist. Nur dies zu wissen ist ja manchmal schon ganz hilfreich. Ein MÜSSEN gibt es in der Therapie nicht. Du bestimmst und steckst auch die Grenzen. Setz Dich nicht unter Druck, damit hilfst Du Dir nicht weiter und frustrierst Dich damit eher.

liebe Grüße,
LovisTochter
Wer nicht auf seine Weise denkt, denkt überhaupt nicht. (Oscar Wilde)

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Thalia
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Beitrag Do., 05.07.2012, 18:58

ist es denn schlimm oder unprofessionell wenn ein Therapeut eine Patientin umarmt wenn sie weint?

weil irgendwie habe ich das schon mal gehört. Das Therapeuten jeglichen Körperkontakt meiden etc. und das umarmungen gar nicht gehen würden.

übrigens danke für eure ganzen Antworten

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ENA
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Beitrag Do., 05.07.2012, 19:00

Thalia hat geschrieben:ist es denn schlimm oder unprofessionell wenn ein Therapeut eine Patientin umarmt wenn sie weint?
Nein, ganz und gar nicht. Es sei denn, es ist ihr unangenehm und er respektiert ihre Grenzen nicht.
Thalia hat geschrieben:Das Therapeuten jeglichen Körperkontakt meiden etc. und das umarmungen gar nicht gehen würden.
Das kommt mehr auf die Therapieform und auf den jeweiligen Therapeuten an.

Was machst Du denn für eine Therapie?

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Stacheldraht
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Beitrag Do., 05.07.2012, 19:11

Pauschal kann man das meiner Meinung nach eh nicht sagen, dass nicht alle Tränen das gleiche bedeuten. Mir kommen meist die Tränen wenn ich überfordert bin, also wenn Leute mit dabei sind. Wenn ich allein bin, habe ich mich dagegen absolut im Griff. Es ist halt ein Irrglaube, dass Tränen bedeuten, dass man traurig ist. Die können für vieles stehen: zB auch für wut, Überforderung, einfach heftige, überschäumende Gefühle und somit auch Freude. Das Tränen kommen zeit einem erstmal nur, dass da irgendein starkes Gefühl ist. Dem auf die Spur zu kommen ist dann wieder ein ganz anderes Kapitel... :/
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
Oldboy

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