Therapeutin entwertet Therapie

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styx
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Therapeutin entwertet Therapie

Beitrag Mi., 03.11.2010, 19:01

Hallo , ich weiß nicht so recht , wohin ich das Thema stecken soll - bitte verschiebt es , wenn es woanders besser passt .

Im Frühjahr hatte ich schon einmal ein Problem mit meiner Therapie , ich fand die Distanz nicht gewahrt . Nun habe ich im Laufe der Zeit gemerkt , wo der Hase im Pfeffer liegt , ich hatte begonnen , mich in die Th . zu verlieben . Es wurde schlimmer und schlimmer , jede Stunde war ein Kampf gegen diese Gefühle , die ich nicht hochkommen lassen wollte und gleichzeitig harte Arbeit an traumatischen Ereignissen . Immer schaffte ich es irgendwie , trotzdem voranzukommen . Ich habe mein ganzes Leben geändert , komplett neu aufgebaut in der Zeit bis heute .
Irgendwann drangen die falschen Gefühle in den Hintergrund und ich dachte , ich hätte es überwunden . Meine Sozialarbeiterin war die einzige , die von dem Problem wusste und mich immerzu drängte , es der Therapeutin zu sagen , sie würde professionell damit umgehen und das sicher nicht zum ersten Mal... und so weiter . Mir gefiel der gedanke nicht , zumal es immer besser wurde .
Bis vor zwei Monaten die Th . in einem ultrakurzen Minirock erschien und ich völlig überrascht wurde von den Emotionen , die das in mir auslöste . Einerseits Wut auf sie , mich dem auszusetzen , andererseits Wut und Hass auf mich selbst , weil ich es scheinbar immer noch nicht geschafft hatte , die Gefühle für sie zu überwinden . Da beschloss ich dann , es ihr doch zu sagen . Ich sah Schwierigkeiten , weiter mit Erfolg an meinen Problemen zu arbeiten , wenn immer dieser Schatten über allem liegt . Dann hatte ich 2 Monate keine Therapie und gestern war es dann so weit , dass ich es geschafft habe , ihr das zu sagen . Ich habe mir bald einen abgebrochen , umschrieben , gestottert , immer wieder Ausflüchte gesucht , trotzdem hab ich es irgendwie geschafft .

Mit allem habe ich gerechnet , aber nicht mit der Reaktion , dass sie mir sagt , dass das schlecht sei und eine erfolgreiche Therapie verhindere . Vorher hatte sie mir noch gesagt , wie erfolgreich ich im letzten halben Jahr gewesen sei und mir vorgehalten , weil es mir oft selbst schwerfällt , Erfolge zu sehen , was ich alles erreicht hätte . Ich fragte sie , wie so etwas überhaupt passieren kann und ob das nicht einfach irgendwelche falschen Projektionen sind . Darauf ging sie gar nicht ein , bot nicht die geringste Deutung an . Sie sagte nur noch , ich würde mich emotional von ihr abhängig machen , was ich erst gar nicht begriff , es mir aber von ihr erklären ließ . Ich habe kein Problem , die Therapie zu beenden , wenn es nötig sein sollte .
Andererseits will sie nun trotzdem die Verlängerung beantragen , ich habe das nicht unterschrieben und mir Bedenkzeit erbeten .
Ich habe das Gefühl gehabt , mir wurde der Boden unter den Füßen weggezogen , alles Erreichte wurde mit dem einen Satz entwertet . Wenn ich daran denke , was ich ihr alles im Laufe der Zeit gesagt habe , Dinge , über die ich vorher nicht einmal gewagt hätte , nachzudenken , geschweige denn zu reden , wie mich das dann aber auch entlastet und ein wenig mit mir versöhnt hat , die ganzen Lebensumstände , die ich so geändert habe , dass ich nun ein wirklich selbstbestimmtes Leben führe... ist das nun alles falsch gewesen und wertlos ? Nur weil ich falsche Projektionen auf die Th . übertrug ? Ich komme mir vor , wie in einem Alptraum gefangen , aus dem ich nicht mehr erwache . Alles ist leer und sinnlos . Wozu weitermachen ? Ich vergrabe mich in der Arbeit , aber selbst die merken , dass was nicht stimmt und lassen mich nicht länger als normal arbeiten . Alles dreht sich in mir und ich finde keinen Weg , zur Ruhe zu kommen . Und dabei dachte ich , mit der neuen Arbeit wäre nun endlich Frieden in mir ...
Was soll ich denn jetzt machen ? Hingehen zu ihr kann ich nicht mehr , ich schäme mich für diese Gefühle und dass ich es so weit habe kommen lassen - und dass ich so ein Versager bin .

LG styx

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MrN
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Beitrag Mi., 03.11.2010, 19:45

Hallo styx,
hoffentlich ist das gerade nur ein riesengroßes Mißverständnis zwischen Deiner Therapeutin und Dir...

Deshalb solltest Du unbedingt noch einmal mit ihr reden und ihr vor allem klar machen, was ihre abweisende und ignorante Reaktion darauf, daß Du Dich ihr ANVERTRAUT hast, bei Dir ausgelöst hat.

Du hast Dir Deinen Therapiefortschritt schwer erkämpft. Also hast Du auch keinen Grund dafür, an Dir zu zweifeln.
Hier habe ich einigen Lesestoff zum Nachdenken für Dich:
Betreff: Übertragungsliebe
Betreff: Fragen zur Übertragungsliebe
Betreff: Ist Übertragungsliebe zwangsläufig? Wie überlebe ich's?


Da kannst Du sehen, daß Dein Problem keineswegs ungewöhnlich oder gar anstößig ist.

Falls Deine Therapeutin damit nicht umgehen kann, dann solltest Du allerdings tatsächlich woanders weitermachen...

LG und Kopf hoch!
MrN

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Tellmewhy
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Beitrag Mi., 03.11.2010, 20:14

Hallo styx. Bitte verurteil´ dich nicht dafür, dass du dich verliebt hast. Es ist dir sehr schwer gefallen, das der Therapeutin zu sagen. Ich finde beides ziemlich im Rahmen dessen, was du als Patient "in den geschützten Raum" (wie es meine Therapeutin sagen würde) mitbringen darfst. Schade ist nur ein wenig, dass deine Therapeutin es dann in einen so abwertenden Kontext gestellt hat. Ich meine, was gibt es Besseres, als dass du dich endlich getraut hast darüber mit ihr zu sprechen und ihr jetzt klären könntet, was das für dich bedeutet und wie ihr das dann in eure Beziehung integrieren könnt. Offenbar war ihr diese Art von Geständnis doch ein bisschen zu viel, deshalb die unprofessionelle Reaktion von wegen sie könne dich mit diesen Gefühlen allein lassen, weil es deine Verantwortung ist. Vielleicht meinte sie aber auch etwas drastisch ausgedrückt "schlecht für dich", im Sinne von, dass es dich tatsächlich aufgehalten hat - als neutrale Feststellung. Hat sie es wirklich abwertend gemeint oder fühlst du dich einfach so enttäuscht von Ihrem Gebaren, dass sie dich nicht von dem damit verbundenen Stress, den du ausstehen musstest, erlöst hat? Ist dein Vertrauen in Ihre Arbeit komplett erschüttert? Ich würde es auf jeden Fall wenn, nicht ausschließlich daran scheitern lassen. Habe meiner Therapeutin auch schon dreimal sagen müssen, dass es für mich mit ihr beendet ist. Und ich konnte mich dennoch (teils mit Ihrer Hilfe) überzeugen, dass es für mich einen Sinn ergibt über Konflikte, die ich mit ihr hatte, irgendwie zu reden und gerade nicht wegen Enttäuschungen abzubrechen. Schwierig war/ist, sich selbst Zeit zu lassen, vor allem wenn man voll unter Spannung steht und das Gefühl hat, damit nicht richtig anzukommen / vom anderen aufgefangen werden. Meistens lähmten mich dann auch viele Gedanken über mein Verhalten, Verantwortung, Grenzen, Misstrauen, usw. Ich würde an deiner Stelle probieren dich wieder auf deine Therapie einzulassen, aber nicht, ohne vorher die belastenden Dinge in der Beziehung zur Therapeutin geklärt zu haben. Nicht resignieren..!

VG...tellmewhy

PS: Eine Therapeutin im Minirock würde mich genauso wie dich provozieren. Schlagartige Gefühlsausbrüche zwischen Nähe und Verbot, die man gerne kontrollieren würde, aber nicht kann!?

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styx
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Beitrag Mi., 03.11.2010, 21:06

Hallo Tellmywhy und MrN ,

ich hab gerade die Links gelesen - der Begriff der Übertragungsliebe ist mir noch nicht untergekommen , aber so wie das hier steht , klingts plausibel . Nur hab ich mich ja total verändert - zumindest nach außen hin . Und meine Thera ist so neutral , dass ich eigentlich auf wirklich alles selber kommen muss , sie gibt mir fast nie Input , zwingt mir schon gar nichts auf . ich hab trotz dieer Gefühle den Willen , mich zu verändern , ich glaube sogar , dass meine geistige Gesundheit davon abhängig ist und arbeite wirklich mit Hochdruck .

Das beschämendste dabei war ja , dass ich selbst eine Frau bin - und es ist ja alles andere als normal , sich in eine Frau zu verlieben . Auf der anderen Seite glaubte ich aber , wenn ich es ihr sage , dass es sich in Luft auflösen würde - und Tatsache ist , danach kam sie mir gleich 20 Jahre älter vor ( vielleicht war das aber auch der Stress , den sie damit auszuhalten hat )

Ich dachte eben auch , dass es sich integrieren ließe , es gibt ja genug Beispiele aus der Praxis dafür . Aber ich habe ihr wohl schon zuviel zugemutet . Ich bin wirklich nicht einfach ; als ich zu ihr kam , war ich akut suizidgefährdet und hab das dann auch versucht . Sie hat mich trotz dieses Vertrauensbruchs wieder aufgenommen . Später kam es dazu , dass sie mich dazu trieb , traumatisches Material zu erzählen , danach brach ich wieder zusammen und ging in die Klinik . Nun schaffe ich es schon seit Juli , alles ohne Dissoziationen auszuhalten , ohne SSV , auch die ständigen Gedanken , es zu Ende zu bringen halte ich durch . Und immer gegen diese Widerstände , die ich ihr auch Stück für Stück preis gab .
Vielleicht bin ich wirklich enttäuscht , es ist , als spiele sie den Ball zurück , als würde der ganze Schmerz auf mich zurückfallen . Ich habe mir immer wieder das Vertrauen in sie zurückerkämpft , oft genug habe ich an ihr gezweifelt , weil sie nie etwas vorschlug , das ich tun könne , nie Deutungen anbot . Immer habe ich die Arbeit allein gemacht , es ist meistens so , wie mit einem Spiegel zu sprechen . Vielleicht fühlt sie sich nun auch von mir bedroht - sie ist klein und ganz zierlich , und schließt immer die Praxistür ab , nachdem sie ihre Klienten eingelassen hat , obwohl sie außen keine Klinke hat . Vielleicht will sie sich schützen .
Was sie mir immer wieder sagt , ist , wieviel ich schon erreicht habe und dass ich auf dem richtigen Weg bin . Einmal sagte sie mir - und das zerriß mir fast das Herz vor Schmerz , dass ich mich fühlen müsse , als wenn ich vor einem riesigen Haufen Scherben sitze , die ich mühsam zusammensetzen will und nicht weiß , wo ich anfangen soll . Da habe ich mich zum ersten Mal vestanden gefühlt , denn genau daselbe Bild von mir hatte ich selbst im Kopf . Ich kann das Ganze nicht entwerten , so wie sie es nun tat , aber ich kann ihr auch nicht mehr glauben , wenn sie mir sagt , wie erfolgreich ich bin . Es sind wohl nur einstudierte Phrasen .
Ich habe mich immer auf ihe Körpersprache und ihre Mimik verlassen , ich glaubte immer zu erkennen , was sie gerade bewegte . Sie gab es auch zu , dass es ihr Fehler sei , sich nicht zu verstellen und ich glaubte das . Nun glaube ich gar nichts mehr .
Du hast aber recht , die eigenen Gedanken , der Abscheu vor dem eigenen Verhalten ist es , was ich lähmt . Angst , zu weit gegangen zu sein , zu viel offenbart zu haben und vor allem Angst vor Zurückweisung . Manchmal komme ich mir vor , als wäre meine emotionale Entwicklung im Tier - Mensch - Übergangsfeld steckengeblieben , Affekte bestimmen die Sitzungen und starke Emotionen , die ich nicht beherrschen kann .

PS : Der Rock war so kurz , dass ich mich für sie geschämt habe , weil man die Unterwäsche trotz Strumpfhosen sehen konnte . Wütend war ich später vor allem deshalb , weil ich bei der nächten Sitzung wieder angefangen hab , zu dissoziieren , ich konnte mich hinterher an nichts mehr erinnern , was gesagt worden war . Ich hatte sie ganz ausgeblendet und das ärgerte mich - das bringt mich nun wirklich nicht voran !

Jetzt sind erst mal 2 Wochen Zeit bis zum nächsten Termin . Man wird sehen . Ich werd jetzt Malen!

Liebe Grüße styx

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charlotta
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Beitrag Mi., 03.11.2010, 21:33

Hallo styx,
styx hat geschrieben:Mit allem habe ich gerechnet , aber nicht mit der Reaktion , dass sie mir sagt , dass das schlecht sei und eine erfolgreiche Therapie verhindere . Vorher hatte sie mir noch gesagt , wie erfolgreich ich im letzten halben Jahr gewesen sei und mir vorgehalten , weil es mir oft selbst schwerfällt , Erfolge zu sehen , was ich alles erreicht hätte
Aber dies ist doch im Grunde genommen kein Widerspruch. Sie wollte Dir wohl einfach nur sagen, dass Verliebtheitsgefühle die Therapie eher blockieren, weil Du Dich eher mit ihr, statt mit Dir befasst.
styx hat geschrieben:Sie sagte nur noch , ich würde mich emotional von ihr abhängig mache
Und genau, das möchte sie nicht, dass sie im Mittelpunkt des Geschehens ist.
styx hat geschrieben:Ich habe kein Problem , die Therapie zu beenden , wenn es nötig sein sollte .
Aber warum solltest Du die Therapie beenden wollen?
styx hat geschrieben:Ich habe das Gefühl gehabt , mir wurde der Boden unter den Füßen weggezogen , alles Erreichte wurde mit dem einen Satz entwertet
Ich sehe von ihrer Seite überhaupt keine Entwertung, sie hat Dir doch mitgeteilt, dass sie findet, dass Du Dich sehr gut entwickelt hast. Ich denke eher, dass sie sich Sorgen macht, dass es aufgrund Deiner Gefühle ihr gegenüber nicht mehr weiter geht.
styx hat geschrieben:Was soll ich denn jetzt machen ? Hingehen zu ihr kann ich nicht mehr , ich schäme mich für diese Gefühle und dass ich es so weit habe kommen lassen - und dass ich so ein Versager bin .
Ach nein, Du brauchst Dich doch nicht zu schämen. Stehe dazu, dass Du ausgepackt hast, das war stark von Dir! Vielleicht hast Du Dir insgeheim eine Reaktion von ihr erhofft, die emotionaler ist und nicht so distanziert. Aber diese professionelle Distanz scheint sich bei ihr wie ein roter Faden durchzuziehen. Sei froh, an eine solche Therapeutin geraten zu sein, sie verwickelt Dich nicht in irgendwelche Phantasien, sondern bringt Dich auf den Boden der Realität.

LG Lotte

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 03.11.2010, 22:34

styx hat geschrieben: Ich dachte eben auch , dass es sich integrieren ließe , es gibt ja genug Beispiele aus der Praxis dafür . Aber ich habe ihr wohl schon zuviel zugemutet . Ich bin wirklich nicht einfach ; als ich zu ihr kam , war ich akut suizidgefährdet und hab das dann auch versucht . Sie hat mich trotz dieses Vertrauensbruchs wieder aufgenommen . Später kam es dazu , dass sie mich dazu trieb , traumatisches Material zu erzählen , danach brach ich wieder zusammen und ging in die Klinik . Nun schaffe ich es schon seit Juli , alles ohne Dissoziationen auszuhalten , ohne SSV , auch die ständigen Gedanken , es zu Ende zu bringen halte ich durch . Und immer gegen diese Widerstände , die ich ihr auch Stück für Stück preis gab .
Sie hat dich dazu gedrängt und du bist in der Klinik gelandet? Das hört sich aber nicht so toll an.

Und wieso Widerstände? Wogegen? War das womöglich gesunder Selbstschutz?
styx hat geschrieben:Vielleicht bin ich wirklich enttäuscht , es ist , als spiele sie den Ball zurück , als würde der ganze Schmerz auf mich zurückfallen . Ich habe mir immer wieder das Vertrauen in sie zurückerkämpft , oft genug habe ich an ihr gezweifelt , weil sie nie etwas vorschlug , das ich tun könne , nie Deutungen anbot . Immer habe ich die Arbeit allein gemacht , es ist meistens so , wie mit einem Spiegel zu sprechen .
Bist du über diesen Mange an Anteilnahme generell enttäuscht? Wünschst du dir insgeheim mehr?

styx hat geschrieben:PS : Der Rock war so kurz , dass ich mich für sie geschämt habe , weil man die Unterwäsche trotz Strumpfhosen sehen konnte .
Ganz ehrlich? Ich finde das unangemessen als Kleidung für eine Therapeutin. Weil wenn du da schon Probleme damit hast, was ist dann erst mit ihren männlichen Klienten?

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styx
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Beitrag Do., 04.11.2010, 13:01

Hallo Münchnerkindl ,

manchmal wünschte ich mir , die Therapie würde nicht nur immer wieder Dinge aufdecken . Ich will Lösungen finden . Will lernen , zu vertrauen , lernen , mich abzugrenzen , lernen , zu erkennen , was ich selbst will . In allen Lebensbereichen habe ich Probleme , an nichts kann ich mich freuen . Anteilnahme ist mir nicht so wichtig , aber Lösungsversuche wären mir ganz wichtig . Die muss man erarbeiten und ich habe keine Ahnung , wie - da wünschte ich mir mehr Unterstützung und oft bin ich richtig sauer , dass es nie dazu kommt .

Immer ist da der Schatten : Du hast dir nicht genug Mühe gegeben ; du hast dir den Erfolg ermogelt ; du hast dir die Anteilnahme nicht verdient ; du bist es nicht wert , andere brauchen es nötiger ... und das ist in der Therapie am schlimmsten .
Wenn ich merke , dass mich jemand wirklich mag , kann ich es nicht glauben und denke , er muss sich irren , ich bin nicht so gut und nett , wie er denkt . Ich ziehe mich dann zurück . Das macht die Therapie auch schwierig , aber meine Therapeutin sollte das eigentlich wissen .
Ich habe über Misshandlung und Missbrauch gesprochen , alles Dinge , über die man in der Familie schweigt . Würde ich das Schweigen brechen , zerbräche die ganze Familie und alle würden mich hassen . Früher sagten meine Eltern , ich würde das alles erfinden - niemals haben sie mich geschlagen oder beschimpft , niemals vor anderen bloßgestellt , ich wäre nur undankbar . Und die Lehrer haben es ihnen geglaubt und mich auch gehasst . So konnte dann jeder in der Schule mit mir machen , was er wollte , zu Hause kümmerte es ja keinen.

Ich hasse dieses verkümmerte Leben und ich wollte es ändern . Ich glaubte , wenn ich es schaffe , darüber zu reden , könne man es irgendwie nutzen , um Veränderung zu erzielen . Drängen ist ja auch Drängen lassen - ich wollte glaube ich auch darüber sprechen , denn es machte mich verrückt . Aber seit es raus ist , wurde nie mehr darüber gesprochen und ich stehe nun da und schäme mich dafür , dass ich es gesagt habe .
Aber es ist immer so , edn einen Tag bin ich mir ganz sicher , dass sie mir hilft und alles seinen Gang geht , das andere Mal ist nur noch Angst und Zweifel . Ich glaube , ich bin zu kaputt , irreparabel .

Dass ich in der Klinik gelandet bin , ist ja nur deshalb passiert , weil ich mich so geschämt habe , dass ich dachte , ich könne mit der Schuld , die ich nun auf meine Familie geladen habe , nicht mehr weiterleben . Und ich glaubte , meine Th . würde mir auch nicht glauben . Draußen auf der Straße brach das alles auf mich herein und ich wollte nicht mehr heimgehen . Ich hatte noch einen Termin bei meiner Sozialarbeitein vom SPD , den nahm ich noch wahr und sagte ihr , dass ich am Ende bin . Sie wies mich dann ein - und das war im Rückblick betrachtet das Beste , was passieren konnte .

Dass du die männlichen Klienten erwähnst : Nach der Stunde mit dem Minirock kam ein männlicher Klient . Ich musste bei dem Gedanken , was da auf ihn zukommt innerlich lachen - dabei ist das unfair , im Grund hätte er mir leid tun müssen .
Übrigens , das einzig positive , das ich mir abgewinnen kann ist , dass ich immer noch über mich selber lachen kann - auch wenn es mir noch so schlecht geht - der Galgenhumor ist mein treuester Freund .

LG styx

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styx
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Beitrag Do., 04.11.2010, 13:13

Liebe Lotte ,

vielleicht hast du Recht ! Ich befasse mich aber gar nicht mit ihr , das blende ich aus und mach mir Gedanken über meine Probleme .
Wobei die ganzen Widerstände und Projektionen sicher von diesen Gefühlen herkommen - und die machen es mir schon schwer . Aber die habe ich immer gleich aufgeklärt ( bis auf dieses eine Thema mit der Verliebtheit) und dann ging es wieder besser .

Die Therapie beenden , weil sie sagt , dass es den Erfolg der Therapie behindert . Ich will und muss aber erfolgreich sein . Ich glaube aber , dass ir das selbe garantiert wieder passiert , wenn ich woanders hin gehe , aus diesem Grunde hadere ich noch mit der Entscheidung . Mir passiert das nämlich nicht zum ersten Mal mit Menschen , zu denen ich sehr persönlichen Bezug habe ; als Kind hatte ich so etwas auch schon erlebt und in der Klinik auch . Und immer waren es Frauen . Vielleicht sollte ich ihr das auch mal sagen ?

Danke , dass du mich bestärkst , was du schreibst , klingt realistisch und ist der Überlegung wert .

LG styx

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Stöpsel
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Beiträge: 978

Beitrag Do., 04.11.2010, 20:45

Hallo styx,

ich sehe es ähnlich wie charlotta. Ich sehe da keine Entwertung Deiner Therapie. Ich würde da bei solchen Formulierungen auch eher zwischen den Zeilen lesen (und für Gewißheit/Klarstellung nochmals bei ihr nachfragen), also daß es die Therapie ihrer Meinung nach weniger erfolgreich macht, aber das heißt ja nicht unbedingt "erfolglos". Und das könnte ja sein?! Wer weiß, wie es wäre, wenn Du die Gefühle nicht hättest? Aber na ja, ich kann mir durchaus vorstellen, daß es bei der nächsten Therapie ähnlich wäre, nicht umsonst gibt es hier soviele "Übertragunsliebe-Geplagte". In dem Sinne wäre ich an Deiner Stelle hinterher, über diese Sache nochmal mit der Therapeutin zu reden. Und schämen mußt Du Dich auch nicht, geschweige denn, Dir wie ein Versager vorkommen. Gefühle kommen halt von selbst... Und mal abgesehen davon, es sind doch POSITIVE Gefühle! Also erst recht nichts, wofür man sich schämen muß.
Zudem mußt Du Dir doch keine Gedanken machen, wie sie den Therapieerfolg siehst, solange Du ihn siehst. Ihre Meinung könnte Dir da eh egal sein.

Daß Dir die Therapie/das viele Aufdecken zuviel ist und Du Dir mehr lösungen wünschst (was Du münchnerkindl schriebst), das finde ich schon wichtiger. Vor allem das
Ich glaube , ich bin zu kaputt , irreparabel .
sollte bei einer Therapie nicht sein. Da bist Du mit was lösungsorientiertem sicher besser bedient. Meine Therapeutin hat auch immer wieder darauf abgezielt, daß ich positiver über Dinge denke, das hat mir sehr geholfen. In der letzten Zeit kam's, warum auch immer dazu, daß wir mehr über negative Dinge von mir sprachen, aber ich hab gemerkt, daß mich das belastet. Da gings mir wie Dir, man kommt sich völlig falsch vor. Ich hab das angesprochen und das wird nun wohl wieder anders. Was ich sagen will: Es gibt Therapeuten, die da sehr viel Wert drauf legen, einem eine positive Sichtweise zu vermitteln und konstruktiv Wege suchen und ich stimme Dir zu, man leidet drunter, wenn man zuviel über Dinge redet, die schieflaufen/schiefgelaufen sind.

Viele Grüße

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Riniel
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Beitrag Do., 04.11.2010, 23:37

Passierte das öfters, dass sie einen Minirock anhatte oder war es nur einmalig?
Vielleicht wollte sie dir damit bewußt machen, dass du dich zu frauen hingezogen fühlst.
Hatte sie den Minirock immer noch an, als der männliche Patient gekommen ist?

Bei meiner ist es schon vorgekommen, dass sie einen langen Rock anhatte als ein männlicher Patient da war und als sie später zu mir kam, hatte sie plötzlich einen kurzen Rock an. Ich weiß zwar nicht wozu sowas gut sein soll, aber vielleicht hat es irgendeinen Sinn.

Allerdings finde ich es nicht gut, was sie mit dir gemacht hat. So einen kurzen Minirock, dass man die Unterhose sieht, sollte eine Thera nicht in der Therastunde tragen...

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 00:07

styx hat geschrieben: Ich will und muss aber erfolgreich sein .

So wird das aber nicht funktionieren. So ein Prozess ist kein Leistungssport, wenn er zu einem wird, dann gibt es keine nennenswerte Chance auf Erfolg, daß das viel bringt.

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styx
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Beitrag Fr., 05.11.2010, 15:34

OK , ihr habt mich überzeugt :
Ich werde das mit ihr noch mal erörtern . Wenn sie mit meinen Gefühlen , die ich allerdings , glaube ich , ganz gut im Griff habe , klarkommt , kann man über die Weiterführung der Therapie reden . Voraussetzung allerdings sollte eine lösungsorientiertere Arbeitsweise sein .
Es kann nicht sein , dass immer irgendwas zum Vorschein kommt , was dann so stehen gelassen wird . Ich dachte immer , eine Therapie wäre dazu da , dass man seine Probleme in den Griff bekommt . Dazu reicht es nicht , dass man sie benennt und dann nichts weiter passiert . Das sehe ich wie Stöpsel .

Münchnerkindl , an dem was du sagst ist auch was Wahres . Zum Leistungssport sollte es nicht mutieren . Ich habe ja auch schon viel erreicht . Ich habe die äußeren Umstände geändert , aber fühle mich trotzdem immer wieder alten Verhaltensmustern hilflos ausgeliefert , die ich zwiungend ändern muss . Kann niemanden wirklich an mich heranlassen , nicht wirklich vertrauen und verliebe mich in unmögliche Menschen . Ich glaube schon , dass eine Art Verhaltenstherapie nun besser wäre .
Ich will das alles in der nächsten Stunde klären , Ziele neu definieren und die Th . fragen , ob das überhaupt in ihr Konzept passt , außerdem , wie sie selbst sich den weiteren Weg vorstellt . Sollte dabei nichts fruchtbares herauskommen , werden wir uns sicher einigen können , dass sie mich an eine Kollegin überweist , deren Arbeit sie kennt .
Gestern Abend habe ich mich mit dem Problem an meine Heilpraktikerin gewandt , die privat ( ohne Kassenzulassung ) auch PT macht . Die hat mir das Ganze mit der Übertragungsliebe erst mal plausibel erklärt . Sie sah die Antwort der Th . auch nicht so negativ und fragte mich weiteres über die Art und Weise der Therapie . Abschließend sagte sie mir , dass es verantwortungsvoll von meiner Th . ist , sich Gedanken zu machen ,und wenn sie nicht damit klar kommt und die Therapie gefährdet sieht , die Konsequenz zu ziehen .
Aus dem , was ich sagte , entnahm sie , dass sie eine gute , verantwortungsvolle Th . ist . Sie sagte , dass die Therapeutin , wenn sie die Th . fortsetzt , sich als Projektionsfläche darbieten würde , was auch OK wäre . Ich finde das gar nicht gut , ich will nicht projizieren , sondern Probleme angehen . Mir war ganz unwohl bei dem Gedanken , ich will sie doch nicht als Projektionsfläche missbrauchen . Ganz verstanden habe ich das aber auch nicht .

Hallo Riniel ,
es ist ihre normale Art , sich so zu kleiden . Allerdings war es das erste Mal , dass es dermaßen extrem war . Sonst waren es immer recht kurze Kleider , die aber akzeptabel waren . Sie ist auch nicht mehr die allerjüngste , dürfte etwa 45 sein . Bei dem Mann hatte sie den noch immer an , der kam ja gleich nach mir . Na ja , ist ja eigentlich auch egal , aber es hat mich doch ganz schön durcheinandregebracht damals . Sie wusste damals auch , dass ich mich schon mal in Frauen verliebt hatte , als sie mich fragte , wer das sei , habe ich es allerdings nicht zugegeben . Hätte ich vielleicht damals schon sollen , es hätte vielelicht einiges an Ärger erspart . Sie hat es mir damit auch nicht leichter gemacht , ich weiß immer noch nicht so genau , wo ich stehe . Und zwar weil es immer Vertrauenspersonen waren , in die ich mich verliebte - und nicht irgendwelche Frauen von der Straße oder Kolleginnen... . Wer weiß , ob das nicht bloß eine falsche Projektion ist ?

Liebe Grüße
Styx

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Riniel
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Beiträge: 202

Beitrag Fr., 05.11.2010, 23:52

styx hat geschrieben:
es hat mich doch ganz schön durcheinandregebracht damals . Sie wusste damals auch , dass ich mich schon mal in Frauen verliebt hatte , als sie mich fragte , wer das sei , habe ich es allerdings nicht zugegeben .
mich würde mal interessieren ob die Kleidung nur Zufall ist, oder was dahinter steckt, wenn eine Therapeutin weiß, dass eine Patientin auch auf Frauen steht und sich dann so provozierend anzieht.
Was will sie damit bezwecken? Will sie es erreichen, dass die Patientin sich in sie verliebt bzw. zu ihr hingezogen fühlt. Irgendwie kann ich nicht glauben, dass es nur "Zufall" ist.

Aber was ich nicht verstehe, sie provoziert dich und wenn du ihr deine Gefühle gestehst, will sie dich plötzlich zu einer anderen schicken. Wie soll man das verstehen?
styx hat geschrieben:
weil es immer Vertrauenspersonen waren , in die ich mich verliebte - und nicht irgendwelche Frauen von der Straße oder Kolleginnen...
mit geht es genauso.

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nicht_relevant
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Beitrag Sa., 06.11.2010, 00:13

styx hat geschrieben: Das beschämendste dabei war ja , dass ich selbst eine Frau bin - und es ist ja alles andere als normal , sich in eine Frau zu verlieben .
Sorry, vielleicht abgedroschen aber hier muss ich einhaken: Natürlich ist es normal und in Ordnung. vermutlich ungewöhnlich, wenn du dich bisher heterosexuell definiert hast.
Aber normal, erlaubt und okay ist das natürlich schon

LG!

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turbulent
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Beitrag Sa., 06.11.2010, 06:59

Therapie funktioniert nicht so, dass man nur Lösungen findet.
Man muss auch erstmal das Problem rausfinden.
Und in einer Tiefenpsychologisch fundierten Therapie,arbeitet man nunmal an der Vergangenheit, auch aufdecken kann dazugehören.
Ansonsten bist du in der Therapierichtung falsch.
Dann solltest du lieber eine Verhaltenstherapie probieren.

Ich findeauch, dass seine Thera sehr verantwortungsvoll mit dem Thema umgegangen ist.
Projektion ist Lösungen suchen
Indem du etwas auf sie projezierst, kann du dort im geschützten Rahmen der Therapie lernen, anders damit umzugehen als sonst.

Und das mit dem Provokant kleiden
Also ich bin offen lesbisch, überall geoutet und meine Therapeutin hat noch nie sowas knappes angezogen
hilfe, dass wär mir auch unangenehm.
Schließlich will man arbeiten und sonst nichts.

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