Abzocke oder wirklich systemische Therapie?

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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Pan_Dora
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Abzocke oder wirklich systemische Therapie?

Beitrag Do., 15.09.2011, 15:27

Guten Tag,

ich habe mich nach ziemlich langer Zeit dazu entschlossen für meine Probleme einen Psychotherapeuten aufzusuchen, teils auch um eine neue Perspektive auf meine aktuelle Situation zu gewinnen und so Handlungsmöglichkeiten wahrzunehmen. Wie das eben nun wahrscheinlich meistens so der Fall ist.

Nun, weil ich in dem Gebiet relativ gut informiert bin und mir Sorgen über die langen Wartezeiten machte, habe ich über die Ges. KV. extra Therapeuten mit freien Plätzen raussuchen lassen und auch sofort beim Ersten einen Termin für ein Erstgespräch bekommen. Das Gespräch lief gut, auch wenn ich hin und wieder das Gefühl hatte, das ein vorher eingeprobtes Drehbuch abgespult wurde. Jedenfalls sollte ich mich direkt für oder gegen eine Weiterführung der Behandlung entscheiden, was wohl auch nicht zu ungewöhnlich sein soll. Mein Entschluß fiel positiv aus, aber ich war doch stutzig, das ich dann sofort einen Stapel Papier erhielt (Therapieverträge, Fragebögen, KV-Antrag usw.) und ich möglichst bald eine bestimmte, ihm bekannte Ärztin für den konsiliarbericht aufsuchen sollte. Zudem: Ich hatte den Therapeuten wegen Verhaltenstherapie aufgesucht, aber es war immer wieder die Rede von systemischer Behandlung und einem ominösen bald stattfindendem Kurs in den ich "vielleicht" reinkönnte, aber das "müsse er sich noch überlegen". Nach Nachfrage wegen Kostenübernahme durch die KV wurde nur gesagt, das man da halt diesen Antrag einreicht und dann wird das übernommen. Mir war das alles sehr suspekt, aber der Therapeut schien mir sehr selbstbewusst, wohlwollend und überzeugt von sich.

Nun wurde in der nächsten Stunde mir und drei anderen Personen, ebenfalls Patienten, die nicht mehr als ein Erstgespräch hatten, ein drei-stündiger Vortrag über die systemische Therapie und ihre Methoden erzählt, welcher mit einer Familienaufstellung nach Hellinger endete. Am Ende wurde offen gelegt, dass es hierbei um einen einwöchigen "Kurs" geht, der in Südfrankreich stattfinden würde. Mit keinem Wort wurde von den Kosten, der Unterbringung oder dem genauen Tagesablauf gesprochen. Es wurde quasi eine Heilmethode beschrieben, die im Gegensatz zu langjährigen Therapien in kürzester Zeit komplette Persönichkeitsänderungen herbeiführen sollte. Als ich anmerkte, dass es schwierig sei so kurzfristig in meinem Beruf Urlaub zu bekommen, wurde relativ barsch entgegnet, dass man mit genügend Willen schon Mittel und Wege findet und besagte Konsiliarberichts-Ärztin für solche Fälle schonmal Krankschreibungen anfertigt (!). Jedenfalls müsse man sich mit der Entscheidung beeilen weil nur noch sehr wenige Plätze frei wären.

Mir wurde von Minute zu Minute unwohler. Ich habe mich soweit informiert, dass ich a) weiß, dass systemische Therapie NICHT übernommen wird (und ich auch nichts davon halte, wenn ich mit dem Therapeuten VT beantrage und er dann systemische Therapie praktiziert) und b) richtig Panik bekommen habe, als ich kritische Berichte über diese Art von mehrtägigen Familienaufstellungen gelesen habe.

Ich bin komplett verunsichert. Bin ich an einen Scharlatan geraten? Es wurde noch kein Antrag für Psychotherapie eingereicht (ich habe den glücklicherweise, zwar an diesen Tag mitgenommen, aber nicht bei ihm abgegeben!) : kann ich den nächsten termin einfach absagen und mir einen neuen Therapeuten suchen? Nachdem auch immer wieder abfällig über VT gesprochen wurde, habe ich große Angst, anschließend als Patient zweiter Klasse behandelt zu werden und am Ende noch verzweifelter dazustehen. Weiß hier jemand Rat oder hat ähnliche Erfahrungen gemacht?

Vielen Dank!

(Hinweis Admin: Betreffzeile auf "hint" der TE hin präzisiert)

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StarEnte
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Beitrag Do., 15.09.2011, 15:31

huhuu pan dora,

also mir würde da auch sehr unwohl werden.. finde es schon ziemlich merkwürdig, pass bloß auf !!
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luftikus
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Beitrag Do., 15.09.2011, 15:39

Also, ich hätte da auch Bauchschmerzen. Der Therapeut macht viel zu viel Druck, wirkt fast wie ein Versicherungsvertreter, der möglichst viele Vertragsabschlüsse kassieren will.

Meiner bisherigen Erfahrung nach hat man mehrere probatorische Sitzungen, die man dafür nutzen kann, um sich ein Bild von der Therapie und dem Therapeuten zu machen. Erst danach legt man sich fest. Der Konsiliarbericht kann auf jeden Fall von einem Hausarzt Deiner Wahl erstellt werden. Bisher hat noch keiner meiner Therapeuten in dieser Phase Druck auf mich ausgeübt.

Hm, und zu einem mehrtägigen Kurs, bei dem weder klar ist, was da genau passiert, und wieviel es kosten soll, würde ich bestimmt nicht hinfahren, schon gar nicht in Südfrankreich, von wo aus man im Zweifelsfall auch nicht wieder rasch und preiswert zurück nach Hause kommt.

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R.L.Fellner
Psychotherapeut
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Beiträge: 827

Beitrag Do., 15.09.2011, 16:57

Hallo Pandora,

was Sie da beschreiben, hat mit professionell ausgeübter systemischer Psychotherapie (Informationen dazu siehe Link) nichts zu tun. Der betreffende Therapeut mag vielleicht einmal eine entsprechende Ausbildung absolviert haben, aber wie er seinen Beruf heute ausübt und was er da anzubieten scheint, hat aus meiner Sicht (ich bin selbst systemischer Therapeut) nur wenig zu tun.

Bei Familienaufstellungen bzw. Systemischen Strukturaufstellungen (Infos ebenfalls siehe Link) handelt es sich um potentiell sehr "kraftvolle" Interventionen, wichtig ist aber deshalb gerade auch hier professionelle Ausübung und idealerweise eine Einbettung in den Kontext einer regelmäßigen Psychotherapie! Gerade im deutschen Sprachraum wird diese Methode aber leider von vielen Therapeuten und "Wochenendkursabsolventen" mit den Methoden B. Hellinger's vermanscht, was mitunter höchst problematische Folgen hat. Als wirklich Hilfesuchender und ohne konkrete Anlaufstelle für etwaige Weiterarbeit an den bei einem solchen sog. "Kurs" (wie das Ihnen gegenüber genannt wurde) aufgerissenen Themen wäre ich sehr vorsichtig, mich auf so etwas einzulassen.

Wenn Sie die Kosten ersetzt bekommen, können Sie auf eigene Verantwortung natürlich zusagen - raten aber würde ich Ihnen dazu, lieber mit dem 2. Eintrag auf der Liste verfügbarer Therapeuten beginnend weiterzusuchen .... (siehe auch: Tipps zur Therapeutensuche bzw. welches ist für mich der "richtige" Therapeut?)

Alles Gute für Ihren Weg!
Richard L. Fellner

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Offy
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Beitrag Fr., 16.09.2011, 10:50

Hallo Pan_Dora,

was du da erlebt hast, ist enorm erschreckend.
Nichts von all dem, was dieser Therapeut (es widerstrebt mir ja schon, ihn so zu bezeichnen) getan und gesagt hat, ist professionell.
Für mich klingt es nach einem "Haustürgeschäft", bei dem das einzige Ziel ist, dir schnell und teuer irgendwas unnützes zu verkaufen.
Tu dir den Gefallen und lass dich bitte nicht auf diesen Typen ein.

Allein schon die Tatsache, dass er dich im Ausland einen Kurs machen lassen will, der außerhalb eines bestehenden therapeutischen Verhältnisses stattfindet, ist unseriös und endet nur allzu oft in einer Katastrophe für die Betroffenen.

Lauf! So schnell du kannst.

Und ...
raten aber würde ich Ihnen dazu, lieber mit dem 2. Eintrag auf der Liste verfügbarer Therapeuten beginnend weiterzusuchen
Heute weinte ich –
aber keine Träne benetzte eine Blume.
Still, leise und nutzlos!
Werde ich auch so von der Welt gehen?

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Pan_Dora
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Beitrag Fr., 16.09.2011, 11:13

Erstmal: Vielen Dank für die vielen und schnellen Beiträge! Ich war von dem Erlebnis sehr mitgenommen und die Anteilnahme hat mir sehr geholfen, wieder etwas klarer zu sehen.

Ich war zudem sehr verunsichert, weil man mich im Umfeld sehr zu einer Therapie gedrängt hatte und meine Bedenken teils als Unwillen interpretiert wurden...Ich möchte auch klarstellen, dass der Titel sehr unglücklich ist: das systemische Therapie an sich nicht unseriös ist, war mir klar, ich wusste von der Zusatzausbildung des Therapeuten und finde auch viele Elemente dieser Denkrichtung sehr interessant und stimmig. Aber in dem Moment, als mich dieser mir zu diesem Zeitpunkt noch sehr fremde Mann unvermittelt packte und als Stellvertreter seiner selbst durch den Raum zerrte, war die Entscheidung schon gefallen.

P.S.: Danke auch an die Absenderin der privaten Nachricht! Leider kann ich noch nicht antworten, da diese Funktion bei mir anscheinend noch nicht freigeschalten ist (?)

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 16.09.2011, 11:52

Pan_Dora hat geschrieben: Nun, weil ich in dem Gebiet relativ gut informiert bin und mir Sorgen über die langen Wartezeiten machte, habe ich über die Ges. KV. extra Therapeuten mit freien Plätzen raussuchen lassen und auch sofort beim Ersten einen Termin für ein Erstgespräch bekommen. Das Gespräch lief gut, auch wenn ich hin und wieder das Gefühl hatte, das ein vorher eingeprobtes Drehbuch abgespult wurde. Jedenfalls sollte ich mich direkt für oder gegen eine Weiterführung der Behandlung entscheiden, was wohl auch nicht zu ungewöhnlich sein soll. Mein Entschluß fiel positiv aus, aber ich war doch stutzig, das ich dann sofort einen Stapel Papier erhielt (Therapieverträge, Fragebögen, KV-Antrag usw.) und ich möglichst bald eine bestimmte, ihm bekannte Ärztin für den konsiliarbericht aufsuchen sollte. Zudem: Ich hatte den Therapeuten wegen Verhaltenstherapie aufgesucht, aber es war immer wieder die Rede von systemischer Behandlung und einem ominösen bald stattfindendem Kurs in den ich "vielleicht" reinkönnte, aber das "müsse er sich noch überlegen". Nach Nachfrage wegen Kostenübernahme durch die KV wurde nur gesagt, das man da halt diesen Antrag einreicht und dann wird das übernommen. Mir war das alles sehr suspekt, aber der Therapeut schien mir sehr selbstbewusst, wohlwollend und überzeugt von sich.

Nun wurde in der nächsten Stunde mir und drei anderen Personen, ebenfalls Patienten, die nicht mehr als ein Erstgespräch hatten, ein drei-stündiger Vortrag über die systemische Therapie und ihre Methoden erzählt, welcher mit einer Familienaufstellung nach Hellinger endete. Am Ende wurde offen gelegt, dass es hierbei um einen einwöchigen "Kurs" geht, der in Südfrankreich stattfinden würde. Mit keinem Wort wurde von den Kosten, der Unterbringung oder dem genauen Tagesablauf gesprochen. Es wurde quasi eine Heilmethode beschrieben, die im Gegensatz zu langjährigen Therapien in kürzester Zeit komplette Persönichkeitsänderungen herbeiführen sollte. Als ich anmerkte, dass es schwierig sei so kurzfristig in meinem Beruf Urlaub zu bekommen, wurde relativ barsch entgegnet, dass man mit genügend Willen schon Mittel und Wege findet und besagte Konsiliarberichts-Ärztin für solche Fälle schonmal Krankschreibungen anfertigt (!). Jedenfalls müsse man sich mit der Entscheidung beeilen weil nur noch sehr wenige Plätze frei wären.

Mir wurde von Minute zu Minute unwohler. Ich habe mich soweit informiert, dass ich a) weiß, dass systemische Therapie NICHT übernommen wird (und ich auch nichts davon halte, wenn ich mit dem Therapeuten VT beantrage und er dann systemische Therapie praktiziert) und b) richtig Panik bekommen habe, als ich kritische Berichte über diese Art von mehrtägigen Familienaufstellungen gelesen habe.

Ich bin komplett verunsichert. Bin ich an einen Scharlatan geraten?!
Ich würde mich auf jeden Fall bei der kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkasse über diesen Therapeuten beschweren. Die interessieren sich auf jeden Fall für Scharlatane in ihrem Gewerbe die betrügen.

Entweder begeht dieser Therapeut nämlich Abrechnungsbetrug und rechnet mit der Kasse was anderes ab als tatsächlich stattfindet oder aber dir werden falsche Versprechungen gemacht und die Sache bleibt finanziell an dir hängen.

Eine Therapie bei der in einer Woche deine Probleme gelöst werden gibt es nicht. Das sind völlig unseriöse Versprechungen. Und von Hellinger würde ich schon gleich drei mal die Finger lassen. Wenn du eine Familienaufstellung machen möchtest, hier gibt es auch seriöse Anbieter (die nicht nach Hellinger arbeiten) , die allerdings selbst zu bezahlen sind.

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 16.09.2011, 11:59

Pan_Dora hat geschrieben: Ich war zudem sehr verunsichert, weil man mich im Umfeld sehr zu einer Therapie gedrängt hatte und meine Bedenken teils als Unwillen interpretiert wurden...
Hier würde ich mich ganz drastisch abgrenzen. Deine Therapie und wie du dieses Thema handhabst geht andere Menschen einen feuchten Kehricht an.

Die Suche nach einem passenden Therapeuten ist eine höchst individuelle und private, ich würde sogar so weit gehen zu sagen intime Angelegenheit und ich würde mich mal fragen ob Leute die sowas behaupten wirklich deine Freunde sind und ob du solche Menschen, bei denen du dich auch noch rechtfertigen darfst wenn dir sowas wiederfährt unbedingt in deinem Leben brauchst.

Wenn man solche Leute als Freunde hat braucht man keine Feinde

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Miss_Understood
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Beitrag Fr., 16.09.2011, 12:34

Hallo Pan_Dora - Du hast Post. Wenn du bereits drei PNs im Postfach hast, bleibt eine neue so lange in der Pipeline bis du wieder Platz geschaffen, sprich welche gelöscht hast. Schöner Gruß von der Miss.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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