überlebter plötzlicher Herztod, Infarkt

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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christho
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überlebter plötzlicher Herztod, Infarkt

Beitrag Mo., 02.04.2012, 08:51

Hallo, liebe Forumgemeinde,

auf meiner Suche nach einem guten Forum über Herzinfarktpatienten und deren Angehörige bin ich hier her geraten und möchte Euch kurz mitteilen, worum es geht:
Mein Mann (49) erlitt Mitte Februar 2012 einen plötzlichen Herztod, hervorgerufen durch Kammerflimmern und einen schweren Vorderwandinfarkt. Da ich mit ihm rechtzeitig, quasi auf die Minute, pünktlich zur Notaufnahme einer Klinik fuhr, konnte ihm nach dem Zusammenbruch vor der Tür des Schockraumes superschnell geholfen werden. Trotzdem wurde er nach der Reanimation ins künstliche Koma verlegt, beatmet, Es wurden in der gleichen Nacht noch zwei Stents implantiert. Das Zurückholen ins Leben hat also geklappt, zwei Tage später wurde er aus dem Koma geholt und er konnte auch die Atmung selbst übernehmen. Von der Intensivstation gings im Verlauf von einer Woche schrittweise über die Wachstation zur Normalstation. Weil die Reha noch nicht beginnen konnte, kam er für etwa 1,5 Wochen nach Hause.
Ich nahm einige Tage frei um für ihn dazusein. Allerdings trat das, was ich erhoffte nicht ein: Ich ging von mir aus, dass ich nach dem Geschenk des zweiten Lebens super dankbar wäre, einfach nur Ruhe und Nähe zu meinem Partner geniessen wollte, die Reha vorbereiten, sonst nichts. Statt dessen war mein Mann aktiv, stellte zwar auch schnell die Grenzen fest (weiche Knie), aber er wirkte mit sich überhaupt nicht im Reinen. Teils abweisend und kühl (als würde er einen schützenden Panzer um sich errichten) teils bewegt und zu Tränen gerührt, es war alles dabei.
Nachdem die die Reha begann, dachte ich, dass er durch den erwarteten Kräftezuwachs wohl wieder seelisch ins Lot kommt. Fehlanzeige, die letzte Woche nahm ich wieder frei und wollte mit ihm das Ende der Reha und seine Heimkehr zu genießen. So lange die Sonne schien und er im Garten wuseln konnte, ging es mit der Stimmung, danach zog das tolle Hoch ab und es wurde grau, in ihm und auch draußen. Wieder macht er eines auf kühl und distanziert. Psychotherapeutische Hilfe braucht er nicht, es gibt halt auch schlechte Tage und gut.

Ich bin nun völlig verunsichert, habe auch Angst davor, zurückgewiesen zu werden. Was ist gut, was ist für einen Mann angenehm, will er in den Arm genommen werden oder ist das für ihn Ausdruck von Schwäche. Leider wurde er noch so erzogen, dass ein Mann beschützend und leistungsstark sein muss, Emotionen sind unmännlich.

Mein Mann hat eine traumatische Kindheit hinter sich, er fand seine suizidierte Mutter, als er 12/13 Jahre alt war - er gibt an, das Ganze verarbeitet zu haben - in ihm brodeln Gefühle, die ihm aber schnell unangenehm werden und die deckelt er dann ganz fix. Fast, als wären ihm Tränen peinlich.

Ich bin auf der Suche nach Eurem Rat, ich will versuchen, Männer im mittleren Alter zu verstehen. Gibt es vielleicht noch ein Forum, in dem sich Angehörige von Infaktpatienten austauschen können?

Schon jetzt danke für die Geduld beim Lesen und Eure Tipps.

Liebe Grüße
Silke

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Nico
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Beitrag Mo., 02.04.2012, 09:09

Hm, im mittleren Alter bin ich auch, aber das ist auch schon die einzige Gemeinsamkeit glaub ich.
Ich weiß ja nicht wie dein Mann vor dem Herzinfarkt war, war er da ein zufriedener ausgeglichener Mensch ?
Es könnte sein, dass er durch diesen traumatischen Einschnitt die Endlichkeit seines Lebens erst so richtig bemerkt hat und sich jetzt fragt ob es einfach so weitergehen soll.
Diese Frage stellen sich Menschen dieses Alters auch ohne ein vergleichbares Erlebnis.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Elfchen
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weiblich/female, 51
Beiträge: 2845

Beitrag Mo., 02.04.2012, 09:17

liebe christho

ich glaube, DEN mann gibt es nicht.

was dein mann als kind erlebt hat ist wohl etwas vom grausamsten, was ein kind erleben kann. die eigene mutter so zu finden wird einen schweren schaden an seiner seele gemacht haben. ebenso denke ich, dass diese mutter auch vorher nicht gesund war.
hat dein mann jemals therapie gemacht? oder hat er immer alles mit sich selber ausgemacht?

nach einem solchen erlebnis, wie er es hatte, ist nichts mehr wie vorher, für praktisch niemanden. es wäre tatsächlich ratsam, professionelle hilfe zu suchen, vielleicht auch für dich, denn auch für dich wird nun alles anders sein.
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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