Eigenverantwortung vs. Psychotherapie?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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ExtraordinaryGirl
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Eigenverantwortung vs. Psychotherapie?

Beitrag Sa., 12.05.2012, 22:50

Hallo.

Wie steht's mit der Eigenverantwortung innerhalb der Therapie? Diese Frage wurde im Blog aufgeworfen und ich würde hier gerne eure Meinungen, bzw. Rückmeldungen dazu hören.

Gibt man die Eigenverantwortung tatsächlich an der Praxistür ab? Und wie sieht es aus, wenn aussertherapeutischer Kontakt besteht? Trägt man an diesem Zeitpunkt als Patient/in (nicht) wieder die volle Verantwortung für sein Handeln? Über die gesetzliche Handhabung bin ich einigermassen informiert, aber es geht mir nicht nur darum.

Ich persönlich könnte, selbst wenn ich es wollte, die Eigenverantwortung innerhalb der Therapie nicht abgeben. Ich bin zwar Patientin, aber gleichzeitig eine erwachsene Frau. Als Patientin habe ich ggf. kindliche Anteile, ebenso wie "erwachsene" Anteile. Zu Letzterem gehört, dass ich die Eigenverantwortung für mein Handeln selbstverständlich nicht abgebe - weder innerhalb noch ausserhalb der Therapie.

Wie sieht ihr das?

Liebe Grüsse,

EoG
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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Stacheldraht
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Beiträge: 441

Beitrag Sa., 12.05.2012, 23:05

Hi,
was soll mein Thera schon dagegen machen können, wenn ich zu hause mit Wucht meinen Kopf auf die Tischplatte schlage? Da hat er doch gar keinen Einfluss drauf, insofern wäre es unfair ihn dafür zur Verantwortung zu ziehen. woher soll er denn wissen, dass ich das mitunter mache? Das ist meine Verantwortung. Meine eigene persönliche Dummheit. Da kann er gar nicht eingreifen, da er ja mit dem arbeiten muss, was ich ihm von meiner Psyche zeige und gerade diese Anteile behalte ich für mich.
LG Stacheldraht
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
Oldboy


Silent*
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Beitrag Sa., 12.05.2012, 23:21

Hallo

Ich sehe es ähnlich wie Stacheldraht.
Der Therapeut kann nur mit dem arbeiten, was er "von einem sehen darf"
Und als Patient (bei einem mehr, beim anderen weniger) hat man im Laufe
vieler Jahre auch gelernt - eigentlich wichtige Dinge - zu vertuschen bzw.
überspielen, gerade auch wenn man es nicht nach Aussen tragen möchte.
Es kommt dabei dann aber auch wieder drauf an ... möchte man es zeigen oder
überspielen ... daran arbeiten oder nicht ... ist es einem überhaupt bewusst oder
läuft es im Hintergrund/automatisiert ab, etc

Ich denke auch, das es schwer fällt, die Kontrolle (und somit auch Eigenverantwortung)
innerhalb der Therapie abzugeben. Der Mensch ist ein Kontrollwesen und möchte
dies auch stets bei behalten können.
Im privaten Rahmen ist es aufgrund gegebener (gefühlter) Sicherheiten wieder anders und
es fällt einem leichter, die Kontrolle ab zu geben.
Wobei ich aber denke, das die Eigenverantwortung bestehen bleibt zu einem
gewissen (individuellen) Maß ...
am Beispiel von Stacheldraht (angenommen ) ... man haut sich einmal mit
dem Kopf gegen den Tisch, vielleicht auch ein 2. Mal. Dann aber wird die
Kontrolle, wie auch die Eigenverantwortlichkeit wieder voll übernommen,
sofern in der Lage, weil man sich dessen bewusst wird.
Aus reinem Selbstschutz ist es jedoch selten, das man sich bewusst gleich
selbstständig k.o. haut, weil da auch wieder andere Mechanismen greifen
(Lebenserhaltungstriebe oder sowas)
Im therapeutischen Rahmen würde da wohl die Thera eingreifen ... davon
geh ich aus, weil sie dem nicht zusehen wird/kann/darf.
Im privaten Rahmen --> wenn sie nichts von weiß, wird sie nichts machen
(können) und naja, im Grunde genommen ist eine Therapeutin "nur" 1-2 Std.
innerhalb von 168 Stunden da (1 Woche).

Gruß,
Silent


Widow
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Beiträge: 2240

Beitrag Sa., 12.05.2012, 23:38

Ich verstehe nicht diese Gegenüberstellung: "Eigenverantwortung" vs. "Psychotherapie".

Mein Unverständnis begründet sich wie folgt:
Erstens ein Grundsatzeinwand: Eigenverantwortung findet immer eine Grenze (spätestens die, wenn man krank wird [um von anderm zu schweigen], aber oft auch schon viel früher: Wir müssen doch alle immer auch über uns hinaus Verantwortung übernehmen - sinnloserweise. Beispiel: Wenn ich auf meinem Fahrrad unterwegs bin, dann bin ich nicht nur dafür verantwortlich [so gut das geht], dass ich selbst heil durch den Verkehr komme, sondern auch dafür, keine Kinder anzufahren, die mal eben zwischen den Autos auf die Straße rennen. - Theoretisch ist das so.).
2. Es gibt im therapeutischen Kontext ein ganz klares Rollen-Gefüge (und das ist richtig so, wie mir scheint): Der Therapeut / die Therapeutin hat der Patientin / dem Patienten einen Kenntnis- und Kompetenzvorsprung qua "Amt", also durch die Ausbildung und die Berufserfahrung voraus. Von 100 Patienten verlieben sich ungefähr 80-90 (das ist so mein Leseeindruck aus dem ptf) in ihre Theras. Und wenn es nur 10 sind, reicht es für die Theras, um damit professionell umgehen zu müssen. Dafür gibt es
3. die berufsgenossenschaftliche Regel, dass "PatientIn" für keinerlei Grenzübertretungen "eigenverantwortlich" zu machen ist.

Liebe EoG, winde Dich nackt in Verführungsabsicht und Deinerseits in dem Glauben, dass Du das eigenverantwortlich wollen würdest, vor Deinem Thera. Wenn er Dich dann berührte, wäre er berufsrechtlich tot. Und das zurecht. Denn: Was er Dir gibt, das hast Du seiner Ausbildung und seiner Berufserfahrung zu verdanken. Nicht seiner menschlichen Zuneigung zu Dir.
Und genau da ist die Grenze.

Wenn er die nicht mehr wahren kann, dann wäre es von großem Übel um Deinetwillen.

Lebe Du aber Deine Gefühle - schön, dass Du sie hast!!! - für Deinen Thera aus. Vor Dir und auch ab und an vor ihm.
Das wesentliche daran scheint mir doch zu sein, dass Du Gefühle hast. DU!
Deine.
Gefühle.

Es sind Deine
Gefühle.
Nicht die Deines Theras.

Aber vermutlich habe ich - wie oben schon angemerkt - nichts hier von der Frage verstanden.
Sorry also,
und einen Gruß
Widow
Zuletzt geändert von Widow am Sa., 12.05.2012, 23:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Ombra
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Beitrag Sa., 12.05.2012, 23:46

Silent* hat geschrieben:Ich denke auch, das es schwer fällt, die Kontrolle (und somit auch Eigenverantwortung)
innerhalb der Therapie abzugeben.
Ja, die "Eigenverantwortung" und die "Kontrolle" konnte ich auch nicht abgeben als ich noch in Therapie war. Eigentlich nie.
Manchmal hat das auch zu - im Nachhinein betrachtet - irgendwie "komischen" Verhaltensweisen geführt. Ich konnte zum Beispiel nie im ersten Moment etwas annehmen, was in der Therapie besprochen wurde - Rückmeldungen, die sie mir gab. Ich hatte eine äußere Antihaltung, die allerdings nichts mit meiner inneren Haltung zu tun hatte. Denn "heimlich" habe ich ihre "Hinweise" doch angenommen und habe manchmal eben mein "eigenes Ding" draus gemacht.

Ich fühle mich halt auch schnell eingeengt. Und wenn ich mich eingeengt fühle bin ich ganz schnell weg. Nicht unbedingt physisch, aber ich distanziere mich dann psychisch. Allerdings habe ich mich von meiner Therapeutin niemals grundsätzlich eingeengt gefühlt, deshalb war das dort kein Problem.
ExtraordinaryGirl hat geschrieben:Ich bin zwar Patientin, aber gleichzeitig eine erwachsene Frau.
Ja und das sehe ich auch so. Und ich finde das auch wichtig. Denn man weiß doch selbst, was gut für einen ist und was nicht, wie man die Therapie gestalten möchte und wie nicht.
Meine Therapeutin hat zumindest diese Eigenverantwortung ganz klar von mir gefordert. Und ich habe so gelernt meine eigene Meinung zu vertreten usw.. Es war dann in meiner Therapie so, dass ich die Therapie eigenverantwortlich gestaltet habe.
Meine Therapeutin habe ich immer in der Rolle der "Unterstützerin", der "helfenden Hand" erlebt, die Verantwortung für mich bleib aber immer bei mir.
Auch wenn ich mir trotzdem manchmal gewünscht hätte diese Verantwortung abzugeben. Weil Verantwortung ja manchmal auch sehr "schwer" zu tragen ist, vor allem wenn man sich innerlich "schwach" fühlt, man sich wünscht sich einfach fallen lassen zu können.
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 13.05.2012, 00:08

Widow, danke für deine Ausführung! Danke für eure Ausführungen!
Widow hat geschrieben: 3. die berufsgenossenschaftliche Regel, dass "PatientIn" für keinerlei Grenzübertretungen "eigenverantwortlich" zu machen ist.
Genau dieser Punkt macht mir Schwierigkeiten. Und ich möchte das "mir" betonen. Ich bin, wie erwähnt, eine erwachsene Frau. Mir ist durchaus bewusst, in welchen Punkten mir mein Therapeut überlegen ist. Ich weiss, in welcher Rolle er ist, und ich weiss, in welcher Rolle ich bin. Ich bin für mein Verhalten und für die Folgen, soweit absehbar, verantwortlich. Und ich weiss, was ich tue, wenn ich es tue (sofern das an sich möglich ist). Das gilt für mein Leben ausserhalb der Therapie, und es gilt für die Therapie.

Dass es diese Regel gibt, ist mir klar. Aber ich nehme mir für mich heraus, sie zu hinterfragen.

...
Wenn er die nicht mehr wahren kann, dann wäre es von großem Übel um Deinetwillen.
Weshalb muss das zwangsläufig ein Übel sein? Wer kann das schon voraussehen?
Es sind Deine
Gefühle.
Nicht die Deines Theras.
Vermutlich verstehe ich das nun nicht so, wie es gemeint war. Deshalb vorab gleich: Entschuldige, wenn ich mich irre. Aber hier gewinne ich wieder den Eindruck, dass Gefühle menschlicher Zuneigung meines Therapeuten mir gegenüber - welche den Rahmen der Therapie verlassen - nicht möglich sind. Aber wer kann das hier schon beurteilen? Soll aber jetzt auch nicht zum Thema des Threads werden ...
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


Widow
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Beitrag So., 13.05.2012, 00:21

Hi, EoG,

(sehr aussagekräftiger Nick übrigens).
Hm. Erwachsen sein.
Erwachsene Frau sein.

tut mir leid , wenn ich dergleichen mit solcher schriftlichen Emphase vorgebracht lese, dann muss ich ein wenig lächeln. tut mir leid!!!
Außerdem glaube ich seit langem schon, dass wir allesamt ohne Schulung uns nur einbilden, wissen zu können, was wir tun.

Ich müsste jetzt lange kramen, um die Psychotherpeutenkammernbegründungen dafür zu finden, dass, wenn PatientInnen glauben, dass die/der Thera ihnen noch als etwas anderes denn als Thera gegenübertritt, es bearbeitet werden muss (also letztlich dieser Eindruck ausgemerzt werden muss), und dass für solche Eindrücke der/die PatientIn nicht "verantwortlich" ist, ---
Ich müsst ein bissl kramen, um dafür nachvollziehbare Belege zu finden. Und, weißt Du was, liebes EoG, ich bin fest davon überzeugt, dass Du von meinen Belegen nichts nachvollziehbar finden würdest.
Allein deshalb erlaub ich mir, das Suchen mir zu ersparen.

Dir und Deinem Thera wünsch ich das für Euch Beste.

Widow

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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 13.05.2012, 00:46

Und, weißt Du was, liebes EoG, ich bin fest davon überzeugt, dass Du von meinen Belegen nichts nachvollziehbar finden würdest.
Das mag sein. Aber schreibst du das mit dem Hintergedanken, dass ich es in meiner Situation nicht nachvollziehen kann? Verblendet bin? Zu sehr in meinen eigenen Gefühlen gefangen bin?

In diesem Fall würde ich sagen: Versuche es doch. Versucht es doch.

Denn selbst wenn das eben Beschriebene schon tausend Mal geschehen ist, bin ich zu sehr von der Individualität von uns Wesen und vom unendlichen Reichtum an Gefühlen und Gedanken und der unendlichen Tiefe überzeugt, als dass ich eine Beziehung zwischen Therapeut/in und Patient/in in diese Schublade pressen könnte.

Und eben weil es so ist, sollte man das auch jedes Mal neu besprechen und anschauen können.

Btw:

Die Erklärung dafür
(sehr aussagekräftiger Nick übrigens).
ist vergleichsweise banal: Ich brauchte einen Nicknamen und habe diesen gewählt, weil ich mich da in der Tat anders als alle anderen gefühlt habe. Schien mir treffend.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


leberblümchen
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Beitrag So., 13.05.2012, 07:32

ombra, ich wundere mich ein bisschen über den Verlauf dieses Threads. Ich hab dich gerade im Facebook-Thread gelesen und finde deine klare Haltung dort gut: Privat ist privat und Therapie ist Therapie. Und hier nun schreibst du, dass der Patient ja auch eine Mit-Verantwortung dafür trägt, was in der Beziehung zum Therapeuten geschieht. Das widerspricht sich doch.

Und ich wundere mich auch darüber, dass hier ganz neutral gesagt wird, dass es normal ist, sich nicht ganz zu öffnen. Ich kann mir so gar nicht vorstellen, welchen Sinn es haben sollte, in der Therapie zu verheimlichen, dass man sich verletzt oder andere wichtige Dinge. Also, dass das peinlich ist, ist schon klar. Aber dann gilt es doch, dieses Gefühl der Peinlichkeit zu überwinden. Auch das lernt man doch in der Therapie; es ist also ein wichtiges Ziel, sich komplett zu öffnen und sich schutzlos zu zeigen. Wie auch sonst sollte eine Therapie funktionieren?

Natürlich hat wohl so ziemlich jeder das Bedürfnis, sich nicht gerade von seiner schlimmsten Seite bei anderen Menschen zu zeigen. Also, man versucht zunächst immer irgendwie, kontrolliert zu bleiben, damit nur das in der Therapie vorkommt, was einem nicht so besonders peinlich ist und womit man ganz gut leben kann. Besonders sinnvoll ist das aber nicht! Es ist doch gerade wichtig, alles zu sagen! Und dazu gehört, die Kontrolle abzugeben (wie sonst sollte man auch nur annähernd dahinkommen, frei zu assoziieren?). Und wenn ich die Kontrolle (weitgehend) abgegeben habe, dann habe ich logischerweise keine Verantwortung mehr.

Glücklicherweise geht man davon aus, dass die meisten (es gibt immer Unfähige) Therapeuten genau wissen, wie sie damit umgehen müssen: dass sie die Dinge versuchen zu verstehen, anstatt ihren eigenen Gefühlen so nachzugeben, wie sie das tun würden, wenn sie nicht unsere Therapeuten wären. Gerade deshalb kann man ja auch ALLES dort sagen. Und je mehr man sich öffnet, umso besser ist das.

Mir kommt es ein bisschen so vor, als gelte bei manchen Patienten das Motto: "Wenn ich meine Eigenverantwortung betone, dann schütze ich damit den Therapeuten (traue ich ihm vielleicht nicht zu, stabil zu sein und mich wirklich zu verstehen?) und dafür wird er mir dankbar sein und mich besonders mögen" - mal vereinfacht gesagt. Und als würde man die Patienten belächeln, die sagen: "Ich will hier nicht betonen, dass ich erwachsen bin (wenn ich das wirklich wäre, im Sinne von 'reif', dann würde ich nicht dort sitzen!), sondern ich will zeigen: Guck mal, wie unreif, klein, schwach und unfähig ich mich fühle! Und dann hilf mir bitte, das zu ändern!"

P.S.: Wohin das führt, wenn man nicht offen ist, kann man immer wieder sehen: Ich sag nur: Duftkerzen

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Beitrag So., 13.05.2012, 07:57

Liebe titus,

in der Theorie gebe ich dir ja so was von recht!!!
In der Praxis gibt es einen Widerstand. Im Moment weiß ich was das ist, ich BIN der Widerstand bei dem Thema, was wir gerade in meiner Analyse behandeln. Trotz des Wissens und Redens über diesen Widerstand eiere ich um dieses Thema herum. Und wie beide, meine Analytikerin und ich wissen es. Es ist ein Paradoxon. Das aufzulösen und wieder in die freie Assoziation zu kommen ist ARBEIT.

Ist nicht auch die Idealisierung ein Widerstand, weil sie Distanz ermöglicht, aufbaut?


leberblümchen
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Beitrag So., 13.05.2012, 08:06

ferdin, klar ist es ein Widerstand. Und das muss man einfach wissen. Und dann daran arbeiten, wie du sagst. Manchmal sind das bewusste Themen, die man am liebsten vermeiden möchte. Und manchmal weiß man gar nicht, dass man etwas vermeiden will. Aber dafür ist man dann ja erst recht nicht verantwortlich Blöd ist nur, wenn ein Therapeut diese Widerstände nicht erkennt - oder nicht erkennen will. Dann kommt man nicht weiter. Nun muss ja nicht alles sofort auf den Tisch; vieles erledigt auch die Zeit. Aber die Auffassung, dass eine Therapie nichts weiter ist als das, was man dort bespricht, kann ich überhaupt nicht teilen! Es geht doch immer auch darum, was man NICHT bespricht.

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Beitrag So., 13.05.2012, 08:19

titus2 hat geschrieben: Manchmal sind das bewusste Themen, die man am liebsten vermeiden möchte.
titus,

und genau an dieser Schnittstelle sehe ich die Aufgabe des Therapeuten: was liegt HINTER diesem Wunsch/Widerstand etc. Da ist die Dyade Therapeut/Patient gefragt. Bei beiden liegt Verantwortung. Ich sehe es auch so, dass der Therapeut nur über seine Professionalität arbeiten können sollte, denn dadurch entsteht ja die Übertragung. Im "Thread-Fall" die Verliebtheit. Die sollte im Therapiezimmer bleiben!

Ende hier für mich und sonnigen Sonntag


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Beitrag So., 13.05.2012, 08:39

Ach so, natürlich: Der Patient hat die Aufgabe, mitzuarbeiten. Das kann er nicht abgeben. Aber er hat nur die Verantwortung dafür, dass er das so gut wie möglich tut, und zwar dadurch, dass er so offen ist, wie es eben geht. Für alles andere hat er keine Verantwortung.

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Mia Wallace
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Beitrag So., 13.05.2012, 09:39

In dem Maße, in dem man die Eigenverantwortung abgibt oder abgeben muss, weil man schwer krank ist, oder gar nicht erst hat, weil man z.B. eine schwere geistige Behinderung hat) , gibt man auch die Entscheidungsgewalt ab (oder hat sie gar nicht erst).

Entscheidungsgewalt ohne Verantwortungsübernahme gibt es nicht.

Alles hat seinen Preis.


Hi Titus,
was bedeutet das denn aus deiner Sicht genau?
Daß der Therapeut die komplette Verantwortung für das Handeln, Denken und Fühlen, das ganze Leben des Patienten übernehmen sollte und alles, wa der Patient tun muss, ist möglichst offen zu sein?

Ich glaube nicht, daß unter solchen Voraussetzungen viele Menschen Lust hätten, als Therapeuten zu arbeiten.
Zuletzt geändert von Mia Wallace am So., 13.05.2012, 09:51, insgesamt 3-mal geändert.


leberblümchen
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Beitrag So., 13.05.2012, 09:48

Mia - äh, nein: Der Therapeut hat keine Verantwortung für das schlechte Wetter. Wie kommst du darauf, dass er für die Gefühle seiner Patienten oder gar für deren Leben verantwortlich sein soll? Hat das irgendwer behauptet? Wenn man sagt: A ist nicht verantwortlich, dann heißt das logischerweise nicht automatisch, dass B verantwortlich ist.

Du musst halt auch berücksichtigen, dass nicht jeder solche Therapeuten hat, die die Abhängigkeit forcieren, wie das bei dir ja wohl der Fall war. Insofern ist die Aufteilung der Verantwortung klar geregelt: Der Patient teilt - so gut es geht - alles mit, was ihn beschäftigt, und der Therapeut versucht das zu verstehen. Wenn der Therapeut mehr tut, als es diesem 'Vertrag' entspricht, zum Beispiel, indem er den Patienten besucht oder ihm private Briefe schreibt, dann liegt das nicht in der Verantwortung des Patienten, auch wenn der vorher nach allen Regeln der Kunst versucht hat, ihn genau dazu zu bewegen.

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