Von verspäteter Trauer überrascht
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Von verspäteter Trauer überrascht
Es ist jetzt schon ein halbes Jahr her, dass mein Vater gestorben ist. Ich war gerade dabei, meine Masterarbeit zu schreiben, habe diese unterbrochen, um ihn während seiner letzten Wochen zu pflegen, bin danach kräftemäßig zusammengeklappt, aber nach einigen Wochen wieder auf die Beine gekommen und habe dann weitergeschrieben. Für diese "Ausfallzeit" habe ich auch eine entsprechende Verlängerung der Bearbeitungszeit bekommen. Trotzdem ist es mir sehr schwergefallen, mich auf die Arbeit zu konzentrieren, und ich konnte den immensen inneren Druck teilweise nur mit Hilfe von svV aushalten Ich habe die Arbeit in dem Institut geschrieben, wo ich auch arbeite, und wenn ich abends nach Hause gefahren bin, habe ich mich oft gewundert, dass ich das gewesen sein soll, die da bis eben stundenlang am Schreibtisch gesessen hat. Es war, als sei das jemand ganz anderes gewesen.
Ich habe mir die ganze Zeit gesagt, dass jetzt keine Zeit zum Traurigsein ist, dass ich nicht so viel daran denken darf, sonst hätte ich es nicht geschafft, die Arbeit fertigzschreiben. Das ging auch relativ gut, und ich habe von Vielen die Rückmeldung bekommen, dass ich unheimlich entspannt wirkte, dafür, dass ich gerade in der Endphase der Masterarbeit steckte. So kam es mir eigentlich auch vor. Ich war auch ganz angetan davon, wie gut ich das alles bewältigt habe und wie gut ich mit dem Tod meines geliebten Vaters klargekommen war - obwohl ich vorher solche Angst davor gehabt hatte.
Inzwischen habe ich abgegeben, und plötzlich ist alles anders. Wenn mir nicht gerade die Angst die Luft abschnürt, bin ich wie betäubt, ich kann mich kaum konzentrieren und habe Mühe, mit anderen Menschen zu sprechen.
Viele Leute inklusive meiner Thera haben mir schon gesagt, dass die Trauer eben ihre Zeit braucht und das sog. Trauerjahr schon seinen Sinn habe, aber weinen kann ich zum Beispiel oft gar nicht. Dabei scheinen alle der Meinung zu sein, dass das nötig sei. Ich gebe mir schon richtig Mühe, mich regelmäßig so weit mit dem Tod meines Vaters zu konfrontieren, dass ich auch mal weinen kann/muss, aber das ist richtig schwierig. Ich habe oft Mühe, das zuzulassen, auch, weil ich es so schlimm finde, wenn ich richtig davon überwältigt werde. Bei anderen (üblicherweise unpassenden) Gelegenheiten könnte ich dagegen sofort losplärren, wie es mir neulich auch passiert ist, als die Gutachter meiner Masterarbeit mir Rückmeldung zur Arbeit gegeben haben und mir der Druck dieser letzten Monate plötzlich wieder ganz präsent war.
Ich fühl mich total lahmgelegt. Warum muss das denn jetzt nochmal so heftig kommen? Ich finde, ich habe mich in den letzten Monaten schon genug abgequält. Es ist fast wie nochmal ganz am Anfang, in den ersten Tagen, als es mir wie ein schlimmer Traum vorkam, dass mein Vater tot sein sollte und ich alles noch gar nicht richtig begreifen konnte.Und irgendwie war das trotzdem noch besser als jetzt. Ich war immerhin "alltagsfähig". Aber diesen Schutzschild, den ich da hatte, finde ich leider nicht wieder. Und das "Umschalten" auf die Dampfnudel, die arbeiten kann, und nach Feierabend diesen Modus wieder abschaltet, klappt auch nicht mehr. Jetzt habe ich mir jetzt erstmal meinen Resturlaub genommen. Aber so viel ist das auch nicht mehr, bald muss ich wieder ran. Und die Disputation zu der Masterarbeit steht mir auch noch bevor. Es ist mir ein Rätsel, wie ich das bewältigen soll in dem Nebel, in dem ich gerade stecke.
Hat jemand von Euch Erfahrung mit ähnlichen Situationen? Dann würde ich mich über einen Austausch freuen, wie Ihr damit umgegangen seid.
Liebe Grüße und Danke fürs Zuhören
Dampfnudel
Ich habe mir die ganze Zeit gesagt, dass jetzt keine Zeit zum Traurigsein ist, dass ich nicht so viel daran denken darf, sonst hätte ich es nicht geschafft, die Arbeit fertigzschreiben. Das ging auch relativ gut, und ich habe von Vielen die Rückmeldung bekommen, dass ich unheimlich entspannt wirkte, dafür, dass ich gerade in der Endphase der Masterarbeit steckte. So kam es mir eigentlich auch vor. Ich war auch ganz angetan davon, wie gut ich das alles bewältigt habe und wie gut ich mit dem Tod meines geliebten Vaters klargekommen war - obwohl ich vorher solche Angst davor gehabt hatte.
Inzwischen habe ich abgegeben, und plötzlich ist alles anders. Wenn mir nicht gerade die Angst die Luft abschnürt, bin ich wie betäubt, ich kann mich kaum konzentrieren und habe Mühe, mit anderen Menschen zu sprechen.
Viele Leute inklusive meiner Thera haben mir schon gesagt, dass die Trauer eben ihre Zeit braucht und das sog. Trauerjahr schon seinen Sinn habe, aber weinen kann ich zum Beispiel oft gar nicht. Dabei scheinen alle der Meinung zu sein, dass das nötig sei. Ich gebe mir schon richtig Mühe, mich regelmäßig so weit mit dem Tod meines Vaters zu konfrontieren, dass ich auch mal weinen kann/muss, aber das ist richtig schwierig. Ich habe oft Mühe, das zuzulassen, auch, weil ich es so schlimm finde, wenn ich richtig davon überwältigt werde. Bei anderen (üblicherweise unpassenden) Gelegenheiten könnte ich dagegen sofort losplärren, wie es mir neulich auch passiert ist, als die Gutachter meiner Masterarbeit mir Rückmeldung zur Arbeit gegeben haben und mir der Druck dieser letzten Monate plötzlich wieder ganz präsent war.
Ich fühl mich total lahmgelegt. Warum muss das denn jetzt nochmal so heftig kommen? Ich finde, ich habe mich in den letzten Monaten schon genug abgequält. Es ist fast wie nochmal ganz am Anfang, in den ersten Tagen, als es mir wie ein schlimmer Traum vorkam, dass mein Vater tot sein sollte und ich alles noch gar nicht richtig begreifen konnte.Und irgendwie war das trotzdem noch besser als jetzt. Ich war immerhin "alltagsfähig". Aber diesen Schutzschild, den ich da hatte, finde ich leider nicht wieder. Und das "Umschalten" auf die Dampfnudel, die arbeiten kann, und nach Feierabend diesen Modus wieder abschaltet, klappt auch nicht mehr. Jetzt habe ich mir jetzt erstmal meinen Resturlaub genommen. Aber so viel ist das auch nicht mehr, bald muss ich wieder ran. Und die Disputation zu der Masterarbeit steht mir auch noch bevor. Es ist mir ein Rätsel, wie ich das bewältigen soll in dem Nebel, in dem ich gerade stecke.
Hat jemand von Euch Erfahrung mit ähnlichen Situationen? Dann würde ich mich über einen Austausch freuen, wie Ihr damit umgegangen seid.
Liebe Grüße und Danke fürs Zuhören
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.
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Hi Dampfnudel,-
zuerst einmal: Mein Beileid.
Ja, ich habe ähnliche Erfahrungen, die sind allerdings schon eine Weile her. Aber das mit der Verzögerung kenne ich sehr gut. Ich glaube, dass die Psyche erst nachgibt, 'wenn sie es kann'. Meint: So lange man noch im Stress ist und Anderes irgendwie bewältigt sein will, greifen die hauseigenen Verdrängungsmechanismen und sperren den Schmerz in den Innenweltkeller. Manchmal so schnell, dass man in all dem Chaos sogar den Schlüssel verlegt, um ihn wieder rauslassen zu können. Erst wenn ein wenig Ruhe einkehrt, beginnt der eingesperrte Schmerz an die Tür zu klopfen, weil jetzt der gefühlte Zeitpunkt ist, an dem wieder genug Energie frei ist, um ihn abarbeiten zu können.
Was ich getan habe? Hm.... in erster Linie habe ich versucht es zulassen zu können und möglichst wenig dagegen anzuarbeiten, so dass die Energie/Trauer sich quasi aus mir heraus abarbeiten konnte.
LG & Dir alles Gute
Pro
zuerst einmal: Mein Beileid.
Ja, ich habe ähnliche Erfahrungen, die sind allerdings schon eine Weile her. Aber das mit der Verzögerung kenne ich sehr gut. Ich glaube, dass die Psyche erst nachgibt, 'wenn sie es kann'. Meint: So lange man noch im Stress ist und Anderes irgendwie bewältigt sein will, greifen die hauseigenen Verdrängungsmechanismen und sperren den Schmerz in den Innenweltkeller. Manchmal so schnell, dass man in all dem Chaos sogar den Schlüssel verlegt, um ihn wieder rauslassen zu können. Erst wenn ein wenig Ruhe einkehrt, beginnt der eingesperrte Schmerz an die Tür zu klopfen, weil jetzt der gefühlte Zeitpunkt ist, an dem wieder genug Energie frei ist, um ihn abarbeiten zu können.
Was ich getan habe? Hm.... in erster Linie habe ich versucht es zulassen zu können und möglichst wenig dagegen anzuarbeiten, so dass die Energie/Trauer sich quasi aus mir heraus abarbeiten konnte.
LG & Dir alles Gute
Pro
Liebe Dampfnudel,
wie tapfer Du bislang gewesen bist in dieser grausamen Situation, habe ich immer mal wieder hier mit großem Respekt gelesen.
Dass aber Nicht-tapfer-Sein manchmal genauso tapfer ist wie sein Gegenteil, diese Überlegung drängte sich mir gerade auf.
Eine kleine Geschichte von mir, damit Du vielleicht spürst, dass ich Manches von Deinem Leid zu kennen glaube:
Vor gut 10 Jahren starb mein Vater, nach einer jahrelangen Krankheitsphase (die die ganze Familie traumatisierte - Stichwort: Leberkomata etc.), dennoch völlig überraschend am Tag nach einer Geburtstagsfeier inmitten einer guten, "gesunden", klaren Zeit zuhause --- und 3 Tage, nachdem ich meine Disseration eingereicht hatte.
Mein Doktorvater bot mir in der 1. Sprechstunde danach, in der ich plötztlich in Tränen ausbrach, an, die Defensio der Arbeit zu verschieben, nachdem er vom Grund meiner Tränen erfahren hatte.
Da hatte ich mich aber schon wieder "under controll" und lehnte einen solchen Aufschub ab. - Den auch mein Vater nicht gutgeheißen hätte. 6 Wochen später fand meine Promotion statt. Mein Vater wäre in jeder Hinsicht stolz auf mich gewesen.
Ob das aber wirklich eine für mich hilfreiche Art der "Trauerarbeit" war?
Denn danach musste ich mich sofort (ja, vollkommen klischeegerecht Tag und Nacht) an die Ausarbeitung mehrerer Forschungsprojekte machen, an denen jeweils eine neue Stelle für mich hätte hängen können.
Mein Vater fehlt mir bis heute.
Trauern habe ich nicht "gelernt". (Und ich weiß auch nicht, ob das eine Technik ist, die erlernt werden kann.)
Und das ist nun, da der wichtigste Mensch in meinem Leben auch schon tot ist (er nun wirklich viel zu früh), etwas, das vielleicht auch mein Leben beendet. Irgendwann.
Vielleicht ist Trauer auch einfach etwas, das einen aufnimmt und durcharbeitet. Nicht wir die Trauer, sie uns. Aber auch das hieße: Zeit einzuräumen. Der Trauer.
(Und auch das birgt das Risiko, nicht wieder rauszukommen. Vielleicht ist Trauer wie Lachen: Es kommt über uns, überfällt uns und - im Falle des Lachens - bestenfalls können wir nichts dagegen tun, müssen es walten lassen und auf sein Ende warten. Vielleicht ist die Trauer auch so etwas von außen. Und jeder Mensch hat dafür eigene Andock-Punkte, mal engere, mal lockerere Verbindungen.)
(Zum "Trauerjahr" übrigens: Diese 365-Tage-"Regelung" entbehrt jeglicher psychodynamischen Grundlage. - Ich bin noch gar nicht in "Trauer" angekommen, dabei ist er nun ein Jahr und einen Tag tot.)
Die Tage bis zur Defenisio damals, sie waren in Nebel gehüllt. Manchmal klärte sich der Sichtbezirk auf dem Schreibtisch. - Du, liebe Dampfnudel, wirst den letzten Akt Deiner Masterprüfung absolvieren; gut wie gewohnt (und gut, dass es Gewohnheiten gibt!).
Aber dann, dann mach nicht gleich "weiter", schau, was die Trauer mit Dir macht - wenn's irgend geht.
Für die Abschlussprüfungen alles Gute und für die Zeit danach alles Liebe,
Widow
wie tapfer Du bislang gewesen bist in dieser grausamen Situation, habe ich immer mal wieder hier mit großem Respekt gelesen.
Dass aber Nicht-tapfer-Sein manchmal genauso tapfer ist wie sein Gegenteil, diese Überlegung drängte sich mir gerade auf.
Eine kleine Geschichte von mir, damit Du vielleicht spürst, dass ich Manches von Deinem Leid zu kennen glaube:
Vor gut 10 Jahren starb mein Vater, nach einer jahrelangen Krankheitsphase (die die ganze Familie traumatisierte - Stichwort: Leberkomata etc.), dennoch völlig überraschend am Tag nach einer Geburtstagsfeier inmitten einer guten, "gesunden", klaren Zeit zuhause --- und 3 Tage, nachdem ich meine Disseration eingereicht hatte.
Mein Doktorvater bot mir in der 1. Sprechstunde danach, in der ich plötztlich in Tränen ausbrach, an, die Defensio der Arbeit zu verschieben, nachdem er vom Grund meiner Tränen erfahren hatte.
Da hatte ich mich aber schon wieder "under controll" und lehnte einen solchen Aufschub ab. - Den auch mein Vater nicht gutgeheißen hätte. 6 Wochen später fand meine Promotion statt. Mein Vater wäre in jeder Hinsicht stolz auf mich gewesen.
Ob das aber wirklich eine für mich hilfreiche Art der "Trauerarbeit" war?
Denn danach musste ich mich sofort (ja, vollkommen klischeegerecht Tag und Nacht) an die Ausarbeitung mehrerer Forschungsprojekte machen, an denen jeweils eine neue Stelle für mich hätte hängen können.
Mein Vater fehlt mir bis heute.
Trauern habe ich nicht "gelernt". (Und ich weiß auch nicht, ob das eine Technik ist, die erlernt werden kann.)
Und das ist nun, da der wichtigste Mensch in meinem Leben auch schon tot ist (er nun wirklich viel zu früh), etwas, das vielleicht auch mein Leben beendet. Irgendwann.
Vielleicht ist Trauer auch einfach etwas, das einen aufnimmt und durcharbeitet. Nicht wir die Trauer, sie uns. Aber auch das hieße: Zeit einzuräumen. Der Trauer.
(Und auch das birgt das Risiko, nicht wieder rauszukommen. Vielleicht ist Trauer wie Lachen: Es kommt über uns, überfällt uns und - im Falle des Lachens - bestenfalls können wir nichts dagegen tun, müssen es walten lassen und auf sein Ende warten. Vielleicht ist die Trauer auch so etwas von außen. Und jeder Mensch hat dafür eigene Andock-Punkte, mal engere, mal lockerere Verbindungen.)
(Zum "Trauerjahr" übrigens: Diese 365-Tage-"Regelung" entbehrt jeglicher psychodynamischen Grundlage. - Ich bin noch gar nicht in "Trauer" angekommen, dabei ist er nun ein Jahr und einen Tag tot.)
Die Tage bis zur Defenisio damals, sie waren in Nebel gehüllt. Manchmal klärte sich der Sichtbezirk auf dem Schreibtisch. - Du, liebe Dampfnudel, wirst den letzten Akt Deiner Masterprüfung absolvieren; gut wie gewohnt (und gut, dass es Gewohnheiten gibt!).
Aber dann, dann mach nicht gleich "weiter", schau, was die Trauer mit Dir macht - wenn's irgend geht.
Für die Abschlussprüfungen alles Gute und für die Zeit danach alles Liebe,
Widow
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- Forums-Gruftie
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- Beiträge: 596
Hallo Dampfnudel,
Nachdem der letzte Gast die Beerdigung verlassen hatte, bin ich zusammen mit meiner Familie nach Hause gefahren, als wäre es nur ein Ausflug gewesen. Ich habe volle sechs Monate lang weitergelebt, als wäre NICHTS gewesen. Und dann hat mich von heute auf morgen der Schlag getroffen! Ich wolte trauern bzw. da wollten Gefühle raus, die ich aber nicht kannte und nicht zuordnen konnte (habe ein SEHR GROSSES Problem mit meinen Gefühlen) und somit platzen diese unbekannten Gefühle in Form einer ganz bösen, hinterhältigen Agression raus. Ich habe mehrere Monate lang meine Mitmenschen mit meiner agressiven Art regelrecht gefoltert und in den Wahnsinn getrieben , bis mir meine beste Freundin die Freundschaft gekündigt hat, weil sie mit ihren Kräften am Ende war (ich kann es ihr nicht verübeln! ). Ich weiss nicht mehr genau wie ich mich da wieder rausgearbeitet habe, aber richtig getrauert habe ich bis heute nicht. Damals war es wohl eher ein kläglicher Versuch, der aber mangels "erkennen und zulassen von Gefühlen" gescheitert ist.
Ich bin z.Zt. in Therapie und meine Thera sagt mal zu mir, wenn SIE das Wort Gefühl ausspricht, würde ich gucken als könnte ich nichtmal mit dem WORT was anfangen. Und JA, damit wird sie gar nicht so Unrecht haben. Mittlerweile ahne ich, was es mit diesen "Gefühlen" auf sich hat und spüre sogar immermal wieder welche .... und was soll ich sagen? Ich erwische mich des Öfteren dabei, dass da sowas wie Trauer ist .... JETZT, nach 15 Jahren. Noch spüre ich die Trauer nicht richtig, aber ich merke dass in mir das Bedürfnis schlummert, das Thema nochmal auszupacken. Und da wären wir wieder an der Stelle die Proserpina beschrieben hat: die Psyche gibt erst nach, wenn sie KANN! In meinem Fall heisst dass, erst jetzt seitdem ich lerne was überhaupt Gefühle sind, lohnt es sich für die Psyche nachzugeben und evtl. die Trauer nachzuholen (auch wenn bestimmt nicht so heftig wie es vor 15 Jahren gewesen wäre).
Ich finde es vollkommen normal wie du reagierst. Du schreibst ja selber du hast dir gesagt, es sei "jetzt" keine Zeit zum trauern, du müsstest erst deine Arbeit fertig schreiben. Und sobald dieser Druck der Arbeit weg ist, platzt eben die Trauer-Bombe ... ich denke du solltest diese Trauer zulassen so stark wie du es erträgst und so stark, wie es dein Alltag zulässt. Hast du etwas womit du dich zwischendurch ablenken kannst wenn du es nicht mehr aushälst? Hast du Unterstützung durch deine Familie?
Liebe Grüsse,
abendrot79
Ich denke damit hat Proserpina gar nicht so Unrecht! Ich versuche mal zu schildern, wie es mir ergangen ist: Ich habe vor knapp 15 Jahren meine Schwester durch einen Unfall verloren . Ich selber steckte damals mitten in der Pubertät und fülte mich in meiner Familie (durch andere Geschenisse) vollkommen fehl am Platz. Sprich, ich konnte gar nicht trauern, denn durch meine Pubertät wusste ich eh grad nicht was die Welt von mir will und durch meine Position in der Familie (aussen vor statt mittendrin) fehlte mir der "Raum" zum trauern.Proserpina hat geschrieben:Ich glaube, dass die Psyche erst nachgibt, 'wenn sie es kann'. Meint: So lange man noch im Stress ist und Anderes irgendwie bewältigt sein will, greifen die hauseigenen Verdrängungsmechanismen und sperren den Schmerz in den Innenweltkeller.
Nachdem der letzte Gast die Beerdigung verlassen hatte, bin ich zusammen mit meiner Familie nach Hause gefahren, als wäre es nur ein Ausflug gewesen. Ich habe volle sechs Monate lang weitergelebt, als wäre NICHTS gewesen. Und dann hat mich von heute auf morgen der Schlag getroffen! Ich wolte trauern bzw. da wollten Gefühle raus, die ich aber nicht kannte und nicht zuordnen konnte (habe ein SEHR GROSSES Problem mit meinen Gefühlen) und somit platzen diese unbekannten Gefühle in Form einer ganz bösen, hinterhältigen Agression raus. Ich habe mehrere Monate lang meine Mitmenschen mit meiner agressiven Art regelrecht gefoltert und in den Wahnsinn getrieben , bis mir meine beste Freundin die Freundschaft gekündigt hat, weil sie mit ihren Kräften am Ende war (ich kann es ihr nicht verübeln! ). Ich weiss nicht mehr genau wie ich mich da wieder rausgearbeitet habe, aber richtig getrauert habe ich bis heute nicht. Damals war es wohl eher ein kläglicher Versuch, der aber mangels "erkennen und zulassen von Gefühlen" gescheitert ist.
Ich bin z.Zt. in Therapie und meine Thera sagt mal zu mir, wenn SIE das Wort Gefühl ausspricht, würde ich gucken als könnte ich nichtmal mit dem WORT was anfangen. Und JA, damit wird sie gar nicht so Unrecht haben. Mittlerweile ahne ich, was es mit diesen "Gefühlen" auf sich hat und spüre sogar immermal wieder welche .... und was soll ich sagen? Ich erwische mich des Öfteren dabei, dass da sowas wie Trauer ist .... JETZT, nach 15 Jahren. Noch spüre ich die Trauer nicht richtig, aber ich merke dass in mir das Bedürfnis schlummert, das Thema nochmal auszupacken. Und da wären wir wieder an der Stelle die Proserpina beschrieben hat: die Psyche gibt erst nach, wenn sie KANN! In meinem Fall heisst dass, erst jetzt seitdem ich lerne was überhaupt Gefühle sind, lohnt es sich für die Psyche nachzugeben und evtl. die Trauer nachzuholen (auch wenn bestimmt nicht so heftig wie es vor 15 Jahren gewesen wäre).
Ich finde es vollkommen normal wie du reagierst. Du schreibst ja selber du hast dir gesagt, es sei "jetzt" keine Zeit zum trauern, du müsstest erst deine Arbeit fertig schreiben. Und sobald dieser Druck der Arbeit weg ist, platzt eben die Trauer-Bombe ... ich denke du solltest diese Trauer zulassen so stark wie du es erträgst und so stark, wie es dein Alltag zulässt. Hast du etwas womit du dich zwischendurch ablenken kannst wenn du es nicht mehr aushälst? Hast du Unterstützung durch deine Familie?
Liebe Grüsse,
abendrot79
Weil Kakao an Bäumen wächst, ist Schokolade irgendwie auch Obst! (gelesen auf einem Frühstücksbrettchen)
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
- , 39
- Beiträge: 1138
Liebe Proserpina, liebe Widow, liebe abendrot,
vielen lieben Dank für Eure Antworten! Ich möchte gern noch darauf eingehen, das werde ich morgen oder in den nächsten Tagen machen, je nachdem, wie ich und meine Innenwelt es hinkriegen. Aber ich wollte Euch schonmal sagen, dass ich sehr froh über Eure Antworten bin.
Liebe Grüße
Dampfnudel
vielen lieben Dank für Eure Antworten! Ich möchte gern noch darauf eingehen, das werde ich morgen oder in den nächsten Tagen machen, je nachdem, wie ich und meine Innenwelt es hinkriegen. Aber ich wollte Euch schonmal sagen, dass ich sehr froh über Eure Antworten bin.
Liebe Grüße
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
- , 39
- Beiträge: 1138
Liebe Pro,
Aber das mit dem Schlüssel ist echt ein gutes Bild, das merke ich mir!
Liebe Grüße
Dampfnudel
ja, so kommt es mir auch vor. Ich glaube, dass daher auch die Angst kommt. Ich glaube, es ist Angst, die Trauer richtig zu spüren, von ihr überrollt zu werden, nicht mit ihr zurechtzukommen. Und außerdem fürchte ich, dass ich den Schlüssel immer noch nicht wiedergefunden habe, denn das:Proserpina hat geschrieben: Manchmal so schnell, dass man in all dem Chaos sogar den Schlüssel verlegt, um ihn wieder rauslassen zu können. Erst wenn ein wenig Ruhe einkehrt, beginnt der eingesperrte Schmerz an die Tür zu klopfen
fällt mir total schwer. Von allein kommt irgendwie gar nichts raus. Von allein ist nur diese Betäubung da. Wenn, dann muss ich immer wieder ganz aktiv an die Trauer rangehen Furchtbar, jedes Mal wieder. Aber davor, dass sie von allein rauskommt, habe ich genauso Angst. Ach menno, ich kann das nicht mit dem Trauern, und eigentlich will ich es auch gar nichtProserpina hat geschrieben: in erster Linie habe ich versucht es zulassen zu können und möglichst wenig dagegen anzuarbeiten, so dass die Energie/Trauer sich quasi aus mir heraus abarbeiten konnte.
Aber das mit dem Schlüssel ist echt ein gutes Bild, das merke ich mir!
Liebe Grüße
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
- , 39
- Beiträge: 1138
Liebe Widow,
Liebe Grüße, und fühl Dich ganz doll gedrückt
Dampfnudel
danke, dass Du das schreibst! Ich habe gerade oft den Eindruck, dass viele gar nicht mitbekommen haben, wie schwer das war.Widow hat geschrieben: wie tapfer Du bislang gewesen bist in dieser grausamen Situation, habe ich immer mal wieder hier mit großem Respekt gelesen.
Ich glaube, da hast Du recht Die Tapferkeit fehlt mir. Ich habe Angst davor und würde es am liebsten vermeiden.Widow hat geschrieben:Dass aber Nicht-tapfer-Sein manchmal genauso tapfer ist wie sein Gegenteil, diese Überlegung drängte sich mir gerade auf.
Um Himmels Willen! Gar keine Kontrolle darüber zu haben macht es noch beängstigender. Aber im Augenblick erlebe ich das auch so. Ich habe echt keine Kontrolle darüberWidow hat geschrieben: Vielleicht ist Trauer wie Lachen: Es kommt über uns, überfällt uns und - im Falle des Lachens - bestenfalls können wir nichts dagegen tun, müssen es walten lassen und auf sein Ende warten.
Ach Widow, dann müssen diese Tage jetzt gerade für Dich besonders schwer sein. Und ein ganzes Jahr trägst Du diese furchtbare Trauer jetzt schon mit Dir herum?! Darf ich Dich fragen, was für Dich "in Trauer angekommen" bedeutet?Widow hat geschrieben:(Zum "Trauerjahr" übrigens: Diese 365-Tage-"Regelung" entbehrt jeglicher psychodynamischen Grundlage. - Ich bin noch gar nicht in "Trauer" angekommen, dabei ist er nun ein Jahr und einen Tag tot.)
Liebe Grüße, und fühl Dich ganz doll gedrückt
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
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- Beiträge: 1138
Liebe abendrot,
Liebe Grüße
Dampfnudel
Dazu habe ich gestern etwas gelesen (aus einer systemischen Perspektive zur Trauer, glaube ich): Das was wir sind, sind wir erst durch unsere sozialen Beziehungen, und wenn einer aus diesem System verschwindet, dann müssen wir unsere Identität neu finden und definieren. Das ist wahrscheinlich umso schwieriger, wenn Du damals schon vorher gar nicht richtig wusstest, wer Du bist.abendrot79 hat geschrieben: ich konnte gar nicht trauern, denn durch meine Pubertät wusste ich eh grad nicht was die Welt von mir will und durch meine Position in der Familie (aussen vor statt mittendrin) fehlte mir der "Raum" zum trauern.
Das stimmt wohl. Danke für das "vollkommen normal", das tut mir gut. Ich komme mir so komisch vor, dass es jetzt plötzlich nochmal "losgeht".abendrot79 hat geschrieben: Ich finde es vollkommen normal wie du reagierst. Du schreibst ja selber du hast dir gesagt, es sei "jetzt" keine Zeit zum trauern, du müsstest erst deine Arbeit fertig schreiben. Und sobald dieser Druck der Arbeit weg ist, platzt eben die Trauer-Bombe
Ich weiß bloß nicht, wie. Eigentlich lässt mein Alltag schon das nicht zu, was ich jetzt an Trauer spüre. Oder nicht spüre. Und ich weiß auch nicht, wie das geht, die Trauer zuzulassenabendrot79 hat geschrieben: ... ich denke du solltest diese Trauer zulassen so stark wie du es erträgst und so stark, wie es dein Alltag zulässt.
Ich versuche mich abzulenken, aber es wirkt nicht so richtig. Es durchbricht nicht meine Betäubung. Meine Familie wohnt nicht hier in der Nähe. Die Unterstützung, die sie mir zu geben versuchen, kommt zumindest nicht so richtig bei mir an. Aber ich wüsste auch nicht so genau, wie ich mir die Unterstützung wünschen würde.abendrot79 hat geschrieben: Hast du etwas womit du dich zwischendurch ablenken kannst wenn du es nicht mehr aushälst? Hast du Unterstützung durch deine Familie?
Liebe Grüße
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.
Das, liebe Dampfnudel, werde ich Dir evtl. sagen können, wenn ich darin "angekommen" bin.Dampfnudel hat geschrieben:Darf ich Dich fragen, was für Dich "in Trauer angekommen" bedeutet?
Bislang bin ich es - lt. der Auskunft von Menschen verschiedenster Kompetenzgrade - nicht. (Jedenfalls finden sie alle, die dieses Thema ansprechen, dass ich das falsch machen würde mit der Trauer; ich glaube, die haben zwar alle Kübler-Ross gelesen, aber noch keinen wirklich geliebten Menschen verloren ...)
Ist mir sehr vertraut, ich halte auch den Kontroll-Deckel drauf. (Naja, abgesehen von kleineren Explosionen, von denen aber allenfalls häßlich verfleckte Taschentücher im Mülleimer zeugen.) - Wie meinte Mr. Hintercouchler gerade heute so hübsch mutmachend zu diesem gedeckelten Thema: "Aber wissen Sie eigentlich, was passieren wird, wenn Sie so weiter den Deckel draufhalten auf dem großen Kessel?!"Dampfnudel hat geschrieben:Um Himmels Willen! Gar keine Kontrolle darüber zu haben macht es noch beängstigender. Aber im Augenblick erlebe ich das auch so. Ich habe echt keine Kontrolle darüber
Schreibst Du mir, wenn Du eine Antwort darauf weißt, was "Trauer" ist und wie man mit ihr leben können soll?
Ich drück' Dich mal kurz, aber herzlich,
Widow
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
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Ja, das mache ich gern
Kübler-Ross wird meiner Meinung nach auch ein bisschen überbewertet! Es ist bestimmt nicht ganz verkehrt, was sie geschrieben hat, aber auch nicht so universell anwendbar. In diesem Text, den ich gestern gelesen habe (siehe Antwort an abendrot; der Text heißt "Vom Umgang mit Brüchen und Abschieden" und ist von Wiebke Buff und Martin Drogat), wird zum Beispiel ein anderes Modell vorgestellt. Dort werden vier Phasen nach Verena Kast (*1) mit vier Aufgaben nach William Worden (*2) kombiniert, und damit kann ich mich zum Beispiel besser identifizieren:
Erste Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen mit Gefühlen der Erstarrung, der Betäubtheit, weiterhin einigermaßen gutem "Funktionieren" und einer gewissen Verleugnung des Verlustes. Die Seele kann den Verlust in seinem vollen Ausmaß noch gar nicht erfassen, weil sie das auch noch nicht verkraften würde. Die Aufgabe dieser ersten Phase besteht darin, die Realität des Verlustes zu akzeptieren, sich ihr langsam zu stellen.
Zweite Phase: Emotionen brechen auf wie Trauer, Wut, Schuldgefühle, Angst, Verzweiflung, wir sind aufgewühlt. Unsere Aufgabe besteht darin, den Trauerschmerz zuzulassen.
Die vierte Phase begreife ich in diesem Text nicht so ganz (und so weit bin ich eh noch längst nicht), deshalb zitiere ich hier nur die Überschrift:
*1: Kast, Verena (2009): Zeit der Trauer. Phasen und Chancen des psychischen Prozesses. Freiburg.
*2: Worden, William (2006): Beratung und Therapie in Trauerfällen: Ein Handbuch. Bern.
Kübler-Ross wird meiner Meinung nach auch ein bisschen überbewertet! Es ist bestimmt nicht ganz verkehrt, was sie geschrieben hat, aber auch nicht so universell anwendbar. In diesem Text, den ich gestern gelesen habe (siehe Antwort an abendrot; der Text heißt "Vom Umgang mit Brüchen und Abschieden" und ist von Wiebke Buff und Martin Drogat), wird zum Beispiel ein anderes Modell vorgestellt. Dort werden vier Phasen nach Verena Kast (*1) mit vier Aufgaben nach William Worden (*2) kombiniert, und damit kann ich mich zum Beispiel besser identifizieren:
Erste Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen mit Gefühlen der Erstarrung, der Betäubtheit, weiterhin einigermaßen gutem "Funktionieren" und einer gewissen Verleugnung des Verlustes. Die Seele kann den Verlust in seinem vollen Ausmaß noch gar nicht erfassen, weil sie das auch noch nicht verkraften würde. Die Aufgabe dieser ersten Phase besteht darin, die Realität des Verlustes zu akzeptieren, sich ihr langsam zu stellen.
Zweite Phase: Emotionen brechen auf wie Trauer, Wut, Schuldgefühle, Angst, Verzweiflung, wir sind aufgewühlt. Unsere Aufgabe besteht darin, den Trauerschmerz zuzulassen.
Dritte Phase: Der Vestorbene wird immer wieder gesucht und gefunden, in Erinnerungen, an bestimmten Orten, auf Fotos, in Musikstücken usw. Wir setzen uns den Gefühlen dieser "Begegnungen" aus und auch der Trennung, die jedesmal erfolgt, wenn wir den Ort verlassen, das Foto wieder aus der Hand legen, das Musikstück zuende ist usw. Auf diese Weise gestalten und schaffen wir (mit) dem Verstorbenen seinen Platz in unserer Erinnerung, und wir passen uns langsam an an eine Welt, in der der Verstorbene fehlt. Das ist unsere dritte Aufgabe.Menschen, die den Trauerschmerz verdrängen oder verleugnen, haben es schwer, wirklich die nächste Phase zu erreichen. In einer Gesellschaft, in der negative Emotionen oft nur kurzzeitig toleriert werden, ist es schwer, die Entwicklungsaufgaben dieser Phase zu bewältigen. Der Trauernde braucht Menschen, die dieses Gefühlschaos aushalten und wertschätzen. Er braucht Zeit und Raum, Gefühle auszudrücken.
Die vierte Phase begreife ich in diesem Text nicht so ganz (und so weit bin ich eh noch längst nicht), deshalb zitiere ich hier nur die Überschrift:
Diese Phasen laufen wohl nicht chronologisch nacheinander ab. Sie überlappen, und manchmal geht man auch wieder einen Schritt zurück in eine vorige Phase. So habe ich das verstanden. Ich glaube, ich stecke noch ziemlich in Phase 1.Vierte Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug. Vierte Aufgabe: Ermotionale Energie abziehen, in andere Beziehungen investieren. Räume finden, in denen die Erinnerung ihren guten Platz hat.
*1: Kast, Verena (2009): Zeit der Trauer. Phasen und Chancen des psychischen Prozesses. Freiburg.
*2: Worden, William (2006): Beratung und Therapie in Trauerfällen: Ein Handbuch. Bern.
Alles hat seine Zeit.
Sorry, aber wozu?! Wozu das Ganze?
Fünf Phasen, vier oder zwanzig eineinviertel? Und durcheinander oder nacheinander oder übereinander - oder am besten wohl zwischendurch, so zwischen durchs Leben? Hauptsache phasig und -ander(s) von mir, uns, dem Verlorenen; und durch, durch blindlings und dann dahinter - hinterm Tod und hinter der Liebe und hinter dem Schmerz und der subjektiven Wahrheit und der persönlichen Wirklichkeit (für die ja kein Platz mehr ist in dieser Phasenwelt, schon lang nicht).
All das ist doch auch nur Zurichtungsscheiße, um zu funktionieren in und für diese verf* Gesellschaft.
Ich mach da nicht mit.
Das hätte er auch nicht! Meiner. Mein Toter. Den gibt es nämlich. In einem Grab langsam vor sich hinfaulend. In meinem Kopf wach und sehr zärtlich und unendlich schmerzend (und manchmal auch noch in den Köpfen von andern Menschen, die es mit den Phasen und der Verwertungslogik auch nicht so haben).
Aber wenn Du rausgefunden hast, für DICH, was Trauer ist, habe ich immer ein offenes Auge und lese Dich. - Ich hab's nicht rausgefunden. Bislang.
Ich habe nur Traurigkeit. Bodenlose, aber ich paddle immer noch an ihrer Oberfläche rum. Etwas orientierungslos. Doch zunehmend ahnend, dass dieses ganze "Trauer"-Reden nur eins sein könnte: Zurichtungsgefasel.
Fünf Phasen, vier oder zwanzig eineinviertel? Und durcheinander oder nacheinander oder übereinander - oder am besten wohl zwischendurch, so zwischen durchs Leben? Hauptsache phasig und -ander(s) von mir, uns, dem Verlorenen; und durch, durch blindlings und dann dahinter - hinterm Tod und hinter der Liebe und hinter dem Schmerz und der subjektiven Wahrheit und der persönlichen Wirklichkeit (für die ja kein Platz mehr ist in dieser Phasenwelt, schon lang nicht).
All das ist doch auch nur Zurichtungsscheiße, um zu funktionieren in und für diese verf* Gesellschaft.
Ich mach da nicht mit.
Das hätte er auch nicht! Meiner. Mein Toter. Den gibt es nämlich. In einem Grab langsam vor sich hinfaulend. In meinem Kopf wach und sehr zärtlich und unendlich schmerzend (und manchmal auch noch in den Köpfen von andern Menschen, die es mit den Phasen und der Verwertungslogik auch nicht so haben).
Aber wenn Du rausgefunden hast, für DICH, was Trauer ist, habe ich immer ein offenes Auge und lese Dich. - Ich hab's nicht rausgefunden. Bislang.
Ich habe nur Traurigkeit. Bodenlose, aber ich paddle immer noch an ihrer Oberfläche rum. Etwas orientierungslos. Doch zunehmend ahnend, dass dieses ganze "Trauer"-Reden nur eins sein könnte: Zurichtungsgefasel.
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Moin, ihr Lieben....
hm.... ich 'hirne' seit gestern irgendwie auf dem Thema Trauer herum. Frage mich, ob ich dafür irgendein Innenwelttier habe. Das mit den Innenwelttieren ist vermutlich erklärungsbedürftig. Okay, ich versuche es kurz zu machen:
Als ich (vor 11 Jahren) endlich so weit war, einzusehen, dass ich es wohl ohne professionelle Unterstützung nicht würde schaffen können, da war ich derartig ..*Worte sucht*.. zerschlagen im Inneren, dass da nichts mehr weiter war, als ein gefühlt zäher Brei aus nicht enden wollendem Schmerz, zum Zerbersten aufgestauten Aggressionen, unbändigem Zorn, abgrundtiefem Hass, schierer Verzweiflung und einer alles überlagernden Hilflosigkeit. Ich fühlte mich permanent wie ein Luftballon, kurz vor dem Platzen und dieses widerliche Empfinden trieb mich in eine Symptomatik hinein, die mir ein eigenständiges Überleben schlicht unmöglich werden ließ.
Ich hatte solche Angstzustände, dass ich mich über Stunden ins Dunkel der fensterlosen Gästetoilette einschloss, in Panik vor dem Tageslicht und davor, von irgendwem gesehen werden zu können. Ich häutete mir, mittels eines Nagelknipsers, die Fußsohlen bis auf das rohe Fleisch, in einer so kranken wie bestechenden Logik, nämlich um einen Vorwand zu haben, mir das Ausmaß meiner Angst nicht eingestehen zu müssen, denn so konnte ich mir ja sagen, dass ich nicht zum Einkaufen gehen kann, weil ich nicht laufen kann und nicht, weil die Angst vor Menschen mich fast umbrachte. Das Abhäuten wiederum, das legitimierte ich mir damit, dass ich ja schließlich die Füße pediküren und die Hornhaut entfernen müsse. Meine Fingernägel schnitt ich ebenfalls immer bis ins Blut hinunter, aber das ignorierte ich.
Ich hatte Fressattacken, die nicht Stunden sondern Tage andauerten. In meinem verzweifelten Versuch, einen Magenschmerz zu erzeugen, der größer wäre als der andere Schmerz, dort im Inneren, was mir jedoch nie wirklich gelang, egal wie viel ich immer weiter nachstopfte. .... Das nur als Ausschnitt, es war noch längst nicht alles. Und als ich begann zu begreifen, in was für einer Lage ich mich tatsächlich befand, was aus MIR geworden war, da bekam ich einen Nervenzusammenbruch von fundamentalen Ausmaßen und ging in eine Klinik. Das war der Beginn eines Weges, an dessen Anfang die folgenden Worte stehen, die ich eines nachts in eine fledderige Kladde schrieb:
Dies ist das Land der verlorenen Träume,
geboren aus der Sehnsucht nach Wahrheit,
erbaut von uralten Wünschen,
bewacht durch die Drachen der Emotion.
Ich begann zwei Bücher zu schreiben, zwei synchron verlaufende Geschichten. Die Eine war eine Legendenwelt, die ich Dark Towers nannte. Ich kannte sie schon seit Kindertagen, als ich im zarten Alter von sechs Jahren begann, mich im Keller zu verstecken, ganze Tage lang, damit mich keiner finden kann. Und dort, in der muffigen Enge des Kellerraums, träumte sich eine kleine Prinzessin einen ganzen Kontinent zusammen, den ich nun begann in mir wiederzufinden und aufzuschreiben.
Die zweite Geschichte, das war die von der Frau, die mit den alten Geistern kämpfte; und diese blieb titellos. Ich verteilte sie in Foren, quer durch das Internet. Ich ergoss mich in endlosen Wiederholungszeilen, suchte meine Fragmente in Texten, hangelte mich von Metapher zu Metapher, therapierte mich in der Interaktion mit körperlosen Geistern, in mir und um mich her. Verlor mich im Internet und fand mich irgendwann in (m)einem Leben wieder, das so gut war, dass ich nicht fassen konnte, dieses Gute bisher immer übersehen und nicht (für) wahr hatte (an)nehmen können. Das war der Moment, nach unfassbar langen Jahren, in dem ich zum ersten Mal wieder vor Freude Rotz und Wasser geweint habe.
Langer Rede, kurzer Sinn - ich arbeitete mit Bildern, ich entwarf einen ganzen Kontinent in mir. Einen, in dem Emotionen riesige Drachen sind, die drei Türme bewachen, einer an jedem Ende dieses Kontinents in der Innenwert. Es gibt sie auch in klein, diese Drachen, da heißen sie dann Wekas und können singen. Die Großen können das auch, tun es zum Glück aber nur selten, es wirft einen immer so sehr um dabei. Es gibt hunderte unterschiedliche Tiere und Pflanzen in den Wäldern dieser Welt, durch die ich seit gestern gedanklich wieder mal streife, ich, die Drachenkönigin, dabei vor mich hin sinnierend, welches Tier es in meinem Reich gibt, mit Namen Trauer?
Und die Antwort ist: 'Es gibt keins.' - was in der Tat seltsam ist, denn hier drin gibt es eigentlich für alles ein Tier oder zumindest eine.... ähm... Erscheinung. Und sei es eine sprechende Möhre. Okay, ich lasse das mit den Details jetzt besser, sonst merkt noch jemand wie gaga ich wirklich bin. *hüstel*
Aber auf dem Flur meines höchsteigenen Spukschlosses, wie ich mich auch gerne mal beschreibe, da traf ich jemanden, der sich mit Trauer sehr gut auskennt. Den Sekretär von Freundin Psyche, namens Herr Galgen Humor. Der meinte dann zu mir, dass Trauer im Grunde nur ein Fragment wäre, quasi der Schwanz oder die Flügel eines Tieres, daher gäbe es auch kein ganzes Tier, das so heißt. Trauer wäre sozusagen sowas wie ein Organ oder eine Extremität, mit der man etwas tun könne, bzw. die eine bestimmte Aufgabe erfüllen würde. Eine Fähigkeit, meist sogar eine wie die Atmung, die man oft gar nicht mehr wahrnimmt, weil sie so selbstverständlich abläuft.
Er hat mir dann noch einen schönen Tag gewünscht und mich einfach im Flur stehenlassen. Schließlich ist er ein vielbeschäftigter Mann.
Na denn....
++++
Und wer das jetzt verstanden hat, dem danke ich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.
....
hm.... ich 'hirne' seit gestern irgendwie auf dem Thema Trauer herum. Frage mich, ob ich dafür irgendein Innenwelttier habe. Das mit den Innenwelttieren ist vermutlich erklärungsbedürftig. Okay, ich versuche es kurz zu machen:
Als ich (vor 11 Jahren) endlich so weit war, einzusehen, dass ich es wohl ohne professionelle Unterstützung nicht würde schaffen können, da war ich derartig ..*Worte sucht*.. zerschlagen im Inneren, dass da nichts mehr weiter war, als ein gefühlt zäher Brei aus nicht enden wollendem Schmerz, zum Zerbersten aufgestauten Aggressionen, unbändigem Zorn, abgrundtiefem Hass, schierer Verzweiflung und einer alles überlagernden Hilflosigkeit. Ich fühlte mich permanent wie ein Luftballon, kurz vor dem Platzen und dieses widerliche Empfinden trieb mich in eine Symptomatik hinein, die mir ein eigenständiges Überleben schlicht unmöglich werden ließ.
Ich hatte solche Angstzustände, dass ich mich über Stunden ins Dunkel der fensterlosen Gästetoilette einschloss, in Panik vor dem Tageslicht und davor, von irgendwem gesehen werden zu können. Ich häutete mir, mittels eines Nagelknipsers, die Fußsohlen bis auf das rohe Fleisch, in einer so kranken wie bestechenden Logik, nämlich um einen Vorwand zu haben, mir das Ausmaß meiner Angst nicht eingestehen zu müssen, denn so konnte ich mir ja sagen, dass ich nicht zum Einkaufen gehen kann, weil ich nicht laufen kann und nicht, weil die Angst vor Menschen mich fast umbrachte. Das Abhäuten wiederum, das legitimierte ich mir damit, dass ich ja schließlich die Füße pediküren und die Hornhaut entfernen müsse. Meine Fingernägel schnitt ich ebenfalls immer bis ins Blut hinunter, aber das ignorierte ich.
Ich hatte Fressattacken, die nicht Stunden sondern Tage andauerten. In meinem verzweifelten Versuch, einen Magenschmerz zu erzeugen, der größer wäre als der andere Schmerz, dort im Inneren, was mir jedoch nie wirklich gelang, egal wie viel ich immer weiter nachstopfte. .... Das nur als Ausschnitt, es war noch längst nicht alles. Und als ich begann zu begreifen, in was für einer Lage ich mich tatsächlich befand, was aus MIR geworden war, da bekam ich einen Nervenzusammenbruch von fundamentalen Ausmaßen und ging in eine Klinik. Das war der Beginn eines Weges, an dessen Anfang die folgenden Worte stehen, die ich eines nachts in eine fledderige Kladde schrieb:
Dies ist das Land der verlorenen Träume,
geboren aus der Sehnsucht nach Wahrheit,
erbaut von uralten Wünschen,
bewacht durch die Drachen der Emotion.
Ich begann zwei Bücher zu schreiben, zwei synchron verlaufende Geschichten. Die Eine war eine Legendenwelt, die ich Dark Towers nannte. Ich kannte sie schon seit Kindertagen, als ich im zarten Alter von sechs Jahren begann, mich im Keller zu verstecken, ganze Tage lang, damit mich keiner finden kann. Und dort, in der muffigen Enge des Kellerraums, träumte sich eine kleine Prinzessin einen ganzen Kontinent zusammen, den ich nun begann in mir wiederzufinden und aufzuschreiben.
Die zweite Geschichte, das war die von der Frau, die mit den alten Geistern kämpfte; und diese blieb titellos. Ich verteilte sie in Foren, quer durch das Internet. Ich ergoss mich in endlosen Wiederholungszeilen, suchte meine Fragmente in Texten, hangelte mich von Metapher zu Metapher, therapierte mich in der Interaktion mit körperlosen Geistern, in mir und um mich her. Verlor mich im Internet und fand mich irgendwann in (m)einem Leben wieder, das so gut war, dass ich nicht fassen konnte, dieses Gute bisher immer übersehen und nicht (für) wahr hatte (an)nehmen können. Das war der Moment, nach unfassbar langen Jahren, in dem ich zum ersten Mal wieder vor Freude Rotz und Wasser geweint habe.
Langer Rede, kurzer Sinn - ich arbeitete mit Bildern, ich entwarf einen ganzen Kontinent in mir. Einen, in dem Emotionen riesige Drachen sind, die drei Türme bewachen, einer an jedem Ende dieses Kontinents in der Innenwert. Es gibt sie auch in klein, diese Drachen, da heißen sie dann Wekas und können singen. Die Großen können das auch, tun es zum Glück aber nur selten, es wirft einen immer so sehr um dabei. Es gibt hunderte unterschiedliche Tiere und Pflanzen in den Wäldern dieser Welt, durch die ich seit gestern gedanklich wieder mal streife, ich, die Drachenkönigin, dabei vor mich hin sinnierend, welches Tier es in meinem Reich gibt, mit Namen Trauer?
Und die Antwort ist: 'Es gibt keins.' - was in der Tat seltsam ist, denn hier drin gibt es eigentlich für alles ein Tier oder zumindest eine.... ähm... Erscheinung. Und sei es eine sprechende Möhre. Okay, ich lasse das mit den Details jetzt besser, sonst merkt noch jemand wie gaga ich wirklich bin. *hüstel*
Aber auf dem Flur meines höchsteigenen Spukschlosses, wie ich mich auch gerne mal beschreibe, da traf ich jemanden, der sich mit Trauer sehr gut auskennt. Den Sekretär von Freundin Psyche, namens Herr Galgen Humor. Der meinte dann zu mir, dass Trauer im Grunde nur ein Fragment wäre, quasi der Schwanz oder die Flügel eines Tieres, daher gäbe es auch kein ganzes Tier, das so heißt. Trauer wäre sozusagen sowas wie ein Organ oder eine Extremität, mit der man etwas tun könne, bzw. die eine bestimmte Aufgabe erfüllen würde. Eine Fähigkeit, meist sogar eine wie die Atmung, die man oft gar nicht mehr wahrnimmt, weil sie so selbstverständlich abläuft.
Er hat mir dann noch einen schönen Tag gewünscht und mich einfach im Flur stehenlassen. Schließlich ist er ein vielbeschäftigter Mann.
Na denn....
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Und wer das jetzt verstanden hat, dem danke ich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit.
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Ich möchte, um den kleinen Exkurs in meinen Innenweltkontinent etwas zu 'entmetaphorisieren', noch anfügen, dass ich es heute so betrachte, dass ich die ganze Zeit getrauert habe. Ich trauerte indem in mit dem Schmerz kämpfte. Ich trauerte, indem ich mir all diese Dinge antat, um dem Schmerz zu bekämpfen. Ich trauerte nicht bewusst. Bewusst versank ich in Chaos und Hilflosigkeit, durchquerte eine Zeit im Nebel, hangelte mich von Tag zu Tag. Aber mit jedem Tag den ich den Schmerz ertrug und überlebte, trug ich ihn auch ein kleines bisschen ab. Und irgendwann, da hatte ich ein ganzes Gebirge abgetragen und dahinter ging am Horizont die Sonne auf.
Konkret getan habe ich, dass ich irgendwann begann, mir einen Weg zu suchen, mit MIR wieder in Kommunikation zu kommen und zu ergründen, was es denn sei, was da so weh tat und versuchte, es Stückchen für Stückchen als das zu akzeptieren, was es in sich tatsächlich zutiefst ist - logisch. Ich betrachte Gefühle mittlerweile als eine Art Energie, ähnlich wie Strom. Und wenn wir Stromschläge bekommen, dann laden wir uns auf, immer weiter. Und ist ein solcher Stromstoß heftig genug, dann entsteht eine schmerzhafte Überspannung.
Um diese wieder loszuwerden, ist ein Energiesparprogramm eher hinderlich, welches man mE aber fährt, versucht man irgendwas zu steuern, wegzudrücken, zu manipulieren oder sogar zu forcieren. Das Einzige was sich für mich als wirklich effektiv erwiesen hat, war die Sichtweise, das Ganze wie eine Welle zu betrachten, die man am besten überlebt, indem man sich mitten hineinwirft und sich mitreißen lässt, mit ihr schwimmt. Ergo: Ich lernte, mich einfach so hinzunehmen, wie ich am jeweiligen Tag war und nicht damit oder dagegen zu kämpfen.
Ich lernte, es zu ertragen, mich leer zu fühlen, ausgebrannt und oft so entsetzlich müde. Ich lernte, dann etwas für mich zu tun, flexibel mich meiner Tagesform anzupassen und nicht wütend auf mich zu sein, wenn diese keine großen Sprünge zuließ. Ich lernte, meine Wut als in Ordnung zu erleben, meinen Schmerz als logische Folge dessen, was mich da getroffen hatte. Und genau dieses Nachgeben, lockerte die Umklammerung in mir immer mehr, wurde, um mal zu meinem allerersten Bild zurückzukehren, der verloren geglaubte Schlüssel zum Innenweltkeller.
Ich begann bewusst mich schönen Dinge zuzuweden. Kaufte mir die Earth DVD Reihe und weinte über die Schönheit dieses, unseres Planeten. In mir diese immer mehr wachsende Dankbarkeit für dieses Geschenk, in einem solchen wundervollen Kosmos leben zu dürfen. Ich heulte meine kleinen vierpfotigen Therapeuten (aka meine Katzen) voll und währenddessen wurde ich mir ihrer Weichheit und Wärme gewahr. Ich lernte bewusst wahrzunehmen, immer mehr, auch (wieder) das Schöne in meinem Leben.
Ja, so war das bei mir.
Was Du, Dampfnudel, nun konkret machst, dazu kann ich Dir nicht wirklich etwas raten (desgleichen gilt für Widow), weil ich glaube, dass Trauer Gefühlssache ist und Gefühle sind so ureigen, dass sie in jedem Menschen eine ganz eigene Welt bilden. Allen ist nur eines gemein (mMn), sie wollen (durch)gelebt sein.
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Konkret getan habe ich, dass ich irgendwann begann, mir einen Weg zu suchen, mit MIR wieder in Kommunikation zu kommen und zu ergründen, was es denn sei, was da so weh tat und versuchte, es Stückchen für Stückchen als das zu akzeptieren, was es in sich tatsächlich zutiefst ist - logisch. Ich betrachte Gefühle mittlerweile als eine Art Energie, ähnlich wie Strom. Und wenn wir Stromschläge bekommen, dann laden wir uns auf, immer weiter. Und ist ein solcher Stromstoß heftig genug, dann entsteht eine schmerzhafte Überspannung.
Um diese wieder loszuwerden, ist ein Energiesparprogramm eher hinderlich, welches man mE aber fährt, versucht man irgendwas zu steuern, wegzudrücken, zu manipulieren oder sogar zu forcieren. Das Einzige was sich für mich als wirklich effektiv erwiesen hat, war die Sichtweise, das Ganze wie eine Welle zu betrachten, die man am besten überlebt, indem man sich mitten hineinwirft und sich mitreißen lässt, mit ihr schwimmt. Ergo: Ich lernte, mich einfach so hinzunehmen, wie ich am jeweiligen Tag war und nicht damit oder dagegen zu kämpfen.
Ich lernte, es zu ertragen, mich leer zu fühlen, ausgebrannt und oft so entsetzlich müde. Ich lernte, dann etwas für mich zu tun, flexibel mich meiner Tagesform anzupassen und nicht wütend auf mich zu sein, wenn diese keine großen Sprünge zuließ. Ich lernte, meine Wut als in Ordnung zu erleben, meinen Schmerz als logische Folge dessen, was mich da getroffen hatte. Und genau dieses Nachgeben, lockerte die Umklammerung in mir immer mehr, wurde, um mal zu meinem allerersten Bild zurückzukehren, der verloren geglaubte Schlüssel zum Innenweltkeller.
Ich begann bewusst mich schönen Dinge zuzuweden. Kaufte mir die Earth DVD Reihe und weinte über die Schönheit dieses, unseres Planeten. In mir diese immer mehr wachsende Dankbarkeit für dieses Geschenk, in einem solchen wundervollen Kosmos leben zu dürfen. Ich heulte meine kleinen vierpfotigen Therapeuten (aka meine Katzen) voll und währenddessen wurde ich mir ihrer Weichheit und Wärme gewahr. Ich lernte bewusst wahrzunehmen, immer mehr, auch (wieder) das Schöne in meinem Leben.
Ja, so war das bei mir.
Was Du, Dampfnudel, nun konkret machst, dazu kann ich Dir nicht wirklich etwas raten (desgleichen gilt für Widow), weil ich glaube, dass Trauer Gefühlssache ist und Gefühle sind so ureigen, dass sie in jedem Menschen eine ganz eigene Welt bilden. Allen ist nur eines gemein (mMn), sie wollen (durch)gelebt sein.
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
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Liebe Widow,
Liebe Grüße
Dampfnudel
Naja, also mir kommt es nicht so sehr auf die Anzahl der Phasen an als darauf, mich irgendwo wiederzufinden. Einen Halt zu finden, um zu merken, dass ich nicht verrückt geworden bin, sondern dass Andere sowas offensichtlich auch durchmachen. Und auch um Hoffnung zu haben, dass es irgendwann einmal wieder anders wird. Und in diesem Fall finde ich auch das mit den Aufgaben für mich sehr hilfreich. Ich komme mir so vor, als würde ich im luftleeren Raum hängen, im dichten Nebel, ohne Ziel, ohne Gefühl für mich oder irgendjemand sonst. Das Gefühl finde ich furchtbar. Wenn ich nun verstehe (oder annehme), dass ich noch gar nicht richtig begriffen habe, was passiert ist, dass meine Seele noch darum kämpft, auf dem Boden der Tatsachen anzukommen, und dass ich sie aber behutsam dahin begleiten muss, weil sie sonst zu hart aufschlägt und zerschellt, dann kann ich der Situation und meinen Gefühlen einen Sinn geben, dann fühle ich mich nicht so furchtbar hilflos und ohnmächtig.Widow hat geschrieben:Sorry, aber wozu?! Wozu das Ganze?
Fünf Phasen, vier oder zwanzig eineinviertel?
Also ich wäre ganz froh, wenn ich wieder ein bisschen besser funktionieren würde. Wenn ich wieder mehr spüren könnte oder klar denken oder teilnehmen und Anteil nehmen könnte an dem, was um mich herum passiert. Ich habe in den letzten Jahren genug gelitten unter meinen Depressionen, und mir reicht das. Mein Leben geht halt noch weiter, solange ich es zulasse. Und mein Vater hat mir vor seinem Tod gesagt, sein größter Wunsch sei, dass ich glücklich werde, und ich habe ihm versprochen, dass ich alles dafür tun werde, was in meiner Macht steht. Ich begreife das als eine Art Vermächtnis. Er würde es nicht wollen, dass ich hilflos durch meine Trauer treibe und darunter leide. Und ich will es auch nicht. Ich will einen Weg da heraus finden. Und nach dem suche ich.Widow hat geschrieben:All das ist doch auch nur Zurichtungsscheiße, um zu funktionieren in und für diese verf* Gesellschaft.
Ich mach da nicht mit.
Das ist einer der wenigen Gedanken, die die Traurigkeit für mich immer wieder spürbar machen. Und gleichzeitig finde ich die Vorstellung unerträglich.Widow hat geschrieben:Mein Toter. Den gibt es nämlich. In einem Grab langsam vor sich hinfaulend.
Was ist denn für Dich der Unterschied zwischen Trauer und Traurigkeit? Ich spüre meist nicht einmal Traurigkeit. Ich bin einfach nur wie betäubt. Ich vermute, dass hinter diesem Betäubungsschleier auch sowas wie Traurigkeit auf mich wartet. Aber ich glaube, dass alles zusammen für mich zur Trauer gehört. Irgendwie habe ich immer darauf gewartet, dass ich in mir drin sowas wie ein schwarzes Loch verspüre, das hatte ich nach dem Tod meines Großvaters, und das war damals für mich der Inbegriff der Trauer. Aber das ist bisher auch nicht gekommenWidow hat geschrieben:Aber wenn Du rausgefunden hast, für DICH, was Trauer ist, habe ich immer ein offenes Auge und lese Dich. - Ich hab's nicht rausgefunden. Bislang.
Ich habe nur Traurigkeit. Bodenlose, aber ich paddle immer noch an ihrer Oberfläche rum.
Liebe Grüße
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.
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Thread-EröffnerIn - [nicht mehr wegzudenken]
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Liebe Proserpina,
Liebe Grüße
Dampfnudel
Das möchte ich eigentlich auch am liebsten tun. Ich möchte den Schmerz bekämpfen, am liebsten vorbeugend, damit er gar nicht kommen und mich überwältigen kann. Ich habe Angst davor. Aber bisher habe ich noch niemanden getroffen, der gesagt hat, dass es ohne Schmerz geht, dass er sich wegschalten lässt oder dass man das gar machen sollte *seufz*Proserpina hat geschrieben:Ich trauerte indem in mit dem Schmerz kämpfte. Ich trauerte, indem ich mir all diese Dinge antat, um dem Schmerz zu bekämpfen. Ich trauerte nicht bewusst.
So langsam scheint es mir, als ob es auch gar nicht anders ginge. Der Versuch, dagegen anzuarbeiten, ist unglaublich kräftezehrend. Aber bei Dingen, vor denen man Angst hat, entwickelt man ja manchmal ungeahnte KräfteProserpina hat geschrieben:Das Einzige was sich für mich als wirklich effektiv erwiesen hat, war die Sichtweise, das Ganze wie eine Welle zu betrachten, die man am besten überlebt, indem man sich mitten hineinwirft und sich mitreißen lässt, mit ihr schwimmt. Ergo: Ich lernte, mich einfach so hinzunehmen, wie ich am jeweiligen Tag war und nicht damit oder dagegen zu kämpfen.
Das hat aber eine Weile gedauert, oder? Im Augenblick erreichen mich schöne Sachen gar nicht. Als ich mir diese Urlaubstage genommen habe, in denen ich mich gerade befinde, habe ich von allen Seiten gesagt bekommen, ich solle mir was Gutes tun. Aber ich weiß gar nicht, was mir gut tun könnte. Ich kann gerade gar nichts genießen. Es ist, als sei da eine dicke Glasscheibe zwischen mir und dem Rest der Welt.Proserpina hat geschrieben:Ich begann bewusst mich schönen Dinge zuzuweden. Kaufte mir die Earth DVD Reihe und weinte über die Schönheit dieses, unseres Planeten. In mir diese immer mehr wachsende Dankbarkeit für dieses Geschenk, in einem solchen wundervollen Kosmos leben zu dürfen. Ich heulte meine kleinen vierpfotigen Therapeuten (aka meine Katzen) voll und währenddessen wurde ich mir ihrer Weichheit und Wärme gewahr. Ich lernte bewusst wahrzunehmen, immer mehr, auch (wieder) das Schöne in meinem Leben.
Liebe Grüße
Dampfnudel
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