Kein Sex mehr - ich blocke immer ab

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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KleineTrösteFee
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Kein Sex mehr - ich blocke immer ab

Beitrag So., 10.10.2010, 15:30

Hallo,

nachdem mir eine Klientin ihre jahrelangen Mißbrauchserfahrungen teilweise sehr detailliert mitgeteilt hat, ich poizeiliche Anzeigen dazu gelesen habe und mit dem Opferschutz zusammenarbeite, bemerke ich nun ein immenses Problem mit meiner eigenen Sexualität.
Sobald es mit meinem Mann kuschelig wird, blocke ich ab, kann mich nicht fallen lassen. Nicht mal mehr zum Küssen. Ständig rennen in mir Bilder ab, was dem Mädchen passiert ist.

Da das ganze jetzt schon seit ca. 6 Monaten so geht, schleichend immer stärker wurde und ich nun meinen Mann schon seit sehr langer Zeit immer wieder vertröste (wir hatten zuvor ein recht gutes Sexualleben), mache ich mir schon Sorgen ob ich diese Bilder wieder irgendwann loswerde. Ob ich irgendwie psychisch eins an der Semmel habe, weil ich da so seltsam reagiere?
Werd ich jemals Sex wieder genießen können?

In der Supervision möchte ich das gewiss nicht ansprechen - will das vor meinen Teamkollegen nicht ausbreiten...

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Gast
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Beitrag So., 10.10.2010, 15:51

Hallo KLeineTrösteFee

Supervision ist genau dafür da!!!!

Rosenrot

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KleineTrösteFee
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Beitrag So., 10.10.2010, 16:26

Aber nicht in einem Männerteam.... bei unseren Supervisionen geht es immer nur darum, wie man irgendein Problem MIT einem Jugendlichen löst, nie aber persönliches.

Ich war einmal sehr sehr traurig, weil ich einen Jugendlichen an die Alkoszene verloren habe. Wollte einfach nur meine Traurigkeit mitteilen, musste dabei weinen und - wurde dann von meinen Kollegen zwar kurz getröstet, aber dann meinten sie, ich solle mir lieber überlegen, ob ich für den Beruf geeignet bin, denn wenn ich alles so nah an mich ranlasse, kann ich gleich aufhören, weil ich dann in 2 Jahren im Burnout bin.

Das war der Hammer für mich, weil mir das weinen einfach gut getan hat und mir unterstellt wurde, ich sei zu labil...
Werde etwas persönliches dort nicht mehr besprechen - so sehr ich mein Team fachlich und methodisch auch schätze...

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chandelle
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Beitrag So., 10.10.2010, 16:58

Hallo KleineTrösteFee!
KleineTrösteFee hat geschrieben: ich solle mir lieber überlegen, ob ich für den Beruf geeignet bin, denn wenn ich alles so nah an mich ranlasse, kann ich gleich aufhören, weil ich dann in 2 Jahren im Burnout bin.
Das ist allerdings ein sehr guter Rat.

Hast Du schon überlegt, dass Du Dir eine andere Perspektive suchst?

Viele Grüße!
chandelle

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KleineTrösteFee
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Beitrag So., 10.10.2010, 17:24

Nein, das ist mein Traumjob.

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Ive
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Beiträge: 1398

Beitrag So., 10.10.2010, 17:39

KleineTrösteFee hat geschrieben:Nein, das ist mein Traumjob.
... für den Du offenbar zu sensible Stellen hast ...

Wäre dann ein Therapeut eine Möglichkeit?

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Elfchen
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Beitrag So., 10.10.2010, 18:12

Liebe KleineTrösteFee

Ich denke, du müsstest Systeme entwickeln lernen, dass diese Dinge, die du von Patienten erfährst, wohl AN dich aber nicht IN deine Psyche eindringen können. Da gibt es bestimmt Wege für.

Ich stelle mir das nicht einfach vor; es wäre, wie wenn ich die Krankheiten der Patienten übernehmen würde. Manchmal muss man schon aufpassen, gewisse Dinge berühren einen mehr aus persönlichen Gründen. Man muss unbedingt lernen, damit umzugehen, sonst geht man auf die Dauer unter.

Weisst du, diese Empathie hat ja unbedingt auch zwei Seiten.
Es ist nicht einfach nur schlecht, es hat so viele positive Aspekte. Du wirst eine super Therapeutin, wenn du das in den Griff gekriegt hast!

Alles Liebe und viel Mut!
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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jennyfer
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Beitrag So., 10.10.2010, 18:42

Hallo KleineTrösteFee
KleineTrösteFee hat geschrieben: Sobald es mit meinem Mann kuschelig wird, blocke ich ab, kann mich nicht fallen lassen. Nicht mal mehr zum Küssen. Ständig rennen in mir Bilder ab, was dem Mädchen passiert ist.
Wenn du in deinem Traumberuf arbeitest, sowie weiterhin arbeiten willst, dann bleibt dir nichts anders übrig, als "zu verarbeiten" was es "mit dir" gemacht hat. Wenn dir dies gelingt, bist um um so viele Erfahrungen reicher, die du dann auch in deiner Arbeit sehr zum positiven für andere einsetzten kannst.

Werd ich jemals Sex wieder genießen können?
Mit Sicherheit. Beginne wie jedes Missbrauchsopfer mit "annehmen, dass du diese Bilder jetzt von einem anderen Menschen in dir trägst". Somit beginne zu verarbeiten, was es mit dir gemacht hat, sowie macht.


Klingt nicht nur hart, dass ist es auch. Deine Gefühlswelt hat sich so berühren lassen, dass es sich auch körperlich bereits zeigen kann. (nicht mehr kuscheln, sowie küssen wollen...) Du hast die Verhaltensweise von Missbrauchsopfern angenommen.

Geh somit den Weg des verarbeitens, denn auch wenn du doch nicht als Therapeutin arbeiten möchtest, musst du DAS wieder beheben. Dazu gehört nach dem Annehmen, verbinden ect...auch das abgrenzen lernen...

Du hast viel Gefühl für andere. Ohne einem Mechanismus, trennen zu können, wird dich das in vielen Situationen beeinträchtigen (der Jugendliche usw...). Nicht nur "jetzt".

Alles Liebe und viel Kraft
jennyfer
...

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KleineTrösteFee
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Beitrag So., 10.10.2010, 19:02

Danke für eure Antworten,
ich denke ich werde mir eine Einzelsupervision selbst bezahlen und in Anspruch nehmen.

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Innere_Freiheit
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Beitrag Mo., 11.10.2010, 11:58

Hallo KleineTrösteFee,

ich wollte gerade hier zum Antworten ansetzen, aber eigentlich hat jennyfer schon alles wesentliche gesagt.

Meiner Ansicht nach solltest du auf keinen Fall einen anderen Beruf suchen, aber vielleicht ein anderes Supervisionsteam!??
Meiner Ansicht nach ist es doch gerade eine menschliche Stärke, sich vom Leben, sich von anderen Menschen, auch von Klienten, berühren zu lassen. Ich habe lange Zeit Therapie gemacht und war auch bei verschiedenen Therapeutinnen und Therapeuten. - Ich bin immer nur zu den Therapeuten gegangen, die sich auch als Mensch eingelassen haben...... ich kann mir auch nicht vorstellen, wie ein neutraler Roboter mir jemals hätte helfen können.....

Das was deiner Klientin geschehen ist, ist ein Aspekt menschlichen Lebens.... einer, den wir vielleicht nicht unbedingt haben wollen.... aber trotzdem ist es so. Ich denke, es ist wichtig, wenn du das, was dich da berührt hat in dir selbst heilst! - Aber du bist ja sowieso schon auf dem Weg dahin.

Einen lieben Gruß

Innere Freiheit
Das was ich ablehne, bleibt an mir kleben!

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KleineTrösteFee
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Beitrag Di., 12.10.2010, 15:25

Hab mir jetzt mal 3 Tage Zeitausgleich genommen um wieder zu meiner Mitte zu finden, einen Einzelsupervisionstermin vereinbart.
Und in der Fachliteratur gestöbert.
Jetzt weiß ich, dass ich nicht irgendwie eins an der Semmel habe, sondern eine Reaktion wie die meine sehr häufig im sozialpädagogischen Bereich vorkommt, wenn es um Missbrauchsthemen geht:
die Sekundärtraumatisierung

Da kann alles mögliche passieren, wenn man nicht rechtzeitig die Notbremse zieht:
Appetitlosigkeit
sozialer Rückzug
Depression
Burnout
schlechtes Arbeiten
Abwehr...

Mir reicht der sexuelle Rückzug und ich weiß jetzt, dass ich am richtigen Weg bin, wenn ich mich diesbezüglich supervidieren lasse und Strategien zur Abgrenzung lerne.
Außerdem bin ich sehr beruhigt, dass meine Reaktion völlig normal ist und ich nicht die einzige bin, die damit zu kämpfen hat.

Danke euch allen für eure lieben Worte!

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chandelle
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Beitrag Di., 12.10.2010, 19:10

Nun ja, zuerst die Frage nach dem Job, jetzt die auftretenden Probleme. Gut ist es nicht.

Ich habe mal gebeten die Threads zueinander zu legen.

Meinst Du denn, dass es bei einer Supervision bleiben kann? Es braucht doch eine sehr starke Person solche Dinge auszuhalten. Kann es nicht schlimmer werden oder wie willst Du künftig Beruf von Privatleben trennen? Die Wirkung darauf finde ich jedenfalls schon sehr heftig und kann unter Umständen noch Beziehungsstress nach sich ziehen. Da würde ich auch versuchen alles ins Lot zu bringen.

chandelle

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KleineTrösteFee
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Beitrag Di., 12.10.2010, 19:54

Ein wichtiger Schritt ist sicherlich, Störungen zu erkennen.
Der nächste, sich in Supervision zu begeben und Selbstfürsorge zu betreiben. Ob es mit einer Einheit getan ist oder ob mehrere notwendig sind wird sich dann herausstellen.

Bin aber generell ein positiv denkender Mensch, ich weiß, dass ich gut reflektieren kann und bereit bin, an mir zu arbeiten.
Daher bin ich sehr zuversichtlich. Wahrscheinlich bin ich zu stark in den Fall involviert, will, dass es dem Mädchen gut geht. Abgrenzung steht sicherlich an erster Stelle, weil ich sonst gar nicht in der Lage bin richtig gut zu arbeiten.

Wenn ich nichts tun würde und mein Problem leugnen würde, kann es unter Umständen sicherlich schlimmer werden.
Aber das ist ja nicht die Frage, der Termin für die Suvi ist übermorgen, ich freu mich drauf.

Ansonsten ist mein Job mein absuluter Traumjob. Habe ja sehr unterschiedliches Klientel, ist mein erster Mißbrauchsfall.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich daran wachsen kann.

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chandelle
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Beitrag Di., 12.10.2010, 20:18

Ich kann jetzt auch nur für mich sprechen, aber habe das auf eine Anfrage wirklich abgelehnt eine Selbsthilfegruppe für Depressive zu leiten. Als selbst betroffenes Mitglied kann ich eben jederzeit gehen, nicht aber, wenn ich leite und ein Maß an Verantwortung habe.

Du wirst schon selber wissen, ob Du das in den Griff bekommst, allerdings finde ich die Basis doch mehr als schlecht an sich arbeiten zu müssen um etwas ausüben zu können.

Reflektieren ist sicher eine Sache, aber das Abgrenzen ist wohl sehr viel schwerer zu erlenernen und manches bleibt auch einfach im Leben und vergeht nie.

chandelle

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