Gefühle als Physiologische Reaktion betrachtet

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Chester443
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Gefühle als Physiologische Reaktion betrachtet

Beitrag Sa., 23.10.2010, 10:10

Hallo liebe Forengemeinde,

ich habe den Gedanken, dass Gefühle im Prinzip nur physiologische/ biologische Abhängigkeiten sind. So kommt es das jede Form von Gefühlen und jedes Gefühl selbst nur einem Mechanismus unterworfen ist. Deshalb kann ich mich selbst nicht ernst nehmen. Sollte ich traurig oder Sauer sein, ist es so das ich Denke, dass es nur eine Kette von Reizen ist, die sich dann in dem Gefühl zeigt, welches durch einen Stoff realisiert wird. Konkret als Beispiel dargestellt, ist das zum Beispiel, dass wenn ich Sauer bin, ich die Charakterzüge, Mimik, Gestik, Stimm/ Tonlage/ Inhalte und die Sache selbst mit der ich konfrontiert werde in Bezug zu meinem eigenen Lebenshintergrund betrachte und so immer wieder zu dem Schluss komme, dass es aus diesem Grund zu meiner Reaktion kommt. Es geht soweit das ich in der Schule einfach keine Lust habe zu Antworten, da ich das Reiz-Reaktions-Muster sehe und ich weiß das die Personen um mich herum deshalb so reagieren. Im Prinzip kann ich so weder mich noch andere ernst nehmen und alles scheint relativ zu sein, da eine Betrachtung von Gegebenheiten unter anderen Umständen zu einer sehr Wohl voraussagbaren Situationen führen würde. Nun liegt mein Problem darin, dass ich nicht daran glauben kann, dass es echte Gefühle gibt, weil alles logisch erklärbar ist. Eigentlich sind es Somatisierungsstörungen, die aber wohl in der Depression Enden, da ich regelrecht Antriebslos bin. Es schüttelt mich regelrecht durch und ich weiß nicht wohin mit den Gedanken.

Vielleicht bin ich einfach nur so verstört, weil ich noch nie eine richtige Freundin hatte und einfach noch nie meine Gefühle ausleben konnte. Es ist auch so, dass ich mich ständig von Frauen erniedrigt fühle, teilweise auch von Männern.

Es ist so das ich regelrecht unsicher in meinem Verhalten bin, da ich in allem was andere Tun ein Ziel sehe, dass sie als Antrieb für ihre Handlung haben und mir fehlt genauso in Bezug dazu aus diesem Grund das Vertrauen zu meinen Mitmenschen. Als Beispiel sei eine Situationen genannt, in der mich jemand fragt, ob es mir gut gehen würde, da ich zuvor ein Problem hatte. Ich antworte und das gegenüber bemerkt meine Unsicherheit, was es nicht bemerkt ist, dass ich deshalb so reagiere weil ich dahinter eine Absicht Sehe, die wohl dominanter Art ist. Derjenige möchte in dem er mich das fragt, mich dazu bringen zu Antworten und mir somit meine Schwäche aufzeigen. Die Schwäche wird dadurch aufgezeigt das ich mich zu meinem schwächeln äußern muss, was die Schwäche noch einmal deutlich macht. Es sind also Dinge, die subtil zu sein scheinen.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich es mag wenn mich Frauen erniedrigen. Dann überlege ich aber ob es sinnvoll (ggf Moralische Hinterfragung an dieser Stelle) ist, sich devot zu geben. Ich komme zu dem Schluss das dadurch meine ohnehin teils schwächelnde emotionale Stabilität noch mehr geschwächt würde, da ein devotes Verhalten Ausdruck einer mangelnden Auseinandersetzung und der daraus normalerweise folgenden Bewältigung meines Problems ist. Es ist ohnehin ein Fetisch, der sich meines Erachtens nur unter unnormalen Umständen entwickelt, was nicht gut sein kann, da ich die Natürlichkeit und die gesunden Umstände bevorzuge. Deshalb kann es nicht gut sein devot zu sein. Sich dem einfach Hinzugeben, gleicht einer Unachtsamkeit die sich nicht auszahlt - im Gegenteil, dadurch wird die physiologische Wirkung welche unkontrollierte Impulse auslöst noch weiter verstärkt in dem die Achtsamkeit durch das sich Hingeben, noch weiter verloren geht. Es ist keinesfalls ein Hingeben zu normalen Liebesbedürfnissen die durchaus als Gut (an moralischen Maßstäben gemessen) zu erachten sind gemeint. Es ist lediglich die abnorme Verhaltensweise der Unterwürfigkeit gemeint, die ich so für mich nicht akzeptieren kann, da sie Ausdruck meiner, wie bereits erwähnt, mangelnden Problembewältigung ist und ich es Vorziehe eine Strategie zur Bewältigung zu finden anstatt mich in einen Fetisch zu flüchten.

Gruß Chester

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FlyingBirdy
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Beitrag Sa., 23.10.2010, 12:46

Hallo Chester,

ich verstehe nicht ganz was du mit "Reiz-Reaktions-Muster" meinst.

Ein Problem in unserer Gesellschaft und unserem Denken ist das Verständnis des Menschen als Dualität aus Seele und Körper. Diese Dualität besteht zwar nicht mehr in den Wissenschaften, aber immer noch in den Köpfen der meisten Menschen. Gefühle und alles andere, was der "Seele" zuzuordnen wäre muss natürlich eine Entsprechung auf der physiologischen Ebene finden. Ähnlich wie die Kombination Hardware und Software auf einem PC.

Was du vermutlich mit "Reiz-Reaktion" meinst, würde ich Kommunikation nennen. Komplizierte Mechanismen um Informationen mit anderen Menschen auszutauschen. Natürlich haben alle Menschen, die kommunizieren, irgendwelche Interessen. Es geht nicht anders... Jeder bringt sich selbst und seine Wünsche in eine Interaktion mit hinein. Damit hast du natürlich recht. Aber jetzt machst du meiner Meinung nach einen Denkfehler, denn die Art der Interessen unterscheidet sich grundlegend von Mensch zu Mensch. Nicht alle sind auf der Suche nach einem Menschen, der schwächer ist als sie selbst und dessen Schwächen sie ausbeuten können

Andererseits sind Gefühle nicht nur durch die biochemischen Vorgänge in unserem Körper erzeugt, sondern es gibt auch einen "Außen-Wechselwirkungsanteil", das bedeutet, dass deine Sinne aufnehmen, was geschieht, das in deinem Gehirn gemäß deiner Erfahrungen bewertet wird und anschließend in den entsprechenden "physischen Code", das Gefühl, umgewandelt wird...

Das Denkproblem, das dann aufkommt ist, dass wir, auf Grund unserer kulturellen Prägung, noch immer dazu tendieren eine "Spaltung" zwischen Seele und Geist anzunehmen, diesen physiologischen Ausdruck unserer gefühle als von uns abgetrennt wahrnehmen. Ich für meinen Teil habe das dadurch aufgelöst, dass ich versuchte mir klarzumachen, dass egal, was in mir diese Gefühle erzeugt und dass egal was in mir dieses "Reiz-Reaktionsmuster" erzeugt, das immer noch ich bin, weil ich eben auch einen Körper besitze

Nun scheint für dich durch das Verständnis dieser Vorgänge alles "leer" und bedeutungslos zu werden. In einem gewissen Sinn hast du damit auch recht. Es ist leer, es ist bedeutungslos. Wenn man es sehr weit runter bricht, dann dreht sich alles nur um Fortpflanzung und das "Überleben". Aber was die Menschen aus diesen Gründen erfunden haben ist faszinierend Wie einige Kohlenstoffketten so etwas wie Wissenschaft, Malerei, Musik, Sprache, Kochkunst usw. entwickeln konnte ist unglaublich, oder?

Ja, in gewisser Weise ist es leer... aber wir Menschen füllen es mit etwas. Wir geben den Dingen eine "Bedeutung". Wir geben dem "Reiz-Reaktionsmuster" mit anderen Menschen eine Bedeutung und so legst du auch deine Interpretation, dein Verständnis von Wirklichkeit, deiner Bewertung von menschlichen Interaktionen zugrunde.

Ich hoffe, es hilft, wenn ich sage, ist alles nicht so schlimm

Ich würde dir erst einmal davon abraten dich devot in deinen Beziehungen zu Frauen zu verhalten. Es sei denn, du hast eine Frau gefunden, der du unbedingt vertraust und der du nicht unterstellst, sie würde deine devoten Wünsche benutzen um ihre eigenen "bösen" Machtwünsche auszuleben. Das könnte für euch beide eine böse psychische Verletzung werden. Einerseits sehnst du dich nach Unterwerfung und andererseits unterstellst du anderen nur auf der Suche nach Schwäche im anderen zu sein und es klingt nicht, als würdest du dich wohl fühlen bei dem Gedanken, dass andere deine Schwäche sehen, auch wenn du dir gleichzeitig jemanden wünschst, dem gegenüber du dich schwach zeigen kannst. Meiner Meinung nach solltest du erst an deinem Selbstwertgefühl und deinem Gefühl von Entfremdung arbeiten

Liebe Grüße,

FlyingBirdy


Gast
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Beiträge: 2008

Beitrag Sa., 23.10.2010, 13:04

Hallo Chester

Gefühle= Gedanken

Derselbe Vorgang im Hirn, unterschiedliche Ausdrucksweisen

"Ich weine, weil ich traurig bin" und " Ich bin traurig, weil ich weine"

Rosenrot


Jenny Doe
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weiblich/female, 56
Beiträge: 4971

Beitrag Sa., 23.10.2010, 13:07

Hallo Chester443,

Richtig ist, dass Menschen kulturübergreifend ähnliche Mimiken und Gestiken zeigen. Das hat den Sinn, dass man einander auch ohne Worte versteht. An dem Gesichtsausdruck eines Hundes beispielsweise kannst du erkennen, ob von ihm für dich eine Gefahr ausgeht oder nicht. Ähnlich ist es beim Menschen. Die Tatsache, dass Menschen einen ähnlichen Gesichtsausdruck an den Tag legen, hilft es dir, sie zu verstehen und einzuschätzen. Wenn jemaand weint, dann weißt du, dass derjenige traurig ist. Stell dir mal vor, was für ein Chaos herrschen würde, wenn der eine, während die Emotion Wut verspürt, herzhaft lachen würde, der andere bei derselben Emotion einen Ekelausdruck an den Tag legen würde, ... Du könntest dann niemand verstehen und einschätzen.

Wenn Gefühle nur eine Reaktion auf Reize wären, dann müssten alle Menschen auf ein und denselben Reiz mit der gleichen Emotion reagieren. Das tun sie jedoch nicht. Jeder empfindet die Dinge in der Welt anders. Manche Menschen reagieren auf ein und denselben Reiz identisch, andere hingegen nicht. Der eine sagt z.B. "Seine Worte sind verletzend". Andere hingegen empfinden diese als neutral oder nett gemeint.

Menschen reagieren zwar bei bestimmten Emotionen mit bestimmten Gesichtsausdrücken, aber sie empfinden und interpretieren Reize unterschiedlich. Ein Wort löst beim einen Freude, beim anderen Wut aus.
Zwischen Reiz und Emotionen steht also noch was, nämlich das Individuum, wie es über den Reiz denkt, wie es den Reiz wahrnimmt und interpretiert, ... Und das macht Reize und Menschen einzigartig.

Wenn alle Menschen auf ein- und denselben Reiz gleich reagieren würden, dann müssten alle die Antriebslosigkeit verspüren, die du verspürst. Denn wir sehen ja alle tagtäglich freudige, traurige, wütende, ... Gesichter. Aber andere reagieren anders als du. Während dich das zur Antrieblosigkeit treibt, bin ich froh, dass ich aus Mimiken erschließen kann, was mein gegenüber fühlt, und damit auch, was mein Gegenüber über mich denkt.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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FlyingBirdy
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Beitrag Sa., 23.10.2010, 13:43

off-topic

Hallo Jenny,

ich habe mir eben deinen Erfahrungsbericht in deinem "Ex-Forum" durchgelesen. Ich weiß wieviel Verwirrung das alles anrichten kann. Ich freue mich, dass du einen Weg in die Normalität gefunden hast. Widersprüchliche Gedanken können viel Macht ausüben und falsche Erinnerungen ebenso. In unseren Träumen und Gedanken ist viel Wahrheit, was aber nicht bedeutet, dass die Bilder die unser Denken benutzt wahre Bilder sein müssen...
Ich wünsche dir von Herzen viel Erfolg bei deiner Diplomarbeit. Lass dich nicht zu sehr vom Forum ablenken

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Chester443
Helferlein
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Beitrag Sa., 23.10.2010, 14:56

Hallo FlyingBirdy mir haben deine Erklärungen und Hinweise etwas genutzt.
Auch Jenny Does Wissen hat mich einen Schritt weitergebracht.

Gruß Chester

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FlyingBirdy
sporadischer Gast
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Beiträge: 14

Beitrag Sa., 23.10.2010, 15:36

wieder etwas off-topic: Auf Arte 7 gibt es diese Woche noch eine Dokumentation, die online angesehen werden kann. Hat mich gerade gestern erst wieder daran erinnert, wie "wunderbar" der Mensch ist...

http://videos.arte.tv/de/videos/was_dar ... 85556.html

Ist vielleicht ganz gut, wenn man in der "Leere" der naturwissenschaftlich deterministischen Welt "ertrinkt".

Viel Spass!!!

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