Angst, meinen Hausschlüssel zu verlieren

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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Gemellus
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Angst, meinen Hausschlüssel zu verlieren

Beitrag Fr., 04.03.2011, 20:00

Ich habe fürchterliche Angst meinen Hausschlüssel zu verlieren. Sogar wenn ich ihn in der Hand habe, bin ich mir nicht sicher, und bin schweißgebadet und mit Herzklopfen. In meiner Tasche muss ich ständig kontrollieren, ob ich ihn habe. Ich lege Gänge und Ausgehen so, dass ich zuhause klingeln kann und den schlüssel nicht hervorsuchen muss. Ich fühle mich regelrecht behindert deswegen. Auch die Vorstellung, ihn wirklich zu verlieren - was würde passieren, außer ich müßte den Schlüsseldienst holen? - hilft mir nicht weiter.
Mittlerweile erstreckt sich die Angst auch auf meinen Geldbeutel und meine Bankcard.
Ich gehe ungern nach draußen, weil ich sofort Ängste bekomme. Ich habe das Gefühl, die Ängste ist ein Krake, der immer mehr wächst.
Ich habe eine Psychiaterin, aber keine Psychotherapeutin. Sie will mir immer mehr Medikamente verschreiben (Seroquel und Risperdal), aber ich habe das Gefühl, die Medikamente machen es noch schlimmer.
Ich denke, dass hinter dieser Angst etwas anderes steht. Doch ich komme nicht dahinter, was.

liebe Grüße Gemellus

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SamuelZ.
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Beitrag Fr., 04.03.2011, 20:15

Hallo Gemellus,
zunächst einmal ist es schlimm, sein Schlüsselbund, Geldbeutel, etc. zu verlieren. Diese Angst kenne ich auch sehr gut.
Du schreibst, du hättest Angst, den Schlüssel zu verlieren oder ihn überhaupt aus der Hosentasche herauszuholen, hältst ihn deshalb versteckt, rührst ihn keinen Zentimeter. Ich sehe da eine große Verlustangst.
Diese Verlustangst hast du vermutlich unabhängig von deinem Schlüssel.
Du könntest dich mal fragen, was du wirklich in deinem Leben auf keinen Fall verlieren möchtest, oder ob es da einen großen Verlust gab oder bald geben wird, den du im Moment noch gar nicht so klar sehen kannst, sondern nur fühlen.
lg Sandy

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 04.03.2011, 20:51

Also Neuroleptika helfen nicht ursächlich gegen Zwangsgedanken und ich würde dir auch nur raten welche auszurprobieren, wenn psychotherapeutisch alles ausgeschöpft ist weil sie krasse Nebenwirkungen haben.

Ich würde es zuallererst mit einem auf solche Sachen spezialisierten ambulanten Verhaltenstherapeuten versuchen, wenn das nicht ausreichend nutzt mit einer psychotherapeutischen Klinik, also massiv psychotherapeutisch dagegen anzugehen. Es gibt auch noch angstlösende Antidepressiva. Neuroleptika wie Seroquel und Risperdal sind wirklich der letzte Nagel wenn garnichts anderes hilft, glaub mir, die Dinger willst du nicht wirklich nehmen wenn wenn nicht alles andere nicht funktioniert hat weil das was Neuroleptika mit dir sonst noch machen die Lebensqualität auch erheblich einschränkt.

Sorry, aber ich würde mir einen anderen Psychiater suchen. Ein Psychiater der auf jedliche Art von Krankheit mit Neuroleptika munter draufhaut ist nicht seriös, Neuroleptika sind Medikamente gegen Wahnideen bei Psychosen und sind als off label Anwendung bei anderen Störungen das Mittel der letzten Wahl, etwas das man probieren kann wenn sonst nichts hilft oder man aus sonstigen Gründen ein stark sedierendes Medikament benötigt das nicht süchtig macht. Du brauchst aber kein Medikament das dich allgemein ruhigstellt und dich gleichgültig macht.


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Beitrag Fr., 04.03.2011, 22:59

Vielleicht hilft schon die Deponierung eines Zweitschlüssels beim Nachbarn. Oder man klebt ihn mit Klebeband an die Innenseite der Kellertür, so daß man ihn notfalls von außen erreichen kann.

Kritisch würde es doch erst, wenn ein Dieb/Räuber oder Finder ihn einer konkreten Wohnung zuordnen könnte, wenn z. B. die Handtasche mit Ausweispapieren geraubt werden würde.

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Gemellus
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Beitrag Sa., 05.03.2011, 15:03

Hallo und danke für die Antworten;
die Angst geht so weit, dass ich sogar, wenn ich den Schlüssel in der Hand habe, es nicht glaube und totale Angst habe, dass es nicht wahr ist. Ich weiß auch nicht, warum ich mich so bei diesem Thema aufhänge. Auch der Schlüssel beim Nachbarn würde nix nützen, weil meine Angst völlig irreal ist.
(Vor Jahren, als ich diese Ängste noch nicht hatte, hatte ich den Schlüssel wirklich mal vergessen und musste den Schlüsseldienst rufen - nix Schlimmeres ist passiert, als dass ich viel Geld los war).
Das letzte mal, als ich einkaufen ging, bekam ich plötzlich eine Angstattacke. Deshalb habe ich das Gefühl, die Angst weitet sich aus.
Ich würde die Neuroleptika ja nehmen, wenn sie mir helfen würden, aber sie helfen mir überhaupt nicht.
Ich habe allerdings Psychotherapeutisch noch nichts passiert, weil mir meine Psychiaterin gesagt hat, in einer Verhaltenstherapie müsste ich durch die Angst durch. Das versuche ich ständig und mache es sogar, aber die Angst wird nicht weniger, im Gegenteil.
Wie würde ein Psychotherapeut vorgehen? Vielleicht ist Verhaltenstherapie ja nicht das Richtige.

liebe Grüße Gemellus

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 05.03.2011, 15:46

Ich würde mir eine psychotherapeutische Klinik suchen die ein auf Angststörungen spezialisiertes Behandlungsangebot hat.

Wie "ein Therapeut" vorgeht? Das musst du mit jedem einzelnen in den probatorischen Sitzungen besprechen. Da gibt es nicht "die" Vorgehensweise.

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autumnflower
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Beitrag Sa., 05.03.2011, 17:04

Hallo Gemellus,
Ich würde die Neuroleptika ja nehmen, wenn sie mir helfen würden, aber sie helfen mir überhaupt nicht.
Gegen Zwangsgedanken und Ängste helfen angstlösende Medikamente, deshalb wundert es mich, dass Dir Deine Psychiaterin nur Neuroleptika anbietet. Hast Du mal nach anderen Medikamenten gefragt? Mir halfen NL auch nicht, sie haben mich benebelt und das hat dann meine Ängste verstärkt.
Ich habe allerdings Psychotherapeutisch noch nichts passiert, weil mir meine Psychiaterin gesagt hat, in einer Verhaltenstherapie müsste ich durch die Angst durch. Das versuche ich ständig und mache es sogar, aber die Angst wird nicht weniger, im Gegenteil.
Wie würde ein Psychotherapeut vorgehen? Vielleicht ist Verhaltenstherapie ja nicht das Richtige.
Meine Zwangsgedanken habe ich ganz gut mit angstlösenden Medikamenten in den Griff bekommen. Momentan mache ich eine Verhaltenstherapie, wir arbeiten nicht gezielt an den ZG, weil sie mich momentan nur selten belasten.
Es gibt ganz verschiedenen Methoden, schon deshalb solltest Du zum Therapeuten gehen, der kann Dir am Besten Auskunft geben und mit Dir einen Therapieplan erstellen. Einfach durch die Angst, ist so ein Tipp, mit dem ich persönlich wenig anfangen kann. Vermutlich meint sie, dass es nicht besser wird, wenn man solche Situationen meidet, womit sie recht hat, aber wäre das die Lösung, dann hätten wir alle sehr schnell keine Ängste mehr.

Mein Arzt hat mich kürzlich auf "Assoziationsspaltung" aufmerksam gemacht, eine Technik, um Zwangsgedanken zu reduzieren. Entwickelt wurde die Methode von Mitarbeitern der Uni Hamburg, wenn ich mich recht erinnere. Du kannst nach dem Begriff googlen und Dir die Anleitung kostenlos herunterladen. Vielleicht hilft es Dir.

Ich würde Dir erstmal zu einer Verhaltenstherapie raten. In den probatorischen Sitzungen klärt man die Symptomatik, das Therapieziel, u.ä. Wenn der Verhaltenstherapeut denkt, dass eine andere Therapieform für Dich hilfreicher ist, sagt er oder sie das. Deine Ängste begleiten Dich scheinbar schon täglich, Du gehst ungern raus und die Zwangsgedanken beziehen sich nicht mehr nur noch auf den Schlüssel, sondern auch auf die Geldbörse und -karte. Bei mir hat sich das übrigens auch schleichend verstärkt. Jedenfalls ist die Verhaltenstherapie gegenwartsbezogen, z.B. nicht mehr zehn Mal kontrollieren, ob der Schlüssel da ist, sondern nur noch acht Mal, usw. und Du könntest auch immer noch im Anschluss daran Dich mit den Ursachen dieser Ängste z.B. in einer tiefenpsychologischen Therapie, beschäftigen.

Was ich manchmal mache, ich "analysiere" die Situation, in der ich Ängste oder Zwangsgedanken haben. Ich versuche einen Zusammenhang zu finden, warum gerade jetzt und hier wieder dieser Gedanke. Vor was habe ich eigentlich Angst? Meine Erfahrungswerte sind diesbzgl. nicht so gross, ich habe jedoch das Gefühl, dass ich allein damit schon, mich vom Zwangsgedanken ablenke, wobei es natürlich eine Rolle spielt, wie stark die Angst in dem Moment ist. Als ich ganz schlimm in diesem Kreislauf war, konnte ich das nicht.

Viele Grüße
autumnflower

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Gemellus
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Beitrag Sa., 05.03.2011, 17:59

autumnflower hat geschrieben:



Mein Arzt hat mich kürzlich auf "Assoziationsspaltung" aufmerksam gemacht, eine Technik, um Zwangsgedanken zu reduzieren. Entwickelt wurde die Methode von Mitarbeitern der Uni Hamburg, wenn ich mich recht erinnere. Du kannst nach dem Begriff googlen und Dir die Anleitung kostenlos herunterladen. Vielleicht hilft es Dir.



Viele Grüße
autumnflower
Bin gerade am Lesen der Assoziationsspaltung. Es klingt sehr vielversprechend.

Ich werde es mit den Assoziationen "Schlüssel" und "verlieren" versuchen.
Wenn es mir hilft, wäre es eine neue Welt

liebe Grüße Gemellus

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autumnflower
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Beitrag Sa., 05.03.2011, 20:25

Hallo Gemellus,

vielleicht magst Du irgendwann berichten, ob es Dir hilft oder nicht, würde mich nämlich interessieren.

Grüße
autumnflower

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Gemellus
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Beitrag Mi., 09.03.2011, 19:43

Liebe autumnflower,
ich arbeite die ganze Woche schon intensiv mit der Assoziationsspaltung.
Es ist genau das richtige für mich, weil ich ja besonders unter Zwangsgedanken leide.
Mir geht es schon mindestens 50 % besser. Der Schlüssel wird nicht mehr kontrolliert. Mit der Bankkarte und dem Geldbeutel kann ich nach 4 Tagen Assoziationsspaltung auch umgehen. Diese Methode ist toll. Ich hoffe, dass der Effekt nachhaltig ist.
Nochmal vielen Dank für den Hinweis; wenn sich die Zwänge auch nur etwas verbessern, ist mir schon viel geholfen.
Morgen habe ich termin bei meiner Psychiaterin; mal sehen, was sie dazu sagt.

liebe Grüße Gemellus

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autumnflower
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Beitrag Fr., 11.03.2011, 15:57

Gemellus, das freut mich sehr für Dich! Das sind doch wirklich mal gute Nachrichten. Ausgedruckt habe ich mir die Anleitung auch schon, muss sie nur noch lesen. Ich wünsche Dir, dass es weiterhin so gut läuft!

Liebe Grüße
autumnflower

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Gemellus
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Beitrag Mi., 16.03.2011, 14:14

Hallo autumnflower,
ich musste das Experiment "Assoziationsspaltung" leider jetzt vorläufig beendet. Seit 2 Tagen leide ich massiv an Angstattacken. Mein Psychiater hat die Medikamente wieder erhöht und mir geraten, erstmal zu pausieren. Ihm kommt es seltsam vor, dass ich gerade jetzt Panikattacken bekommen habe. Mal gucken was weiter wird.

liebe Grüße Gemellus

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 16.03.2011, 14:21

Kommt mir überhaupt nicht komisch vor.

Naja, Ängste und Zwänge sind ja nun ausgesprochen artverwante emotionale Regungen. Ohne Angst kein Zwang.

Wenn du nun der Zwangs-Angst das Objekt wegnimmst dann bleibt eben die Angst pur übrig und die dreht immer mehr hohl, weil sie kein Ventil mehr hat (ungefähr sowie die nicht mehr kühlbaren Kernkraftwerke in Japan..) . Ausserdem bringt das Operieren mit den Assoziationsketten noch mehr Druck in das System rein, was Stress erzeugt, der dann am anderen Ende als Angst wieder rauskommt.

Ich würde es eher mit zur Ruhe bringenden Dingen wie autogenem Training, Yoga, progressiver Muskelentspannung und Meditation probieren. Ich würde aber an deiner Stelle nun wirklich erwägen in eine für die Störung spezialiserte psychotherapeutische Klinik aufzusuchen.

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Gemellus
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Beitrag Mi., 16.03.2011, 18:28

Hallo liebes Münchnerkindl,

so wie du das erklärst, ist das total einleuchtend und so fühle ich mich auch. Der Leiter der "Assoziationsspaltung" sieht den Zusammenhang nicht, aber du hast bestimmt Recht.
Was du erklärst, werde ich auch meinem Psych so erklären.
Nochmals Danke , auch für den Tipp, wieder Ruhe reinzubringen.

liebe Grüße Gemellus

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autumnflower
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Beitrag Mi., 16.03.2011, 20:56

Oh nein, Gemellus... Ich weiss gar nicht, was ich sagen soll... , so war das natürlich gedacht als ich Dir den Tipp gab. Als ich so starke Panik hatte, hielt ich mich erstmal von allem fern, um Abstand von dem Thema zu bekommen.
Ich hoffe, dass es Dir bald wieder besser geht!

Liebe Grüße
autumnflower

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