Kontrollzwang und Ängste - mit Kinderwunsch vereinbar?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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franca
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Kontrollzwang und Ängste - mit Kinderwunsch vereinbar?

Beitrag Sa., 14.05.2011, 10:03

Hallo!

Ich möchte jetzt mal ein Thema ansprechen, das mit schon seit längerem unter den Nägeln brennt:
Also, ich hab ja einen Kontrollzwang, leide an Ängsten, bin absolut perfektionistisch und tendiere zur Hypochondrie. Das alles hab ich in den letzten Jahren und speziell in den letzten Monaten wirklich bemerkenswert gut in den Griff bekommen.
Von "gesund sein" kann man aber keineswegs sprechen. Jetzt ist es allerdings so, dass mein Partner und ich uns eigentlich schon irgendwann mal Kinder wünschen. Es war jedoch klar, dass das Thema Familienplanung erst dann spruchreif wird, wenn's mir ernsthaft besser geht und ich mir das selber auch zutraue.
Wie gesagt, ich bin am Weg der Besserung und deshalb möcht ich langsam damit anfangen, mir zumindest mal Gedanken darüber zu machen.
Mein Frage ist jetzt, wie eure Meinungen zum Thema Ängste, Zwänge und Vereinbarkeit mit Kindern ist. Hat von euch jemand Kinder trotz Zwang? Wie lebt ihr mit Zwang und Kindern? Hat das Kinderkriegen was bei euch verändert?
Ich fürchte mich einfach irgendwie, dass meine Zwang zB wieder voll ausbrechen könnte, wenn ich ein Kind hab. Dass ich das Kind vielleicht die ganze Zeit kontrollieren würde und sich das sehr schädlich auf seine Entwicklung auswirken könnte. Irgendwie sind da schon ganz viele Ängste und Zweifel an meiner Fähigkeit, eine gute Mutter zu sein. - Ist es vielleicht unverantwortlich von mir, ein Kind in die Welt setzen zu wollen, wenn ich solche psychischen Probleme habe? Oder hab ich trotzdem das "Recht", meinem Partner und mir diesen Wunsch zu erfüllen, wenn wir uns der Problematik bewusst sind und daran arbeiten?

Über Meinungen und Erfahrungen würde ich mich sehr freuen!

Liebe Grüße,
franca

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metropolis
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Beitrag So., 15.05.2011, 10:50

Hallo franca,

um dir etwas raten zu können, bräuchte man mehr Informationen über deine Zwänge. Was genau machst du, was beinhalten deine Zwänge? Wie stark sind sie ausgeprägt? Wie stark beeinflussen andere Menschen deine Zwänge? Welche Faktoren verstärken sie?

Zwang und Kind müssen sich nicht ausschließen. Aber meiner Meinung nach ist es ja so, dass Babys und Kinder eigenständige Wesen mit einem eigenen Kopf sind. Kinder funktionieren nicht zuverlässig wie ein Uhrwerk und sind manchmal schwer kontrollierbar. Da gehört ganz viel Geduld und Gelassenheit neben Konsequenz und Strenge dazu. Und da wäre bei dir eben die Frage, wie du das aushalten würdest, wenn dein Kind eben mal nicht funktioniert. Kinder machen sich dreckig, toben herum, setzen sich Gefahren aus und verletzen sich auch mal. Wenn dich das heillos überfordern würde, weil du dein Kind (über-)behüten willst, wäre das schon ein arges Problem. Dein Kind soll sich ja auch entfalten können. Wird es allerdings sehr in deine Zwänge eingebunden, kann es sich nicht normal entwickeln. Gerade der Perfektionismus könnte sich sehr negativ auswirken. Denn ein Kind stellt natürlich dein Leben und deine perfekten Strukturen auf den Kopf.

Was könnte man dir raten? Eine Therapie machen? Eine Selbsthilfegruppe suchen? Überlegen ob dein Mann vielleicht sehr stark in die Kinderbetreuung eingebunden wird?

Liebe Grüße

metropolis
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

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franca
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Beitrag Di., 17.05.2011, 07:39

Hallo metropolis!

Danke für deine Antwort und entschuldige, dass ich jetzt erst schreibe. Die letzten Tage waren a bissl zu stressig um noch Zeit zu finden, sich mit meiner Psyche zu beschäftigen
Mein Perfektionismus bezieht sich eigentlich nur auf mich selbst und die Ansprüche, die ich an mich selbst stelle. Also Thema Studium und Arbeit. Belastender und in Bezug auf ein Kind auch schlimmer finde ich den Kontrollzwang, der sich auf technische Geräte bezieht. Hab immer Angst, die Wohnung zu verlassen, weil da könnte ja was zu brennen beginnen und jemand zu Schaden kommen. Inzwischen hab ich das grundsätzlich recht gut im Griff, aber die Küche macht mir noch immer etwas zu schaffen. Besonders der Herd. Ich kontrollier dann immer ganz oft, greife, ob die Kaffeemaschine ausgeschaltet ist, berühre die Herdplatten, schau ganz genau, ob irgendein Licht bei einer Maschine brennt und ja alles aus ist. - Dahinter verborgen liegt lt. meinem Therapeuten die grundsätzliche Angst, jemandem zu schaden. Besonders stark ist diese Angst natürlich in Bezug auf die eigene Familie und mein Haustier, das ich leider in der Wohnung einsperren muss. - Was ich hierbei als besonders schmerzlich empfinde ist, dass ich meinen Sinnen in diesem Moment nicht traue. (ich hab dazu schon mal im Thread "Kontrollzwang-Alternativen zur Verhaltenstherapie" geschrieben) Und das ist es auch, was mir ein bisschen Angst macht, wenn ich an ein Baby denke: dass ich was falsch machen könnte, aus Dummheit, Unwissenheit, Fahrlässigkeit. Außerdem überreagiere ich, wenn ich zB höre, dass ein Kind oder ein Tier schreit, weint, fiebt, ... . Ich mach mir dann häufig ganz unnötig große Sorgen, und da hab ich Angst, dass so etwas dem Kind in der Schwangerschaft, wo es so viele Untersuchungen und Kontrollen gibt - was mich meist recht nervös macht - natürlich schaden könnte. Speziell, da ich ja meine Medis (Fluoxetin) während dieser Zeit nicht nehmen darf. - Außerdem könnt ich mir vorstellen, dass da zB die Teenagerzeit, wenn ein Kind anfängt auszugehen, Alkohol zu trinken und wer weiß was noch, ziemlich schwierig für mich sein könnte. In Bezug auf Alkohol hab ich echt Angst, auch bei meinem Freund. Ich bitte ihn oft, ja nicht zu viel zu trinken, wenn er mit Freunden unterwegs ist, weil ich mir da so große Sorgen mach, dass was passieren könnte, wenn er allein heim geht. Und das, obwohl ich selbst mir in meiner Jugend echt nichts geschenkt hab. - Naja, das könnte auf jeden Fall echt schwierig werden - für das Kind und mich.
Aber wie gesagt, ich bin mir dieser Schwierigkeiten glaub ich recht gut bewusst und versuch an mir zu arbeiten. Hab auch schon 6 Jahre Therapie hinter mir und es hat sich viel gebessert. Der Zwang bezieht sich nur mehr auf die Küche, nicht mehr auf alle Geräte. Panikattacken hab ich nur mehr ganz selten, in echten Ausnahmesituationen. Ängsten versuche ich sachlich zu begegnen und inzwischen kann ich mich auch schon auf meine "Erfahrung" berufen, also zig Situationen wo sich die Angst als unnötig herausgestellt hat - das hilft mir auch ganz gut.
Bei einer Selbsthilfegruppe war ich mal, aber das war irgendwie gar nicht angenehm für mich. - Aber ich werd mich mal umsehen ob's so eine Gruppe zum Thema psychische Krankheiten und Familie gibt. Ist auf jeden Fall eine gute Idee, danke metropolis.
Ja, mein Partner könnte definitiv nicht überdurchschnittlich viel in die Kinderbetreuung miteinbezogen werden, da ich in einem prekären Arbeitsverhältnis bin - was in dieser Branche normal ist und sich daher auch nicht ändern wird - und wir uns deshalb keinesfalls auf mein Einkommen verlassen können. Also, er wird nicht in Karenz gehen. Auch sonst ist es so, dass ich einen Teil der Arbeit zuhause erledigen kann, was bei ihm nicht möglich ist.

Also, was meint ihr? Gibt's Personen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden? Ist hier jemand, der mit Kind und Zwang/Ängsten lebt? Wie war die Schwangerschaft für euch? Ich würde mich wirklich sehr über Erfahrungen und weitere Anregungen freuen!

Liebe Grüße,
franca

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franca
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Beitrag Sa., 28.05.2011, 10:45

Gibt's wirklich niemanden, der über dieses Thema was berichten kann und möchte?
Würde mich wirklich sehr über Antworten freuen!
Liebe Grüße,
franca

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metropolis
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Beitrag Sa., 28.05.2011, 11:17

Vielleicht hast du in anderen Foren mehr Glück. Die Dichte an Zwangserkrankten ist hier wohl nicht so groß, erst recht nicht Betroffene mit Kindern. So scheint es zumindest.

Ich selbst habe eine Tochter und Trichotillomanie, aber dieser Zwang hat so gut wie keine Konsequenzen für mein Umfeld.
Dein Fall klingt für mich so, dass die Zwänge dich als Mutter schon sehr beeinflussen werden. Außerdem halte ich es für wahrscheinlich, dass bereits unter Kontrolle gebrachte Zwänge mit Kind wieder stärker werden. Aber ich kenne mich nicht wirklich aus, da ich nicht selbst betroffen bin.

Andere Foren wären z.B.:

http://www.zwaenge.de/agora/index.php?s ... um&lang=de

http://www.psychosomatik-austausch.de/f ... m.php?f=18

http://www.psychologieforum.de/psycholo ... waenge-14/

http://www.hilferuf.de/forum/forum.php
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Theodor Storm

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Mamamaus
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Beitrag Sa., 28.05.2011, 20:56

Hallo franca,

also ich habe 2 kleine Kinder trotz Depressionen und Ängsten. Es ist aber manchmal total hart wenn es einem selbst nicht gut geht. Ich habe diesen Perfektionismus auch und es macht mich manchmal ganz verrückt wenn die Kleinen die ganze Bude auf den Kopf stellen, aber irgendwie lernt man damit umzugehen, es bleibt einem ja nix anderes übrig. Nach dem ersten Kind hatte ich das mit dem Kontrollzwang auch sehr stark, ich musste dauernd schauen ob das Kind noch atmet und solche Dinge, schrecklich. Und ich habe den Kleinen auch nie alleine gebadet aus Angst ihm könnte was passieren wenn er mir ausrutscht und sowas. Die Schwangerschaften waren schlimm, es ging mir psychisch sehr schlecht, aber ich hatte auch Risikoschwangerschaften. Beim zweiten Kind musste ich ab der 14 SSW auch Fluoxetin nehmen, welches ich dann aber bis zur Geburt ausgeschlichen habe und gleich nach der Geburt wieder angesetzt habe, ich habe dann eben nicht gestillt, aber es ging ganz gut.

Ich denke einen Rat ob Kinder ja oder nein kann Dir keiner geben, das musst Du selber spüren ob Du denkst bereit dazu zu sein oder nicht. Auch psychisch erkrankte Mütter können gute Mütter sein.

LG Mamamaus

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franca
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Beitrag So., 29.05.2011, 18:02

Metropolis, danke für deine Antwort und die Links!

Mamamaus, danke fürs Mitteilen deiner Erfahrungen!
Ich weiß, dass mir das niemand sagen kann, ob Kind, ja oder nein. Aber es freut mich einfach von Menschen zu hören, die das alles gut schaffen, auch wenn es eine Herausforderung ist. Irgendwie glaub ich, dass ich die Entscheidung eigentlich eh schon getroffen habe, aber ein bisschen Angst habe, mir das selbst einzugestehen. Hab gestern auch nochmal mit meinem Freund darüber gesprochen, und wir werden versuchen, das ganz langsam und behutsam als eine Art Projekt, auf das wir beide uns bestmöglich vorbereiten werden, anzugehen und auch wirklich schon im Vorfeld nach einer Selbsthilfegruppe und möglicher Unterstützung Ausschau zu halten.
Vielen Dank auf jeden Fall nochmal für eure Antworten!
Liebe Grüße,
franca

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Mamamaus
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Beitrag So., 29.05.2011, 20:38

Hallo franca,

such Dir wenn Du dann schwanger bist bitte gleich von Anfang an eine gute Hebamme, meine hat mich nämlich sehr unterstützt in den Tiefs der schwangerschaft und auch nach der Geburt. Weil Du weißt ja sicher, dass nach der Geburt wenn man psychisch erkrankt ist ja auch schlimme Depressionen oder Psychosen auftreten können mit Ängsten und Zwängen. Gerade wegen der Hormonumstellung und Lebensumstellung. Am besten im Vorfeld den Notfallplan bereithalten wo man sich hinwenden kann wenn nichts mehr geht oder man merkt dass sich was anbahnt. Und sehr wichtig mit dem Arzt zu besprechen wie man das mmit den Medikamenten in der Schwangerschaft und stillzeit handhaben kann. Was für Mutter und Kind vertretbar ist.

LG Mamamaus

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franca
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Beitrag Di., 31.05.2011, 17:50

Ja, werd ich machen. Aber wie gesagt, ist im Moment noch nicht spruchreif, jetzt werd ich erstmal noch an mir arbeiten und hoffentlich noch gscheite Fortschritte machen. Dann sehen wir weiter.
Danke nochmal für die Tipps, Mamamaus!

Liebe Grüße,
franca


machoo012
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Sa., 11.06.2011, 20:06

Hallo alle,
Ich habe ähnliche Probleme.
Mein Problem ist, wenn ich Abends schlafen gehe,drängt mich ein Gefühl dass ich nochmal nachgucke ob alle Lichter aus sind oder ob die Türen geschlossen sind. Ich leide an diesen Zwängen jetzt schon seit 3 Monaten.
Wenn ich zu meinen Freunden gehe drängt mich immer ein Gefühl,dass ich ihnen etwas peinliches aus meiner Vergangenheit erzähl muss,ich es aber gar nicht erzählen will.Ich hab mir vor ein paar tagen eine Softairwaffe gekauft.Jetzt zwingt mich dieses Gefühl,dass ich mir selber drauf schiessen muss. Ich will mir aber nicht selber drauf schiessen.

Meine Fragen:
Leidet jemand anderes auch an so etwas?
Was kann man dagegen tun?
Woher bekommt man solche Zwanggefühle?

Ich würd mich freuen wenn mir jemand weiter helfen kann.

machoo012

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franca
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Beitrag So., 12.06.2011, 07:56

Hallo machoo012!

Zuerstmal herzlich willkommen im Forum! Ich finde es sehr gut, dass du dich auf die Suche nach HIlfe begibst!
Ich leide seit 6 Jahren an einem Kontrollzwang und hab mich daher ziemlich intensiv mit dem Thema befasst. Ich kann dir im Moment nur folgenden Rat geben:

Bitte such umgehend einen Therapeuten auf! Eine Zwangserkrankung wird man im Normalfall nicht von selber los und vorallem kann ein Zwang relativ schnell stärker werden. Ich hab außerdem gelesen, dass die Behandlung umso effizienter und einfacher ist, je früher man damit beginnt. Also, bitte warte nicht zu! Du könntest ja zuerstmal mit deinem Hausarzt darüber sprechen. Der kann dir dann sagen, was du weiter tun solltest und an wen du dich wenden kannst.

Die Gründe für einen Zwang sind individuell verschieden, da kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Aber meines Wissens nach gibt es meist etwas in der Vergangenheit, das schlecht bewältigt wurde/sich als problematisch für die Psyche herausstellt, und dann oft durch einen direkten Auslöser zum Ausbruch der Zwangskrankheit führt. Wenn es dich interessiert, wie das bei anderen so ausschaut, dann findest du u.a. hier im Forum einige Threads zum Thema Gedanken- und/oder Kontrollzwänge. "Mein" Thread zB ist hier: viewtopic.php?f=13&t=18532
Allgemeine Infos zu Zwängen kannst du auch auf der von Metropolis genannten Seite http://www.zwaenge.de finden.

Alles Gute und liebe Grüße,
franca

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